Herr Rohmeyer, ich war eben amüsiert, als Sie gesagt haben, Gerhard Schröder habe gesagt, „Lehrer sind faule Säcke“. Das hat er in der Tat gesagt, aber Sie wissen ja, ich surfe gern im Internet. Ich habe schon einmal gesagt, wenn man Willi Lemke und Anstandsoffensive eingibt, landet man beim Katholischen Erzbistum in Mainz, wenn man Rohmeyer, Lehrer und Arbeitszeit eintippt, dann landet man beim Stadtschnack vom „Weser-Kurier“.
Ich kann das jetzt nicht zitieren, ich muss es wirklich aus meinem Gedächtnis herauskramen, aber ich erinnere mich, dass Claas Rohmeyer aus Bremen sagt: ––––––– *) Von der Rednerin nicht überprüft.
„Lehrer hangeln sich von Ferien zu Ferien.“ Wir können das gern noch einmal nachlesen, ich bringe das gern noch einmal mit, oder ob sich jemand Ihres Namens bedient hat, aber ich habe das beim „Stadtschnack“ amüsiert gelesen. Es ging um Pisa aus dem Jahr 2001, das ist lange her, aber in der Tat habe ich da etwas über Sie gefunden.
Jetzt kurz zum Thema Lehrerarbeitszeiten! Wir Grünen haben in der Bildungsdeputation gesagt, ich muss jetzt Frau Hövelmann und Herrn Lemke etwas langweilen, dass die Länder mit guten Pisa- und Iglu-Ergebnissen in der Regel eine enge Kooperation zwischen den Lehrern vorweisen können. Gerade die Schulen, die verbindliche Regelungen zur Schul- und Unterrichtsorganisation haben, schneiden dabei gut ab. Gestern haben Sie immer herübergestöhnt: Oh, jetzt kommen schon wieder die Ganztagsschulen von den Grünen! Ich sage das auch an dieser Stelle, gerade in den Schulen, die in Bremen Ganztagsschulen werden, einigen sich Lehrer auf neue Arbeitszeitmodelle. Das finden wir richtig, das finden wir gut!
Alle Anstrengungen, die wir jetzt machen, wenn wir über neue Lehrerarbeitszeiten diskutieren, finde ich, müssen bei diesen Modellen ansetzen. Es kann nicht sein, dass wir von oben neue Arbeitszeiten überstülpen. Sie haben selbst gesagt, die Bremer Lehrer arbeiten im Bundesdurchschnitt sehr viel, unterrichten sehr viel, auch die Vorbereitungszeiten gehören zur Lehrerarbeitszeit. Wir sagen, die Schulen und Lehrerkollegien sollen sich selbst über Kooperationsformen und über Arbeitszeiten miteinander abstimmen. Das ist der Schritt in die richtige Richtung.
Die Grünen werden dem Antrag zustimmen wie auch schon in der Deputation. Ich möchte nur noch eine kleine Bemerkung dazu machen, dass darin steht, es sollen auch die Modelle anderer Bundesländer einbezogen werden. Ich habe schon gesagt, und das sage ich an dieser Stelle auch, dass ich das Hamburger Modell der Faktorisierung in Bremen nicht für geeignet halte. Das führt nämlich nicht dazu, dass Lehrer sich als Team verstehen, sondern da schaut dann jeder einzelne Lehrer, was unterrichte ich, komme ich gut genug weg. Wir wollen doch gerade das Gegenteil erreichen, Herr Rohmeyer, und deswegen sage ich, lassen Sie uns das Hamburger Modell vergessen! Das sorgt für viel Unruhe, und es gibt viele Zeitungsartikel, die sagen, es gibt keine Klassenfahrten mehr, die Lehrer machen kaum noch Sonderaktionen. Das Modell ist für Bremen nicht geeignet. Wir müssen uns etwas Besseres überlegen.
Ich kann es jetzt kurz machen, auch die Grünen sagen, der künftige oder grundsätzliche Arbeitsplatz für Lehrer ist die Schule. Wir glauben, dass wir damit die Qualität von Schule und Unterricht verbessern können, wenn die Lehrer künftig von acht bis 15 Uhr oder von acht bis 16 Uhr in der Schule sind, dort einen Arbeitsplatz haben und es ein pädagogisches Konzept gibt. Darüber, hoffe ich, werden wir dann hier Ende des Jahres noch einmal ausführlich debattieren. – Danke!
