Protocol of the Session on November 11, 2004

Eine zweite Bemerkung noch: Wenn ich den Wissenschaftsbereich höre und ich da sehe, da haben wir in den letzten Jahren ein Investitionssonderprogramm, über zehn Jahre fest verabredete Summen, 3,4 Milliarden Euro sind dort in den Bereich hineingeflossen, also massiv ausgebaut! Ich finde auch, dass das eine großartige Leistung der großen Koalition ist, aber wenn es weitere Finanzierungsnotwendigkeiten gibt, dann gibt es auch noch immer zum Beispiel Studiengebühren, über die man nachdenken kann et cetera. Ich finde, diesem Bereich müssen wir uns auch nähern. Da sieht man ja eine Zubewegung der großen Koalition zueinander, aber es ist schon so, dass es auch andere Finanzierungsquellen im Bereich Bildung und Wissenschaft gibt als nur die Eigenheimzulage. – Vielen Dank!

(Beifall bei der CDU)

Das Wort erhält der Abgeordnete Wedler.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Es ist schon eine merkwürdige Debatte jetzt, insbesondere zum Schluss. Es wird schon Geld verteilt, das noch gar nicht da ist, und heftig gestritten, wo das dann nun sinnvoll und am besten ausgegeben werden soll. Das ist schon sehr merkwürdig, und da spreche ich dann Frau Linnert persönlich an: Sie sind ja Vorsitzende des Haushaltsund Finanzausschusses, und Sie beklagen immer sehr massiv in der Haushaltsdebatte und auch im Haushaltsausschuss und bei passenden anderen Gelegenheiten die Finanzsituation des Landes Bremen, dass wir in diesem Jahr ein Defizit haben, das kaum zu decken ist, das durch mühsamste Kredite und Sanierungszahlungen, die jetzt auslaufen, zu decken ist, und dass wir im nächsten Jahr den Kanzlerbrief verbucht haben, der ja nun nicht kommen wird, und dass wir da dann erheblichste Probleme haben. Das muss man als Hintergrund wissen, wenn wir jetzt über dieses Thema hier diskutieren.

(Abg. Frau L i n n e r t [Bündnis 90/Die Grünen]: Luneplate!)

Der Kanzlerbrief ist jetzt natürlich das große Thema, er wird nicht kommen, jedenfalls nicht so, wie die Koalition sich das vorstellt. Die Frage ist, wie wir das dann im nächsten Jahr finanziert bekommen, diese halbe Milliarde, das ist das Thema.

Deswegen, Frau Linnert, unterstelle ich einmal, in der nächsten Woche im Bundesrat läuft das so, wie Sie sich das vorstellen. Die CDU-Länder fallen um, jedenfalls haben sie ja bisher etwas anderes er

klärt, ich weiß nicht, wie sie sich darauf einlassen werden. Ich unterstelle einmal, dass das kommt. Dann wird das so eintreten, wie Sie sagen, es werden höhere Steuereinnahmen entstehen. Ich sage in Anführungsstrichen, das ist eine „verkappte Steuererhöhung“, aber das lassen wir auch einmal beiseite. Insgesamt werden höhere Steuereinnahmen kommen. Die verteilen sich dann auf die verschiedenen Ebenen, Bund, Länder und Kommunen, wir im Land Bremen bekommen also auch zusätzliches Geld.

So, und dann setzen Sie dagegen unsere derzeitige Haushaltssituation. Dann frage ich Sie, wie wir damit in einer Situation umgehen wollen, in der wir dieses Jahr schon kurz vor einem Nachtragshaushalt gestanden haben. Zum Glück hat uns dann ja, wenn ich das richtig wahrgenommen habe, die letzte Steuerschätzung zusätzliches Geld in Bremen beschert, das dann wohl zur Abfinanzierung der jetzt in diesem Jahr angefallenen Defizite verwendet werden soll, so dass wir in diesem Jahr 2004 ganz offensichtlich ohne Nachtragshaushalt zurechtkommen werden.

Spätestens im nächsten Jahr aber wird es so sein, dass wir einen Nachtragshaushalt haben müssen, weil dann das Geld, das man aus dem Kanzlerbrief erwartet, nicht kommen wird. Dann frage ich Sie, wie Sie in einer solchen Situation, unterstellt, wir haben aufgrund dieses Verteilungssystems höhere Steuereinnahmen, wie wir dann damit umgehen wollen! Sollen wir dann zusätzliche Ausgaben tätigen, wie Sie sie hier vorschlagen?

(Abg. Frau L i n n e r t [Bündnis 90/Die Grünen]: Ja!)

Oder soll das wieder, wie es jetzt in 2004 der Fall ist, so passieren, dass das zur Abdeckung entstandener Haushaltsdefizite verwendet werden soll? Da habe ich erhebliche Zweifel, ob dieser Druck auszuhalten ist.

Ich glaube, es wird so sein, dass dies verrauscht. Die höheren Steuereinnahmen, die wir da möglicherweise bekommen werden, werden im Haushalt das konsumtive Haushaltsdefizit, das wir haben, mit abdecken. Es wird nicht reichen. Wir werden natürlich einen Nachtragshaushalt machen müssen.

