Protocol of the Session on September 8, 2004

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Keine der 13 abgefragten Gesellschaften war in der Lage nachzuweisen, dass sie effizienter arbeitet als die frühere Fachverwaltung, einmal ganz davon abgesehen, dass überall in der ganzen Bundesrepublik Verwaltungsmodernisierung betrieben wird und niemand auf die Idee gekommen ist, den Staat in Form eines Konzerns mit GmbHs zu organisieren. Das ist eine Bremensie, die alle anderen in der Bundesrepublik aus gutem Grund nicht nachgemacht haben, weil es für das Allgemeinwohl überhaupt keinen Sinn macht.

Der Staat kann GmbHs gründen, wo er sich einer Aufgabe komplett entledigen will, wo er dauerhaft ein Staatsunternehmen betreiben will, das am Markt agiert, oder wo in Public privat partnerships ein privater Unternehmer ein Risiko übernimmt, das er besser steuern kann als der Staat. Für alles andere gibt es öffentlich-rechtliche Organisationsformen, die einfacher und billiger sind und besser gesteuert werden können. Vernunft muss das Kriterium sein, nach dem die Verwaltung aufgebaut ist.

Wir wollen gemeinsam mit SPD und CDU den Ausschuss einrichten, weil wir im Gesamtinteresse die Kräfte in der Koalition unterstützen wollen, die unsere Kritik an der GmbH-Struktur des Staates zumindest partiell teilen. Wir wollen aber nicht mehr Controllingberichte, sondern wir wollen die Struktur des Staates auf vernünftige Art und Weise gestalten.

Undurchsichtige Strukturen und fehlende parlamentarische Kontrolle laden geradezu zum Miss

brauch ein. Das beste Controllingsystem nutzt nichts, wenn die Senatskanzlei bewusst versucht, eine GmbH zu benutzen, um unbemerkt 20 Millionen Euro am Parlament vorbeizuschmuggeln. Von den E.On-Millionen, die über die BVV verschoben worden sind, hätten wir niemals etwas erfahren sollen. Alle Fakten in dieser Affäre machen nur dann einen Sinn, wenn von Anfang an geplant gewesen ist, das Geld vor dem Zugriff der Abgeordneten zu sichern.

Der Haushaltsausschuss hat einstimmig festgestellt, dass der Senat gegen das Haushaltsrecht verstoßen hat. Wir als Parlament müssen etwas dagegen tun, dass sich die Einzelinteressen durchsetzen, die am besten organisiert sind, die sich den Staat und sein Geld unter den Nagel zu reißen versuchen. – Vielen Dank!

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Als nächster Redner erhält das Wort der Abgeordnete Dr. Schrörs.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Das war doch eben etwas Märchenstunde, Herr Köhler! Ich habe irgendwie den Eindruck, wenn die Position, die Sie wiedergegeben haben, die Position der Grünen ist, dass in den letzten, ich würde einmal sagen, acht Jahren Sie nichts dazugelernt haben und vor allen Dingen in keiner Art und Weise diese Erkenntnisse, die das Land Bremen, an dieser Stelle die große Koalition gemeinsam, vorangebracht haben.

Ich finde es erstaunlich, dass Sie das, was hier gemacht wird, nämlich den aufgabenkritischen Ansatz, in jeglicher Art und Weise negieren, dass Sie die Neuordnung der Aufgabenwahrnehmung überhaupt nicht in dieser Form akzeptieren. Sie wollen zurück, Sie wollen eine Rolle rückwärts machen, Sie wollen offensichtlich das zurückbringen, was vor zehn Jahren in Bremen üblich war, nämlich eine Verwaltung, die an der Stelle genau das war, was wir heute abgestellt haben, nämlich die unflexibel war, die im Grunde genommen keine Transparenz hatte, die keine Kundennähe in dieser Form hatte, alle diese Punkte, die wir heute durch das neue Modell und durch den neuen Weg erreicht haben.

(Beifall bei der CDU)

Ich werde darauf noch eingehen, auch auf den Punkt, der die Mitgliedschaft von Abgeordneten in Aufsichtsräten angeht, eines meiner Lieblingsthemen, darauf komme ich gleich noch zurück.

(Zuruf des Abg. K a s t e n d i e k [CDU])

Ich werde es auch mit dem notwendigen Teil erklären! ––––––– *) Vom Redner nicht überprüft.

