Eine Einladung hat auch etwas mit einer bestimmten Freundlichkeit zu tun, auch einer Freundlichkeit für diejenigen, die man einladen möchte. Deswegen bin ich ganz stark daran interessiert, dass Sie diesem Antrag zustimmen, weil ich glaube, dass der deutlich einen Schritt in die richtige Richtung geht, und weil er im Übrigen auch gerade die gestrige Debatte und das in erster Lesung beschlossene Mittelstandsgesetz aufgreift, was dem nur gut tun würde, wenn das Haus unserem Antrag an dieser Stelle folgen würde. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!
Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Möhle, wir haben bereits im Juni des vergangenen Jahres eine Große Anfrage zum wirtschaftlichen Potential von Migranten hier diskutiert. Der Senat hat Ihnen schon damals aufgelistet, welche Organisationen sich speziell um die Stärkung von Unternehmen mit migrantischem Hintergrund kümmern. Der Senat hat Ihnen in seiner Antwort auch dargestellt, welche Vermittlungskompetenz er zusätzlich in Angriff nehmen wollte.
Es ist nicht nur bei diesem Wollen geblieben, sondern der Senat hat inzwischen eine ganze Reihe von Maßnahmen zur Stärkung dieses Teils unserer Wirtschaft auf den Weg gebracht. Sie können daran se
hen, dass es dem Wirtschaftssenator ernst ist, sich um diesen Bereich zu kümmern, und das unterstreicht noch einmal die Bedeutung, die auch wir diesem Themenkreis beimessen. Insofern ist es, glaube ich, nicht richtig, wenn Sie hier den Eindruck erwecken, allein eine Lobby für diese Betriebe zu sein. Wir unterstützen schon seit vielen Jahren Unternehmen gerade in diesem Bereich.
Ich nehme hier gern die Gelegenheit wahr, die einzelnen Maßnahmen, die es bereits gibt und die zukünftig auf den Weg gebracht werden sollen, Ihnen noch einmal darzulegen. Sie haben eine bereits genannt, das ist die neue Stelle beim RKW, die mit einer Mitarbeiterin türkischer Herkunft besetzt worden ist. Sie ist eine besonders kompetente Ansprechpartnerin natürlich für türkische Kreise, aber auch für andere islamisch geprägte Personenkreise, zum Beispiel Perser und Libanesen.
Zusätzlich ist der B.E.G.IN-Netzwerk-Partner „Frauen in Wirtschaft und Arbeit“ in die Beratung eingebunden. Diese Organisation kennen Sie wahrscheinlich als MiBoP. Sie bietet Beratung in Türkisch, Arabisch, Englisch, Französisch, Ungarisch, Polnisch und Russisch an. Außerdem arbeitet im Projekt Q-Net, das ist das Qualifizierungsprojekt der Arbeiterwohlfahrt, eine russischsprachige Beraterin. Da die türkischstämmigen und die russischsprachigen Migrantinnen und Migranten in Bremen die Hauptzielgruppe bilden, ist also für beide Gruppen, denke ich, gut gesorgt und damit auch die interkulturelle Kompetenz gegeben.
Zusätzlich zu diesen Maßnahmen hat die B.E.G.INGründungsleitstelle im November eine Starter-Lounge mit dem Thema „Erfolgreich selbständig, Karriere zwischen den Kulturen“ veranstaltet. Auch dies war eine gute Bühne für den angesprochenen Personenkreis, sich Informationen zu besorgen.
Herr Möhle, Sie haben nach dem One-Stop-Shop gefragt. Ich glaube, wir haben das hier hundert Mal diskutiert. Die B.E.G.IN-Gründungsleitstelle ist unser One-Stop-Shop, um Gründer im Vorfeld der Gründung zu beraten, sie möglicherweise auch dahingehend zu beraten, eine Existenz lieber nicht zu beginnen. Sie kümmert sich auch um den gesamten Nachlauf. Also für mehrere Jahre nach der Gründung ist auch hier eine Betreuung gewährleistet.
In Ihrem Antrag, Herr Möhle, fordern Sie die Einbindung von migrantischen Wirtschaftsverbänden. Leider gibt es in Bremen nur einen, das ist der TEWIFO e. V. Im Rahmen der EU-Förderphase ab 1. Januar 2007 ist die Organisation eines Arbeitskreises „Migranten und Migrantinnen gründen“ geplant. In diesen Arbeitskreis sollen die Partner des B.E.G.INNetzwerkes und damit also auch der TEWIFO neben den Kammern, der wirtschaftsfördernden Gesellschaft und den Beratungs- und Qualifizierungsgesellschaften eingebunden werden.
