Protocol of the Session on July 9, 2003

Zunächst ist da die Aussage, dass man am strikten Sanierungskurs festhalten und die dafür erforderlichen Haushaltsmaßnahmen konkret beschließen will. Man will die Zusage des Bundes aus dem so genannten Kanzlerbrief einfordern, und schließlich will man sich um eine Besserstellung des Landes Bremen im bundesstaatlichen Finanzausgleich bemühen. Daneben will man erhebliche Eigenbeiträge zum Abbau des konsumtiven Finanzierungsdefizits erbringen und spricht in diesem Zusammenhang davon, dass alle Ressorts mit Leistungseinschnitten zum Abbau des Defizits beitragen müssen.

Ziel soll es sein, schon für das Haushaltsjahr 2005 einen verfassungskonformen Haushalt vorzulegen. Ein sehr ehrgeiziges Ziel! Das Ziel, einen verfassungskonformen Haushalt vorzulegen, wird von der FDP in keiner Weise in Frage gestellt. Ich wundere mich nur, dass man dies erst jetzt als Ziel definiert. Die Haushaltspolitik fängt doch nicht erst jetzt an. Das Ende der Sanierungszahlungen steht seit Jahren fest. Warum hat man eigentlich in den zurückliegenden Jahren nicht zielstrebig auf dieses Ende hingearbeitet?

Die Chance wurde nach unserer Auffassung vertan. Zur Entschuldigung, das ist auch heute wieder vorgetragen worden, wird auf die konjunkturellen und globalen wirtschaftlichen Entwicklungen hingewiesen, die angeblich alle Bemühungen, zu einem verfassungskonformen Haushalt zu kommen, torpediert haben. Die eigenen Fehler und Versäumnisse, zum Beispiel das Fiasko beim Space-Park oder beim Musical, dagegen werden ignoriert oder klein geredet.

Manche von den vorgeschlagenen Leistungskürzungen hätte man – sicher mit Wehgeschrei der Betroffenen – aber in dosierter Form und in kleineren Schritten schon längst realisiert haben können. Jetzt,

wo alles auf einmal kommen muss, wird es unendlich schwierig, schwierig für uns alle, nicht nur für die Regierung.

Die Personalausgaben für die aktiv Beschäftigten, das sind nämlich Beamte, Angestellte, Arbeiter, will man trotz absehbarer Tarifsteigerungen in den nächsten vier Jahren senken. Das hätte man schon viel früher machen können, allerdings anders als jetzt diskutiert. Man hätte zum Beispiel an der Kopfzahl der Beschäftigten und an ihren Dotierungen ansetzen können und über strukturelle sowie aufgabenkritische Beschlüsse das Personalausgabenniveau senken können. Dabei hätten die Spitzen der Verwaltung, einschließlich der Politik, nicht ausgenommen werden dürfen. Das Ausgliedern von Aufgaben und Personal aus der Verwaltung in eigenständige Betriebe oder privatwirtschaftliche Gesellschaftsformen ist so lange nur ein Verschiebebahnhof, wie dies nicht von wirklichen Privatisierungen begleitet wird, und da gibt es in Bremen, glaube ich, noch eine ganze Menge Möglichkeiten.

Vorhin ist auch hier noch einmal, ich glaube, von allen Rednern bisher, auf das Bremische Personalvertretungsgesetz hingewiesen worden. Ich glaube, gerade in einem solchen Umstrukturierungsprozess, wie er vor uns steht in der Verwaltung, der auch in der Vergangenheit schon bestanden hat, ist es dringendst notwendig, im Gegensatz zu dem, was hier erklärt wurde, das PVG zu verändern, zu novellieren. Insbesondere was die Allzuständigkeit der Personalräte betrifft, denke ich, ist hier erheblicher Nachholbedarf, auch wenn man nach Niedersachsen oder in den Bund schaut, dort gibt es nämlich etwas andere Regelungen.