Ich möchte doch als Erstes noch gern auf Herrn Schuster eingehen, weil wir offensichtlich ein paar Differenzen haben, aber keine so großen. Sie stehen ja, was eigentlich auch nicht verwunderlich ist, hinter der Antwort des Senats und unterstützen das, was der Senat dort vorgetragen hat. Sie haben, wie ich den Eindruck habe, am meisten Probleme mit den Geschäftsführern und mit den Gehältern der Geschäftsführer. Das finde ich doch ein bisschen kleinkariert, um das einmal so deutlich zu sagen. Ich finde auch, dass dies eine Bedienung einer Neiddebatte ist, die völlig unnötig ist.

(Beifall bei der CDU)

Wir haben in dieser Stadt eine Vielzahl von Geschäftsführern in allen möglichen Gesellschaften, die, wie ich finde, eine hervorragende Arbeit leisten.

(Abg. Frau L i n n e r t [Bündnis 90/Die Grünen]: Unterschiedlich!)

Wer der Auffassung ist, dass diese Geschäftsführer ihren Aufgaben nicht nachkommen, der kann dies äußern und in den jeweiligen Aufsichtsräten oder in sonstigen Gremien dafür sorgen, dass bei diesen Geschäftsführern, wenn sie denn, wie sie alle, befristete Verträge haben, diese befristeten Verträge nicht verlängert werden, und wenn ein Geschäftsführer seiner Tätigkeit in der Form, in der man es sich von ihm wünscht, nicht nachkommt, kann man dafür sorgen, dass dann ein anderer diese Aufgabe übernimmt.

Insofern finde ich es nicht in Ordnung, ich finde es deswegen nicht in Ordnung, weil es diejenigen, die hart für die Sache kämpfen, demotiviert, und ich finde es auch nicht in Ordnung, dass man, wer auch immer, diese Geschäftsführer durch die Presse zerrt. Das ist nicht okay, das hilft uns allen nicht, sondern ich finde, wir sollten dafür sorgen, dass diese Geschäftsführer, die, wie ich finde, ihren Job gut machen, von uns unterstützt werden, damit das Ergebnis sogar noch besser wird, als es zurzeit ist.

(Beifall bei der CDU)

Ich möchte doch noch zwei Sätze darauf verwenden wollen, was durch diesen Teil erreicht worden ist, und vor allen Dingen auf die Frage, die Sie auch angesprochen haben, Herr Schuster, ist der Erfolg messbar! Ich glaube, es ist im Moment ein wirkliches Problem. Das hängt aber damit zusammen, dass man die Zeit – so wie es auch die Vorlage des Senats anspricht – vor der Umwandlung mit heute nicht vergleichen kann, weil nämlich die Kriterien, die ich heute habe, damals nicht da waren. Es gab keine Kosten- und Leistungsrechnung, die es heute gibt, es gab nur Haushaltsdaten, und mit diesen Daten kann man nicht vergleichen. Man kann sicher heu

te hingehen, nachdem die Kosten- und Leistungsrechnung da ist, und jetzt anfangen und sagen, jetzt wollen wir diese einzelnen Situationen erreichen. Ich finde die Frage richtig gestellt, wo wir heute wären, wenn wir nichts verändert hätten. Ich finde sie sehr richtig, denn wir haben starre Grenzen der Verwaltung, so wie die Vorlage es auch vorgibt, überwunden.

Wir haben endlich aufgehört, Zuständigkeit aus Beharren auf Zuständigkeiten weiterzuführen, und das jetzt durch ein Denken in kundenorientierte Prozesse abgelöst. Wir haben vernünftige Instrumente, wir haben auch gerade in der Personalsituation Strukturen, die wir leichter verändern können. Das wird manchen an dieser Stelle nicht gefallen, das ist mir schon klar. Wir haben es aber für die Mitarbeiter fair geregelt, es hat Überleitungsverträge gegeben. Es hat keinen Mitarbeiter gegeben, der auf diesem Wege der Privatisierung auf der Strecke geblieben ist. Alle sind mitgenommen worden. Die Neuen haben in Teilen andere Verträge bekommen. Das war auch ein Ziel der Übung. Das ist auch in Ordnung.