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich mache das einmal wie ein sehr geschätzter, leider zu früh verstorbener Kollege von mir und halte die entsprechende Deputationsvorlage vom 27. Mai, also noch ziemlich frisch, hoch, in der wir uns in der Deputation einstimmig über die Lehrerarbeitszeit auseinander gesetzt haben. Kollege Rohmeyer hat diesen einstimmigen Beschluss machtvoll aufgenommen und, wie er gesagt hat, seine Kolleginnen und Kollegen in der Fraktion dann überzeugt, dass er eine Initiative gestartet hat. Wir alle haben gesagt, Frau Stahmann und ich ja auch, natürlich sagen wir doch nicht, was wir im Mai richtig fanden, finden wir jetzt falsch, deshalb haben wir uns dem natürlich angeschlossen. Wir bitten den Senator also noch einmal, ein Lehrerarbeitszeitmodell zu entwickeln. Die Grundsätze sind hier auch schon benannt. Lehrer sind bisher Einzelkämpfer. Wenn sie zusammenarbeiten, verbessern sich nicht nur die Arbeitsbedingungen, sondern auch die Strukturen. Ich komme auf den Punkt, den auch Frau Stahmann schon angesprochen hat, wir sehen die Veränderungsdynamik in den Ganztagsschulen. Gestern waren wir in der Neustadt. Wenn sich dort die Ganztagsschule Wilhelm Kaisen entwickelt, dann sind dort natürlich auch Arbeitsplätze und Voraussetzungen für veränderte Lehrerarbeitszeiten. Das ist also ein Motor der Entwicklung, den wir schön in Gang halten wollen und werden, nicht wahr, Herr Rohmeyer? Von dieser Stelle sage ich noch einmal, die Ängste bei den Lehrerinnen und Lehrern, dass sie nun über Gebühr ausgepresst werden oder, wie die GEW schreibt, dass die Arbeitszeit immer weiter erhöht wird, sind nicht berechtigt. Die Arbeitszeit wird anders und effektiver organisiert, und das ist gut so! Ich lese Ihnen den Beschluss der Deputation für Bildung vom 27. Mai vor: „Die Deputation für Bildung nimmt den Sachstand zur Verbesserung entgegen und bittet den Senator für Bildung um eine weitere Berichterstattung zum Ende des Jahres.“ Das heißt also, wir bedanken uns, dass auch das Parlament der Deputation folgt.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Liebe Frau Kollegin Hövelmann, wenn Sie unserem Antrag, der Ihrer Fraktion irgendwann im April zugegangen ist, zugestimmt hätten, dann hätten wir diesen Antrag auch schon entsprechend früher behandelt.
Wir ziehen nur nicht, weil Sie in der SPD-Fraktion vielleicht etwas länger für manche Anträge brauchen, Anträge zurück, und darum haben wir ihn jetzt nach der Deputation erst im Parlament. Vielleicht nur so weit zu Ihren Terminen!
Es ist aber vielleicht auch ein wichtigeres Thema, als dass man es nur in der Deputation behandeln sollte, weil Tausende von Lehrern, Lehrerinnen und Lehramtsanwärtern vielleicht auch wissen sollten, was da passiert. Darum halte ich auch in diesem wichtigen Bereich eine Parlamentsdebatte durchaus für opportun, Frau Kollegin Hövelmann.
Ich habe mich allerdings gar nicht vorrangig deshalb gemeldet, sondern das, was Frau Kollegin Stahmann hier gesagt hat, möchte ich nutzen. Ich sage Ihnen ganz deutlich, ich kenne dieses Zitat nicht! Ich weiß nicht, was da online im „Stadtschnack“ steht, und werde das entsprechend recherchieren. Da ich höchst selten irgendwelche Leserbriefe oder Kommentare in so einem öffentlichen Forum tätige, werde ich mir das zu Gemüte führen. Ich halte es in dem Zusammenhang dann übrigens für etwas fragwürdig, da vielleicht irgendetwas zu zitieren. Sie hätten es dann ja auch, wenn ich Ihrer Argumentation folgen würde, schon am 27. Mai in der Deputation ansprechen können, das hatten Sie allerdings nicht. Da hätte man das vielleicht schon einmal vorher recherchieren können. Ich glaube aber, am Inhalt unseres Antrages haben meine beiden Vorrednerinnen jetzt auch nichts in Frage stellen können. – Vielen Dank!