Für zusätzliche Ausgaben ist überhaupt kein Platz, so dass also als Ergebnis dessen, was man sich überlegen muss, nur die Antwort sein kann, wir müssen mit dem, was wir haben, auskommen. Das heißt, wir müssen über bessere Mittelverwendungen nachdenken, wir müssen über Standards nachdenken, und wir müssen über politische Schwerpunkte nachdenken.

Wissenschaft und Bildung ist einer der Schwerpunkte, da gebe ich Ihnen Recht, aber wir können das aufgrund unserer Haushaltssituation nicht dahin bringen, dass wir da noch zusätzliches Geld hin

eingeben. Das verbietet unsere Haushaltssituation. Das verbietet auch die Überlegung, die wir haben, möglicherweise sogar nach Karlsruhe zu gehen, um dann über die Finanzverteilung neu zu streiten und ein neues Urteil zu erwirken. Ich bitte Sie nachzudenken, was dies hier bedeutet. Ich glaube nicht, dass der Weg, den Sie hier aufzeigen, ein richtiger ist. – Vielen Dank!

Das Wort erhält der Abgeordnete Dr. Sieling.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich will hier als Erstes deutlich machen, dass die Eigenheimzulage, übrigens auch die aktive Wohnungsbauförderung, die das Land Bremen gemacht hat, richtig war und richtig gute Effekte hatte.

(Beifall bei der SPD)

Wir haben erstens damit konkret in Bremen, aber auch bundesweit dazu beigetragen, dass der Mangel an Wohnraum, der Anfang der neunziger Jahre herrschte, beseitigt worden ist, dass Wohnraum für Menschen geschaffen worden ist, die in der Tat zu einem großen Teil ein Eigenheim brauchten teilweise aber ja auch gebrauchte Immobilien dadurch haben erwerben können. Zweitens hat sie einen entscheidenden Beitrag geleistet, um Vermögensbildung zu betreiben, um Eigentumsbildung zu betreiben. Das ist erfolgt. Das waren Erfolge, die diese Politik auch hatte, aber – und da kann ich gut anknüpfen an den ersten Teil der Rede von Senator Eckhoff – die Welt verändert sich, und die Situation hat sich sehr weitgehend verändert. Wir haben heute keine Wohnungsnot mehr,

(Abg. F o c k e [CDU]: Hattet ihr damals auch nicht!)

sondern wir sind insbesondere in den Städten, aber selbst auf dem Land in einer Situation, dass wir auch im Bereich des Eigenheimbaus Überkapazitäten haben. Wer heute auf Neubau setzt, der setzt perspektivisch darauf, dass Leerstände produziert werden. Wir betreiben das, was wir elegant Rückbau nennen, was eigentlich Abriss ist, Wohnungsabriss in den Städten. Es kann doch nicht sein, dass man den Aufbau fördert und gleichzeitig den Abriss bezahlt. Da ist die Eigenheimzulage in ihrer jetzigen Form völlig obsolet, ausgelaufen und gehört nicht mehr in die Landschaft. Sie ist daher in der Tat meines Erachtens abzuschaffen, das muss man deutlich sagen, abzuschaffen!

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Jetzt muss man dazu kommen, wie man es weiterentwickelt. Ich hatte heute Nachmittag eine gro

ße Hoffnung, das will ich ganz offen sagen, die große Hoffnung, dass ich einmal einen Überblick bekomme und dann auch eine Struktur, wie die vielen CDU-Positionen zu dem Thema zu sortieren sind. Wir haben ja leider eine Situation in diesem Lande, dass wir die CDU und, Herr Wedler, leider auch die FDP an vielen Stellen brauchen, um an dieser Stelle – Eigenheimzulage und auch Stärkung von Bildung, aber auch Stärkung einer klugen Wohnungsbaupolitik – vernünftige Reformen in diesem Land einzuleiten. Dafür brauchen wir die CDU, und darum ist es ja spannend, was bei Ihnen passiert, aber Sie haben sich hier heute Nachmittag nichts anderes als sozusagen den Pokal „Bunte Truppe des Tages“ erworben.

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/Die Grünen – Abg. F o c k e [CDU]: Quatsch!)

Der König in dem Spiel, weil er gerade Quatsch sagt, ist der Kollege Focke, der es geschafft hat, hier zum einen zu sagen, die Eigenheimzulage ist so gut, sie müsste eigentlich bestehen bleiben, um dann zu sagen, das ist Position zwei, wenn es eine große Steuerreform gäbe, dann würden wir ja vielleicht nachdenken.

(Abg. F o c k e [CDU]: Nein, das habe ich nicht gesagt!)

