Herr Präsident, meine Damen und Herren! Herr Crueger, Sie sind leider die Antwort schuldig geblieben, wie Sie diese guten Vorschläge oder die Vorschläge, die Sie alle gemacht haben, finanzieren wollen!
(Beifall bei der CDU – Abg. Frau S c h ö n [Bündnis 90/Die Grünen]: Indem wir nicht so viele Schulden machen, nicht so viel Zinslast haben!)
Ich gebe Ihnen gern einmal die Vorlage Sozialleistungen, in der die grauenhaften Vorschläge der Projektgruppe stehen, die jedem Sozialpolitiker das Blut gefrieren lassen, und dann können wir uns vielleicht noch einmal darüber unterhalten, wo man Geld einsetzen müsste.
Frau Schön, Sie können nicht mit Ihrer Partei in Berlin Gesetze mitbeschließen und uns dann hier vorwerfen, dass wir darauf reagieren müssen!
Dass die Prämienarbeit für die Grünen ein rotes Tuch ist, weiß ich, aber trotzdem will ich der Korrektheit halber sagen, dass es 1,02 Euro pro Stunde sind. Sie haben sich wahrscheinlich nur versehentlich versprochen.
Herr Pietrzok, die Bekleidungspauschale war ein Beispiel. Wir wissen doch, was in den Vorlagen steht, wie dramatisch die Situation sein wird, und wissen auch um die demographische Entwicklung und das, was auf uns zukommt. Es wird schwer genug, und dann müssen wir Schulter an Schulter stehen, um das durchstehen zu können. Ich sichere Ihnen das zu und auch der Senatorin, dass die CDU da nicht zurückweicht, wir machen das mit, was vorgeschlagen wird. Es muss aber sachlich fundiert sein, und es muss den gesetzlichen Auftrag erfüllen können.
Lassen Sie mich noch einmal zu „Hartz“ kommen! In diesen Tagen werden ja die Anmeldebögen oder Fragebögen verschickt. Ich habe mir sagen lassen, mittlerweile ist der von 20 Seiten auf acht Seiten zusammengeschmolzen, aber er ist immer noch so kompliziert, dass sehr viele Anspruchsberechtigte ihn sicherlich nicht ausfüllen können. Das darf natürlich nicht passieren, dass wir zu Beginn eines neuen Gesetzes nicht die Papierlage haben, um das Gesetz zu erfüllen, oder nicht die materielle Lage haben, um die Leistungen fristgerecht oder in voller Höhe auszahlen können. So etwas wie der Mini-Gau, den wir mit der Sozialhilfe zum Jahresende hatten, darf nicht zum Maut-Gau oder zum Hartz-Infarkt werden, wenn die Hartz-Gesetze zum 1. Januar kommen, meine Damen und Herren! Das Benchmarking in den 16 deutschen Großstädten hat sich in den letzten acht Jahren so verfeinert, dass es wirklich brauchbar ist. Wir wissen jetzt, dass wirklich gleiche Zahlen miteinander verglichen werden und nicht wie in den ersten Benchmarkingheften dann noch einmal ein Mantel extra geleistet wurde oder so etwas. Die Aussagekraft ist deutlich besser, und hier hat die Projektgruppe auch eine ideale Vergleichsmöglichkeit. Anhand dieses Benchmarkings kann man den Bürgerinnen und Bürgern auch deutlicher machen, was man zumuten will oder zumuten kann, weil es in vergleichbaren Städten eben anders oder genauso gehandhabt wird. Herr Böhrnsen, ich nehme Ihnen gern ab, dass die SPD für eine soziale Politik steht. Die CDU auch! Die Projektgruppe wird es mit vielen Vorschlägen sicherlich auch schwer haben, bei uns zu landen, weil wir vielleicht auch andere Vorschläge entwickeln werden. Ich will aber noch einen kleinen Vergleich mit Bremerhaven machen. Es sind ja noch ein paar Bremerhavener Kolleginnen und Kollegen da. Wir dürfen uns ja nicht einmischen in die Sozialpolitik Bremerhavens, ich habe das schon einmal gesagt. Vergleichen darf man aber doch ganz gern, und loben darf man vielleicht auch.
