Es ist heute ein immer wieder auftauchendes Problem, dass wer sich in der Feuerwehr oder in Hilfsorganisationen betätigt, möglicherweise sogar Rückschläge im Beruf erleiden muss oder von Arbeitgebern abgelehnt wird. Abhilfe ist umso dringender, weil durch die Verkleinerung der Bundeswehr eines der bisherigen Potentiale ehrenamtlicher Mitwirkung austrocknet,
da eine Verpflichtung im Katastrophenschutz als Ersatzdienst zur Wehrpflicht zunehmend unattraktiver wird. Insoweit gilt es für die freiwilligen Feuerwehren und die Hilfsorganisationen, andere vorhandene Reservoirs freiwilliger Mitwirkung auszuschöpfen beziehungsweise neu zu erschließen. Ich finde, die Politik muss diese Bemühungen schon im Eigeninteresse an einem effizienten nichtpolizeilichen Gefahrenabwehrsystem mit aller Kraft unterstützen. – Vielen Dank!
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Meine beiden Vorredner haben dankenswerterweise bereits einen Überblick über das Thema Bevölkerungs- und Katastrophenschutz gegeben, und ich ––––––– *) Vom Redner nicht überprüft.
finde es sehr gut, dass wir noch einmal daran erinnern, worum es wirklich geht, auch anhand konkreter Beispiele, denn das klingt zunächst einmal sehr abstrakt. Wenn man nicht aufpasst, dann kommt man ganz schnell wieder in eine Diskussion, die sehr technokratisch ist, in der man über Sollstärken und Materialausstattung und solche Dinge spricht und im Grunde genommen zu Anfang einmal gar nicht weiß, was eigentlich gemeint ist.
Deswegen glaube ich, dass es noch einmal wichtig ist, meine Damen und Herren, darauf hinzuweisen, dass es nicht nur so große Ausnahmen sind, um die es geht, wie kürzlich die Flutkatastrophe in Asien oder wie dieser schreckliche Terroranschlag am 11. September 2001 in New York, sondern es sind Geschehnisse, die sehr lebensnah sind, von denen wir uns alle wünschen und hoffen, dass sie nie vorkommen, die aber sehr lebensnah sind. Denken Sie an die ICE-Katastrophe in Eschede zum Beispiel, Herr Knäpper hat es erwähnt, oder auch – wir haben einen Flughafen hier mitten in der Stadt – an einen möglichen Flugzeugabsturz, dann haben wir sofort so eine Lage, und sehr viele Menschen sind davon betroffen!
Ich teile auch die Einschätzung und damit auch den Duktus der Reden meiner beiden Vorredner, dass wir hier großen Abstand nehmen sollten von parteipolitischen oder gar, Herr Knäpper sagte, polemischen Diskussionen. Das ist ein Thema, das viel zu ernst ist und bei dem wir, ganz egal in welcher Rolle und welcher Funktion wir politisch jeweils gerade stehen, alle an einem Strang ziehen müssen.
Herr Knäpper, Sie haben darauf hingewiesen, und das hätte ich ansonsten noch einmal getan, auch wenn wir auf den Bund schauen, dann kann sich keine, weder die 16 Jahre regierende Kohl-Regierung noch die Nachfolgeregierung unter Gerhard Schröder so richtig von einigen zentralen Fragen befreien, die wir an sie zu stellen haben. Sie haben eine schon aufgeworfen, die mich auch umtreibt. Kann es wirklich sein, dass wir Anfang der neunziger Jahre in ganz Deutschland die Warnsirenen komplett abgebaut haben und inzwischen wieder darüber nachdenken, sie neu in ganz Deutschland wieder aufzubauen, und ist das wirklich eine vernünftige Politik? Hier müssen sich alle politischen Kräfte fragen, ob das nach außen wirklich zu vermitteln ist, wenn man so vorgeht, meine Damen und Herren.