Die dritte Position ist hier leider gar nicht vertreten worden. Ihr Landesvorsitzender, Herr Neumann, fehlt in Ihrer Fraktion, denn er unterstützt offensichtlich die Angelegenheit mit der Gesundheitsreform, Position drei der CDU. Dann ist heute Morgen der Bausenator gekommen und hat die vierte Position aufgemacht und hat gesagt: Modifizierung der Eigenheimzulage. Meine Damen und Herren, einigen Sie sich, damit wir Reformen in Deutschland hinbekommen und damit die Blockade endlich ein Ende hat! Kommen Sie auf eine vernünftige Position!

(Beifall bei der SPD – Zurufe von der CDU – Abg. F o c k e [CDU]: Das ist ja der Gip- fel!)

Ja, so sieht es aus: Bei Ihnen im Feld liegt das Problem! Das Problem in diesem Lande liegt bei Ihnen im Feld!

(Widerspruch bei der CDU)

Jetzt will ich sagen, dass ich voll und ganz vertrete, dass wir die Bildung, meine Damen und Herren, stärken, wenn wir an die Eigenheimzulage herangehen, und zwar deshalb, und da will ich jetzt gar nicht für die Notwendigkeit argumentieren, dass wir etwas in einem ressourcenarmen Land dafür machen, damit die Menschen schlauer werden und

schlau sind und dass wir gute Arbeitskräfte ausbilden, sondern ich will einmal wohnungs- und stadtentwicklungspolitisch argumentieren. Was ist ein Grund dafür, ob Menschen irgendwo hinziehen oder nicht hinziehen?

(Abg. P f l u g r a d t [CDU]: Zum Beispiel weil sie außerhalb bessere Schulen gefun- den haben!)

Herr Pflugradt hat die Antwort! Jetzt, bitte, machen Sie das Sprünglein! Natürlich ist es richtig, das sagt heute jeder aus der Wohnungswirtschaft, das sagt Ihnen heute jede Bürgerin und jeder Bürger, es ist etwas Gutes für die Bauwirtschaft, wenn wir in Bremen in die Bildung investieren würden, Bremen zu einem edlen Standort der Schulen machen würden, dann würden die Menschen noch lieber nach Bremen ziehen und sagen: Hier haben wir nicht nur eine gute Stadt, eine gute Umgebung, hier haben wir auch eine gute Bildung, meine Damen und Herren!

(Beifall bei der SPD – Zurufe von der CDU)

Deshalb, Herr Pflugradt, machen Sie aus Ihrer Einsicht eine Weisheit!

(Abg. H e r d e r h o r s t [CDU]: Was ha- ben Sie denn in den siebziger Jahren ge- macht?)

Herr Kollege Herderhorst, wir haben eine Bildungspolitik gemacht, die war vom Grundsatz, dieser Auffassung bin ich, immer richtig und zeitgemäß.

(Unruhe bei der CDU)

Es hat vielleicht, Herr Kollege Herderhorst, in der Bildungspolitik bei den Sozialdemokraten Fehler gegeben.

(Zurufe von der CDU)

Das war aber zu einer Zeit, als Sie noch bei den Sozialdemokraten waren, Herr Herderhorst. Sie haben leider offensichtlich die Schwächen mitgenommen.

(Heiterkeit und Beifall bei der SPD – Zurufe von der CDU)

Jetzt komme ich zu Senator Eckhoff. Senator Eckhoff kann am nächsten Dienstag eine ganz große Rolle spielen. Er kann so richtig an Bedeutung gewinnen, finde ich. Es war heute Morgen ja eine gute Presseerklärung.

(Zuruf von Senator E c k h o f f – Heiter- keit bei der CDU)

Nein, nein!

Das klappt leider zu selten. Ich wünsche mir das des Öfteren, aber der Punkt ist, die Presseerklärung ist ja schon heute Morgen gekommen, und ich finde, sie geht in die richtige Richtung, und sie nimmt auch das auf, was Senator Lemke hier angesprochen hat. Am Dienstag wäre es gut und richtig, wenn der Bremer Senat beschließen würde: Ja, wir unterstützen diese Initiative des Deutschen Bundestages im Bundesrat am nächsten Freitag.

(Beifall bei der SPD)

Herr Senator Eckhoff, da können Sie richtig einen Beitrag leisten, auch gerade nach Ihrer Presseerklärung und auch nach dem ersten Teil Ihrer Einlassungen heute. Sie müssen, bitte sehr, an der Stelle nur springen, und es muss zu einer einheitlichen Haltung kommen. Dann ist es doch gut. Wir haben das umgekehrt auch oft gehabt, ich will das offen sagen, dass Sozialdemokraten im Senat, manchmal auch zum Ärger meiner Partei und meiner Fraktion, einmal gehüpft sind und irgendetwas im Bundesrat mitgetragen haben, was uns allen auch nicht geschmeckt hat. Da braucht man manchmal den Mut, aber ich warne davor, immer dieses Spielchen zu machen, was mir hier jetzt auch bei Ihnen wieder durchkam. Das will ich doch ansprechen, das ist diese Strategie, die wir Sozialdemokraten gut kennen, nämlich die Oskar-Lafontaine-Strategie. Ich habe hier zwei kleine Oskars gehört, Herrn Eckhoff und Herrn Focke.