Entschuldigung, Wilfried Töpfer, und die Stadt wird rotschwarz regiert und legt bei den Sozialleistungen ganz andere Maßstäbe an. Ich will Ihnen nur ein Beispiel nennen:
In Bremen wurde uns in der Deputation gesagt, die DVB-T-Boxen müssen wir bezahlen, daran geht kein Weg vorbei. Bremerhaven sagt, wir bezahlen die nicht, die kann man ansparen, notfalls lassen wir uns verklagen. Meine Damen und Herren – ich bekomme ein Zeitzeichen –, in der Landesverfassung steht, die Freie Hansestadt Bremen bekennt sich zum Zusammenhalt der Gemeinden des Landes und wirkt auf gleichwertige Lebensverhältnisse hin. Daran werden wir auch arbeiten und auf gleichwertige Lebensverhältnisse hinwirken. Gemeinsam werden wir die schwere Aufgabe lösen und es schaffen, aber wirklich nur, wenn wir gemeinsam daran gehen, dass dieser Sozialhaushalt auch so gefahren wird, wie er hier geschrieben steht. – Vielen Dank!
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Die Gesundheit ist die Grundvoraussetzung für alles. Auch in diesen ungemütlichen Zeiten wollen wir mit diesem Haushalt trotz der widrigen Rahmenbedingungen einiges absichern. Für uns gilt, dass vor allen Dingen in unseren Brennpunktgebieten die Beratungsstrukturen erhalten bleiben und die Selbsthilfegruppen weiterhin mit Geld versorgt werden, denn die machen aus einer DM zehn DM oder aus einem Euro zehn Euro. Das ist wichtig, und ich glaube, die Selbsthilfe im Bereich Gesundheit ist von vorrangiger Bedeutung.
Zukünftig müssen wir in unseren Stadtteilen daran arbeiten, dass wir Kinder und Jugendliche mit ihren Ernährungs- und Bewegungsabläufen erreichen. Dafür hoffen wir, dass wir im Rahmen des Präventionsgesetzes von der Bundesebene aus einiges bewegen können. Vielleicht ist es möglich, Komplementärmittel nach Bremen zu ziehen. Dies ist der konsumtive Bereich. Da müssen wir, wie gesagt, aufpassen, dass die Strukturen erhalten bleiben, vor allen Dingen in unseren Brennpunktgebieten.
Doch nun zum investiven Bereich! Seitdem die Fallpauschalen und das Gesundheitsmodernisierungsgesetz in den Krankenhäusern auf der Tagesordnung stehen, gibt es dort eine stille Revolution. Der Wettbewerb wird immer härter und auch immer stärker. Der Rationalisierungsdruck steigt, er zwingt die Krankenhäuser, ihre Prozesse zu optimie
ren und Zusatzverdienste zu erwirtschaften. Deshalb sind für uns Fusionen und strategische Allianzen mit Erfolgspartnern die Voraussetzung für die Zukunft und dafür, dass die Patienten auch garantiert gut versorgt werden.
Durch die Gesundheitsreform sehen wir auf diesem Gebiet einen Vorteil, denn jetzt ist es rechtlich einfacher, Partner zu finden. Wir können jetzt einfacher Versorgungsketten von Kliniken, Apotheken, Reha-Einrichtungen, Arztpraxen und so weiter errichten, um vor allen Dingen Doppeluntersuchungen zu vermeiden. Wir haben hier in Bremen rechtzeitig auf diese Situation reagiert, indem wir wegen der erforderlichen Flexibilität unsere Häuser in gGmbHs umgewandelt haben. Im nächsten Jahr werden laufend Qualitätsberichte von den Häusern abverlangt werden. Inzwischen haben wir ja schon drei Häuser zertifiziert, das erfordert allerdings Investitionen.
Natürlich hätten wir uns bei diesem Haushalt eine größere Kelle an Investitionen gewünscht. Wir konnten noch 7,8 Millionen Euro als Mehrbedarf absichern. Ich glaube, das ist ein guter Ansatz, weiterhin die Gesundheitsbranche in Bremen zu fördern, denn in diesem Bereich gibt es bereits 40 000 Arbeitsplätze.
Jetzt noch etwas zu den Investitionen in Bremerhaven! Das dortige Krankenhaus Reinkenheide soll entweder einen Anbau oder einen Neubau bekommen. Ich halte es für einen klugen Beschluss, dass man zunächst eine Ausschreibung macht, was dort inzwischen passiert ist. Ich meine, wir sind im ganzen Bundesland auf einem guten Wege, wenn wir entsprechende Partner finden. Mit diesen Mitteln können wir den Aufbruch der Gesundheitsbranche unterstützen.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Selbsthilfeförderung und Initiativen, die im Gesundheitsbereich tätig sind, sind ein wichtiger Bestandteil der kommunalen Gesundheitspolitik. Wir halten es für wichtig, dass diese kleinen Netzstrukturen, die auch hier in Bremen vorhanden sind, erhalten bleiben und nicht weiter gestrichen werden. Was schon gestrichen worden ist, halten wir für fatal.
