Protocol of the Session on January 26, 2006

(Dafür Bündnis 90/Die Grünen)

Ich bitte um die Gegenprobe!

(Dagegen SPD, CDU, Abg. T i t t m a n n [DVU] und Abg. W e d l e r [FDP])

Stimmenthaltungen?

Ich stelle fest, die Bürgerschaft (Landtag) lehnt den Antrag ab.

Meine Damen und Herren, wir haben fast eine Punktlandung gemacht. Ich unterbreche die Sitzung jetzt bis 14.30 Uhr. Angenehme Mittagspause!

(Unterbrechung der Sitzung 12.58 Uhr)

Vizepräsidentin Dr. Mathes eröffnet die Sitzung wieder um 14.30 Uhr.

Die Sitzung der Bürgerschaft (Landtag) ist wieder eröffnet.

Auf der Besuchertribüne begrüße ich recht herzlich eine Gruppe Studierende des Studiengangs Polizeivollzugsdienst der Hochschule für Öffentliche Verwaltung. Herzlich willkommen!

(Beifall)

Inzwischen wurde interfraktionell vereinbart, die miteinander verbundenen Punkte 22, Landesenergieprogramm – Dritte Fortschreibung, 2005, und außerhalb der Tagesordnung „Klimaschutz in der Energiepolitik verankern“ für diese Sitzung auszusetzen.

Gesetz über den Verfassungsschutz im Lande Bremen (Bremisches Verfassungsschutzgesetz – BremVerfSchG)

Mitteilung des Senats vom 12. Dezember 2005 (Drucksache 16/864) 1. Lesung

Wir verbinden hiermit:

Gesetz zur Änderung des Bremischen Polizeigesetzes

Mitteilung des Senats vom 12. Dezember 2005 (Drucksache 16/865) 1. Lesung

s o w i e

Gesetz zur Änderung des Gesetzes über die Rechtsetzungsbefugnisse der Gemeinden

Mitteilung des Senats vom 12. Dezember 2005 (Drucksache 16/866) 1. Lesung 2. Lesung

u n d

Videoüberwachung im öffentlichen Raum als Teil der Kriminalitätsbekämpfung

Mitteilung des Senats vom 12. Dezember 2005 (Drucksache 16/867)

Dazu als Vertreter des Senats Staatsrat Dr. vom Bruch.

Wir kommen zur ersten Lesung der aufgerufenen Gesetzesvorlagen.

Die gemeinsame Beratung ist eröffnet.

Als erster Redner erhält das Wort der Abgeordnete Herderhorst.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Ich hätte mir gewünscht, wir würden das gesamte Thema noch etwas kürzer behandeln, aber da wir ja nun leider eine halbe Stunde Redezeit haben, will ich sie weitestgehend ausnutzen.

Meine Damen und Herren, ein Bremer Wochenblatt titelte im Dezember 2005: „Bremer Senat beschließt Sicherheitspaket“. Inzwischen ist die Verordnung zur Einrichtung einer Härtefallkommission nach Verkündung in Kraft getreten als ein Mosaikstein dieses Sicherheitspaketes. Dagegen liegen die gesetzlichen Regelungen uns heute hier vor. Wir werden den Bereich Ordnungsrecht heute Abend noch in der Stadtbürgerschaft diskutieren dürfen, so dass ich ihn hier ausklammern kann. Ich denke, dass wir dieses Paket heute auch so beschließen können, weil, wie ich meine, dies ein weiterer Schritt in die Richtung ist, die innere Sicherheit und auch letztendlich die Ordnung zu stärken.

Die Neufassung des Bremer Verfassungsschutzgesetzes, die Änderung des Bremischen Polizeigesetzes, die Änderung des Ortsgesetzes über die öffentliche Ordnung sowie die Frage des weiteren Verfahrens zur Videoüberwachung sind also Gegenstand dieser Debatte. Darüber hinaus hat der Senat die Verordnung zur Härtefallkommission beschlossen, die, wie gesagt, als Teil dieses Gesamtmaßnahmenkatalogs anzusehen ist.

Meine Damen und Herren, „Fauler Kompromiss“, „SPD hat sich über den Tisch ziehen lassen“, „Grundrechte der Bürgerinnen und Bürger werden eingeschränkt“, „Härtefallkommission – von CDU weichgespülte Light-Version“, „Videoüberwachung nicht ––––––– *) Vom Redner nicht überprüft.