Es gibt Schnittstellen mit denen, die heute noch in der Verwaltung sind, also die, die in der Kernverwaltung sind, zu denen, die in den ausgegliederten Einheiten sind. Sie haben mit ihren Geschäftstätigkeiten jeden Tag miteinander zu tun, und somit gibt es dort auch einen Austausch, so dass es auch hier keine Widerstände in der Kernverwaltung gibt.

Wir haben ein Controlling. Ich finde das Controlling, das wir aufgebaut haben, hervorragend. Ich denke, wir sind an dieser Stelle immer noch im Verhältnis zu anderen Bundesländern weit vorn. Deswegen bin ich auch der Auffassung, was diesen Ausschuss angeht, den man so machen kann, dass dieser Ausschuss lediglich aus meiner Sicht dazu dient, nach einer gewissen Zeit, die wir jetzt hinter uns haben, einfach zu überprüfen, ob das, was dort gemacht worden ist, vernünftig ist. Das soll man immer machen, das ist auch in Ordnung. Gegebenenfalls kann man dort Veränderungen vornehmen.

Es ist ja nicht so, dass alles, wenn es am Anfang gemacht wird und es völliges Neuland ist, richtig ist. Damit habe ich kein Problem. Ich denke aber, dass man hier nicht sagen kann, dass die Kontrolle der Abgeordneten in dieser Form nicht funktioniert.

Jetzt komme ich zurück auf den Teil der Kontrolle der Abgeordneten. Wenn Sie sagen, Herr Köhler – mit einem Duktus bezogen auf die BIG, den ich nicht in Ordnung finde und auch einfach zurückweise, weil es einfach nicht in Ordnung ist, was Sie machen –, wenn Sie so tun, als ob dies eine Gesellschaft wäre, die ohne jegliche Kontrolle einfach herrschen könnte, tun und lassen könnte, was sie wollte, vom Geschäftsführer über die Untergesellschaften, ist das nicht in Ordnung. Sie werden natürlich kontrolliert, und wenn Sie sagen, dass ein Abgeordneter oder eine Abgeordnete dort im Aufsichtsrat

sitzt und insofern keine Möglichkeit hat, dies zu verwenden, dann sage ich Ihnen, es ist insofern Wasser auf meine Mühle, denn Ihre Argumentation führt letztendlich nur zu einer Konsequenz, nämlich zu der Konsequenz, dass alle Abgeordnete aus Aufsichtsräten herausgehören, und zwar ganz konsequent!

(Zurufe von der SPD und vom Bündnis 90/ Die Grünen)

Damit bin ich nicht in der Mehrheit meiner Fraktion,

(Abg. Frau L i n n e r t [Bündnis 90/Die Grünen]: Ja, dann kommen Sie doch zu uns, Herr Schrörs!)

das ist an der Stelle völlig klar, ich sage aber noch einmal, man muss als Abgeordneter nicht in einem Aufsichtsrat sein. Da unterscheide ich mich nämlich in der Beurteilung von Ihnen. Ich muss nicht als Abgeordneter in einem Aufsichtsrat sein, um den Senat zu kontrollieren, denn unsere Aufgabe als Abgeordnete ist nicht, die Gesellschaft zu kontrollieren und den Geschäftsführer der Gesellschaft zu kontrollieren, sondern unsere Aufgabe als Abgeordnete muss sein, den Senat zu kontrollieren. Wir müssen entsprechende Mittel zur Verfügung haben, dass wir in der Lage sind, dies nachzuvollziehen.

(Zuruf der Abg. Frau W i e d e m e y e r [SPD])

Es ist auch klar, dass die Verwaltung, weil sie es mit einer großen Geschwindigkeit vorangetrieben hat, auch die Frage der Privatisierung, auch die Frage der Steuerungssysteme, und das haben wir im Haushaltsausschuss in der Vergangenheit häufig erlebt, schneller war in Teilen als die Abgeordneten. Insofern müssen wir an der Stelle möglicherweise noch etwas nachlegen und müssen schauen, ob das, was wir zur Verfügung haben, ausreichend ist dafür, so verstehe ich auch den Ausschuss, um noch einmal zu hinterfragen, ob wir unserer Kontrolle richtig nachkommen können. Wer aber glaubt, dass die Abgeordneten durch ein Mandat in einem Aufsichtsrat die entsprechenden Kontrollmöglichkeiten haben, hat aus meiner Sicht hier einen völlig falschen Ansatz.