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir sind in einem sehr guten Prozess, diese Frage, die hier in dem Antrag zum Ausdruck kommt, zu bearbeiten. Ich halte es ––––––– *) Vom Redner nicht überprüft.
aber für völlig kontraproduktiv und überhaupt nicht zielführend, diese Debatte bei den Lehrerinnen und Lehrern durch diesen Antrag möglicherweise so zu verklären, dass sie sagen, und jetzt werden wir noch einmal wieder im Parlament vorgeführt nach dem Motto, sie tun nicht genug, und es ist nicht gerecht verteilt. Dies ist aus meiner Sicht absolut nicht zielführend.
Ich bin in dieser Frage ganz klar auf der Seite von Frau Stahmann, die eben meine Position, die auch das Haus vertritt, durchboxen möchte, dass wir mit den Schulen gemeinsam eine Veränderung ihrer Arbeitszeit hinbekommen. Wenn wir das nicht machen und wenn wir das so machen, wie es in Hamburg erfolgt, dann gibt es keine Beteiligung mehr von Bremer Schülerinnen und Schülern an Sportveranstaltungen, Jugend trainiert dann bitte ohne Bremen, Jugend forscht ohne Bremen oder auch die vielen Schullandheimbesuche, die seit dieser gloriosen Einführung in Hamburg nicht mehr stattfinden! Dies schadet unseren Schülerinnen und Schülern und bringt ihnen keinen Nutzen. Ich bin aber angetreten, hier für den Nutzen der Schülerinnen und Schüler zu arbeiten und zu kämpfen, und ich sage Ihnen, das bekommen wir deutlich besser hin, wenn wir Arbeitszeitmodelle mit den Lehrerinnen und Lehrern erarbeiten, wie es an der Schule Borchshöhe exemplarisch gelungen ist.
Dort hat sich ein ganzes Kollegium bereit erklärt, 35 Stunden in der Schule zu verbringen, um ein gutes Ganztagsangebot in unserem Sinne für die Schülerinnen und Schüler im Personalmix zu erbringen.
Ich meine, meine Damen und Herren, es muss ja keinen großen Streit in unserem Haus geben. Wir alle sind daran interessiert und wir alle erkennen das Bestreben an, das hinter Ihrem Antrag steht, die Lehrerarbeitszeit neu zu strukturieren, aber, und das haben Sie auch sehr deutlich gesagt, Herr Rohmeyer, die Lehrer in Bremen haben in mittlerweile fast allen Bereichen die höchsten Arbeitszeiten, was den Unterricht angeht! Viele Lehrer interpretieren das aber so, und das ist übrigens nicht ein Bremer Problem, das sagen alle, dass das eine große Belastung ist und den wesentlichen Teil ihrer Arbeit ausmacht. Wir möchten aber eine andere Sicht haben, und da stimme ich Ihnen nun wieder zu, und sagen, ihr müsst euch viel mehr um den Schüler im Einzelnen kümmern. Jedes einzelne Schicksal muss euch so nahe liegen, dass ihr nicht sagt, wir gehen heraus
aus der Schule und sehen dann jede weitere Beschäftigung am Nachmittag außerhalb der Unterrichtsvorbereitung, -nachbereitung einschließlich der Korrekturen als eine Belastung an. Im Mittelpunkt muss der Unterricht stehen und jeder einzelne Schüler. Hier haben wir ohne Frage einen Nachholbedarf, den erkenne ich völlig klar an, sonst hätten wir auch nicht so schlechte Ergebnisse. Das dürfen wir aber nicht so weitergeben, dass wir sagen, das liegt jetzt daran, dass die Lehrer mehr in der Schule arbeiten müssen, und wir im Parlament und der Senator haben das jetzt anzuordnen. Das ist völlig kontraproduktiv und bringt uns überhaupt nicht die Solidarität oder überhaupt den Schulterschluss in den Schulen, den wir so brauchen, wie ich es an der Schule Borchshöhe gesagt habe. Jetzt, wo es in einigen anderen Schulen beginnt, die darin ein Vorbild sehen, sagen sie, es entlastet uns, wenn wir mehr miteinander kommunizieren und nicht immer nur sagen: Ich habe jetzt keine Zeit, muss weg, muss weg, muss weg! Das ist tatsächlich, das wissen auch die Lehrerinnen und Lehrer – es gibt hier im Parlament ja einige –, wichtig, dass wir hier zu einer anderen Kommunikationsstruktur kommen müssen. Das geht aber nicht durch Anordnung, meine Damen und Herren, sondern hier muss man die Lehrerinnen und Lehrer motivieren und sagen, ihr müsst. Auch dadurch, dass wir in der Schule Borchshöhe die Gegebenheiten ändern, geben wir eine Menge Geld dafür aus, dass wir Arbeitsplätze für die Lehrerinnen und Lehrer schaffen. Wir schaffen dort auch ein sehr gutes Mittagsangebot für alle Beteiligten. Es ist erforderlich, dass wir die Rahmenbedingungen auch entsprechend richten. Meine Damen und Herren, wir sind also nicht so weit auseinander. Ich finde, wir sollen den Weg, den wir in der Deputation begonnen haben, weitergehen. Alle Schulen sind jetzt vor den Ferien angeschrieben worden, sie möchten im nächsten Jahr den Prozess der Präsenz erweitern. Wir werden das wissenschaftlich evaluieren, was im nächsten Schuljahr in den Schulen läuft.