Ich möchte, weil ich die Punkte meiner Vorredner auch nicht wiederholen möchte, auf einige konkrete Themen des bremischen Bevölkerungs- und Katastrophenschutzes noch einmal eingehen, weil wir hier nicht nur über ein abstraktes Phänomen reden, sondern auch über ganz konkrete Probleme, und zwar keine Probleme, die politisch verursacht sind, weil der Innensenator gerade Röwekamp heißt oder vorher Böse oder sonst wie hieß, sondern bedingt sind durch
ganz typische, automatisch auftretende Schwierigkeiten bei der Koordinierung von solch großen Einsätzen so verschiedener Organisationen und zum anderen natürlich, darunter leiden wir auch alle, bedingt sind durch die Mittelknappheit, so dass wir nicht aus dem Vollen schöpfen können, wenn wir sagen, was wir eigentlich bräuchten, um einen effektiven Katastrophenschutz hier in Bremen zu gewährleisten.
Es gab am 21. September 2002 in Bremen eine zentrale Übung, während der in insgesamt fünf Szenarien geübt wurde, wie man mit dem gleichzeitigen Auftreten mehrerer großer Schadensfälle umgehen kann. Das war die Übung „Starke Hanseaten“. Ich erinnere mich noch sehr genau, dass der damalige Innensenator Kuno Böse zwar einerseits sehr zufrieden war mit dem starken Engagement, gerade der ehrenamtlichen Kräfte, mit dem guten Funktionieren zahlreicher Einheiten und mit etlichen wirklich hervorragend funktionierenden, geübten Katastrophenbekämpfungsszenarien in dieser Übung. Gleichzeitig aber, und deswegen möchte ich auch aus dem Abschlussbericht dieser Katastrophenschutzübung „Starke Hanseaten“ des Innensenators einmal zitieren, wurden einige doch sehr bedenkliche und konkrete Probleme offenbar.
Ausgangspunkt der Übung „Starke Hanseaten“ war, in mehreren Szenarien, die reichten von Deichverteidigung bis hin zu Unfällen mit Schadstoffen und anderen, zu testen, wie gut aufgestellt die bremischen Katastrophenschutzeinheiten tatsächlich sind. Leider, das musste man damals sagen, und das ist ja auch ein guter Anlass, dann Abhilfe zu schaffen, kam es doch zu etlichen Problemen, und das ist ja nun einmal gerade zweieinhalb Jahre her. Aus dem Bericht des Senators für Inneres der Freien Hansestadt Bremen über die Abschlussbewertung dieser Übung darf ich kurz zitieren und einige Punkte herausgreifen:
„Die an einem geeigneten Ort aufgestellte technische Einsatzleitung war nicht ausreichend besetzt, es fehlten Fachberater. Kommunikationsmittel standen nicht in genügender Anzahl zur Verfügung, die Einsatzleitung war nicht allen bekannt“ – das ist schon einmal sehr bedenklich – „und einzelne Führungskräfte waren nicht zu erkennen.“ Auch das klingt merkwürdig: „Nach Bekanntwerden der besonderen Gefahrenlage durch Radioaktivität“ – auch das war Teil der Übung – „erfolgten die notwendigen Informationen und Anweisungen zu spät.“
Ich zitiere weiter den Innensenator: „Der Ersteinsatz wurde somit unter unzureichender Schutzausrüstung durchgeführt. Besondere Gefahren wie weitere Explosionen wurden nicht ausreichend beachtet. Nach dem Auffinden radioaktiven Materials dauerte es zirka eine Stunde, bis ein Absperrbereich und die Dekontaminationsstelle eingerichtet wurden. Wiederholt wurde der Absperrbereich von Personen betreten und wieder verlassen, ohne dass sie ausreichend überprüft und dekontaminiert wurden“ und so weiter.
Ich will sagen: Wir müssen uns ernsthaft mit der Frage der Optimierung des Katastrophenschutzes auseinander setzen. Ich kann mich noch sehr gut erinnern, wie der damalige Innensenator Kuno Böse davon berichtete, dass der Ausfall des gesamten analogen Funknetzes dazu führte, dass die Mitteilungen zwischen den verschiedenen Katastrophenschutzeinheiten per Kradmelder gesendet wurden, und es erinnerte ihn damals mehr an den Zweiten Weltkrieg als an moderne Kommunikationsmittel. Einheiten gingen während der Übung sowohl in dekontaminierte als auch in radioaktiv verseuchte Bereiche ohne Schutzkleidung, um dort Menschen zu retten, was sie auf der Stelle selbst gefährdet hätte.