Unternehmen eingerichtet werden. Ich weiß nicht, wie das gehen soll. Diese Unternehmen sind über die ganze Stadt verteilt. Ich sehe keine Chance, in jedem Stadtteil schon aus Kostengründen eine Beratungsstelle einzurichten. Ich glaube, das ist wohl eine Illusion, dass wir näher an den Einzelfall herankommen könnten.
Ich möchte aber doch noch ein paar grundsätzliche Bemerkungen zu unserer Beratungsphilosophie machen. Das B.E.G.IN-Gründungsnetzwerk ist eine Anlaufstelle, dieser eben genannte One-Stop-Shop für alle Gründer, gleich welcher Herkunft. Es vermittelt kompetente Berater für alle, gerade auch für Gründer mit migrantischem Hintergrund. Das wird auch von allen Migranten anscheinend akzeptiert, denn 30 Prozent der Beratungen im vergangenen Jahr sind für Migranten geleistet worden. Eine Vielzahl von ihnen hat auch erklärt, dass sie gar keine Sonderberatung wollen.
Fast alle russischen Gründer und 50 Prozent der türkischen Gründer und Gründerinnen haben gesagt, dass sie ein Coaching auf Deutsch beziehungsweise in unserem etablierten System wollen. Sie wollen Geschäfte im deutschen Markt machen und sehen daher auch die Notwendigkeit, sich mit den hiesigen Gegebenheiten und den hiesigen Beratungsorganisationen auseinander zu setzen. Diese Gründer und Betriebe haben einen sehr hohen Integrationswillen, und wir sollten ihre Fähigkeiten nicht unterschätzen.
Sehr geehrter Herr Möhle, Sie fordern in Ihrem Antrag einen Bericht über Anzahl und Charakteristika von migrantischen Unternehmungen. Dies wird, wenn überhaupt, nur sehr schwer zu leisten sein. Das ist Ihnen mit der Antwort des Senats vom Juli des vergangenen Jahres auch schon gesagt worden. Aus datenschutzrechtlichen Gründen ist die Erhebung bestimmter Daten nur dann zulässig, wenn dies für eine Programmumsetzung zwingend erforderlich ist oder das Einverständnis vorliegt. Ein Programm haben wir aber erst mit der türkisch sprechenden Beraterin bei B.E.G.IN über Equal-Programme seit Juli des vergangenen Jahres, deswegen können auch seither erst Daten erhoben werden, und das macht B.E.G.IN auch. Bei dieser Datenerhebung haben Sie aber natürlich nur die Daten aus dem B.E.G.IN-Gründernetzwerk, und das wäre eine Detailansicht. Ich glaube nicht, dass diese Detailansicht aussagekräftig ist und uns hier wirklich weiterhilft.
Es gibt aber noch eine ganz andere Reihe von Schwierigkeiten, wenn man einen solchen Bericht erarbeiten wollte. Das ist auch die Frage: Wer soll denn da eigentlich einbezogen werden? Sind das auch die eingebürgerten Migranten und Aussiedler, die ja bereits deutsche Staatsangehörige sind? Sie würden möglicherweise von einer Umfrage gar nicht erfasst. Der Aufwand für einen solchen Bericht wäre immens, und ich glaube nicht, dass wir zu einer wirklich brauchbaren Aussage kommen.
Dennoch will das Deutsch-Türkische Wirtschaftsinstitut an der Hochschule die Erhebung von Basisdaten versuchen. Wir werden abwarten, welche Ergebnisse dies bringt, und werden uns dann sicher wieder damit auseinander setzen. Ebenso wollen wir das tun mit einer Umfrage in dem Qualifizierungsinstrument Q-Net. Dieses Q-Net hat eine Umfrage bei allen Unternehmen mit migrantischem Hintergrund gestartet und wird seine Ergebnisse in den nächsten Wochen vorstellen. Wir werden das abwarten und uns auch dann mit dem Ergebnis auseinander setzen.
Sehr geehrter Möhle, ich bestätige Ihnen aber an dieser Stelle gern noch einmal, dass das Thema für die große Koalition wichtig ist, und ich habe gern die Gelegenheit genutzt, die Sie mir hier gegeben haben, um die Maßnahmen noch einmal öffentlich darzustellen. Ich wiederhole auch nur noch einmal ganz kurz, was wir gestern gesagt haben: Kleinst- und Kleinunternehmen sind im Rahmen des Mittelstandsförderungsgesetzes ein großes Anliegen von uns und damit natürlich auch alle Unternehmen mit migrantischem Hintergrund. Ihren Antrag lehnen wir ab. – Vielen Dank!
Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Mir geht es jetzt irgendwie wie vorhin Herrn Imhoff: Es ist eigentlich schon alles gesagt! Ich möchte aber doch noch einmal auf einige zentrale Punkte kommen.
