Protocol of the Session on February 22, 2006

Stimmenthaltungen? Ich stelle fest, die Bürgerschaft (Landtag) ist mit den interfraktionellen Absprachen einverstanden.

(Einstimmig)

Bevor wir in die Tagesordnung eintreten, möchte ich Ihnen davon Kenntnis geben, dass Herr Senator a. D. Jens Eckhoff von seinem Recht aus Artikel 108 Absatz 2 der Landesverfassung beziehungsweise Paragraph 36 Absatz 3 des Wahlgesetzes Gebrauch gemacht hat, wieder in die Bürgerschaft einzutreten. – Ganz herzlich willkommen, Herr Senator!

(Beifall)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich will an dieser Stelle ein Versehen von gestern korrigieren. Ich möchte mich ganz herzlich bei der ausgeschiedenen Kollegin Frau Schnakenberg bedanken für ihre zugegebenermaßen kurze Arbeit hier im Parlament, aber nichtsdestoweniger herzlichen Dank, und ich wünsche ihr alles Gute! Ich gehe davon aus, wir werden sie sicherlich zu gegebener Zeit hier im Plenum wiederfinden. Ich möchte mich auch ganz herzlich dafür bedanken, meine Damen und Herren, dass Frau Dr. Catrin Hannken, Mitglied des Vorstandes der Bremischen Bürgerschaft, ausgeschieden ist – –.

(Heiterkeit)

Nicht, dass sie ausgeschieden ist, meine Damen und Herren! Ich weiß, Sie warten auf solche Fauxpas,

(Abg. F o c k e [CDU]: Ist ja auch ge- kommen!)

das lockert ja auch die Atmosphäre auf, aber nach zehnjähriger Tätigkeit hier im Parlament und langjähriger Tätigkeit im Vorstand der Bremischen Bürgerschaft gebührt ihr der Dank dieses Hauses, und ich wünsche ihr in ihrer neuen Tätigkeit in Berlin an zentraler Stelle in der Landesvertretung unseres Bundeslandes alles Gute und viel Glück für ihre neue Arbeit!

(Beifall)

Wir treten in die Tagesordnung ein.

Wahl eines Mitglieds des Senats

Wir verbinden hiermit:

Vereidigung eines Mitglieds des Senats

Dazu als Vertreter des Senats Herr Bürgermeister Böhrnsen.

Für die Wahl eines Mitglieds des Senats hat die Fraktion der CDU Herrn Ronald-Mike Neumeyer vorgeschlagen.

Die Beratung ist eröffnet.

Als erster Redner erhält das Wort der Abgeordnete Perschau.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Der bisherige Senator für Bau, Umwelt und Verkehr, Jens Eckhoff, war und ist immer für Überraschungen gut. Ich denke, wir waren alle gemeinsam, Sie wie auch unsere Fraktion, überrascht, als Jens Eckhoff seinen Rücktritt erklärt hat. Das ist ja außerordentlich selten, dass jemand ohne Außendruck, ohne irgendeinen ersichtlichen politischen Grund seinen Rücktritt erklärt. Ich sage das bewusst so deutlich, weil natürlich Jens Eckhoff hier eine ganz persönliche Entscheidung getroffen hat, nämlich die grundsätzliche Entscheidung, ob er in der Zukunft seinen Lebensunterhalt vorrangig über die Politik finanzieren möchte oder durch wirtschaftliche Tätigkeit.

Ich glaube, das ist eine zulässige Fragestellung, die sich jeder auch von uns als Politiker vorlegen muss. Jens Eckhoff hat eine ganz eigene, individuelle Entscheidung getroffen. Deshalb will ich es nicht kommentieren, weil ich es auch nicht kann. Das ist seine ganz persönliche Entscheidung. Ich denke, dass diese Freiheit für jeden von uns nicht nur immer da sein muss, sondern sie hat auch in sich eine große Logik, weil es nicht zwangsläufig so sein kann, dass wir alle Berufspolitiker werden.