Wir sehen an dieser Übung „Starke Hanseaten“ und ihren Ergebnissen dass wir jederzeit und immer auch kritisch auf den Stand der Katastrophenschutzeinheiten schauen und alles tun müssen, um sie sowohl von der Ausbildung her als auch materiell auf dem neuesten Stand zu halten. Nach meiner Ansicht, und damit möchte ich zum Schluss kommen, beantwortet sich auch aus den Erkenntnissen der Übung „Starke Hanseaten“ die Frage: Was ist zukünftig zu tun, in welche Richtung müssen wir gehen, um den Katastrophenschutz für die bremischen Bürgerinnen und Bürger optimal zu gewährleisten?
Der erste Punkt, und das ist bei „Starke Hanseaten“ ganz deutlich geworden: Wir müssen eindeutig dafür Sorge tragen, dass die Kommunikation gewährleistet ist. Ohne Kommunikation von so vielen Helfern und Einheiten ist das Bekämpfen einer solchen Gefahrenlage überhaupt nicht möglich. Wir wissen nun alle, dass der digitale Funk vor 2010 nicht kommen wird, und es ist die Aufgabe, den analogen Funk bis 2010 so auf dem Stand zu halten, dass er zumindest, wenn eine solche Schadenslage eintritt, funktioniert. Damals war das bei „Starker Hanseaten“ nicht der Fall, und insofern sind hier in der Zwischenzeit schon klare Verbesserungen zu erkennen. Ich finde es sehr erfreulich, dass aus den Defiziten, die bei „Starke Hanseaten“ erkannt worden sind, die notwendigen Konsequenzen, zumindest zum Teil, in der Zwischenzeit gezogen wurden, meine Damen und Herren.
Neben dem analogen Funksystem müssen natürlich die Fahrzeuge einigermaßen auf dem neuesten Stand sein. Meine beide Vorredner, Herr Knäpper und Herr Kleen, haben es schon erwähnt, dass wir hier aus haushaltspolitischen Gründen nicht alle Wünsche erfüllen können. Das heißt natürlich, dass wir eine Prioritätenliste brauchen: Welche Fahrzeuge müssen unbedingt, wenn sie abgängig sind, schnell erneuert werden? Welche müssen vielleicht nach einem gewissen Zeitablauf erneuert werden? Welche Fahrzeuge können vielleicht noch mit dem alten Material weitergefahren werden, ohne allzu großen Scha
Der dritte Punkt, den auch meine beiden Vorredner angesprochen haben, der aber nicht so einfach zu lösen ist, betrifft die vielen Ehrenamtlichen. Die vielen Ehrenamtlichen können wir nicht nur mit Papieren, mit guten Wünschen und mit Lob in der Bürgerschaft und in der Presse auf Dauer bei der Stange halten. Wir wissen ganz genau, dass in der heutigen Zeit die Bereitschaft, ob ich meine Freizeit beim THW, bei der freiwilligen Feuerwehr oder bei den Hilfsdiensten damit verbringe, dass ich hier für die bremische Bevölkerung im Katastrophenschutz zur Verfügung stehe, keine Selbstverständlichkeit ist. Menschen haben heutzutage viele Interessen, und nur ein Interesse ist es, wirklich selbstlos und ohne Verdienst anderen Menschen zu helfen.
Wir müssen sie unterstützen und nicht nur etwas für ihren Status oder ihr Image tun, sondern wir müssen auch dafür sorgen, dass sie in Versicherungsfragen, auch in materiellen Fragen, die das Ehrenamt betreffen, ausreichend abgesichert sind. Ich erwarte hier ebenfalls den Bericht der Bund-LänderArbeitsgruppe, welche konkreten Vorschläge zu machen sind. Lassen Sie uns noch einmal gemeinsam darauf schauen, dass diese Vorschläge nicht nur gut gemeinte Worte sind, denn das wird die Ehrenamtler auf Dauer nicht befriedigen, sondern dass wir hier auch ganz konkret Butter bei die Fische tun, damit diejenigen zur Verfügung stehen, die wir brauchen, wenn diese Katastrophen und Schadenslagen tatsächlich eintreffen sollten!