Ob im Bereich der sonstigen konsumtiven Ausgaben viel zu machen sein wird, ist fraglich. Die Höhe der Sozialabgaben ist bundesgesetzlich festgelegt, auch die Zuwendungen, Urlaubs- oder Weihnachtsgeld zum Beispiel, können vom Landesgesetzgeber allenfalls im Hinblick auf die Beamten beeinflusst werden. Ob der Senat das, was er gestern hierzu in Bezug auf die neuen Angestellten und Arbeiter beschlossen hat, durchsteht, wage ich angesichts des Wehgeschreis, was schon jetzt entstanden ist, doch erheblich zu bezweifeln. Ob es klug ist – das gebe ich auch zu bedenken –, die Zwei-Klassen-Gesellschaft in den Behörden und Dienststellen zwischen Beamten auf der einen Seite und Angestellten und Arbeitern auf der anderen Seite weiter auszubauen und zu verfestigen, wie es offensichtlich geplant ist, wage ich zu bezweifeln, denn wir haben heute schon eine gewisse Diskrepanz in Bezug auf die Arbeitszeiten. Wenn das jetzt noch verstärkt wird dadurch, dass bestimmte Zuwendungen entfallen sollen für die Beamten auf der einen Seite, für die Angestellten und Arbeiter aber bestehen bleiben, weil es da tarifrechtliche Konstellationen gibt, führt das zur Zweiteilung, zur Zwei-Klassen-Gesellschaft in den Betrieben und Behörden, und ich denke, das ist nicht

gut für diese Behörden und für den Zusammenhalt in den Behörden.

Am Ziel eines verfassungskonformen Haushalts gibt es nichts zu rütteln. Verfassungskonformer Haushalt sagt aber noch nichts über die Höhe der Verschuldung und damit über die Höhe der Zinsausgaben. Verfassungskonform heißt ja, so verstehe ich das, dass sich Nettoneuverschuldung und Nettoinvestitionen entsprechen müssen. Das kann aber nicht das endgültige Ziel sein, denn Ziel muss es eigentlich sein, die Nettoneuverschuldung herunterzufahren und die Investitionen nicht ausschließlich mit neuen Krediten, in welcher Form und in welchem Schattenhaushalt auch immer, zu finanzieren. Anders ausgedrückt: Die konsumtiven Ausgaben müssen so weit gedrückt werden, dass sie durch reguläre Einnahmen nicht nur gedeckt werden, sondern noch ein Überschuss für investive Ausgaben bleibt. Von solchen Überlegungen habe ich aber nichts gehört und in der Koalitionsvereinbarung auch nichts gelesen.

Bei der Fortsetzung des Sanierungskurses will man die Zusagen des Bundes aus dem so genannten Kanzlerbrief einfordern. Dabei hofft man, über mehrere Jahre hinweg, wenn ich es richtig gelesen habe, eine halbe Milliarde Euro vom Bund zu bekommen. Ich halte diese Vorstellung für Wunschdenken. Wenn ich mir die Äußerungen des früheren Finanzsenators, Herrn Kröning, zu diesen Vorstellungen anhöre, und Herr Kröning spielt ja in der Finanzpolitik des Bundes keine unbeachtliche Rolle, dann frage ich mich, was hier wohl gespielt wird. Herr Eichel kennt den Kanzlerbrief offensichtlich nicht, zumindest nimmt er ihn nicht ernst, und wenn ich mir seine Haushaltsprobleme vorstelle, dann kann ich mir auch gut vorstellen, was er vom Kanzlerbrief hält, nämlich gar nichts. Ich glaube auch nicht, dass das seinerzeitige Spiel, das zum Kanzlerbrief geführt hat, nochmals wiederholt werden kann. Der Kanzlerbrief ist nach meiner Auffassung, nach Auffassung der FDP, nichts wert. Die darauf fußenden Einnahmeerwartungen für unseren bremischen Haushalt halte ich nicht für sehr seriös.

Auch die Hoffnungen, im Rahmen des bundesstaatlichen Finanzausgleichs eine Besserstellung des Landes Bremen zu erreichen, halte ich für wenig realistisch. Es gibt weitere Bundesländer, die hier die Hand aufhalten – ich denke da insbesondere an Berlin, aber auch an das Saarland –, und wenn Bremen mit den Hafenlasten kommt, die schon einmal diskutiert wurden, dann kommen andere Bundesländer mit ihren bundesweit bedeutsamen besonderen Belangen, und dann stehen die bremischen Hafenlasten, so unbestreitbar sie nach meiner Auffassung auch sind, nicht mehr so dominant und überzeugend in der Landschaft.

