Ich bin neulich auch darauf hingewiesen worden, dass in der ersten Rubrik auch die Methodenkompetenz in Grundschulzeugnissen mit berücksichtigt wird. Da teile ich möglicherweise diese Kritik, die haben Sie hier nicht vorgetragen, da setze ich mit meiner Kritik an, da werden wir Differenzierungen vornehmen, da werden wir Korrekturen vornehmen. Wir sagen nicht, dass das jetzt endgültig das Amen in der
Kirche ist, sondern wenn wir sehen, dass wir hier noch Verbesserungen organisieren können, dann wollen wir das gern machen.
Herrn Wedler bin ich sogar dankbar, dass er noch einmal etwas über das Rasterzeugnis gesagt hat. Bisher war es so, das muss man sich einmal auf der Zunge zergehen lassen, dass jeder einzelne Elternabend beschließen konnte, wie das Zeugnis aussehen konnte. Da konnte das Zeugnis oder die Bewertung in der Klasse 3 a so aussehen, und bei der Klasse 3 b sah es ganz anders aus. Das Kind kommt aus Mahndorf, zieht nach Burg-Lesum und stellt mit einmal fest, dass es in der einen Schule ein Notenzeugnis gibt, an der anderen dieses wunderbare, von mir auch so gehasste Rasterzeugnis, wo einzelne Kreuze über die Kinder etwas aussagen sollen. Wo haben Sie denn dagegen protestiert, gegen diesen Unsinn, der da jahrelang praktiziert worden ist? Das sagt überhaupt nichts über die Kinder aus. Das spricht die Kinder nicht an, das spricht die Eltern nicht an, das wird einfach abgelegt, das sagt mir überhaupt nichts aus!
Diese Lernentwicklungsberichte, die wir jetzt gemeinsam auf den Weg gebracht haben, sagen über jedes Kind sehr individuell etwas über den Lernfortschritt aus. Ich habe mir ganz viele entsprechende Zeugnisse aus den verschiedenen Schulen geben lassen. Ich kann Ihnen sagen, dass die Lehrkräfte ausgezeichnet die Leistungen ihrer Kinder widergespiegelt haben, viel besser, als das früher in Bremer und Bremerhavener Schulen der Fall war. Deshalb sage ich trotz der Belastung den Lehrerinnen und Lehrern in Bremen und Bremerhaven herzlichen Dank, dass sie den Weg so gut mitgegangen sind!
Ein letzter Satz! Das mag Ihnen wehtun, Frau Stahmann, dafür habe ich auch Verständnis. Es gibt kein einziges Bundesland, das an Grundschulen keine Noten gibt. Wenn wir diesen Kompromiss gegangen sind, Lernentwicklungsberichte mit einer abschließenden Benotung zu versehen, dann glaube ich, dass es richtig ist. Wir haben nämlich ein ganz großes Problem. Das sind nicht die Zeugnisse und nicht die Noten, Frau Stahmann, das ist die Tatsache, dass unsere Kinder, wenn sie in Bremen zur Schule gehen, nach dem Schulabschluss nicht die Chancen haben, die sie in anderen Bundesländern haben. Ich werde nicht aufgeben, mich voll dafür einzusetzen, dass die Leistungen der Schüler in Bremen und Bremerhaven besser werden, als sie noch immer konstatiert werden, und Sie wissen ja, dass wir in Vera schon einige Fortschritte gemacht haben. – Ich danke Ihnen!
Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich danke dem Bildungssenator noch einmal für seinen Hinweis darauf, dass wir noch einmal differenziert anschauen: Wie war es vorher, und wie ist es jetzt? Wir von den Grünen fanden das System vorher auch nicht in Ordnung, da kann ich Herrn Rohmeyer beruhigen. Ich habe das in der Deputation auch immer so deutlich gesagt, ich finde es einen Riesenfortschritt, dass es einheitliche Lernentwicklungsberichte gibt, die verbindlich für alle Grundschulen im Land Bremen sind, in der Stadt Bremen wie in der Stadt Bremerhaven. Herr Senator, das habe ich auch in der Bildungsdeputation deutlich gemacht.
