Protocol of the Session on October 13, 2005

ist und bleibt eine reife Fehlentscheidung des Senats, denn von diesem Vorhaben hätte Bremen ganz erheblich profitiert.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Das, was jetzt so deutlich wird mit dieser Blockadehaltung, die da im Senat ist, ist doch nicht nur bei der Eigenheimzulage so, da können wir doch eins, zwei, drei, vier, fünf, sechs Sachen aufzählen, wo der Senat überhaupt nicht mehr handlungsfähig ist. Wir hatten hier verschiedene Themen aus dem Umweltbereich, ich sage nur Informationsfreiheitsgesetz. Liebe Kolleginnen und Kollegen, dieser Senat bekommt doch rein gar nichts mehr auf die Reihe, und das ist auch so bei dieser Bundesratsinitiative, wo ja eigentlich jetzt auch mit der CDU Einigkeit herrscht. Man kann sie doch einfach abschaffen, wenn schon der Bauindustrieverband vor zwei Wochen sagt, die Eigenheimzulage sei überholt. Man könnte diese Debatte hier eigentlich an dieser Stelle beenden. Wir könnten hier zu dritt eine Bundesratsinitiative auf den Weg bringen, um die Eigenheimzulage abzuschaf

fen und um dieses Geld in Bildung und Forschung umzusteuern. Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich finde, es ist eine große Herausforderung in den nächsten Jahren, die öffentliche Daseinsvorsorge neu zu definieren und sie neu auszugestalten. Für welche Bereiche kann und will sich der Staat engagieren? Der Staat muss sich in den nächsten Jahren sehr gut überlegen, in welche Strukturen er investiert, mit welchen Entscheidungen die besten Effekte erzielt werden können. Die Abschaffung der Eigenheimzulage bringt im Ergebnis rund, Carsten Sieling hat gesagt, zehn Milliarden Euro, ich glaube, es sind sechs Milliarden Euro, sechs Milliarden Euro jährlich für wichtige Zukunftsausgaben, es geht eben auch um bessere Bildung für alle. Die grüne Position ist, angesichts knapper Kassen in Bund, Ländern und Gemeinden müssen wir überholte Subventionen wie die Eigenheimzulage endlich abschaffen und die frei werdenden Mittel in die Stärkung von Bildung, Forschung, Technologie und Innovation stecken. Damit folgen wir den Empfehlungen der Bundesbank, dem Sachverständigenrat zur Begutachtung der wirtschaftlichen Entwicklung und auch den meisten wirtschaftswissenschaftlichen Forschungsinstituten, die unisono die Abschaffung der Eigenheimzulage empfehlen. Ich habe es eben gesagt, auch der Bauindustrieverband, der hier noch von Herrn Eckhoff zitiert worden ist und auch von anderen Rednern der CDU, hat seine Blockadehaltung aufgegeben. Liebe CDU, jetzt bitte ich Sie, dass auch Sie in der Sache umschwenken und den Weg freimachen für eine Bundesratsinitiative in dieser Frage!

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Für die Abschaffung der Eigenheimzulage spricht eine Vielzahl von Aspekten. Ich will sie hier nur noch einmal exemplarisch aufzählen. Die Wohnraumversorgung in Deutschland ist heute so gut wie nie zuvor. Langfristig wird der Bedarf an Wohnraum sinken, das ist eine logische Konsequenz des demographischen Wandels. Die Eigenheimzulage hat hohe Mitnahmeeffekte und wirkt preistreibend, das musste hier sogar der Bausenator zugeben. Mit dieser Subvention wird die Zersiedelung vorangetrieben und die StadtUmland-Problematik verschärft, und darunter hat Bremen insbesondere in den letzten Jahren gelitten. Wenn wir den Strukturwandel meistern wollen, liebe Kolleginnen und Kollegen, müssen wir endlich weg von einer monotonen Wirtschaftspolitik, die sich auf das bloße Angebot von Gewerbeflächen mit Autobahnanschluss, um den Wettlauf mit den niedrigsten Standortkosten und staatliche Tourismusprojekte beschränkt.

(Abg. D r. S i e l i n g [SPD]: Das ist aber nicht bei uns! – Abg. P i e t r z o k [SPD]: Das war aber ein bisschen dick aufgetragen! – Abg. F o c k e [CDU]: Der Wahlkampf ist doch schon vorbei!)