Sicher ist es richtig, sich für einen neuerlichen Gang nach Karlsruhe zu wappnen, und auch richtig, die Aufteilungsquoten beim bundesstaatlichen

Finanzausgleich und die Zerlegungsprinzipien bei der Verteilung des Steuerkuchens in die Diskussion zu bringen. Große Hoffnungen auf eine Verbesserung der bremischen Finanzsituation beim bundesstaatlichen Finanzausgleich sollte man sich allerdings nicht machen. Es bleibt uns also in Bremen nichts anderes übrig, als uns selbst zu helfen, und darauf sollten Sie in den beiden Regierungsfraktionen und im Senat nicht noch zwei Jahre warten, bis sich das endgültig geklärt hat, sondern das müssten Sie eigentlich sofort anfangen, denn spätestens in zwei Jahren wird Klarheit darüber bestehen, ob diese finanzpolitischen Wunschvorstellungen Wirklichkeit werden oder ob sie nicht Wirklichkeit werden. Wie gesagt, wir schätzen das sehr kritisch ein und glauben, dass es so nicht real wird. Deswegen fordere ich die Regierungsparteien und den Senat auf, endlich in der Realität hier anzukommen. Ein weiterer Punkt, den ich ansprechen möchte: Bei der Gewerbesteuer ist zu bemerken – sie spielt eine große Rolle im Zusammenhang mit der Kommunalfinanzverfassungsreform, derzeit wird in Berlin darüber diskutiert –, dort geht es nach Auffassung der FDP nicht darum, an dieser Steuer festzuhalten und den Kreis der Steuerpflichtigen auszuweiten, zum Beispiel auf die Freiberufler, die dann in die Gewerbebesteuerung einzubeziehen sind. Es geht nach Auffassung der FDP eher darum, über die Abschaffung dieses Steuerrelikts nachzudenken und eine Kompensation für die Kommunen zu finden, zum Beispiel den Kommunen einen höheren Anteil am Aufkommen der Mehrwertsteuer oder ein eigenes Hebesatzrecht bei der Einkommen- und Körperschaftssteuer zu geben. Damit könnte nicht nur die Finanzbürokratie – auch hier in Bremen – entlastet werden, sondern auch die erhebliche Konjunkturanfälligkeit der beiden kommunalen Haushalte, insbesondere der Bremerhavener Haushalt, aufgrund dieser Steuereinnahmen beseitigt werden. Die Koalition will in Bremen die Gewerbesteuer erhöhen. Wir von der FDP halten das für falsch, nicht nur, weil wir andere Vorstellungen bei der Gewerbesteuer haben, sondern auch deshalb, weil die mittelständische Wirtschaft, die ja die Hauptlast bei dieser Steuer trägt, wieder zusätzlich belastet wird und weil völlig offen ist, wie die Berliner Diskussion zur Einbeziehung weiterer Steuerpflichtiger in die Gewerbebesteuerung zu Ende geht. Wir sollten erst einmal das Ergebnis der Berliner Diskussionen abwarten, und sollte es so kommen, wie die Bundesregierung es plant, dann sollten wir uns in Bremen eher Gedanken über eine Senkung des Gewerbesteuerhebesatzes machen als über eine Erhöhung dieses Satzes. Die mittelständische Wirtschaft und die neuen Steuerpflichtigen werden es Ihnen danken. Selbst wenn wir den Gewerbesteuersatz so belassen, würde er bedeuten, dass sich bei verbreiteter Zahl der Steuerpflichtigen natürlich die Einnahmesituation Bremens verändert, also braucht man diesen Gedanken überhaupt nicht erst zu erwägen, im Gegenteil!

Wir glauben sogar, dass hier ein größerer Ertrag erzielt wird, wenn sich die Überlegung der Bundesregierung durchsetzt, so dass man sogar über Steuersatzsenkungen nachdenken kann.

Noch ein weiterer Punkt aus der Koalitionsvereinbarung, aber der steht repräsentativ für weitere Punkte! Die Koalition befürwortet die Schließung der bisherigen JVA-Standorte in Bremen und Bremerhaven und unterstützt die Planungen für den Neubau einer JVA in Bremen-Blockland. Für Bremerhaven bedeutet dies, wenn man sich das einmal überlegt – für Bremen sieht es anders aus –, dass nicht nur eine Einrichtung des Landes geschlossen wird, sondern dass auch Arbeitsplätze verloren gehen. Im Gefolge der Schließung dieser Einrichtung und der bereits geschrumpften Staatsanwaltschaft steht zu befürchten, dass bald auch weitere Teile der Justiz nach Bremen abgezogen werden und damit dann weitere Arbeitsplätze in Bremerhaven verloren gehen.

