Protocol of the Session on November 11, 2004

Herr Senator Eckhoff, da können Sie richtig einen Beitrag leisten, auch gerade nach Ihrer Presseerklärung und auch nach dem ersten Teil Ihrer Einlassungen heute. Sie müssen, bitte sehr, an der Stelle nur springen, und es muss zu einer einheitlichen Haltung kommen. Dann ist es doch gut. Wir haben das umgekehrt auch oft gehabt, ich will das offen sagen, dass Sozialdemokraten im Senat, manchmal auch zum Ärger meiner Partei und meiner Fraktion, einmal gehüpft sind und irgendetwas im Bundesrat mitgetragen haben, was uns allen auch nicht geschmeckt hat. Da braucht man manchmal den Mut, aber ich warne davor, immer dieses Spielchen zu machen, was mir hier jetzt auch bei Ihnen wieder durchkam. Das will ich doch ansprechen, das ist diese Strategie, die wir Sozialdemokraten gut kennen, nämlich die Oskar-Lafontaine-Strategie. Ich habe hier zwei kleine Oskars gehört, Herrn Eckhoff und Herrn Focke.

(Heiterkeit bei der SPD)

Der eine geht bei, Modell Focke, ein bisschen Wedler, und sagt: Eigenheimzulage muss eigentlich weg, aber bitte nur, wenn das Paket stimmt. Es muss die ganz große Steuerreform kommen, die, die wir letztes Jahr als CDU zwar selbst noch im Bundesrat und Vermittlungsausschuss blockiert haben, jetzt muss sie kommen, und dann muss noch das kommen, noch das kommen und noch das kommen. Die Strategie: ein großes Paket machen!

(Abg. F o c k e [CDU]: So ein Quatsch!)

Das hätte ich von Ihnen, Senator Eckhoff, nicht erwartet, aber Sie machen es genauso und sagen: Die Eigenheimzulage muss weg, aber nur, wenn die Grünen intelligenter gewesen wären und auch gesagt hätten, die Pendlerpauschale muss weg, und auch die Steinkohle muss weg. Die Landwirtschaft hat er vergessen, das ist der größte Subventionsträger, das vergisst die CDU immer! Aber schon wieder ein großes Paket machen, das ist das, was ich kleine Oskars nannte. Das ist Oskar-Strategie.

(Zurufe von der CDU)

Das ist eine Oskar-Strategie, große Pakete zu machen, sich einen weißen Fuß zu machen und nicht

mitmachen zu wollen. Das ist Ausrede, und ich bitte darum, sich diese Ausrede zu sparen!

Wir können über die Pendlerpauschale diskutieren. Wir diskutieren alle über die Steinkohle. Ich diskutiere gern über die Landwirtschaft. Ich bin in einem kleinen Dorf großgeworden. Mein Großvater hat Landwirtschaft betrieben, ich weiß, was da an Subventionstatbeständen geändert werden muss. Wir können über alles gut reden. Jetzt aber geht es um die Eigenheimzulage, und es geht darum, Bildung, Forschung und Wissenschaft zu stärken, die Köpfe zu stärken, Bremen zu einem guten Standort für Schule und Bildung zu machen.

Ich bitte Sie, sich am Dienstag im Senat dafür einzusetzen, dass dieser Vorschlag des Deutschen Bundestages im Bundesrat Zustimmung von Bremen bekommt oder zumindest ein Weg gefunden wird, dass es nach vorn geht, dass die CDU aufhört, die Reformen zu blockieren, und dass wir in Bremen mitten dabei sind. – Herzlichen Dank!

(Beifall bei der SPD)

Das Wort erhält der Abgeordnete Focke.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich hätte es ja nicht für möglich gehalten, erst einmal, dass man mich als Oskar beschimpft,

(Heiterkeit)

aber zweitens hätte ich es nicht für möglich gehalten, dass sich der Landesvorsitzende der Sozialdemokratischen Partei Bremens hier als Suppenkasper missbrauchen lässt,

(Zurufe von der SPD)

Nebelbomben wirft und zur sachlichen Diskussion überhaupt nichts beiträgt.