Nein, nein, so ist der Strukturwandel nicht zu meistern, liebe Kollegen von SPD und CDU! Investitionen in Köpfe sichern die Zukunftsfähigkeit Bremens, aber nicht in Beton, deshalb ist uns die berufliche, schulische und universitäre Bildung als Grüne so wichtig.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Auch Bremer Unternehmen müssen in Zukunft noch mehr auf die konsequente Nutzung ihres Rohstoffes Wissen setzen, um im Wettbewerb überhaupt mithalten zu können. Neben der Fortentwicklung der Bildungsinstitution Schule, berufliche Ausbildung und Hochschule wird dabei die Weiterbildung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den Unternehmen immer wichtiger werden. Wir brauchen mehr Geld für Schulen und Spitzenforschung, mehr Investitionen in Köpfe statt Beton.

Deutschland rangiert bei der Qualität seines Bildungssystems international im schlechten Mittelfeld und gibt auch im internationalen Vergleich deutlich weniger Geld für Bildung aus. Der letzte OECD-Vergleich hat es erneut deutlich gemacht, und als Bildungspolitikerin muss ich es auch noch einmal hier sehr deutlich vortragen, wir geben ein Drittel weniger Geld für den Bereich Bildung und Forschung aus als andere Länder. Man muss feststellen, dass wir international abgehängt sind, wenn wir hier nicht eine Trendwende einleiten. Wir können das Geld nicht im Keller drucken, wir können es nicht vermehren, wir können es nicht klonen. Wir müssen das Geld, das wir haben, anders einsetzen, wir müssen Schwerpunkte neu diskutieren. Ich sehe in der Abschaffung der Eigenheimzulage einen richtigen Punkt zu sagen, dort ist das Geld nicht mehr nötig, in einem anderen Bereich brauchen wir dieses Geld, und das ist auch grüne Position.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen und bei der SPD)

Der Chef von McKinsey, er wird sonst von den Grünen häufiger einmal angegangen, Jürgen Kluge, hat gefordert, es muss eine Bildungsrevolution in Deutschland geben. McKinsey hat in den letzten beiden Jahren große Bildungskongresse in Berlin veranstaltet, hat internationale und nationale Wissenschaftler an einen Tisch geholt. Ich finde, er hat Recht, im Primarbereich gibt Deutschland im Vergleich viel weniger aus, es sind nur 4237 US-Dollar, wenn wir uns vergleichen, andere Länder geben fast 5000 US-Dollar im Primarbereich aus. Wenn wir bei dieser Entwicklung weiter sehen, dann stellen wir fest, auch in der Sekundarstufe I ist Deutschland von den anderen Bildungsländern abgehängt, während wir im Oberstufenbereich, und das ist geradezu paradox, mit der Schweiz auf einem Spitzenplatz liegen. Wir geben später im Bildungssystem viel zu viel Geld aus, an

dere Länder machen es uns doch geradezu vor, wie wir mit einer anderen Mittelverteilung, wenn wir das Bildungssystem vom Kopf auf die Füße stellen, endlich auch bessere Bildungsergebnisse erzielen können.

Im Kindergartenbereich haben wir in Bremen eine Erzieherin und 20 Kinder. In Dänemark sind es sieben Kinder und eine Erzieherin. In Schweden sind es 15 Kinder und eine Erzieherin. Es gibt Länder, die einen noch besseren Schlüssel haben, und darin liegt ein wesentlicher Erfolg auch zur Verbesserung der Bildungsqualität. Mehr Geld in die frühe Förderung, mehr Geld in die Grundschulen, mehr Geld, denn höhere Bildung steigert Beschäftigungschancen! Es ist nicht das Geld allein, wenn Herr Focke jetzt sagt, mit mehr Geld kann man auch nichts ändern, wenn die Qualität schlecht ist, das schließe ich mit ein an dieser Stelle, auch die Qualitätsentwicklung muss vorangetrieben werden.

Gute Bildung sichert auch die Möglichkeit zur Teilhabe. Das ist ein ganz wichtiger Punkt, den ich an dieser Stelle abschließend ansprechen möchte. Menschen, die nicht gut ausgebildet sind, werden auch immer wieder Probleme haben, an der Gesellschaft teilzuhaben. Demokratie braucht gute Bildung für alle und höhere Bildung. Das, hat die OECD uns ins Stammbuch geschrieben, steigert die Beschäftigungschancen ungeheuer. – Danke schön!

