Protocol of the Session on October 13, 2005

Auf dem Besucherrang begrüße ich ganz herzlich eine Gruppe Seniorinnen und Senioren der Gewerkschaft ver.di.

Herzlich willkommen in unserem Haus!

(Beifall)

Meine Damen und Herren, wir setzen die Aussprache zum Tagesordnungspunkt 16 zum Thema Überschwemmungsgebiete fort.

Als Nächste hat das Wort die Abgeordnete Frau Dr. Mathes.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Lassen Sie mich zunächst zusammenfassend auf die beiden vorangegangenen Beiträge eingehen! Zu Frau Ahrens: Sie hat in Summe gesagt, das, was der Senat macht, so wie es in der Mitteilung des Senats steht, wäre okay, alles sei in Butter, es bestehe kein Handlungsbedarf. Dies ist eine völlige Fehleinschätzung.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Ich möchte hier nur ein Beispiel nennen. Mir reicht leider die Redezeit jetzt nicht, das Ganze in allen Details zu widerlegen. Ich möchte das Beispiel nehmen, dass aufgrund der Sperrwerke nichts zu richten sei. Hier muss ich deutlich machen, dass der Senat sich eine wesentliche Frage nicht einmal gestellt hat, nämlich die, ob die Sperrwerke ausreichen. Ist da wirklich kein Handlungsbedarf? Sind sie wirklich nicht reparaturbedürftig? Werden sie das auch zu Zeiten von Hochwasser schaffen? Zu diesen Fragen sagt der Senat nichts. Ich kann an der Stelle nur Herrn Dr. Schuster Recht geben. Auch aus Sicht der Grünen reichen die Vorschläge und Maßnahmen des Senats nicht aus, damit Bremen zu Zeiten des Klimawandels vor Überschwemmungen geschützt ist.

Auf die Sündenfälle des Senats möchte ich auch nicht im Einzelnen eingehen, sondern sie nur erwähnen. Bebauungen in Überschwemmungsgebieten zu Zeiten des Klimawandels halte ich für unverantwortlich.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Ich nenne hier den Fuldahafen. Zu nennen ist das Wohngebiet Brokhuchting, es ist Steindamm zu nennen. Solche Maßnahmen, solche Bebauungen zu machen, wo wir uns als Gesellschaft eigentlich ganz anders einstellen müssen, sind nicht zu akzeptieren. Es darf auch die Frage der Deichrückverlegung nicht uner

wähnt bleiben, also da, wo wir wirklich noch deutlich Überschwemmungsraum schaffen könnten, nämlich in der Arberger und Mahndorfer Marsch, hatte der Senat einmal vor Jahren eine Deichrückverlegung angekündigt, aber das ist mittlerweile auch in den Schubladen verschwunden. Hochwasserschutz ist das also in Summe nicht zu nennen.

Gravierend ist, dass der Senat die Auswirkungen des Klimawandels zu günstig einschätzt. Die von ihm zugrunde gelegte Fortschreibung des Trends der letzten 100 Jahre entspricht nicht dem aktuellen Kenntnisstand. Auch fehlen Abschätzungen der Auswirkungen mittlerer und extremer Klimaszenarien auf die Hydrologie der Flusseinzugssysteme im Bremer Raum. Hier nur einmal eine Anmerkung, Herr Schuster hat das auch schon dargelegt: Das ist nicht eine einzelne Studie, sondern man kann hier ganz deutlich festhalten, die Grundlagen, auf denen die Antwort des Senats basiert, entsprechen nicht dem Wissens- und Kenntnisstand der heutigen Zeit.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Das muss man sogar darüber ergänzen, dass man im Sinne eines Vorsorgeprinzips, und wir leben unter Unsicherheitsbedingungen, von ungünstigen Fällen ausgehen muss, sonst riskiert man doch in der Tat massive Überschwemmungen, und das darf nicht der Fall sein. So etwas macht der Senat aber gern. Ich möchte hier noch einmal auf den Beschluss zur Unter- und Außenweservertiefung eingehen. Da hat der Senat beschlossen, die Unter- und Außenweser zu vertiefen.

In der zur Debatte stehenden Mitteilung des Senats heißt es dazu, ich zitiere mit Erlaubnis des Präsidenten: „Die hydraulischen Auswirkungen der vorgesehenen Maßnahme“, gemeint ist hier die Unterund Außenweservertiefung, „auf die zu erwartenden zukünftigen Wasserstände und damit auch auf die Überflutung von Überschwemmungsgebieten werden in einem hydraulischen Gutachten untersucht. Die Ergebnisse dieser Untersuchung werden voraussichtlich Anfang 2006 vorliegen.“ Soweit die Mitteilung des Senats!