Das Land muss eigentlich alles tun, um die Probleme in Bremerhaven zu mildern,

(Abg. K l e e n [SPD]: Das tun wir ja!)

es muss endlich auch bei solchen ressortbezogenen Fachplanungen die regionalpolitischen Bezüge erkennen. Man kann nicht auf der einen Seite Wirtschaftsförderung betreiben und versuchen, in Bremerhaven Arbeitsplätze zusätzlich zu schaffen, auf der anderen Seite aber bei den Ressortplanungen genau das Gegenteil machen. Das ist kontraproduktiv, bringt Bremerhaven überhaupt nicht weiter, und der Senat sollte dies möglichst im Gesamtzusammenhang überlegen, ob solche Effekte dann in Bremerhaven zum Beispiel ausgelöst werden.

Es gibt ein weiteres Beispiel dafür: Wenn ich mir überlege, was die Planungen zur Gewerbeaufsicht betrifft, trifft etwas Ähnliches zu, und es gibt ja viele Prüfaufträge in der Koalitionsvereinbarung, die möglicherweise auch dazu führen, dass dann auf Bremerhaven bezogene Belastungen entstehen. Also bitte, diese regionalpolitischen Bezüge sollten Sie in jedem Fall bei solchen Ressortplanungen bedenken, damit dann das Land als Ganzes gesehen wird und Bremerhaven nicht darunter zu leiden hat!

(Glocke)

Noch einige Bemerkungen zur Bildungspolitik! Ich habe mir die Koalitionsvereinbarung dazu einmal angesehen und angehört, was hier gesagt wurde. Schlau geworden bin ich dabei nicht. Ich kann leider nicht feststellen, was die Koalition in der Bildungspolitik eigentlich will und wie sie das bremische Schulsystem pisatauglich machen will. Ich finde von allem etwas, jede Koalitionspartei hat offensichtlich Elemente ihres Wahlprogramms eingebracht, und auch

die Verwaltung hat kräftig mitgemischt. Das passt alles nicht zusammen, und im Grunde genommen blickt keiner mehr so richtig durch. Die Orientierungsstufe soll zwar abgeschafft werden, die Orientierung für Eltern und Schüler über ihre Schullaufbahn geht jedoch verloren. Das kann und darf eigentlich nicht das Ergebnis der Bemühungen sein. Das selbst gesteckte Ziel in Bremen, eine in sich logische, übersichtliche und zielgerichtete Struktur zu schaffen mit klaren inhaltlichen Standards, wird nach meiner Auffassung verfehlt, und die Annahme der Koalitionspartner, dass Magistrat und Stadtverordnetenversammlung entsprechend der Bremerhavener Ausgangslage die in der Koalitionsvereinbarung getroffenen Maßgaben für die Schulstufen und Schulstrukturentwicklung grundsätzlich in gleicher Weise umsetzen, halte ich für politisches Wunschdenken.

(Glocke)

Damit möchte ich zunächst einmal meinen Teil hier beenden. Nachher in der Bremerhaven-Runde möchte ich dann die speziell auf Bremerhaven bezogenen Punkte hier noch einmal erwähnen. Ich darf mich für die Aufmerksamkeit des Zuhörens bedanken. – Vielen Dank!

Als nächster Redner hat das Wort der Abgeordnete Tittmann.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Was ich hier und heute gehört habe, wenn man diesbezüglich den Koalitionsvertrag zu Rate zieht, ist es keine Regierungserklärung, sondern es ist eine Regierungsbankrotterklärung. Über die personelle Besetzung der Landesregierung habe ich schon bei der Wahl zum Senat die Auffassung der Deutschen Volksunion deutlich gemacht, hier teile ich auch die Auffassung von Frau Linnert. Meine Damen und Herren, ich hoffe, dass die Reihenfolge der einzelnen Politikbereiche im Koalitionsvertrag nicht eine Wertung der Politikbereiche ist: Justiz und Medien an Stelle vier und fünf, Arbeit, Frauen, Jugend, Familie sowie Soziales an 13, 14, 15 und 16! Gerade das, was für die Menschen in unserem Bundesland von elementarer Bedeutung ist, nämlich die innere Sicherheit, wird von Ihnen sträflich vernachlässigt. Wenn in der Koalitionsvereinbarung, wie es ja Regierungsprogramm ist, erklärt wird – Herr Präsident, ich darf zitieren –: „Die konsequente Abschiebung von straffällig gewordenen Ausländern muss daher auch im Interesse der mehrheitlich gut integrierten Migranten weiter verstärkt werden“, ein Vertrag, der auch von der SPD unterschrieben worden ist, so ist dies eine reine und große Lachnummer. Genau das will nämlich die SPD nicht: eine konsequente Abschiebung von straffällig gewordenen Ausländern!