überzeugend“ und so weiter sind in dem genannten Artikel die Bewertungen dieser Maßnahmen des Kollegen Dr. Güldner. Insofern war das im Grunde nicht viel Neues, weil wir ja Debatten über all diese Themen bereits mehrfach geführt haben sowohl zum Polizeigesetz, zur Härtefallkommission als auch zum Verfassungsschutzrecht. Diese Bewertungen sind also insofern für uns nicht neu. Herr Kollege Dr. Güldner, ich kann zwar aus Ihrer Sicht diese Beurteilungen nachvollziehen, teile sie allerdings natürlich nicht, denn ich glaube, dass diese Anwürfe, die Sie hier gegen diese Änderungen der Gesetze insbesondere machen, nicht im entsprechenden Zusammenhang zu sehen und auch nicht zutreffend sind. Tatsächlich handelt es sich hier überwiegend um Anpassungen an geltendes Bundesrecht, um Anpassungen an Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts und restriktiv, aber wirkungsvoll vorzunehmende Maßnahmen, die die öffentliche Sicherheit und Ordnung fördern, aber auch in bestimmten Fällen die Aufenthaltssituation von Ausländern in Deutschland und Bremen klären helfen sollen.

Meine Damen und Herren, die Grundrechte der Bürger, die sich gesetzeskonform verhalten, werden eben nicht eingeschränkt, sondern umgekehrt sowohl subjektiv wie objektiv weiteren Schutz erfahren. Dabei gilt auch hier: 100 Prozent Sicherheit werden durch keine Maßnahme zu erreichen sein. Wir müssen alles daransetzen, den Bürgerinnen und Bürgern größtmöglichen Schutz gewährleisten zu können und gleichzeitig den Verfolgungsbehörden und dem Verfassungsschutz die notwendigen wirksamen Instrumentarien an die Hand zu geben, die ihrem Auftrag gerecht werden, aber auch die nötige Handlungssicherheit verleihen.

Meine Damen und Herren, straf- und strafprozessrechtliche Maßnahmen muss der Bund regeln. Die heute in Rede stehenden Themen gehören alle in die Regelungskompetenz des Landes beziehungsweise der Stadt Bremen, daher erledigen sich mitunter auch Initiativen innerhalb Bremens. So war es auch bei einer Regelung zur Graffitibekämpfung. Bevor wir in Bremen zu einer ordnungsrechtlichen Regelung kamen, regelte der Bund den Sachbeschädigungstatbestand neu und erfasste damit Graffitistraftaten. Unter Umständen bessert die jetzige Berliner Koalition noch etwas nach, indem sie in die Paragraphen 303 und 304 StGB den Tatbestand des Verunstaltens aufnehmen wird. In jedem Falle aber besteht für Bremen kein Handlungsbedarf auf diesem Deliktsfeld.

Ich hebe ausdrücklich hervor, dass wir alle heute zu beratenden Themen bereits mehrfach debattiert haben. Insbesondere im Zusammenhang mit der Polizeigesetzesnovelle von 2001 kamen alle Punkte zur Sprache, waren damals aber nicht alle beschlussfähig. Die Punkte werden aber alle intensiv angesprochen und diskutiert. Seitdem sind sie zumindest in unserer Fraktion nicht aus dem Auge verloren worden. Deshalb und weil die Koalitionsvereinbarung für

die 16. Wahlperiode bestimmte Vorgaben in dieser Hinsicht macht, bin ich sehr froh, dass wir nun diese Punkte hier aufrufen können. Dazu sagt die Vereinbarung, ich zitiere mit Genehmigung der Präsidentin:

„Die Gewährleistung der inneren Sicherheit und die Bekämpfung der Kriminalität und des internationalen Terrorismus ist nur möglich, wenn den Sicherheits- und Strafverfolgungsbehörden in rechtlicher, sächlicher, personeller und organisatorischer Hinsicht ein ausreichendes und hochwertiges Instrumentarium zur Erhaltung der inneren und internationalen Sicherheit zur Verfügung gestellt wird.“

(Beifall bei der CDU)

Dies ist sozusagen die Präambel. Daneben werden rechtliche Verbesserungen gefordert und die Angleichung von Bremer Präventivrecht an niedersächsisches Sicherheitsrecht und ausdrücklich zum Beispiel verdachtsunabhängige Kontrollen zu präventiven Zwecken genannt. Auch die Angleichung des Verfassungsschutzrechtes an Niedersachsen ist anzustreben, so die Koalitionsvereinbarung.

Ich bitte um Entschuldigung, meine Damen und Herren, dass ich diese Vereinbarung so detailliert vortrage, aber das macht deutlich, dass sich die Koalition auf dieser Basis geeinigt hat. Sie spiegelt die vorliegenden Maßnahmen wider. Wie immer in einer Koalition muss es auch Kompromisse geben. Das war so und wird auch so bleiben. Ich glaube aber, wenn es denn gute Kompromisse sind, dann sind sie akzeptabel, und das sehe ich hier in diesen Fällen.