Das Frauengesundheitszentrum möchte ich hier noch einmal anführen. Das war über Bremen hinaus bekannt. Gerade hatte sich der Fokus in dem Bereich endlich einmal so gedreht, dass man gesagt hat, die Gesundheit von Frauen eigenständig zu betrachten ist wichtig, auch auf Bundesebene. Das ist ––––––– *) Von der Rednerin nicht überprüft.
fatal! Auch die Aidshilfe zu streichen finden wir nicht richtig. Gerade in diesem Bereich arbeiten ganz viele Menschen ehrenamtlich. Auf der einen Seite sagen Sie, mehr ehrenamtliches Engagement, auf der anderen Seite reißen Sie ihnen die Struktur weg, um ehrenamtlich zu arbeiten.
Auch die Wettmittel in den Haushalt einzustellen halten wir nicht für richtig, weil gerade aus diesem Topf diese kleinen Initiativen oft noch gestützt worden sind und auch noch zusätzlich Geld bekommen konnten.
Jetzt lassen Sie mich ein Wort zur Gesundheitswirtschaft sagen! Wir haben viele Gutachten darüber. Seit Jahren wissen wir, wie wichtig die Gesundheitswirtschaft im Land Bremen ist, aber trotzdem wird sie immer noch nicht als richtiger Standortfaktor begriffen. Warum? Seit Jahren schieben wir einen Investitionsstau in den Krankenhäusern vor uns her, hier in Bremen 100 Millionen, in Bremerhaven 40 Millionen, und das seit Jahren! In Bremen hat man darauf reagiert, Herr Brumma sagte rechtzeitig, ich denke, zu spät. Da wurde dann auch kein anderer Weg mehr gewählt, als in die gGmbHs zu gehen.
Besonders fatal ist es jetzt in Bremerhaven, indem man eine Privatisierung anstrebt und sich nicht entscheiden kann, sondern es dem Investor überlässt, ob er nun einen Anbau oder einen Neubau möchte. Ich meine, das ist ja wirklich die Oberhärte, wenn ich das einmal so sagen darf!
Ach, Herr Bödeker, das ist ganz interessant, dass Sie sich jetzt gewandelt haben und sagen, Sie möchten einen Neubau! Das haben Sie öffentlich jetzt das erste Mal erklärt! Im Herbst vor der Stadtverordnetenwahl gab es noch große Plakate beziehungsweise Zeitungsanzeigen: Wir halten das ZKH für leistungsfähig, und wir wollen einen Anbau. Wie Sie jetzt zu dieser neuen Erkenntnis gekommen sind, halte ich wirklich für sehr seltsam!
Auf jeden Fall legen wir Ihnen einen Antrag vor, der zum Ziel hat, für das Zentralkrankenhaus Reinkenheide einen Anbau zu planen, damit dadurch eben nicht die Möglichkeit verpasst wird, sich endlich in dieser Gesundheitslandschaft zu positionieren, denn durch dieses jahrelange Hinauszögern ist der Stadt ein großer Wettbewerbsvorteil verloren gegangen. Das dazu!
Jetzt möchte ich mir noch ein paar Anmerkungen zum Bereich Frauen erlauben, den ich sehr wichtig finde und, ich denke, den Sie in diesem Haus eigentlich auch alle stützen. Seit Jahren reden wir hier über das Thema Frauenhandel und Zwangsprostitution und auch darüber, wie diese Beratungsstelle, die ja arbeitet, aber nicht mehr lange, erhalten werden kann. Hier geht es um 24 000 Euro per anno. Diese Beratungsstelle hat angefangen zu arbeiten, ohne eine gesicherte Finanzierung zu haben, weil sie gesagt hat, dieses Thema ist so wichtig, dass wir jetzt nicht auf die Bürgerschaft warten, bis die nächsten Haushaltsberatungen stattfinden, wir fangen einfach an. Wir haben uns hier eigentlich alle inhaltlich darauf geeinigt, dass wir dieses Problem jetzt in den Haushaltsberatungen klären werden. Aber was ist passiert? Nichts! Wenn Sie jetzt hier heute das nicht beschließen, dann beschließen Sie das Aus dieser Beratungsstelle. Das muss Ihnen einmal klar sein!