Mein Kollege Dieter Mützelburg, den haben Sie eben hier auch angesprochen, Herr Rohmeyer, und ich, wir beide, das kann ich auch für uns beide ganz frank und frei sagen, waren länger in Schweden. Das war im Jahr 2002. Wir standen damals unter dem sehr großen und starken Eindruck, dass das, was dort gemacht wird, besser ist als das, was hier im Augenblick passiert. Es gibt nämlich einheitliche Lernentwicklungsberichte vom Kindergarten bis in die Grundschule.
Lassen Sie mich einmal eben ausreden, Herr Rohmeyer, bevor wir hier zur Märchen- und Mythenbildung kommen, denn Dieter Mützelburg hat sich hier niemals für Grundschulnoten oder für Noten in der Sekundarstufe I ausgesprochen! Das weise ich hier entschieden zurück!
Wir sind der Überzeugung, dass man dahin kommen muss, dass es einheitliche Lernentwicklungsberichte vom Kindergarten bis in die Grundschule geben muss, dass man dahin kommen muss, dass es einen abgestimmten Bildungsplan gibt, den es im Augenblick noch nicht gibt, der vom Kindergarten bis in die Grundschule reicht. Das kann alles sehr gut auch ohne Zensuren passieren, das zeigen uns die positiven Beispiele aus anderen Ländern ganz deutlich, und das sollten auch Sie heute hier zur Kenntnis nehmen.
Warum kann Bremen nicht einmal fortschrittlicher als andere Bundesländer in dieser Frage sein? Warum kann Bremen sich dann nicht auch an Ländern orientieren und sagen, wir verzichten auf die Noten, wir setzen auf Lernentwicklungsberichte, weil diese eben Wege für das Kind aufzeigen? Sie zeigen Lernwege auf, und sie vermitteln auch Motivation bei lernschwächeren Kindern wie bei lernstarken Kindern. ––––––– *) Von der Rednerin nicht überprüft.
Das ist auch der Vorteil der Lernentwicklungsberichte, den ich hier auch noch einmal deutlich sagen möchte: Lernentwicklungsberichte fordern auch die Lehrer auf zu überlegen, vermittle ich den Kindern das Wissen bestmöglich, oder muss ich für dieses einzelne Kind nicht einen ganz anderen Vermittlungsweg einschlagen, muss ich da nicht viel stärker mit Experimenten arbeiten, muss ich da nicht noch einmal in die Einzelarbeit gehen. Ich denke, das ist auch ein wesentlicher Vorteil dieser Lernentwicklungsberichte.
Frau Kollegin Hövelmann hat ja deutlich gesagt Gauß’sche Normalverteilung, Lehrer gehen zwar sehr bewusst und auch vorsichtig mit Zensuren um, das hat Herr Bost damals in Bremen auch ganz deutlich gesagt, aber in einer Zensur kann man eben den Lernfortschritt nicht messen. Darum geht es im Kern der Grundschule, dass die Lust am Lernen und auch der Lernweg gefördert werden sollen.
Liebe Koalition, ich möchte Sie aber nicht so einfach davon kommen lassen. Sie bleiben mir die Erklärung schuldig. Es gab in der Stadt Bremen 19 Anträge, in Bremerhaven gab es sechs Anträge auf Notenbefreiung. Warum, Herr Rohmeyer, muss die Grundschule in der Andernacher Straße jetzt Noten geben? Dafür liefern Sie einfach keine Begründung! Warum muss die Grundschule Am Wasser Noten geben? Auch dafür gibt es keine Begründung! Diese Schulen haben ein überzeugendes pädagogisches Konzept, haben eine sehr heterogene Schülerschaft, bei 50, 60, 70 Prozent liegt teilweise der Migrantenanteil. Da kommt man mit den Noten einfach nicht weiter, wenn man die Kinder wirklich gut fördern will und in der Grundschule auch stärken will. Man kann in bestimmten Klassen nichts anderes machen, als teilweise mit Fünf oder Sechs zu bewerten.
Das schildern die Lehrer ganz konkret als Problem. Die Lehrer fordern, dass es eine fachliche Entscheidung gibt und dass nicht politisch ein Kompromiss ausgehandelt wird, der an der Realität in den Grundschulen vorbeigeht.
Die Standards brauchen wir, dahinter stehen wir auch voll. Die Politik muss auch die Ziele definieren und muss die Mittel bereit stellen, damit die Ziele erreicht werden können, aber wir sagen nicht, dass Noten dabei helfen.