Meine Damen und Herren, Jens Eckhoff hat sein Ressort gut geführt, engagiert und kraftvoll und natürlich auch mit einer großen Sachkenntnis. Ich hatte immer wieder Gelegenheit, Menschen zu treffen, die mit dem Ressort arbeiten, aus der Bauwirtschaft, Architekten, ganz unterschiedliche Leute aus der Verkehrswirtschaft, die mir dies auch immer wieder bestätigt haben, dass er seine Arbeit hervorragend macht. Da hat er natürlich auch in dieser kurzen Zeit Spuren hinterlassen, ich will nur einige Themen nennen, bei denen das sichtbar geworden ist: die Sanierung von Osterholz-Tenever, ein ganz wichtiges Projekt, das immer noch nicht beendet, aber auf gutem Weg ist, das Ausbauprogramm im ÖPNV, sehr ehrgeizig, die Regionalisierung des Schienenverkehrs, die Windenergie. Jens Eckhoff ist Präsident der Offshore-Stiftung und hat dafür auch überregional große Anerkennung gefunden. Wir sind im Land Bremen Kompetenzzentrum für Windenergie und überregional profiliert.

Die Partnerschaft zwischen Unternehmen und der Umwelt ist verbessert und trainiert worden, das ist wichtig. Wir haben Verkehrsbeschleunigungen bekommen, Verkehrsmanagementzentrale, grüne Welle, grüne Pfeile, Nachtampelabschaltungen. Wir haben ein großes Programm umgesetzt, ein Investitionspro

gramm, um insbesondere hoch frequentierte Spielplätze zeitgemäß umzugestalten.

Meine Damen und Herren, es ist auch sicherlich so, dass wir noch nie so viele Moderationsverfahren hatten, um Streit über politische Themen und Projekte in eine ertragbare Form zu bringen und die Alternativen auch so mit den Betroffenen zu diskutieren, dass sie wirklich das Gefühl haben, an Entscheidungen mit teilzunehmen. Man nennt das, glaube ich, heute auch neudeutsch Partizipation. Es geht ganz schlicht darum, die Bürgerbeteiligung ernst zu nehmen und dies auch in politischen Entscheidungsverfahren deutlich zu machen.

Dies war bei der Pauliner Marsch so, bei der Weserquerung, und es ist in Blumenthal so gewesen. Wir haben eine Fülle von Baumaßnahmen in den letzten Jahren gehabt: Die A 27, die Hamburger Straße, die Langemarckstraße, Am Wall, die Ostertorstraße, die Wachmannstraße, die Schwachhauser Heerstraße ist in Arbeit, Umbau der oberen Schlachte und natürlich auch die Marktstraße.

Meine Damen und Herren, Jens Eckhoff hinterlässt natürlich eine Lücke in seinem Ressort, im Senat. Seine Entscheidung, sich einer wirtschaftlichen Tätigkeit zuzuwenden, wird von uns respektiert. Deshalb hatten wir nur eines zu tun, uns nämlich um einen guten und angemessenen Nachfolger zu bemühen. Sie wissen es, der Präsident hat es gesagt, wir schlagen Ihnen Ronald-Mike Neumeyer als neuen Bausenator, Verkehrssenator und Umweltsenator vor. Jens Eckhoff und Ronald-Mike Neumeyer sind sozusagen alte Weggefährten, die in der Politik einen langen gemeinsamen und mitunter auch etwas getrennten Weg gegangen sind. Wie Jens Eckhoff Ronald-Mike Neumeyer als Fraktionsvorsitzender gefolgt ist, so folgt Ronald-Mike Neumeyer – wenn Sie das möglich machen – jetzt Jens Eckhoff als Bausenator.