Der Frauenausschuss hat sich dafür ausgesprochen, diese Beratungsstelle zu erhalten und sie auch zu finanzieren. Der Petitionsausschuss hat einen ähnlichen Beschluss gefasst. Sie können sich doch hier nicht einfach über die Meinung vieler Kollegen hinwegsetzen und sagen, wir machen hier nichts. Ich höre dazu leider nichts, und es wäre wirklich wichtig, wenn jemand hier dazu Stellung nehmen würde. Das ist nicht nur ein Frauenproblem, das ist ein gesellschaftliches Problem, und gerade durch die Erweiterung der EU wird sich das noch manifestieren.
Es gehen ja schon Gerüchte herum, dass es eventuell aus dem Haushalt der ZGF bezahlt werden soll. Das halten wir nicht für richtig,
sowohl die Finanzierung als auch die operativen Sachen dort hinzuschieben. Diese Beratungsstelle hat gute Arbeit geleistet, das wird ihr von allen Seiten bescheinigt, auch von der Polizei. Sie sollten diesem Antrag wirklich zustimmen, um hier endlich auch einmal zu sagen, wir stehen zu unseren Beschlüssen und auch zu den Aussagen, die wir hier jahrelang gemacht haben, und wir werden diese Beratungsstelle auch finanzieren. – Vielen Dank!
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich möchte auch nur kurz einige Bereiche herausgreifen, die mir jetzt bei Ihren Wortbeiträgen noch einmal aufgefallen sind oder zu denen ich etwas sagen möchte.
Natürlich stehen wir, was den Sozialleistungsbereich betrifft – das ist ja von allen Rednerinnen und Rednern gesagt worden –, vor einer enormen Aufgabe, vor einer enormen Anstrengung, das in den Griff zu bekommen, was einerseits die Eckwerte vorsehen, andererseits die daraus resultierenden inhaltlichen Anforderungen vorsehen und dann auch noch die Sparvorgaben vorsehen. Das ist eine Mammutaufgabe, der wir uns aber stellen werden und die wir uns ja auch schon mit dieser Projektgruppe seit Ende des Jahres noch einmal ganz dezidiert vorgenommen haben.
Wir stellen alle Bereiche im Sozialleistungswesen auf den Prüfstand. Es wird alles noch einmal von vorn bis hinten daraufhin durchgesehen, ob es eventuell noch Effizienzpotentiale, Einsparpotentiale gibt, ob wir in diesen berühmten Benchmarks, die es ja jetzt Gott sei Dank auch in vielen Bereichen gibt – und zwar qualifizierte Benchmarks, die auch herangezogen werden können –, Bereiche haben, in denen wir einen deutlich höheren Standard haben als vergleichbare Großstädte oder eben, ob wir vielleicht Bereiche haben, in denen wir unter diesen Standards liegen. Das sind alles Messgrößen, mit denen man auch arbeiten kann und die diese Projektgruppe sich ja auch schon vorgenommen hat.
Wir haben allerdings sehr geringe Spielräume in vielen Bereichen. Das ist auch ganz klar, und das ist auch schon gesagt worden, weil der allergrößte Bereich der Sozialleistungen natürlich gesetzlich verpflichtend ist, und zwar durch Bundesgesetz, und von uns in der Gesetzgebung auch nicht beeinflusst werden kann.
Ich nenne nur das Beispiel Grundsicherung. Wir haben dramatische Steigerungen in der Grundsicherung, ein neues Bundesgesetz, das von uns auch überhaupt nicht eingeschätzt werden kann, weil wir keine Erfahrungen damit haben, wie sich das auf die Belastung der Kommunen auswirkt. Der Bund hatte es damals mehr oder weniger so eingeschätzt, dass es keine zusätzlichen Belastungen gibt. Das hat sich nun ganz anders entwickelt. Wir haben schon im letzten Jahr unsere Erfahrungen damit gemacht, wie sich das auf die finanziellen Belastungen auswirkt. Es setzt sich leider in diesem Jahr fort. Das ist ein Bereich, bei dem wir überhaupt keine Steuerungsmöglichkeit haben, weil es ausschließlich gesetzliche Ansprüche sind.