(Abg. K a s t e n d i e k [CDU]: Ihrem An- trag würden wir sowieso nicht zustimmen, weil wir einen besseren haben!)
An den Senat gerichtet möchte ich Folgendes sagen: Der Senat wird sich im Bundesrat schon in naher Zeit mit diesem Thema beschäftigen müssen, denn in der nächsten Sitzung wird das Thema auf der Tagesordnung sein. Baden-Württemberg wird einen entsprechenden Gesetzesantrag einbringen, so dass sich der Senat dazu auch positionieren muss. Deswegen möchte ich an Sie, Frau Senatorin Röpke, appellieren, geben Sie sich einen Ruck, plädieren Sie im Senat dafür, dass der Bund den Ländern die notwendige Ermächtigung für eigene Regelungen gibt, und stärken Sie damit die Zuständigkeit der Länder! Verzichten Sie im Senat darauf, ein eigenes Landesgesetz zum Ladenschluss zu entwickeln, und beschränken Sie sich auf eventuell notwendige Änderungen im bremischen Sonn- und Feiertagsgesetz! Unterstützen Sie damit das Anliegen meines Antrags! – Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!
Bevor ich jetzt dem nächsten Redner das Wort erteile, begrüße ich auf dem Besucherrang eine Gruppe der Deutschen Steuergewerkschaft. – Herzlich willkommen!
Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Wenn Herr Wedler die CDU dazu auffordert, sich anderen Meinungen der Landesverbände anzuschließen, kann ich mich dem durchaus auch anschließen, denn zum Beispiel hat der Ministerpräsident des Saarlands gesagt, es bestehe überhaupt kein Handlungsbedarf, es solle so bleiben, wie es ist!
Meine Damen und Herren, wir haben im Augenblick die Situation, dass von den 16 Bundesländern es bei fünf Bundesländern entweder noch nicht klar ist, ob sie einer Veränderung des Ladenschlusses überhaupt zustimmen würden, und wir haben darunter auch solche, die sagen, mit uns gibt es keine Veränderung. Das ist die augenblickliche Situation. Es gibt im Augenblick dort keine einheitliche Linie. Von daher macht es Sinn, dieses Thema auch in der Föderalismuskommission anzusprechen, und es macht auch Sinn, finde ich, hier das Ergebnis abzuwarten und dann zu bewerten.
Wenn wir diese bunte Mischung der verschiedenen Bundesländer haben, hat das auch seine Gründe. Wir haben doch nach wie vor das generelle Problem bei den Ladenöffnungszeiten, dass im Augenblick nur Innenstadtbereiche und die großen Einkaufszentren profitieren. Wir haben doch die Frage zu beantworten: Wird eine weitere Ladenöffnungszeit ein positiver Effekt für den Mittelstand sein oder nicht? Genau dies müssen wir doch prüfen. Es kann doch nicht sein, dass wir die inhabergeführten Geschäfte, die wir ansonsten so hoch halten und von denen wir sagen, sie machen auch die Qualität in unserer Stadt mit aus, dadurch gefährden, dass die großen Ketten, die sich das leisten können, länger öffnen und diese Kleinen es einfach personell und finanziell schlichtweg nicht leisten können.
Ja, sie sind flexibler als die Großen, aber Sie müssen sich einmal vorstellen, wenn wir ein Geschäft haben, das von acht bis 18 Uhr an sechs Tagen die Woche geöffnet hat, was heutzutage geht, und dann zwei Stunden länger macht, sind das 20 Prozent an Kosten mehr.
(Abg. K a s t e n d i e k [CDU]: Beantwor- ten Sie einmal, warum das so sein muss, Herr Liess! – Abg. P i e t r z o k [SPD]: Sie drücken den kleinen Malerladen an die Wand, Herr Kastendiek!)
Herr Kastendiek, das Problem ist doch schlicht und ergreifend, und das ist etwas, was heute auch im Ladenschlussgesetz geregelt ist, dass wir dort nicht nur die Schutzbestimmungen des Arbeitsschutzes haben, sondern wir haben auch die Schutzbestimmungen des Wettbewerbsschutzes. Auch das muss doch eingehen in Ihre Bewertung.
Meine Damen und Herren, darüber hinaus kommt noch etwas anderes hinzu. Ich weiß nicht, wie oft Sie einkaufen gehen und zu welchen Zeiten Sie das tun, aber wenn Sie das tun, dann hat doch schon
heute die Veränderung im Ladenschluss dazu geführt, dass Sie sich nicht mehr darauf verlassen können, dass Sie tatsächlich bei einem Geschäft einkaufen können, weil wir in der Situation sind, einige Geschäfte öffnen früher, schließen auch früher und andere machen es genau umgekehrt. So ist es jetzt so, dass wir sowohl für den Einzelhandel als auch für Kunden nicht mehr die Situation haben, dass jeder weiß, wenn er in die Innenstadt geht, in seinen Stadtteil geht, er auch die Besorgungen erledigen kann, die er erledigen möchte. Dies gehört mit zu den Fragen, die, denke ich, geklärt werden müssen.