So kann ich sagen: Insgesamt glaube ich, dass aus den Problemen, die bei der Übung „Starke Hanseaten“ aufgetreten sind, im Großen und Ganzen die richtigen Schlussfolgerungen gezogen worden sind, dass wir aber permanenter Wachsamkeit bedürfen, um immer und allzeit für diese Gefahrenlage bereit zu sein. Das ist keine Aufgabe, die man abhaken, beiseite legen und gelocht im Ordner abheften kann, sondern sie steht permanent auf der Tagesordnung. Unsere Unterstützung haben Sie hier, und ich glaube, dass es gut ist, wenn alle politischen Kräfte hier ganz klar zu dieser Aufgabe stehen. – Vielen Dank!
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich möchte da anschließen, wo ich aufgehört habe, und zwar wollte ich noch einmal das Problem ansprechen, dass Katastrophenschutz nicht aus 16 Elementen besteht. Wir haben das auch gesehen, durch dieses föderalistische System, das wir hier haben, gerade in Bezug auf die Seesicherheit, ––––––– *) Vom Redner nicht überprüft.
gibt es bestimmte Aufgaben des Bundes und der Länder, gerade im Küstenbereich. Für die Küstengewässer, das wissen Sie, sind die anliegenden Länder und für die Küstenferngewässer ist der Bund zuständig. Im Ernstfall kommt es, und so war es ja auch, zu Komplikationen, ich erinnere an das Pallas-Unglück, weil die Kompetenzen unterschiedlich waren. Hier war die Gründung des Havariekommandos in Cuxhaven unter der Beteiligung des Landes Bremen die richtige Lösung.
Mit Sorge betrachtet meine Fraktion natürlich auch die Entwicklung im digitalen Sprechfunk, Sie haben vorhin schon darauf hingewiesen. Schließlich sind nur Trommeln älter als das derzeitige analoge System, und nur noch hier in Europa, nämlich in Albanien, hat man ein gleiches System. Ich will auch nicht darüber sprechen, wer den schwarzen Peter hat. Ob das in Berlin ist, oder ob es daran gelegen hat, dass die Länder da irgendwie geblockt haben, auf jeden Fall kann es keine Kostenfrage sein, so sehe ich das, wenn es um die Rettung von Menschenleben geht.
Wir brauchen schnellstens ein Sprechfunksystem, das wir dringend benötigen, mit dem Bund, Länder, Gesundheitsbehörden und Hilfsorganisationen besser miteinander kommunizieren. Deshalb brauchen wir zum Schutz der Bevölkerung das länderübergreifende bundeseinheitliche Zusammenwirken aller verantwortlichen Sicherheitskräfte. Dies schließt ein, dass der Bund vermehrt Verantwortung, insbesondere auch finanziell, übernehmen muss, den Ländern in verstärktem Maß Koordinierungsinstrumente anbietet und auch Kapazitäten vorhalten muss.
Darum ist die Meinung der CDU, man muss das neu geschaffene Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe stärken, wenn zukünftig dem Defizit im Zivil- und Katastrophenschutz wirksam begegnet werden soll. Das gemeinsame Melde- und Lagezentrum des Bundes und der Länder ist durch ein gemeinsames Einsatzzentrum des Bundes und der Länder zu ergänzen, damit auf aktuelle Erfordernisse und Erkenntnisse schnell reagiert werden kann. Ein solches Einsatzzentrum muss die notwendigen Arbeitsplätze und Führungsmittel für einen koordinierten Einsatz aller Kräfte vorhalten, der Kräfte des Bundes, wie zum Beispiel THW, BGS, aber auch Bundeswehr, der Kräfte der Länder, wie zum Beispiel Feuerwehr, Polizei, sowie der Kräfte der zahlreichen nichtstaatlichen Hilfsorganisationen. Als sich nach der Katastrophe in Tschernobyl die radioaktive Luftströmung Deutschland näherte, ist erstmals deutlich geworden, wie notwendig eine nationale Koordinierung ist.
Nun komme ich zu einem kleinen Reizthema, aber es sollen ja hier keine Schönwetterreden sein. Die Trennschärfe zwischen innerer und äußerer Sicherheit hat abgenommen. Dies zwingt uns dazu, auch über die Rolle der Bundeswehr neu nachzudenken. Es geht hier nicht um die Aushöhlung der Zuständigkeit für die innere und äußere Sicherheit unseres Landes. Es geht um die Beantwortung der Frage, ob
und gegebenenfalls wie die speziellen Fähigkeiten der Bundeswehr im Fall einer Katastrophe der Bevölkerung zunutze gemacht werden können.