Meine Damen und Herren, die meisten von Ihnen, wenn Sie nicht ganz neu im Parlament sind, kennen Ronald-Mike Neumeyer. Er war zwölf Jahre Mitglied dieses Hauses, davon vier Jahre, die ersten vier Jahre der großen Koalition, Fraktionsvorsitzender. Ich erinnere mich in dieser schwierigen Zeit des VulkanKonkurses und des Abarbeitens dieses Konkurses an die wachsende gute Zusammenarbeit zwischen Christian Weber und Ronald-Mike Neumeyer. Das war für die große Koalition von einer zentralen Bedeutung, um in schwieriger Zeit alles zusammenzuhalten und im Grunde konstruktiv gemeinsam nach vorn zu arbeiten.

Ich glaube, dass wir hier eine Entscheidung getroffen haben, dass wir jemanden gefunden haben, der über hinreichend politische Führungserfahrung verfügt und der auch in seiner Managementfunktion in der Wirtschaft bewiesen hat, dass er erfolgreich in einem Unternehmen aufsteigen und erfolgreich arbeiten kann.

Ich sehe hier oben schon den Fanclub aus BremenNord, und die Tatsache, dass Ronald-Mike Neumeyer aus Bremen-Nord kommt, ist natürlich auch zur Kenntnis genommen worden. Wir werden ein bisschen aufpassen müssen, dass das starke Gewicht der Bremennorder nicht dazu führt, dass der Haushalt einseitig dort hinfließt, aber ich denke, wir werden alle gemeinsam dafür Sorge tragen, dass die Balance erhalten bleibt.

Meine Damen und Herren, Ronald-Mike Neumeyer ist in der Fraktion am Tag nach dem Rücktritt von Jens Eckhoff in geheimer Wahl einstimmig gewählt worden. Sie können davon ausgehen, dass diese Wahl unsere volle Zustimmung findet, und ich wäre Ihnen dankbar, wenn Sie diese Wahl auch mit Ihrer Stimme so entscheiden, dass wir so schnell wie möglich wieder einen guten Bau-, Umwelt- und Verkehrssenator haben. – Ich bedanke mich!

(Beifall bei der CDU)

Als nächster Redner erhält das Wort der Abgeordnete Dr. Güldner.

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Lieber Kollege Perschau, jetzt weiß ich natürlich gar nicht so richtig, worauf ich mich bei der Frage dieses Wechsels beziehen soll. Sie haben eben eine Begründung und eine Darstellung des Wechsels gebracht. Ihr Parteivorsitzender Bernd Neumann hat bei der Pressekonferenz auch eine gebracht, und dann habe ich mir überlegt, an wen halte ich mich, wenn ich mir überlege, was denn nun tatsächlich gilt.

Ich habe dann gedacht, ich halte mich einfach einmal an einen der Beteiligten und lese den „WeserKurier“ von gestern. Da hat Herr Eckhoff nämlich seine Variante der ganzen Geschichte gesagt. Ich darf mit Genehmigung des Präsidenten zitieren, im „Weser-Kurier“ von gestern steht: „Doch wenn politische Ideen auf so wenig Verständnis stoßen und man sich so vielen Widerständen gegenüber sieht, sei es wohl besser zu gehen.“

Das klingt ein kleines bisschen anders als die Version, die Sie gerade erzählt haben, Herr Perschau.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Aber das ist vielleicht auch nicht das Geschäft der anderen Fraktionen oder der Opposition. Das ist vielleicht etwas, was man getrost der CDU überlassen kann, wie sie in dieser Regierung, in der sie jetzt seit einigen Jahren ist, Personalpolitik macht.