Das ist auch alles richtig, aber man hat eben schon einmal locker entschieden, diese Vertiefung durchzuführen, obwohl nicht bekannt ist, welches ökologische, welches Hochwasserrisiko damit eingegangen wird.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Angesichts der Kürze der Redezeit und da das doch auch eine sehr fachlich geprägte Debatte ist, möchte ich an der Stelle nicht weiter auf Details eingehen. Klar ist nur, dass so, wie es in der Senatsmitteilung steht, wir nicht mit der Überschwemmungsproblematik umgehen dürfen, und ich hatte auch den Vorschlag,

den Herr Dr. Schuster schon gemacht hat, dass wir das Thema noch einmal in der Deputation für Umwelt und Energie aufrufen. Wir könnten das dann auch sehr gut mit unserem Antrag vom Dienstag zur gesplitteten Abwassergebühr verbinden. Da geht es nämlich genau um vorsorgende Maßnahmen, um lokalen Überschwemmungen im Stadtgebiet vorzubeugen. Ich bitte darum, dass das hier auch seitens der anderen Fraktionen akzeptiert wird, dass wir uns diesem Thema zeitnah in der Deputation für Umwelt und Energie widmen, und zwar auf der Grundlage des Wissensstandes und unter Zugrundelegung des Vorsorgeprinzips.

Abschließend: Wir müssen noch deutlich an diesem Thema arbeiten. Dies muss zügig in Angriff genommen werden, und das Geld, das für die sicher erforderlichen Deicherhöhungen und andere Deichschutzmaßnahmen notwendig ist, muss auch im Doppelhaushalt 2006/2007 eingestellt werden. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Als Nächste hat das Wort Frau Staatsrätin Kramer.

Herr Präsident, meine Herren und Damen Abgeordneten! Ich verstehe nicht so recht, wie man aus der Antwort des Senats auf die Große Anfrage der Fraktionen der SPD und der CDU ableiten kann, dass der Senat das Thema Hochwasserschutz nicht ernst nimmt. Der Senat hat die derzeit bekannten Risiken, soweit sie in der wissenschaftlichen Literatur benannt werden, mit Korridoren und Spannbreiten, wie das bei Prognosen immer so üblich ist, sehr deutlich aufgeführt. Er hat auch deutlich benannt, dass vor dem Hintergrund des Klimawandels und der sich daraus ergebenden Risiken Maßnahmen notwendig sein werden, dass verschiedene wissenschaftliche Studien dazu in Auftrag gegeben worden sind und dass wir mit Ihnen gemeinsam in der Umweltdeputation über die aus diesen Studien zu ziehenden Schlussfolgerungen diskutieren werden.

Eine Studie liegt bereits vor, sie wird zurzeit in meinem Haus ausgewertet. Voraussichtlich werden wir in der Dezember-Sitzung die Umweltdeputation damit begrüßen. Wir freuen uns auf die Diskussion in der Umweltdeputation mit Ihnen darüber, welche Schlussfolgerungen wir dann gemeinsam daraus ziehen. Wir sollten hier aber kein Krisenszenario in den Raum stellen, das zur Verunsicherung der Bevölkerung beiträgt, ohne dass es dafür eine Grundlage gibt. Dies schien mir bei einzelnen Debattenbeiträgen der Fall zu sein.

Hochwasserschutz ist vorbeugender Katastrophenschutz, da sind wir uns vollkommen einig. Da, wo es darum geht, Gefahr von Leib und Leben der Menschen abzuhalten, müssen alle Anstrengungen un

ternommen werden, um dies im Sinne der Vorsorge zu tun, da sind wir uns auch einig. Wo wir wahrscheinlich unterschiedliche Auffassungen haben werden, ist, wie der Gesichtspunkt der Verhältnismäßigkeit in diesem Zusammenhang zu bewerten ist. Der bundesgesetzliche Rahmen gibt uns dafür einige Vorgaben, vom so genannten Bemessungshochwasser bis hin zum fünfhundertjährigen Ereignis. Er gibt uns auch vor, in welchen Zeiträumen wir die Aufgaben zu lösen haben, und niemand kann bestreiten, dass wir gut im Zeitplan sind.

Hinsichtlich des Küstenschutzes haben wir gemeinsam mit Niedersachsen einiges aufzuweisen. Die Ergebnisse werden in den nächsten Monaten vorliegen. Wir werden sie mit Ihnen diskutieren, und wir werden rechtzeitig mit Ihnen gemeinsam die Schlussfolgerungen daraus ziehen. Soweit Sie hier bekundet haben, dass Sie erwarten, dass wir Deicherhöhungen vornehmen müssen, dass wir Hochwasserschutzmaßnahmen wie Sperrwerke et cetera möglicherweise auch verstärken müssen, kann ich nur sagen, wenn es wirklich so ist, und die Bremische Bürgerschaft ist dann auch bereit, die dafür erforderlichen Mittel zur Verfügung zu stellen, sind wir gemeinsam in einem Boot.

(Abg. Frau H ö v e l m a n n [SPD]: Das werden wir kreativ lösen!)

Kreativ Deiche zu erhöhen ist schwierig, wenn ich das an der Stelle anmerken darf!