Wie können wir das am besten bewerkstelligen? Der Forderung meiner Partei nach einem Einsatz der Bundeswehr bei bestimmten Lagen auch im Inneren liegt die Überlegung zugrunde, dass es angesichts der angespannten Lage der öffentlichen Haushalte unverzichtbar ist, vorhandene Ressourcen und Fähigkeiten optimal und effizient zu nutzen. Einsatzfähigkeit aufgrund von juristischen, zum Teil historisch begründeten Beschränkungen kann keine zukunftsfähige Lösung sein. Die Bundesrepublik ist eine gereifte Demokratie, und die Bundeswehr hat bewiesen, dass sie in der Demokratie fest verankert ist und das Primat der Politik akzeptiert. Jede Lösung hat sich vorrangig am optimalen Schutz für die Bürger zu orientieren. Dies bedeutet auch, dass es die Möglichkeit geben muss, der Bundeswehr Aufgaben im Bereich des Heimatschutzes zuzuweisen, wie es ja auch bei Hochwasserkatastrophen im Zuge der Amtshilfe praktiziert wird.
In besonderen Gefährdungslagen muss ein Einsatz der Bundeswehr – und das ist unsere feste politische Meinung – im Inneren mit ihren spezifischen Fähigkeiten im Zivil- und Katastrophenschutz sowie bei der Bewältigung terroristischer Gefahr ergänzend zur Polizei und zum Bundesgrenzschutz im Rahmen festgelegter Grenzen möglich sein. Polizeiliche Aufgaben sind davon natürlich ausgenommen. Hierfür, so meinen wir, sind klare Rechtsgrundlagen zu schaffen, und die Zuständigkeiten sind anzupassen.
Viele ehrenamtliche Helfer sind in den Bevölkerungs- und Katastrophenschutz eingebunden, Herr Dr. Güldner hat auch schon darauf hingewiesen. Es wird auch für die Zukunft darauf ankommen, Menschen für diese Aufgabe zu begeistern. Nach wie vor ist für viele junge Menschen in unserem Land das freiwillige Engagement im Katastrophenschutz eine gute Alternative zum Wehr- und Zivildienst. Es ist durchaus auch im öffentlichen Interesse, dass es junge Menschen gibt, die diesen Weg gehen, und wir müssen ihnen dankbar dafür sein. Die Aushöhlung des Wehrund Zivildienstes, die wir in den letzten Jahren erlebt haben, kann beim Katastrophenschutz zu Einbrüchen führen und hat dies auch schon getan, wenn ich die Einsatzstärken der einzelnen freiwilligen Feuerwehren anschaue.
Wir müssen frühzeitig über Alternativen nachdenken, wenn die Aushöhlung von Wehr- und Zivildienst nicht gestoppt wird. Die Stärkung des Ehrenamts, auch das ist schon angesprochen worden, wir haben hier im Parlament ja oft über das Ehrenamt gesprochen, darf keine leere Floskel sein. Meine Damen und Herren, Sie bestimmen das! Lassen Sie Taten folgen! Dabei sollte auch Anerkennung über fiskalische Wege kein Tabu sein. Für dieses Geschenk der Ehrenamtlichkeit, diesen tagtäglichen Einsatz für das Gemeinwohl, der schlichtweg unbezahlbar ist, können wir
nicht dankbar genug sein. Ich weiß, dass unsere Feuerwehrleute, ob Berufsfeuerwehr oder Freiwillige, wie auch alle anderen Hilfsorganisationen vom Technischen Hilfswerk bis zum Roten Kreuz hoch motiviert sind und Herausragendes leisten. Es ist bedauerlich, dass diese hervorragende Arbeit der freiwilligen Helfer in der Öffentlichkeit oft nicht genügend gewürdigt wird.
In der heutigen Zeit sind Anspruchsdenken und Konsumhaltung vielfach so groß geworden, dass es fast selbstverständlich geworden ist, dass die freiwillige Feuerwehr, aber auch die anderen Organisationen in ständiger Bereitschaft stehen. Diese ständige Einsatzbereitschaft und zuverlässige und ausgezeichnete Pflichterfüllung zum Schutz unserer Gemeinschaft sind aber nie und nimmer selbstverständlich, meine Damen und Herren! Wir sollten es nie vergessen: Der Dienst in diesen Rettungsorganisationen ist keineswegs ungefährlich.