(Abg. K l e e n [SPD]: Quatsch!)

Beispiele hierfür gibt es ja genug. Meine Damen und Herren, die einzige Partei, die das schon immer gefordert hat, auch im Interesse der hier anständig lebenden Ausländer, war die Deutsche Volksunion, und die, die es auch konsequent umsetzen würde, ist die Deutsche Volksunion.

Wenn Sie nun wieder einmal behaupten, die Mehrheit der Migranten sei gut integriert, meine Damen und Herren, dann sollten Sie sich einmal aus diesem Plenarsaal oder aus dem Rathaus in die Stadtteile begeben, in denen Migranten leben. Einzelne Stadtteile in Bremen, zum Beispiel Osterholz-Tenever, Kattenturm und so weiter, und in Bremerhaven zum Beispiel Lehe, Leherheide, Grünhöfe und so weiter, haben durch Ihre verfehlte Politik die größten sozialen Probleme, es sind soziale Brennpunkte, die Sie nicht wahrhaben wollen.

Meine Damen und Herren, wer Probleme in der inneren Sicherheit hat, braucht mehr Polizei, und diese muss natürlich hoch motiviert sein. Das erreichen Sie, indem Sie das Urlaubsgeld, das Weihnachtsgeld streichen und einen unverantwortlichen Personalabbau gerade bei den Beamten betreiben, die täglich unter Lebensgefahr ihren sehr schweren und jetzt schon unterbezahlten Dienst zum Schutz der Allgemeinheit uneigennützig verrichten. Diese Tatsache ist eine Schweinerei sondergleichen!

Eine solche Politik ist nicht mehr zu verantworten und nicht mehr tragbar. Im Sportbereich streichen Sie Haushaltsmittel und erklären großartig eine Überprüfung, wie öffentliche Sportanlagen saniert werden können. Großartig! Sie machen aber keine Aussagen, wo Sie sanieren und wie viel Mittel Sie zur Verfügung stellen, so dass ich jetzt schon sagen kann, Sie betrachten den Sportbereich als Sparschwein für Ihre Haushaltssanierung.

Empört hat mich natürlich Ihr Bäderkonzept. Sie schließen das Freibad Horn. Das Freibad Schlosspark wird 2005 geschlossen. Das Freibad Blumenthal, für dessen Erhalt sich sogar vor Ort CDU-Bürgerschaftsabgeordnete ausgesprochen haben, wird mit Ihrer Entscheidung, keine weiteren Mittel mehr zur Verfügung zu stellen, ab 2004 geschlossen. Meine Damen und Herren, das ist die Wahrheit. Da können Sie in Ihrem Koalitionsvertrag noch so viele verdeckte Umschreibungen verwenden, es gelingt Ihnen nicht!

Jetzt komme ich zu einem Bereich, der von allen Parteien als der wichtigste für die Zukunftsgestaltung angesehen wird, der Bereich Bildung. Dass Senator Lemke bei der Ressortverteilung auf Seiten der SPD geführt wird, ist bei seiner Bildungspolitik schon sehr ungewöhnlich und merkwürdig, denn wenn man seine Bildungspolitik bewertet, müsste er eigentlich bei der CDU oder sogar bei der CSU geführt werden. Das, was hier an faulen Kompromissen zu Papier gebracht worden ist, spottet jeglicher Beschreibung.

Meine Damen und Herren, das Einzige, was ich bei einem solchen Durcheinander erwartet habe, ist die Bildung eines runden Tisches, um den Umgestaltungsprozess im Bildungsbereich im Land Bremen zu begleiten. Siehe da, auf Seite 17 Zeilen sechs bis neun habe ich den runden Tisch gefunden! Die Bildungspolitiker der großen Koalition sollen sich nicht an den runden Tisch setzen, sondern darunter setzen und sich zutiefst schämen! Dann haben Sie auch noch die glorreiche Idee, dass Sie den Unfug, den Sie hier in der Stadt Bremen im Bildungsbereich durchführen, nun auch in Bremerhaven über den Magistrat und die Stadtverordnetenversammlung umsetzen möchten. Ich sage Ihnen, meine Damen und Herren, dabei sind wir durch diesen Bremerhavener Dezernenten Professor Dr. Weiß wahrlich schon genug gestraft. Verschonen Sie uns also mit Ihrer wirren Bildungspolitik!