Es fällt schon auf, dass Sie offensichtlich in der Frage der Personalpolitik entweder ganz viel Pech oder ein ––––––– *) Vom Redner nicht überprüft.

bisschen Unglück hatten, eines von beidem, denn wenn man sich einmal die lange Liste der Senatoren anschaut, dann haben Sie jetzt, wenn heute Ronald-Mike Neumeyer zum Senator gewählt wird, wovon ich ausgehe, eine Fußballmannschaft zusammen, elf Herren seit 1995. Man könnte jetzt versuchen, diese elf Herren, die vier Fraktionsvorsitzenden und die 15 Staatsräte einmal vorzulesen, aber dann ist meine Redezeit zu Ende, deshalb möchte ich mir das schenken, meine Damen und Herren.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Das ist an sich, verstehen Sie mich nicht falsch, auch noch nichts Schlechtes. Das könnte so eine richtige personelle Dynamik sein, wenn man des Öfteren einmal wechselt. Es sind ja auch ein paar Rotationen darin.

Wenn man bei den jeweiligen Begründungen schaut, die Sie angeführt haben, warum die Herren gegangen sind – ich sage immer Herren, denn das Thema mit den starken Frauen hatten wir hier schon, sie kommen bei Fraktionsvorsitz und Senat leider bei der CDU nicht vor, das möchte ich nicht wiederholen –,

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

warum die Herren gegangen sind und was gesagt worden ist, warum sie gegangen sind, vor allen Dingen, was gesagt worden ist, was sie dann tun würden, warum sie gegangen sind, so stimmt das in den meisten Fällen nicht.

Das ist jetzt auch wieder der Fall. Wir haben es mit vielen zu tun, die dann anschließend doch in die Rente gegangen sind, zumindest aber nicht in die damals angekündigten großen wirtschaftlichen oder sonstigen Aktivitäten. Einige andere haben sich noch etwas schneller und etwas weiter aus Bremen wegbewegt, weil der eine oder andere hinter ihnen her war. Insgesamt kann man sagen, es ist wirklich kein Ruhmesblatt, das Sie hier in puncto Regierungsfähigkeit Ihres Personals geboten haben.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Jetzt möchte ich aber doch noch einmal auf Jens Eckhoff eingehen, weil ich wieder einige Dinge, die Sie über den ehemaligen Senator Jens Eckhoff gesagt haben, durchaus richtig fand. Ich fand auch, dass man allenthalben hören konnte, dass er sein Ressort nicht nur gut im Griff hatte, sondern dass er das sehr gut gemacht hat. Auch im Hause selbst gilt das wohl als das, was die Mehrheit dort denkt.

Für Grüne war sehr angenehm, während andere immer gesagt haben, das ist ein Ressort für Bau, Verkehr und Umwelt, dass Senator Eckhoff es zu einem

Umweltressort gemacht hat, das den Namen auch verdient. Warum sollten Grüne etwas dagegen haben, wenn das so ist! Das ist etwas, was wir an der Amtszeit von Jens Eckhoff sehr gut fanden.

Er hat sich auch daran gemacht – das ist wieder etwas, was ich wieder nur streife, weil es im Grunde genommen Ihre interne Angelegenheit ist –, die CDU in etwas anderes Fahrwasser zu führen, sie zu modernisieren, sie dem modernen Großstadtleben etwas anzupassen. Da bin ich schon etwas nachdenklich, wenn er jetzt gestern im „Weser-Kurier“ sagt, seine Ideen seien auf wenig Verständnis und so viele Widerstände gestoßen. Dann ist das wohl gescheitert, und man muss wohl befürchten, dass sich die CDU sozusagen wieder in ein Schneckenhaus zurückzieht, wo sie gerade mit Jens Eckhoff so schön im Aufbruch war. Das finden wir eher schade, meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen.

Dann letztendlich, heute kann man es ausgerechnet in der „taz“ nachlesen, Jens Eckhoff hat den Unterhaltungswert verkörpert und wird nach dem Abgang von Henning Scherf, der hier neulich einmal als Gute-Laune-Abteilung bezeichnet worden ist, wahrscheinlich umso schmerzlicher vermisst. Da muss man sagen, das ist wohl so, die Presse vermisst das.