Das Rasterzeugnis, Herr Lemke, fand ich auch nicht gut! Da bin ich froh, dass wir das überwunden haben und bei den Lernentwicklungsberichten sind. Ich finde es gut, dass Sie noch einmal eine Arbeitsgruppe in der Behörde eingesetzt haben, die sich auch noch einmal den Lernentwicklungsbericht vornimmt, aber die Grünen, das muss ich Ihnen sagen, hätten sich eher gewünscht, dass es nicht diesen Kompromiss gegeben hätte, der auch zu einer sehr hohen Arbeitsbelastung und zu großen Diskussionen an den Schulen
führt. Wir Grünen sind sehr dafür, dass auf Noten an Grundschulen verzichtet wird und nicht nur bei den sechsjährigen Grundschulen. – Danke schön!
Wer dem Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen mit der Drucksachen-Nummer 16/541 seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen!
Gemäß Paragraph 29 unserer Geschäftsordnung hat der Senat die Möglichkeit, die Antwort, Drucksache 16/531, auf die Große Anfrage in der Bürgerschaft mündlich zu wiederholen.
Ich gehe davon aus, Frau Senatorin Röpke, dass Sie die Antwort auf die Große Anfrage der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen nicht mündlich wiederholen möchten.
Auf die Antwort des Senats auf Große Anfragen folgt eine Aussprache, wenn dies Mitglieder der Bürgerschaft in Fraktionsstärke verlangen.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich spreche heute zur Großen Anfrage der Grünen zur Sozialberichterstattung. Ausgang dieser grünen Anfrage ist der Bericht der Arbeitnehmerkammer, der so genannte Armutsbericht, der seit drei Jahren mit unterschiedlichen Schwerpunkten vorgelegt wird. Erst einmal möchte ich mich für diesen Bericht bedanken. Er ist eine sehr gute Arbeit und lässt sich sehr gut lesen, ist allerdings sehr erschütternd, wenn man die Zahlen richtig liest. Wir Grünen werden in Kürze in der Bundesregierung auch den Bundesarmutsbericht vorlegen, den wir dort zusammen mit der SPD gemacht haben. Hier in Bremen wurde 1987 der erste und einzige Sozialbericht vorgelegt. Er wurde vorgelegt, und das war es. Seit drei Jahren aber, wie ich eben gesagt habe, legt die Arbeitnehmerkammer jährlich einen Armutsbericht mit jeweils verschiedenen Schwerpunkten vor. Der Bericht 2004 hatte den Schwerpunkt Gesundheit. Die Antwort auf unsere Große Anfrage hat mich überrascht. Es hat mich persönlich erschüttert. Ich finde, die Armut, die in diesem Bericht beschrieben wird, wird wahrgenommen, sie wird in unserer Gesellschaft schon akzeptiert. Das ist ein erschütterndes Merkmal und ein Zeichen von Resignation. Diesem kann Bündnis 90/Die Grünen so nicht zustimmen.
Ich will nur ein paar kleine Zahlen nennen. Dieses Werk ist sehr umfassend und ist auch analytisch sehr gut aufbereitet. Zum Beispiel hat meine Fraktionskollegin Frau Linnert eine Rede zur Armutsberichterstattung 2001 gehalten. 2001 lebte jedes siebte Kind in Bremen in Armut. 2005 ist es bereits jedes fünfte Kind in der Gruppe zwischen sieben und elf Jahren. Die Sozialhilfedichte ist in Bremen, die neuesten Zahlen für 2005, 192 Kinder pro 1000 Einwohner. Das ist jedes fünfte Kind. In Bayern, das müssen Sie sich einmal auf der Zunge zergehen lassen, sind es 29 pro 1000. Wir nehmen diese Zahlen ernst, wir sehen die große Brisanz, die in diesen Zahlen steckt, und sind uns dessen auch bewusst. Arme Kinder, arme Menschen in der Bundesrepublik, einem der reichsten Länder der Welt! Was heißt das? Was ist das für eine Hypothek für unsere Gesellschaft, für unsere Stadt? All dies kommt im Armutsbericht der Arbeitnehmerkammer zum Ausdruck, man kann es dort nachlesen. Was ist bis jetzt passiert? Nichts oder so gut wie nichts!
In der Antwort des Senats sind Projekte und Umfragen aufgeführt, die alle in die richtige Richtung gehen. Das stimmt schon, sie gehen in die richtige Richtung. Die Zahlen sprechen aber leider eine andere Wahrheit!