Da meine Redezeit leider sehr begrenzt ist, kann ich heute zum Bereich Berufsschule und zur außerschulischen Berufsbildung nichts mehr sagen, werde aber in der nächsten Sitzung diesbezügliche Anträge noch einbringen.

Im Bereich Wirtschaft und Häfen habe ich festgestellt, dass Sie wie fast immer keine klaren Aussagen machen. Als ich aber auf Seite 30 die Aussagen zum Hollerland gelesen habe, habe ich mich tatsächlich gefragt, ob es eine Koalitionsvereinbarung ist oder ein Comicheft. Hier werden wichtige Naturschutzgebiete einfach lapidar zum Gewerbegebiet erklärt. Wenn man dann glaubt, eine solche Aussage ist nicht mehr steigerungsfähig, dann hat man die große Koalition wirklich unterschätzt. Im Bereich der Verkehrspolitik stellt man nun fest, dass jede konkrete Realisierung von der verbindlichen Sicherung der vollen Finanzierung abhängig ist. Das ist doch wohl nicht Ihr Ernst! Da frage ich Sie allen Ernstes, wovon denn sonst? Das dürfte sogar Ihnen klar sein!

Meine Damen und Herren, bei Ihren hafenpolitischen Maßnahmen und der Erreichbarkeit der Bremer Häfen muss den Damen und Herren von den Grünen ja direkt ein kalter Schauer den Rücken hinunter gejagt sein: Vertiefung der Außenweser, Vertiefung der Unterweser, Ausbau CT IV, Neubau der Kaiserschleuse, Sanierung der Nordschleuse in Bremerhaven! Dass Sie mich jetzt nicht missverstehen! All diese Maßnahmen hat die Deutsche Volksunion selbstverständlich zum Wohle der Stadt Bremerhaven und ihrer Bevölkerung mitgetragen. Das ist für die Deutsche Volksunion eine Selbstverständlichkeit. Ich hätte mir aber schon gewünscht, dass Sie erklären, wie viel Sie investieren möchten und wie Sie diese Investition finanzieren wollen. Die große Koalition und damit die Landesregierung erweckt den Anschein, als ob diese Blankoschecks alle gedeckt wären. Dabei wissen wir doch alle, dass es eigentlich nur Schüttelschecks sind.

Meine Damen und Herren, im Bereich der Werften, und Sie wissen, dass ich als Bremerhavener Abgeordneter schon immer für den Erhalt der Werften gekämpft und mich dafür eingesetzt habe und auch weiterhin einsetzen werde, übertreffen Sie sich mit Ihren wirren und inhaltslosen Formulierungen sogar noch. Ich habe es nicht für möglich gehalten, aber Sie unterstützen die Werften im Kernbereich – Herr Präsident, ich darf zitieren – „soweit wie möglich“. Meine Damen und Herren, ich erwarte von Ihnen konkrete Zahlen und keine WischiwaschiReden und -Formulierungen.

Lassen Sie mich als Letztes einen Punkt anschneiden, der mich sehr ärgert! Sie erhöhen die Gewerbesteuer zum Nachteil der Bremer und Bremerhavener Betriebe, Sie streichen den Polizeibeamten, Feuerwehrleuten, Krankenschwestern und so weiter das Urlaubsgeld, Sie kürzen diesen Beamten das Weihnachtsgeld, Sie belasten diese Beamten unverantwortlich durch massive Personalreduzierung, und jetzt kommt die größte Schweinerei: Sie streichen das Landespflegegeld, obwohl Sie erst vor zwei Jahren für den Erhalt des Landespflegegeldes hier gestimmt haben. Diesbezüglich, darauf können Sie sich jetzt schon einmal freuen, habe ich für die September-Sitzung einen Antrag eingebracht.