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Das Wort erhält der Abgeordnete Focke.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich werde jetzt hier keine Wahlkampfrede halten, denn der Wahlkampf ist seit dem 18. September vorbei.

(Beifall bei der CDU)

Herr Dr. Sieling, das hätten Sie ja eigentlich auch bemerken müssen, da wir doch gerade dabei sind, uns in Berlin auf ein interessantes Experiment einzulassen, das hier in Bremen schon zehn Jahre lang funktioniert. Da eine ganze Menge Dinge auf dem Prüfstand stehen, hätte ich doch erwartet, dass man das hier etwas gelassener angeht, zumal die Eigenheimzulage für die alte rotgrüne Bundesregierung schon für viele Dinge herhalten musste.

Der letzte Ausweg war das mit der Bildungssache: mehr umsteuern in die Bildungspolitik! Darüber haben wir im November diskutiert. Wir haben uns darüber ausgetauscht, warum das so einfach nicht geht. Jetzt sind wir aber dabei. Ich habe immer gesagt, die Steuerreform ist die Grundvoraussetzung da––––––– *) Vom Redner nicht überprüft.

für, dass die Eigenheimzulage fällt. Das war immer die Diskussion. Keiner hat sich dagegen gesperrt, die Eigenheimzulage fallen zu lassen, sie sollte nur nicht ständig für irgendwelche anderen Zwecke herhalten müssen,

(Abg. Frau H ö v e l m a n n [SPD]: Aber das Thema ist doch aktueller denn je!)

sondern es muss in einem Gesamtkonzept gelöst werden. Das wird jetzt gelöst, und deswegen brauchen wir auch keine Bundesratsinitiative. Ich glaube sehr wohl, dass wir im Zuge der Koalitionsverhandlungen, die in Berlin zu führen sind, auch das Problem der Eigenheimzulage erledigen und auch Geld umsteuern werden in die Bildung, weil wir doch alle feststellen, dass es eines unserer wichtigsten Zukunftsthemen ist.

(Abg. Frau S t a h m a n n [Bündnis 90/ Die Grünen]:Das haben wir nicht gemacht!)

Insofern glaube ich, dass wir keine großen Differenzen haben.

(Abg. D r. S i e l i n g [SPD]: Das sind ja neue Töne!)

Das sind keine neuen Töne, das habe ich im November schon gesagt.

(Abg. D r. S i e l i n g [SPD]: Das steht aber nicht im Protokoll!)

Dass diese Große Anfrage, die wir nun nicht unterschrieben haben, weil es uns etwas zu wenig hilfreich erschien, so kurz vom Senat beantwortet worden ist, finde ich, ist doch eigentlich eine ganz gute Sache. Wenn die Leute schnell und gut arbeiten und zu kurzen Ergebnissen kommen, so ist es doch positiver, als wenn man lange herumlabert und nichts zustande bringt.

(Beifall bei der CDU)

Insofern kann ich mich nicht der Kritik am Senat anschließen.

Die Eigenheimzulage wird sich erledigen. Es sind nicht zehn Milliarden, sondern sechs Milliarden Euro, die wir dann in mehreren Jahren zur Verfügung haben. Es ist nicht so, dass wir das von heute auf morgen haben, es fängt nur mit ein paar hundert Millionen Euro an, und es geht dann erst im siebten oder achten Jahr zu dem vollen Effekt.

Einen Effekt will ich doch von dieser Stelle aus auch den Bürgerinnen und Bürgern mitteilen. Es ist nicht so gewesen, dass die Eigenheimzulage ein völlig unnützes System war. Das hat uns sehr viel gehol

fen, es hat uns Beschäftigung gebracht, hat sehr vielen Menschen zu Eigentum verholfen. Dass sich natürlich auch die Situationen ändern, das ist klar, und dann muss man darauf auch reagieren. Aber gerade eine Mitteilung des Finanzsenators vom 6. Oktober dieses Jahres fordert gerade dazu auf, auch weiterhin die Eigenheimzulage zu beantragen. Weil sie nicht abgeschafft ist, ist die Beantragung weiterhin möglich. Da es in Berlin nicht so schnell gehen wird, wird sie in diesem Jahr auch noch nicht abgeschafft werden. Alle diejenigen, die noch bauen wollen oder die das planen, sollen auch die Eigenheimzulage beantragen, dann haben sie nämlich noch acht Jahre etwas davon. – Vielen Dank!