(Beifall bei der CDU und bei der SPD – Abg. Frau L i n n e r t [Bündnis 90/Die Grünen]: Das haben wir ja nie vertreten!)

Sie haben ja vorhin den entsprechenden Paragraphen der Landesverfassung zitiert. Es gibt übrigens für die Kollegen, die noch nicht so lange im Parlament sind, einen sehr guten Beitrag von Herrn Isola aus dem Jahre 2001, in dem er dem Parlament, an dieser Stelle einfach noch einmal nachzulesen, klar

macht, welche Möglichkeiten Abgeordnete an der Stelle haben und welche sie nicht haben, dass das Kontrollinstrument, das die Abgeordneten haben, so umfangreich ist, dass das Problem leider darin liegt, dass wir als Abgeordnete oftmals dies überhaupt nicht in Anspruch nehmen. Es kann aber ja nicht sein, dass wir deswegen hingehen und sagen, wir müssen neue Instrumentarien haben. Die Abgeordneten haben alle Instrumente zur Verfügung, um den Senat kontrollieren zu können. Man muss sie nur nutzen

(Beifall bei der SPD)

und sich nicht hier hinstellen, Herr Köhler, und erzählen, man könne den Senat nicht kontrollieren. Einfach Unsinn, schlichtweg Unsinn!

Meine Damen und Herren, es gibt zwei letzte Sätze, ich komme sofort zum Ende, da möchte ich den Fraktionsvorsitzenden der SPD zitieren in dieser eben genannten Debatte, in der es nämlich auch um die Einsetzung eines solchen Ausschusses geht, was also vier Jahre zurückliegt. Ich glaube, dass jedenfalls alle Mitglieder der großen Koalition, ich glaube, sogar in Teilen auch der Grünen, diesem zustimmen, denn er sagt: „Aber ich möchte nur sagen, es gäbe in Bremen keine oder keine hinreichenden Informationen. Ich sage einmal meinen ganz subjektiven Eindruck: Ich habe manchmal schon Sorge, dass man von einer Papierflut in diesem Bereich erschlagen wird

(Abg. Frau L i n n e r t [Bündnis 90/Die Grünen]: Ja, das Wesentliche nicht erfährt!)

und dass man aufpassen muss, dass man da noch die Richtung behält.“ – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!

(Beifall bei der CDU)

Als Nächster hat das Wort der Abgeordnete Dr. Schuster.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Ich will nur auf zwei Punkte noch ganz kurz eingehen, weil ich sie für sehr wichtig halte. Zum einen zu Herrn Köhler, der suggeriert hat, dass die Gesellschaften Eigeninteressen entwickeln, die gegen Bremen, gegen den Senat und gegen das öffentliche Interesse gerichtet sind!

(Abg. Frau L i n n e r t [Bündnis 90/Die Grünen]: Zumindest sind sie nicht gemein- wohlorientiert!)

Richtig ist, dass sie Eigeninteressen entwickeln wie jede Verwaltungseinheit, die auch ihre eigenen Interessen hat. Allerdings ist die Behauptung, dass diese gegen Bremen gerichtet sind, ein ideologisches

Konstrukt. Auch bei der BIG, wenn man jetzt einmal das 30-Millionen-Beispiel nimmt, kann man nicht sagen, dass es pauschal gegen Bremen gerichtet ist. Es gibt natürlich unterschiedliche Interessen innerhalb Bremens, jeweils öffentliche Interessen. Diese auszugleichen und transparent zu machen ist eine wichtige Aufgabe des Beteiligungscontrollings.

Die andere Sache ist, Herr Schrörs, ich habe keine Neiddiskussion geführt. Mir ist es recht egal, was die Geschäftsführer letztendlich verdienen. Es geht nur darum, ich kann nicht dauernd Effizienz predigen und sagen, wir brauchen Marktwirtschaft, und dann habe ich überhaupt keine marktwirtschaftlichen Anreizsysteme in der Personalwirtschaft, im Gegenteil! Es wird dann richtig zu einem Problem, wenn ich dies gemeinsam mit der Gesamtpersonalentwicklung des Konzerns betrachte. Wenn man sich einmal anschaut, wo Sparmaßnahmen ergriffen worden und wo dann letztendlich neues Geld hineinfließt, dann kann man zumindest zu dem Schluss kommen, dass nicht alles optimal organisiert ist.