Was ist denn das Ziel dieses Antrags, der vorgelegt wurde? Ziel des Antrags ist es, das wirtschaftliche Potential von Migrantinnen und Migranten zu nutzen und dazu eine Beratungsstruktur aufzubauen. Das ist die Forderung, die gestellt wird, und Frau Winther hat eben zu Recht darauf hingewiesen, dass genau dies schon geschehen ist. Von daher kann ich auch für unsere Seite nur sagen, dass wir den Bedarf in dieser Situation im Augenblick in der Tat so nicht erkennen und wir deshalb Ihren Antrag auch ablehnen werden.
Im Übrigen, wenn man sich den Punkt eins des Antrags anschaut, so hat Frau Winther schon auf die räumliche Nähe zu migrantischen Unternehmungen hingewiesen und gefragt, wie dies rein technisch funktionieren soll. Ich glaube, auch inhaltlich muss man noch einmal darüber reden, ob es eigentlich eine sinnvolle Formulierung ist zu sagen, dass, wenn man Gründerinnen und Gründer erreichen will, man eine Nähe zu bestehenden migrantischen Unternehmen braucht. Das ist eigentlich nicht Sinn der Übung und auch nicht Sinn der Gründung, sondern es ist die Ei––––––– *) Vom Redner nicht überprüft.
geninitiative, der Versuch, ein eigenes Arbeitsfeld zu schaffen, und ich glaube, es ist ein falscher Ansatz, wenn man dann schon die Verbindung zu bestehenden Unternehmen suchen muss.
Hinsichtlich der Forderung, wir sollten hier eine Beratung und Begleitung aus einer Hand machen, kann ich nur das wiederholen, was schon gesagt wurde: Dies haben wir bereits, wir sind bereits dabei, genau dies so zu organisieren, weil wir ja auch gesehen haben, dass, wenn wir so vorgehen, wir Effekte und wirkliche Erfolge erzielen können.
Von daher, Herr Möhle, werden wir den Antrag ablehnen. Ich erspare es uns, das hinsichtlich des Datenschutzes und der Berichtserhebung zu wiederholen, und kann auch wirklich nur noch einmal darauf hinweisen, dass wir eine ausführliche Antwort durch die Mitteilung des Senats im letzten Jahr gehabt haben, in der die einzelnen Probleme schon benannt worden sind. Ich möchte es an dieser Stelle dabei belassen.
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich will schon noch einmal darauf hinweisen, gerade weil Sie die Problematik Datenschutz angesprochen haben: Es geht nicht um eine einfache statistische Erhebung. Es geht darum herauszufinden, wo die Interessenlagen von Unternehmen mit Migrationshintergrund sind. Die sind, und das kann man sich schon vorstellen, ohne die Untersuchung zu haben, mit Sicherheit anders als diejenigen, die solche Unternehmen haben, die von Deutschen in Deutschland gemacht werden. Diese Unterschiede herauszufinden ist nicht eine Frage der Statistik. Darum geht es mir nicht, und darum ist es damals auch der CDU in diesem Bericht nicht gegangen. Es geht darum, eine Untersuchung anzufertigen, die, wie gesagt, mit wissenschaftlichen Methoden möglich ist, eine sozioökonomische Untersuchung zu machen, um den Kenntnisstand für diesen Wirtschaftsbereich deutlich zu erhöhen. Das hat mit Datenschutz dann so gut wie gar nichts zu tun.
Dass Sie unseren Antrag ablehnen wollen, bedauere ich außerordentlich, denn im Grunde genommen höre ich da immer heraus, dass Sie eigentlich in der Zielsetzung doch ganz ähnlich liegen, und ich kann nicht richtig verstehen, was an dem Antrag jetzt ablehnungswürdig ist. Aber gut, das sei Ihnen selbst überlassen! ––––––– *) Vom Redner nicht überprüft.
Dass Sie aber einfach sagen, wir würden hier Lobbyarbeit machen, Frau Winther, oder wie Sie es ausgedrückt haben, das ist mitnichten so. Wir sehen durchaus ganz stark die ökonomische Bedeutung, übrigens auch für den Nutzen der gesamtbremischen Wirtschaft. Wenn Sie eine so große Anzahl türkischer Unternehmer hier in Bremen haben, ist es auch für den türkischen Markt sehr hilfreich und eigentlich eine ganz spezielle Chance, die Bremen, aber auch Bremerhaven hat, für die eigene Wirtschaftspolitik als Brückenbauer auch hinein in die osteuropäischen Märkte aufzutreten, um auch das noch einmal zu sagen.