(Beifall bei der CDU)

Als nächster Redner hat das Wort Herr Senator Dr. Nußbaum.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Die Diskussion ist aus meiner Sicht etwas hypothetisch. Hier wird über das Fell des Bären gestritten, der noch nicht erlegt ist. Sie wissen, dass bei einer Neuwahl alle bislang nicht abgearbeiteten Gesetzesvorhaben wegen des Grundsatzes der Diskontinuität noch einmal neu eingebracht werden müssen. Sie sind also damit endgültig gescheitert, das heißt neues Spiel, neues Glück. Deswegen werden wir sehen müssen, was überhaupt dabei herauskommt. Wir müssen sehen, wie diese Mittel möglicherweise eingesetzt werden.

Was ich grundsätzlich etwas seltsam finde, ist, man geht hin und möchte etwas abschaffen, und ich bin der festen Auffassung, es ist richtig, die Eigenheimzulage abzuschaffen. Das brauchen wir nicht weiter auszuführen. Das ist eine Subvention, die erwiesenermaßen nicht ganz sinnvoll ist.

(Abg. F o c k e [CDU]: Nicht mehr!)

Aber dass man sich gleich wieder etwas einfallen lässt, wo man dieses Geld ausgeben kann, bei den Haushalten, die wir haben und die alle unterfinanziert sind! Es ist doch ganz klar, dass Bildung, Innovation und Forschung hier an erster Stelle stehen. Gerade auch in Bremen ist das unser ganz zentrales Thema. Wir sind Stadt der Wissenschaft, Bremerhaven und Bremen. Das ist doch für uns ein ganz zentrales Thema.

Natürlich wäre es schön, wenn diese Mittel, die dort frei werden, das sind immerhin in der Tat, Carsten Sieling hat das richtig zitiert, in 2006 acht Millionen Euro respektive 2007 12,8 Millionen Euro – das sind nennenswerte Beträge für uns –, hier ankommen könnten. Gleichwohl ist es aus meiner Sicht wichtiger, auch eine Konsolidierung der Haushalte insgesamt anzugehen und zu fordern. Dann kann man die Mittel auch dorthin schichten, wo sie gebraucht wer

den, nämlich in Bildung, Forschung und Wissenschaft! – Vielen Dank!

Als nächster Redner hat das Wort der Abgeordnete Dr. Sieling.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich erfreue mich über den Verlauf der Debatte! Erstens merkt man, der Wahlkampf ist zu Ende, bei der CDU ist die Einsicht gekommen,

(Beifall bei der SPD – Abg. F o c k e [CDU]: Du musst meine Rede vom Dezember nach- lesen, Carsten!)

sie ist jetzt auch gegen die Eigenheimzulage. Es ist eine richtig gute Sache. Die habe ich nachgelesen, ich habe sie auch noch gut im Ohr. Es ist filibustert worden über die Frage von Steuersenkungspotentialen und so weiter, aber nicht in die Zukunft gedacht worden. Das ist die Kritik, darüber werden wir noch reden müssen, wie wir das in die Zukunft bekommen.

Zweiter Punkt: Die Bundestagsdrucksache aus der letzten Periode sagt eindeutig, dass sogar schon bis zum Jahr 2009, nicht jedes Jahr, aber in Summe, eine Einsparung von zehn Milliarden Euro erzielt werden wird, nur weil hier andere Zahlen durch die Gegend liefen. Allerdings ist das pro Jahr natürlich niedriger, aber über die Jahre ist die Summe so.

Der dritte Punkt, den ich nur kurz anmerken möchte, ist die Frage der Verwendung, die ja auch Senator Dr. Nußbaum eben angesprochen hat. Da will ich sagen, ich bin schon der Auffassung, dass wir, auch wenn wir hier eine Subvention in einem Bereich streichen, mit dem Vorschlag, für Bildung und Wissenschaft etwas zu tun, nicht irgendetwas subventionieren wollen, sondern eine staatliche Kernaufgabe verstärken wollen, nämlich die Ausbildung junger Menschen!

(Beifall bei der SPD)