Dann kommt immer die große Behauptung, wenn wir die Ladenschlusszeiten ändern, dann schafft das unheimlich viele Jobs. Herr Wedler hat das eben auch gesagt.
Aber da müssen wir doch ganz nüchtern zur Kenntnis nehmen, dass im Jahr 2003 30 000 Geschäfte im Einzelhandel in der Bundesrepublik geschlossen haben, 55 000 Arbeitsplätze sind verloren gegangen, trotz eines erweiterten Ladenschlussgesetzes. Irgendwie passt das nicht zusammen.
Meine Damen und Herren, es ist darauf hingewiesen worden, für uns Sozialdemokraten ist eines eindeutig klar, und da kann Herr Wedler noch so schöne juristische Konstruktionen, wie er es eben gemacht hat, vorlegen, im Ladenschlussgesetz gibt es den Schutz der Arbeitnehmer, den Schutz der Beschäftigten, und mit uns Sozialdemokraten ist eine Änderung, vor allem ein gänzlicher Wegfall eines Ladenschlussgesetzes ohne gleichzeitige Regelung der Schutzbestimmungen des jetzigen Ladenschlussgesetzes nicht machbar.
Das gilt im Übrigen genauso für die Sonn- und Feiertagsarbeit. Für mich ist da die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts eindeutig. Wir erleben das auch nicht unbedingt häufig, aber wir sind uns mit den Kirchen durchaus einig, dass Sonn- und Feiertagsarbeit nicht geleistet werden soll, sondern nur in den heute schon sehr engen Grenzen.
dern es gibt einen Klärungsbedarf. Wir müssen klären, wie wir mit diesen Problemen umgehen, und von daher werden wir, Herr Wedler, das wird Sie nicht überraschen, Sie haben uns eben auch nicht angesprochen in der Aufzählung, den Antrag ablehnen, weil mit uns ein ersatzloser Wegfall des Arbeitsschutzes nicht zu machen ist, weil geklärt werden muss, ob veränderte Ladenöffnungszeiten tatsächlich dem Einzelhandel und den Kunden nutzen. Wir können uns eine andere Regelung nur dann vorstellen und würden uns dem anschließen wollen, wenn es eine Verständigung zwischen den Einzelhandelsunternehmen und den im Einzelhandel Beschäftigten gibt.
Wir diskutieren das nicht zum ersten Mal. Ich habe mir einmal die Mühe gemacht, aus der letzten und vorletzten Legislaturperiode die Redebeiträge noch einmal anzuschauen, das war auch sehr spannend, und ich möchte zum Abschluss Herrn Senator Hattig zitieren, der in der Aktuellen Stunde vom 20. Oktober 1999 Folgendes gesagt hat, ich zitiere mit Ihrer Genehmigung: „Die Diskussion ist nicht neu. Manchmal fragt man sich, ob durch die Wiederholung eigentlich noch eine neue Qualität in die Diskussion hineinkommt.“
(Beifall bei der SPD – Abg. F o c k e [CDU]: Zu wem hat der das denn gesagt? – Abg. B ö h r n s e n [SPD]: Wir fragen ihn!)
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Wedler, Sie wollen also das Ladenschlussgesetz abschaffen. Sie fordern in Ihrem Antrag unter anderem flexible und umfassende Möglichkeiten zur Sonn- und Feiertagsöffnung vorzusehen, ohne dabei zu erklären, wie diese Flexibilität der Sonn- und Feiertagsöffnung aussehen sollte und kann, ohne uns zu erklären, wie kleinere Geschäfte gegenüber größeren Kaufhäusern organisatorisch überleben können. Konkurrenzmäßig können sie es nicht.
Meine Damen und Herren, der Sonntagsschutz ist ein sehr hohes Gut, das auf keinen Fall dem Gesetz von Markt und Profit geopfert werden darf. Eine profitorientierte Gesellschaft, die auf Kosten und zu Lasten vieler Menschen nur auf Gewinnmaximierung, also auf Kaufen und Verkaufen, aus ist, ist sinnlos, menschenunwürdig, sozialpolitisch und moralisch nicht zu verantworten, weil es auf Kosten und zu Lasten vieler Beschäftigter geht. Auch diese Menschen haben ein Anrecht auf gemeinsame Familienzeiten am Abend, und hier bin ich der Meinung, dass die Einkaufszeiten bis 20 Uhr völlig ausreichen.
Herr Wedler, das Problem ist nicht, dass die Geschäfte um 20 Uhr schließen, das Problem ist, sie schließen für immer. Das ist das Problem, das Ihnen als angebliche Wirtschaftspartei sehr große Sorgen
bereiten sollte. Immer mehr Geschäfte müssen Insolvenz anmelden. Sie brauchen sich nur als Bremerhavener dort einmal umzuschauen in Lehe, Mitte, Geestemünde und so weiter. Immer mehr kleinere Läden und Geschäfte müssen auf Grundlage einer verfehlten Wirtschafts- und Finanzpolitik dieser großen Koalition in Bremerhaven und in Bremen schließen.