(Beifall bei der CDU)

Das ist Ablenken von der Chaostruppe in Berlin, die es nicht zustande bringt, einen geordneten Haushalt vorzulegen, die jeden Tag in eine andere Kiste greift, um die Milliarden zusammenzuschachern, die uns dann hier vormachen will, dass sie das Geld in die Bildung stecken will. Also, ich bin nicht davon überzeugt, und Sie sind von dem, was Sie da eben gesagt haben, wahrscheinlich selbst auch nicht überzeugt. Sie hätten sich als baupolitischer Sprecher durchaus mit Ihren Altsünden, die Sie hier in Bremen geschaffen haben, befassen können. Das musste der Bausenator jetzt hier machen.

(Beifall bei der CDU – Zurufe von der SPD)

Wenn es schon darum geht, dann hätten Sie sagen müssen: Jawohl, Herr Senator, wir wollen Ihnen dabei helfen, diese Problemzonen zu beseitigen. Dann wäre das eine etwas intelligentere Lösung gewesen, die der Senator hier eben auch angesprochen hat.

Eigentlich habe ich keine Lust, das jetzt zum vierten oder fünften Mal zu wiederholen, ich tue es aber trotzdem noch einmal,

(Zurufe von der SPD: Oh!)

weil Sie anscheinend nicht begriffen haben, warum die Diskussion um die große Steuerreform so wichtig ist. Nur mit der großen Steuerreform, mit der richtigen großen Steuerreform – Ihre Reform ist keine Reform, außerdem haben Sie ja schon wieder die kleine vergessen, weil Sie sie ja angeblich nicht finanzieren können – wird es möglich, den Subventionsabbau massiv und drastisch voranzutreiben. Diese ganzen Punkte, die angesprochen worden sind, gehen nur, wenn wir eine drastische Steuerreform bekommen, nach der wir weniger Steuern bezahlen. Das erzeugt nämlich nachher mehr Steuereinnahmen, das ist eine ganz tolle Weisheit, die man aus anderen Ländern lernen kann. Sie haben sie nur noch nicht begriffen, meine Damen und Herren!

(Beifall bei der CDU)

Wenn das kommt, dann können wir auch über die ganzen anderen Dinge sprechen. Wenn Sie das endlich einmal zur Kenntnis nehmen würden, dann könnten Sie hier auch einen anderen Beitrag geleistet haben.

(Beifall bei der CDU)

Meine Damen und Herren, weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Die Beratung ist geschlossen.

Wir kommen zur Abstimmung.

Wer dem Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen mit der Drucksachen-Nummer 16/449, Neufassung der Drucksache 16/437, seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen!

(Dafür Bündnis 90/Die Grünen)

Ich bitte um die Gegenprobe!

(Dagegen SPD, CDU und Abg. W e d - l e r [FDP])

Stimmenthaltungen?

(Abg. T i t t m a n n [DVU])

Ich stelle fest, die Bürgerschaft (Landtag) lehnt den Antrag ab.

Neuordnung der Arbeitsgerichtsbarkeit

Antrag des Abgeordneten Wedler (FDP) vom 28. September 2004 (Drucksache 16/415)

Dazu als Vertreter des Senats Bürgermeister Dr. Scherf.

Die Beratung ist eröffnet.

Das Wort erhält der Abgeordnete Wedler.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich glaube, die Hektik der Debatte kann sich jetzt wieder etwas normalisieren. Wir kommen nämlich jetzt zu einem Thema, das zu nüchterner Betrachtung Anlass gibt.

Der Bundesrat hat vor wenigen Wochen, Ende September, einstimmig, also auch mit der Stimme Bremens, zwei Gesetzentwürfe beschlossen, mit denen die Organisationsstrukturen im Bereich der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit grundlegend geändert werden sollen. Darin ist vorgesehen, den Ländern die Möglichkeit einzuräumen, die Gerichte der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit zu einer einheitlichen öffentlich-rechtlichen Fachgerichtsbarkeit zusammenzulegen. Die Länder können sich aber auch darauf beschränken, nur die Verwaltungs- und Sozialgerichtsbarkeit zu bündeln. In jedem Fall ist also Tenor dieser beiden Gesetzentwürfe, dass es eine Zusammenfassung, eine Bündelung dieser Fachgerichtsbarkeiten gibt.

Die Gesetzentwürfe sollen noch im November, versehen mit der Stellungnahme der Bundesregierung, in den Bundestag eingebracht werden. Dann ist der Bundestag am Zuge. Er wird sich, denke ich, wohl im Dezember mit den Gesetzesanträgen beschäftigen. Ich hoffe, dass dort die beiden Gesetzentwürfe des Bundesrates zur Zusammenfassung der drei genannten Fachgerichte die erforderlichen Mehrheiten finden werden. Dann kann die bremische Gesetzgebung dazu stattfinden.

Wie ich der Presse entnommen habe, will der Senat von dieser neuen Möglichkeit Gebrauch machen, das heißt, die drei genannten Fachgerichtsbarkeiten zu einer einheitlichen Gerichtsbarkeit zusammenzufassen. Das, finde ich, ist ein richtiger Weg, der hoffentlich bald bei uns in Bremen möglich wird. Dieser Schritt schließt auch nahtlos an das an, was wir hier gestern beschlossen haben, nämlich die vorübergehende Zusammenfassung von Sozial- und Verwaltungsgerichtsbarkeit. Ich denke, dass das spätestens dann auch in eine andere Situation, in eine andere Organisationsform übergehen kann.

Leider hat der Bundesrat sich nicht mit dem Vorschlag anfreunden können, die Möglichkeit zur Eingliederung der Arbeitsgerichtsbarkeit in die ordentliche Gerichtsbarkeit zu schaffen, das heißt, die beiden Gesetzentwürfe entsprechend zu erweitern. Wir

von der FDP bedauern dies, weil wir schon lange der Auffassung sind, dass die Arbeitsgerichte zur Justiz und zur ordentlichen Gerichtsbarkeit gehören. Die gleichen Argumente, die man für die Zusammenfassung der drei öffentlich-rechtlichen Fachgerichte ins Feld führt und führen kann, gelten nach meiner Auffassung auch für die Integration der Arbeitsgerichtsbarkeit in die ordentliche Gerichtsbarkeit. Man kann die Arbeitslast besser steuern, man kann Personalkosten sparen, und man kann weitere Synergieeffekte erzielen. Das würde auch unserem kleinen Bundesland Bremen, einem Haushaltsnotlageland, nach wie vor und immer noch und auch künftig gut tun.

Bei der besseren Steuerung der Arbeitslast in den Gerichten muss man sehen, dass die Richter nicht ohne Weiteres gegen ihren Willen versetzt oder abgeordnet werden können. Das ist auch bei den Arbeitsgerichten, insbesondere bei den Berufsrichtern so. Bei einer Einordnung der Arbeitsgerichtsbarkeit in die ordentliche Gerichtsbarkeit könnte dieses Umsetzungsproblem ohne rechtsstaatliche Bedenken relativ einfach gelöst werden. Die Präsidenten der Gerichte könnten für eine optimale Verteilung der Fälle auf die Richter sorgen.

Beim Arbeitsrecht handelt es sich sicher um eine spezifische Rechtsmaterie, die allerdings, was ihre Spezialität anbetrifft, nach meiner Auffassung auch nicht anders ist als zum Beispiel das Familienrecht, das Mietrecht, das Wirtschaftsrecht oder das Strafrecht. Von den öffentlich-rechtlichen Rechtsmaterien wie zum Beispiel dem Steuerrecht, dem Sozialrecht, dem Verwaltungsrecht möchte ich hier gar nicht reden. Sicher können Richter einer bestimmten Fachrichtung nicht ohne Weiteres zu einer anderen Fachrichtung umgesetzt werden, aber so wie man in der übrigen öffentlichen Verwaltung im bestimmten Umfang und nach Einarbeitung und Qualifizierung der Mitarbeiter temporär oder endgültig umgesetzt werden kann, so muss das auch bei Richtern möglich sein. Im Übrigen, eine gewisse thematische Abwechslung im Rahmen der richterlichen Tätigkeit kann durchaus der Qualität der Rechtsprechung zugute kommen und eine überzogene Spezialistenrechtsprechung bremsen.

Vor dem Hintergrund des immer enger werdenden Europas ist es auch sinnvoll, die verschiedenen parallel laufenden Gerichtsbarkeiten enger zusammenzufassen. Ein Blick nach Europa zeigt nämlich, dass unsere derzeitige gerichtliche Vielgestaltigkeit nicht mehr zeitgemäß ist und dringend der Anpassung bedarf. In meinem Antrag habe ich dazu ja verschiedene Beispiele genannt. Ich darf darauf verweisen.