Insofern könnte ich an dieser Stelle für heute schließen. Die Themen sind inhaltlich alle mehrfach diskutiert. Dennoch wäre es ein oberflächlicher Umgang mit diesen wichtigen innenpolitischen Themen, deshalb lassen Sie mich nun auf die einzelnen vorgesehenen Maßnahmen eingehen, von denen ich hoffe, dass wir sie mit breiter Mehrheit verabschieden werden! Den Bereich Ergänzung des Ortsgesetzes, das habe ich gesagt, werden wir nachher beraten.

Meine Damen und Herren, ähnlich wie im Jahr 2001 bei dem Polizeigesetz war es dringend erforderlich, auch das Gesetz über den Verfassungsschutz im Lande Bremen zu novellieren. Das bestehende Gesetz stammt aus dem Jahr 1981, ist also 24 Jahre unverändert geblieben. Das spricht schon für sich. Inzwischen hat sich ein größerer Änderungsbedarf ergeben. Der Senator für Inneres hatte Anfang 2002 und 2003 Entwürfe zu einem neuen Verfassungsschutzgesetz für Bremen vorgelegt. Unser Koalitionspartner hatte seinerzeit allerdings noch erheblichen Beratungsbedarf, der die dritte Version im Juli 2005 zur Folge hatte.

Darin sind nun die bundesgesetzlichen Änderungen wie Sicherheitsüberprüfungsgesetz, Strafverfolgungsänderungsgesetz, Änderung des Bundesdaten

schutzgesetzes, Gesetz zur Neuregelung der Beschränkung des Brief-, Post- und Fernmeldegeheimnisses sowie das Terrorismusbekämpfungsgesetz enthalten. Insbesondere erfolgte aber die Anpassung an das Bundesverfassungsschutzgesetz sowie das niedersächsische Verfassungsschutzgesetz. Nicht zuletzt war die Neuregelung der Voraussetzung zur Wohnraumüberwachung in Artikel 13 Grundgesetz zu berücksichtigen, die vom Bundesverfassungsschutzgesetz entsprechend durch Grundsätze untermauert wurde und Änderungen der Strafprozessordnung zur Folge hatte. Dies war im Bremer Verfassungsschutzgesetz ebenfalls zu berücksichtigen.

Meine Damen und Herren, Verfassungsschutz ist eine gemeinsame Aufgabe von Bund und Ländern. Die Überwachung des internationalen Terrorismus macht eine entsprechende Informationsgewinnung und -verarbeitung erforderlich. Nicht zuletzt ist der Beobachtung des Ausländerextremismus aktuell durch Änderung des Auftragsrahmens Rechnung zu tragen. Auch dies enthält der Gesetzentwurf.

Wie generell spielt auch hier der Datenschutz eine Rolle. Die datenschutzrechtlichen Anforderungen bei der akustischen Wohnraumüberwachung und die besonderen Befugnisse des Terrorismusbekämpfungsgesetzes sowie das so genannte Volkszählungsurteil waren ebenfalls einzuarbeiten.

Meine Damen und Herren, Sie sehen also, es bestand erheblicher Handlungs- und Regelungsbedarf, der mit diesem Entwurf zum Verfassungsschutzgesetz abgearbeitet wird. In diesem Zusammenhang darf ich den Autoren dieses aktuellen Gesetzes Dank und Anerkennung aussprechen. Die Verfassungsschutzbehörde Bremen wird damit in den Stand versetzt, den bundesweiten Standard in der Aufgabenerfüllung der Verfassungsschutzbehörden zu erreichen und dazu beitragen zu können, Terrorismus und Extremismus entschieden begegnen zu können.

Nun zum Polizeigesetz! Die letzte Novellierung des Polizeigesetzes liegt noch nicht lange zurück. Ich sagte schon, 2001 haben wir in diesem Hause eine Novelle verabschiedet, die für präventiv-polizeiliche Maßnahmen eine hervorragende Grundlage gebildet hat und der Bevölkerung ein Mehr an Sicherheit gebracht hat sowie den Polizeibeamtinnen und Polizeibeamten Handlungssicherheit. In den Debatten ist von unserer Fraktion deutlich gemacht worden, dass es noch kleinere Vakanzen in dem seit 2001 geltenden Polizeigesetz gibt. Diese, das darf ich vorwegnehmen, sind mit dem vorliegenden Änderungsentwurf geschlossen.

Meine Damen und Herren, einen Punkt in der Mitteilung des Senats muss ich einfach ansprechen, weil er mir missfällt. Im Polizeigesetz sowie auch in der Strafprozessordnung ist an keiner Stelle vom großen Lauschangriff die Rede. Auch kenne ich keine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, die diese Formulierung wiedergibt. Wie damals so auch heu

te sage ich, die Polizei lauscht nicht in Wohnungen, sondern, siehe Paragraph 33 Polizeigesetz, sie erhebt Daten durch den verdeckten Einsatz technischer Mittel. Dabei will ich es hier an dieser Stelle bewenden lassen.

(Beifall bei der CDU)