Das ist im Grunde genommen die Absicht, die dahintersteht, neben der Geschichte, dass wir gern möchten, dass es eine Gründungsinitiative in Bremen gibt, die eben auch gerade von den gründungsbereiten Migranten mehr genutzt wird als von Deutschen. Das zu unterstützen ist der Sinn und Zweck unseres Antrags gewesen, und ich bedauere außerordentlich, dass Sie sich dem nicht anschließen können. – Danke schön!
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich denke, es besteht Einvernehmen, dass alles, was die wirtschaftliche Basis von Migranten verbessern kann, eindeutig positiv zu bewerten ist. Ich stimme auch Herrn Möhle zu, dass die Aktivitäten, die Migranten in dieser Stadt entfalten, eine hohe Vielfalt haben und sie insbesondere interessant sind unter bilateralen Gesichtspunkten, dass damit auch Brücken geschlagen werden in die Heimatländer dieser Migranten und die wirtschaftlichen Beziehungen dort deutlich belebt werden können. Ich glaube, das passiert auch, da gibt es eine Menge Beispiele, wie auf Basis dieser Kontakte bremische Unternehmen Kontakte und wirtschaftliche Beziehungen in diese Länder aufbauen.
Den Eindruck, den Sie in dem Antrag vermitteln, wir würden in unserer mittelständisch ausgerichteten Wirtschaftspolitik auf dieses Potential verzichten, halte ich für falsch. Ich denke, es ist in den Beiträgen, insbesondere in dem detaillierten Beitrag von Frau Winther, deutlich geworden, welche Aktivitäten dort bereits bestehen. Diese Zielgruppenorientierung möchte ich noch einmal ganz kurz ansprechen.
Ich stelle fest, dass die Existenzgründungsförderung nicht über die BIG, sondern über die B.E.G.INGründungsleitstelle, dahinter verbirgt sich das RKW, hier betrieben und abgewickelt wird. Das ist der, wenn man so will, einzige Bruch, den wir in der Wirtschaftsförderung haben, ansonsten haben wir das bei der BIG, in Bremerhaven natürlich bei der BIS, angesie
delt. Diese Förderung läuft über das RKW, und dahinter verbirgt sich ein ganz beachtliches Netzwerk von 14 Institutionen. Ich betone, all diese Beratungen – im Übrigen befindet sich das RKW direkt um die Ecke von der BIG – stehen allen offen.
Ich selbst bin im Beirat des RKW, und da wird immer wieder diskutiert über die Erfolge dieser Einrichtung und die hohe Zahl der Beratungen, die hohe Zahl der Existenzgründungen, die leider auch hohe Zahl der Insolvenzen, ich sage einmal, der Abbrecher in diesem Bereich, die ein Problem darstellen, so dass klar ist, dass beim RKW sehr viel Wert darauf gelegt wird, dass in der Beratung immer wieder auf die Risiken hingewiesen wird. Ich denke, ein Abraten bei einem potentiellen Gründer kann auch ein Erfolg sein, indem man ihn davor bewahrt hat, hier ein Risiko einzugehen, das er am Ende nicht tragen kann.
Wir haben die Büros in Bremerhaven und in Bremen-Nord. Eine weitere Diversifizierung in Ortsteile sehe ich nicht, weil gerade die zentrale Beratung wichtig ist, um die Kompetenz auch anständig organisieren zu können. Alle anderen Dinge, die wir konkret auf Migranten ausgerichtet haben, sind genannt: seit Mitte letzten Jahres eine Stelle für Existenzgründung mit migrantischem Hintergrund, dann Frauen in Wirtschaft und Arbeit, wo in hoher Vielfalt, in hoher sprachlicher Kompetenz Angebote gemacht werden, bei der Arbeiterwohlfahrt Q-Net, insbesondere auf russischsprachige Migranten ausgerichtet, und weitere Ansätze.
Zu Ihrer Frage, ob man in diesem Bereich über eine Untersuchung noch mehr Erkenntnisse erzielen kann! Untersuchungen ohne empirische Basis halte ich für schwierig. Das kann natürlich über Fallstudien gehen. Wenn ich eine empirische Datenbasis hier schaffen will, dann wird das sehr schwierig aufgrund von Datenproblemen. Mir ist gesagt worden, bei der Beratung ist es bei der damit im Zusammenhang stehenden Datenerhebung erst seit dem 1. Juli letzten Jahres möglich, nach der Nationalität zu fragen, so dass Sie also gar keine zeitliche Basis haben.
Ich will mich dem aber in keiner Weise verweigern. Vielleicht könnten wir die Frage aufgreifen, Herr Möhle, im Zusammenhang mit dem Mittelstandsgesetz, weil wir da ja auch regelmäßig analysieren wollen. Alle anderen Dinge, denke ich, sind gesagt. – Herzlichen Dank!