Darüber sollten Sie sich einmal Gedanken machen! Das wäre viel wichtiger, sinnvoller und zweckmäßiger als Ihr heute eingebrachter Showantrag. Wenn Sie sagen Nordenham, wenn Sie so viel Zeit haben, sich um Nordenham Gedanken zu machen, dann sollten Sie sich lieber einmal Gedanken um Bremen und Bremerhaven machen und nicht um Nordenham! Das wäre wichtiger für Bremerhaven und für Bremen.
Meine Damen und Herren, die Zahl der Pleiten ist allein im ersten Quartal in Deutschland auf sage und schreibe 30 000 gestiegen. Das sind 15,4 Prozent mehr als im Vorjahr. Besonders stark stiegen die Privatinsolvenzen, nämlich genau auf 40 Prozent an. Es gibt heutzutage kaum mehr die guten alten Tante-Emma-Läden, ja sogar die von Ihnen so hoch geschätzten Onkel-Achmed-Läden müssen vermehrt schon schließen.
Das sollten Sie sich als Vertreter einer angeblichen Wirtschaftspartei einmal zu Gemüte führen und sich darüber Gedanken machen. Darüber sollten Sie sich Gedanken machen! Herr Wedler, mit Ihrem Showantrag schaffen Sie unweigerlich eine familienfeindliche Politik, einen Wettlauf um ausgedehnte Ladenöffnungszeiten auch am Werktag.
Meine Damen und Herren, anstatt sich darauf zu konzentrieren, unsoziale und unmenschliche Öffnungszeiten durchpeitschen zu wollen, sollten sich der Einzelhandel, die Konzerne einmal lieber darauf konzentrieren, wie man mehr Ware, bessere Ware bei höflicherer und freundlicherer Beratung und Bedienung zu günstigen Preisen anbieten und durchsetzen kann. Das ist das A und O. Tatsache ist doch, dass gerade die Großkonzerne überdurchschnittlich viel Personal unverantwortlich abbauen, das noch wenige vorhandene Personal durch extreme Mehrbelastung, immer stärkeren sozialen Belastungen unverantwortlich und auch noch unterbezahlt überdurchschnittlich hoch belastet wird.
Meine Damen und Herren, ganz zu schweigen von den kleineren und mittelständischen Geschäften und Unternehmen, die sich eine Abschaffung des Ladenschlussgesetzes personell und auch organisatorisch überhaupt nicht leisten könnten! Sie müssten dann auch vermehrt durch eine FDP-Politik Konkurs anmelden. Wollen Sie das, Herr Wedler, und können Sie das als FDP-Politiker überhaupt sozial verantworten? Laut Statistik wollen sogar zirka 90 Prozent
Meine Damen und Herren, ich sage es in aller Deutlichkeit, freundlichere Beratung, gute und günstige Ware, das ist die Grundlage für einen kundenfreundlichen Einkauf und nicht zum Beispiel die Abschaffung des Ladenschlussgesetzes. Herr Wedler, ich lehne Ihren Showantrag namens der Deutschen Volksunion und zum Wohle und Interesse vieler im Einzelhandel Beschäftigter ab. – Ich bedanke mich!
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Tittmann, Ihre Rede, das muss ich zugeben,
habe ich nicht wirklich verstanden, denn das originäre Interesse des Einzelhandels ist Gewinnerzielung! Das ist Sinn der ganzen Veranstaltung, billig einkaufen, teurer verkaufen und Gewinn damit machen! Wenn es das nicht gäbe, gäbe es keinen Einzelhandel. Ich sage Ihnen auch, Herr Tittmann, das Interesse, warum man das richtig gut und vernünftig findet, ist ein Verteilungsinteresse. Ich müsste sonst möglicherweise in die Erzeugerländer reisen, um mir meinen Kaffee selbst zu kaufen. Nein, das macht der Großhandel, und der Großhandel wird dann unterstützt vom Einzelhandel.
Herr Tittmann, ich kann Ihnen sagen, wenn Sie finden, dass Gewinn machen sozial schlecht ist, liegen Sie ziemlich daneben, weil das, wie gesagt, Sinn der ganzen Veranstaltung ist. Was wir hier diskutieren, ist im Wesentlichen nämlich die Frage der Öffnungszeiten im Einzelhandel.
Dazu wollen wir jetzt einmal reden. Ich habe Herrn Wedlers Antrag mit großem Interesse gelesen. Ich glaube, ich bin ein bisschen falsch verstanden worden, Herr Wedler, wenn Sie meinen, ich würde Ihre Position umstandslos teilen. Das ist mitnichten so! Gleichwohl sind Teile Ihrer Idee, Ihrer Vorstellung durchaus sympathieverdächtig.
Es ist so, dass die grundsätzliche Frage in der Öffnungszeitendebatte die ist: Ist es eine ordnungspolitische Notwendigkeit, dass der Staat sich in diese Regelungen einmischt? Jetzt haben wir, und es ist ja ein hoch sensibles Thema, ist doch klar, Interessengruppen. Wir haben die Beschäftigten, wir haben die Einzelhändler, und selbst bei den Einzel––––––– *) Vom Redner nicht überprüft.