Meine Damen und Herren, Sie ziehen ohne Rücksicht auf Verluste und auf Kosten des kleinen Mannes Ihre unsoziale Sparpolitik skrupellos durch, aber dafür zahlen Sie Millionen für die Durchführung eines Deutschen Kirchentages. Wenn Sie schon Millionen für einen Kirchentag ausgeben und hinauswerfen, dann sollten Sie wenigstens diesen Kirchentag dafür nutzen, um bei den Wählern, die Sie noch gewählt haben, durch ein vierundzwanzigstündiges Gebet für Ihre unsoziale Politik Abbitte zu leisten.

Meine Damen und Herren, abschließend ist festzustellen, dass diese Regierung mit ihrer Regierungserklärung, und hier gerade die SPD, die Inhalte ihrer Parteien auf Kosten und zu Lasten der Bürger aufgegeben hat. Diese Regierungserklärung ist den Menschen im Bundesland Bremen gegenüber weder sozial noch christlich. Herr Dr. Scherf, Ihre Regierungserklärung war eine Märchenstunde gespickt mit Phrasen und leeren Versprechungen! Das hat unsere Bevölkerung, das hat das Bundesland Bremen nicht verdient!

Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir wären nun mit der ersten Runde zu Ende. Es ist vereinbart worden, dass wir danach mit der Bremerhavener Runde beginnen.

Ich möchte Ihnen vorschlagen, dass wir das jetzt tun und dann auch in der gleichen Reihenfolge, wie wir in der ersten Debattenrunde verfahren haben. Wir würden dann mit den Kollegen vom Bündnis 90/ Die Grünen beginnen. Da hat sich die Kollegin Hoch zu Wort gemeldet. Bitte, Frau Kollegin!

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Als Grüne und auch als Bremerhavenerin möchte ich hier an dieser Stelle die Regierungserklärung des Senats bewerten. Natürlich habe ich wie Sie alle auch die Koalitionsvereinbarungen genau durchgelesen und der Regierungserklärung von Herrn Dr. Scherf aufmerksam zugehört.

Wie Sie sicher verstehen können, habe ich meine Bremerhavener Brille aufgesetzt, um intensiv nach zukunftsweisenden Weichenstellungen für die Schwesterstadt Bremerhaven zu suchen. Von daher werde ich mich auch auf diese Aspekte beziehen, die für Bremerhaven relevant sind, und da, meine Damen und Herren, wird es verdammt dünn. Allein schon der Bremerhaven-Anteil im Verhältnis zu stadtbremischen Aussagen war maßlos enttäuschend, doch wir wollen nicht kleinkrämerisch sein, suchen wir nach zukunftsweisenden Aussagen für die 120 000 Menschen an der Küste. Wieder einmal wird vollmundig die Wichtigkeit der Schwesterstadt betont, ohne die die Sanierung des gesamten Bundeslandes nicht gelingen wird. Wieder einmal soll ein schlüssiges und stimmiges Gesamtkonzept für die Seestadt erarbeitet und auch umgesetzt werden.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Wieder einmal, das hört sich oberflächlich zunächst einmal nicht schlecht an. Doch die richtige Freude kommt nicht auf, denn es zeigt deutlich, dass die Versprechungen und Ankündigungen in der letzten Regierungserklärung keine ausreichenden Früchte getragen haben, meine Damen und Herren, sonst müsste man jetzt nicht ein neues Gesamtkonzept für Bremerhaven erarbeiten. Diesmal soll es „Strukturentwicklungskonzept 2020“ heißen. Meinen Sie damit die Haltbarkeit? Ich sage Ihnen, höchstens vier Jahre maximal!

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Meine Damen und Herren, erinnern wir uns an die zahlreichen Strukturentwicklungskonzepte der Vergangenheit! Nehmen wir zum Beispiel das Schwerpunktprogramm Bremerhaven oder das vorgezogene 100-Millionen-DM-Programm, damals waren es noch DM, in der letzten Legislaturperiode! Alles wurde mit großem Getöse hier vorgestellt. Was ist daraus geworden? Nicht viel! Würde man darüber einen Controllingbericht anfertigen, müsste man sagen, die Daumen würden nach unten zeigen. Keine rechtzeitige Fehlermeldung, kein Umsteuern, nur ein Immer-so-Weiter mit Ihrer Politik! Das Ziel ist also nicht erreicht worden.

Positiv ist, meine Damen und Herren, das möchte ich hier auch sagen, dass endlich dem Senat aufge––––––– *) Von der Rednerin nicht überprüft.