Lassen Sie mich bitte zum Schluss, ohne dass ich die Details, die wir in der Umweltdeputation sicherlich besser diskutieren können als in einer solchen kurzen Debatte, noch auf etwas eingehen, was Herr Schuster in seinem Debattenbeitrag gesagt hat! Er spielte an auf die „Große Lösung Deichverbände“ und kritisierte, dass es dem Umweltsenator nicht gelungen sei, die dort vertraglich vereinbarten jährlichen Zahlungen in den Haushalt einzustellen. Da das die Tendenz zur Legendenbildung hat, möchte ich an dieser Stelle doch klarstellen, dass der Vertrag mit den beiden Deichverbänden links und rechts der Weser aus dem Jahr 2001 resultiert. Er ist damals unterzeichnet worden, er ist auch in diesem Haus diskutiert worden. Kurze Zeit später hat der Senat dann allerdings ohne Mitwirkung des heutigen Umweltsenators eine Stundungsvereinbarung angestrebt, die nun Ende 2005 ausläuft.

Zur damaligen Zeit waren die zunächst vereinbarten jährlichen Raten, gemessen an dem, was sich jetzt aufgrund der Stundungsvereinbarung aufaddiert hat, relativ moderat. Nach meiner Einschätzung als immer noch Neubremerin wage ich die Behauptung, dass damals die Haushaltslage noch entspannter war, als sie sich heute darstellt. Der Umweltsenator hat mit allem Nachdruck darum geworben, dass ausreichend Mittel für die Verpflichtung in den Jahren 2006/2007 in den ja noch in Bearbeitung befindlichen Haushalt

eingestellt werden. Er hat erreicht, dass dieses Problem nun auf einem unkonventionellen Weg gelöst wird, aber es wird gelöst. Die Verpflichtungen gegenüber den Deichverbänden für die Jahre 2006/2007 werden eingehalten.

Gestatten Sie mir noch einen letzten Satz! Damit sind allerdings die Fragen hinsichtlich der Einhaltung der Verpflichtungen für die Jahre 2008 folgende noch nicht gelöst. Wenn Sie mir jetzt, und so verstehe ich Ihre Aussagen, Herr Dr. Schuster, zusagen wollten, dass sich dieses hohe Haus dafür verwenden wird, dass ausreichend Mittel auch in den Jahren 2008 und folgende zur Verfügung stehen, nehme ich das sehr dankbar mit in die Verhandlungen, die mein Haus derzeit mit den Deichverbänden auch hinsichtlich der mittel- und langfristigen Perspektive führt.

(Beifall bei der CDU)

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Die Aussprache ist geschlossen.

Die Bürgerschaft (Landtag) nimmt von der Antwort des Senats mit der Drucksachen-Nummer 16/759 auf die Große Anfrage der Fraktionen der SPD und der CDU Kenntnis.

Zukunft der Elternbildung in Bremen

Große Anfrage der Fraktion Bündnis 90/ Die Grünen vom 14. Juli 2005 (Drucksache 16/697)

D a z u

Mitteilung des Senats vom 30. August 2005

(Drucksache 16/734)

Dazu als Vertreter des Senats Frau Senatorin Röpke.

Frau Senatorin, möchten Sie die Antwort mündlich wiederholen? – Das ist nicht der Fall.

Wir treten in die Aussprache ein.

Das Wort hat der Abgeordnete Crueger.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Antwort des Senats auf diese Große Anfrage ist nicht ganz so kurz wie die Antwort des Senats auf die Große Anfrage zur Eigenheimzulage, dennoch, glaube ich, muss man ganz deutlich sagen, sie ist einigermaßen substanzlos. Ich sage das deshalb, weil wir vor ziemlich genau zwei Jahren am 10. September 2003 hier – das war eine meiner ersten Debatten in der Bürgerschaft – den Kinder-, Jugend- und Familienbericht 2003 debattiert haben. Dieser Kinder-, Jugend- und Fami

lienbericht 2003 hat nämlich genau diesen Schwerpunkt auf Eltern- und Familienbildung gesetzt.

Wir hatten damals eine, wie ich fand, sehr gute Debatte. Ich habe sie mir auch im Nachhinein noch einmal durchgelesen, und auch zwei Jahre später wollen wir einmal sagen, das, was von den einzelnen Fraktionen und natürlich auch vom Ressort da an Willensbekundungen geäußert wurde, war schon alles sehr vielversprechend. Ich glaube, auch die Problemfelder, auf die ich gleich eingehen möchte, wurden da alle gut benannt, und ich habe das Gefühl, dass sich sozusagen in Bezug auf das, was die inhaltliche Vision und die Perspektive angeht, seitdem nicht viel weiterentwickelt hat.

Ich möchte auf drei Aktionsfelder eingehen! Das eine ist die Frage: Reichen die Angebote, die wir haben? Ich denke, das ist zunächst einmal die zentrale Frage. Das zweite ist dann: Was ist mit Familienzentren – ich glaube, darunter kann sich mittlerweile jeder etwas vorstellen –, also wie stärken wir in den Stadtteilen lokale Einrichtungen für die Familie? Das dritte ist im Zeitalter von Ganztagsschulen: Was passiert mit dieser Kooperation zwischen Soziales und Bildung? Wie schaffen wir es, die Herausforderung von Ganztagsschule positiv an dieser Stelle umzusetzen? Das sind die drei Punkte.