Ich möchte auch gleich die Gelegenheit nutzen, um bei den Arbeitgebern um das Verständnis für den Dienst unserer freiwilligen Feuerwehren zu werben und es zu vertiefen. Natürlich weiß ich, dass es in der heutigen Zeit für manchen Betrieb nicht leicht ist, wenn ein Arbeitnehmer im Fall der Alarmierung plötzlich alles stehen und liegen lässt. Dennoch bitte ich die Arbeitgeber, dafür Sorge zu tragen, dass die Feuerwehrangehörigen dadurch keine betrieblichen Nachteile erleiden.
Sie verlassen den Arbeitsplatz ja nicht zum Vergnügen, sondern weil jemand auf ihre Hilfe angewiesen ist.
Das Hilfeniveau in unseren beiden Städten sucht seinesgleichen. Wir müssen daran arbeiten, dass es so bleibt beziehungsweise noch besser wird. Für eine erfolgreiche Präventions- und Sicherheitspolitik müssen wir traditionelle Strukturen, Denkweisen und Zuständigkeiten überwinden, wir müssen umdenken. Die Großschadenslagen in den letzten Jahren haben neue Handlungsmöglichkeiten aufgezeigt, die nicht nur die Länder bei Katastrophen in die Pflicht nehmen, sondern auch den Bund.
Wir sehen uns nationalen Bedrohungen unterhalb des Verteidigungsfalles ausgesetzt, die bundesweite Vorkehrungen notwendig machen. Eine Begrenzung der Verantwortung des Bundes auf den Verteidigungsfall wird der heutigen Situation nicht mehr gerecht. Wesentliche Vorkehrungen gegen Vorfälle mit biologischen Stoffen sind nur bundesweit und mit Unterstützung des Bundes machbar, zum Beispiel bei der Forschung zum Schutz der Bevölkerung vor BKampfstoffen, Entwicklung von Schnelltests, Ausbau der Laborkapazität, Entwicklung und Lagerung von Impfstoffen, Vorbereitung großflächiger Impfungen, Bevorratung mit Arzneien, Unterstützung durch die Ressourcen der Bundeswehr vor allem im ABC-Be
reich, zum Beispiel bei der Erkennung und Untersuchung von ABC-Kampfstoffen und der Zurverfügungstellung von Know-how.
Ich fasse noch einmal zusammen: Wir haben hier in Bremen einen leistungsfähigen Katastrophen- und Bevölkerungsschutz, der die Basis dafür bietet, auch größere Lagen zu bewältigen. Unser Katastrophenund Bevölkerungsschutz muss für die Zukunft fit gemacht werden, auch vielleicht mit neuen Strukturen. Wir brauchen zusätzliche Planung und zusätzliche Bevorratung, vor allem im medizinischen Bereich, und schnell eine bessere Ausstattung in der Kommunikationstechnik. Dies können wir als kleines Land nicht allein leisten. Hier muss der Bund in die Verantwortung genommen werden. Es zeigen sich für die Zukunft neue Aufgaben unterhalb des Spannungs- und Verteidigungsfalls, die von nationaler Bedeutung sind und deshalb einen erheblichen Beitrag des Bundes erfordern. Bund und Länder müssen hier zu einer vernünftigen Lösung kommen.
Wir brauchen mehr gegenseitige Information, und ich hatte es schon erwähnt, bessere Kommunikation, ein effizientes, abgestimmtes Krisenmanagement und technisch optimale Warninstrumente. Wir benötigen für den Einsatz Geoinformationen, Daten über mögliche Naturkatastrophen, Daten zu Unglücksfällen, technischen Katastrophen und dazu natürlich auch die Analysen. Die meisten Daten sind irgendwo verfügbar. Es geht darum, sie zu sammeln und für die Rettungsdienste verfügbar zu machen. Das Hilfeleistungsniveau ist hier in Bremen gut aufgestellt. Damit es auch in der Zukunft so bleibt, bitte ich um Ihre Unterstützung, meine Damen und Herren! – Besten Dank!