Herr Rohmeyer, man muss mit Reformen in Deutschland, ich glaube, das ist uns allen sehr klar, egal ob wir momentan in der Opposition oder in der Regierung sind, sehr behutsam umgehen. Wenn man mit Reformen mit dem Kopf durch die Wand geht, gibt es überhaupt keine Akzeptanz in der Bevölkerung – das merkt meine Partei im Augenblick ganz besonders –, aber Reformen sind notwendig, und die Arbeitszeitreform, die Sie ansprechen, ist notwendig. Ich will das aber nicht mit dem Kopf durch die Wand, sondern ich will die Menschen in diesem Land dafür mitnehmen.
Deshalb, lieber Herr Rohmeyer, ich sage es Ihnen noch an einem anderen Beispiel – die erfolgreiche verlässliche Grundschule will ich nicht zum achtundzwanzigsten Mal anführen –, die Vergleichsarbeiten, die Standards, die wir gemeinsam erarbeitet haben, sehr im Schulterschluss mit den Schulen, wo wir im ersten Schritt vor zweieinhalb Jahren gesagt haben, versuchen sie doch einmal für sich, Standards in der Schule zu entwickeln, im nächsten Schritt, sie können auch gern in der Region miteinander zusammenarbeiten, bis im letzten Jahr die Schulen gekommen sind und gesagt haben, können Sie nicht als Schulbehörde die Standards setzen, die Fragen erarbeiten, und wir machen das dann gemeinsam, das ist eine Bildungspolitik der Geduld, der ruhigen Hand, und die wollen wir bitte gemeinsam weitergehen. – Ich danke Ihnen!
Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte mich beim Kollegen Rohmeyer entschuldigen. Dank Wireless LAN in der Bürgerschaft konnten wir ja eben noch einmal schnell nachrecherchieren, und in der Tat ist Ihr Name über dem einen Beitrag. Mir sah es so aus, als hätten Sie ihn geschrieben. Herr Rohmeyer hat also nicht geschrieben, dass Lehrer sich von Ferien zu Ferien hangeln. Es ist dann wohl eher mein Eindruck von ihm, dass ich dachte, er könnte vielleicht so etwas sagen.
Gestatten Sie mir noch eine letzte Bemerkung! Senator Lemke und ich sind manches Mal unterschiedlicher Auffassung über Reformtempo, wie es vorangehen könnte und in welche Richtung Strukturänderungen am bremischen Schulsystem vorgenommen werden. In dieser Frage möchte ich ihn ausdrücklich unterstützen, und ich finde es sehr richtig, dass er schaut, was passiert an den Schulen und was können wir gemeinsam mit den Schulkollegien und Schulleitern entwickeln. Ich glaube aber auch, darüber hinaus müssen wir den Schulleitungen mehr Kompetenzen geben. Das wird ein Schritt sein, an dem wir jetzt Richtung Herbst noch einmal stärker arbeiten müssen. – Danke!
Meine Damen und Herren, weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. ––––––– *) Von der Rednerin nicht überprüft.
Wer dem Antrag der Fraktionen der CDU und der SPD mit der Drucksachen-Nummer 16/279 seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen!