Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ein gemeinsamer Antrag heißt nicht, dass man in allen Punkten übereinstimmt. Das muss man nach der Rede von Frank Imhoff noch einmal ganz deutlich sagen.
Ich will dementsprechend an dieser Stelle nicht diskutieren, wie das Konzept des Senats aussehen sollte, denn der sollte es erst einmal vorlegen. Dann werden wir das, übrigens im Zusammenhang mit den Vorschlägen zur Überarbeitung der Handlungsanleitung, diskutieren. Ich will zu Beginn noch einmal grundsätzlich auf die Frage von Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen eingehen, denn ich glaube, dass hier durchaus noch fundamentalere Unterschiede zur CDU bestehen.
Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen sind zunächst erst einmal die Kompensation von Eingriffen in die Natur oder gar von Vernichtung der Natur. Darin drückt sich aus, dass Natur nicht ein beliebiges Gut ist, das wir einfach gebrauchen können, Natur re
produziert sich nicht beliebig, sie ist endlich. Dieser Gedanke, ist in der Bundesrepublik und auch in Bremen bisher leider noch nicht in seiner vollen Tragweite begriffen worden. Ansonsten könnte man nicht mit einer derartigen Geschwindigkeit, wie es im Moment der Fall ist, bundesweit Flächen versiegeln.
Sehr geehrte Frau Abgeordnete Krusche, ich werde auch gleich für Bremen darauf eingehen. Natürlich sage ich nicht, dass wir in dem Bereich schon perfekt sind. Es geht letztendlich darum, und dafür steht auch dieses Gesetz über Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen, dass wir mit der Natur sorgsamer umgehen. Im Moment werden zirka 130 Hektar pro Tag versiegelt in Deutschland. Das ist eine riesige Menge, und auch wir in Bremen, Frau Krusche, um nicht bei Ihnen den Eindruck aufkommen zu lassen, ich würde das nicht wissen, haben in der Tat noch einen Naturverbrauch, der so auf Dauer nicht bleiben kann, wir müssen dringend gegensteuern und vorrangig die Sachen entwickeln, wie wir das auch im IFP zum Teil schon festschreiben konnten, die im Innenbereich sind.
Ich nenne beispielsweise jetzt für Gewerbebereiche, das ist sicherlich eine hohe Priorität, die Überseestadt. Allerdings wird man auch ehrlicherweise dazu kommen müssen, dass das nicht heißt, dass keine Außenflächen mehr angegangen werden können, weil es natürlich sowohl im Wohnungsbau als auch beim Gewerbe bestimmte Bedarfe gibt, die wir nicht im Innenbereich decken können.
Die Frage von Ausgleich und Ersatz heißt aber, dass Natur ein kostbares Gut ist. Man muss versuchen, Natur wieder herzustellen, wenn man es an einer Stelle gebraucht hat. Da kommen wir jetzt zu zwei Unterschieden, die wir auch bei der Überarbeitung der Handlungsanleitung beachten werden. Die Frage von Ausgleich und Ersatz darf nicht auf Kosten reduziert werden. Häufig wird sie so diskutiert, wir müssen hauptsächlich die Kosten reduzieren, damit alles nicht so teuer kommt. Man darf den Kostenaspekt nicht unterschätzen. Wer weiß, wie viel Millionen Euro für die Eingriffe vom CT IV gebraucht werden, der weiß, dass das ein relevanter Aspekt ist. Aber man darf das nicht auf einen Kostenaspekt reduzieren, sondern muss in der Tat qualitative Anforderungen an Ausgleich und Ersatz stellen.
In diesem Zusammenhang möchte ich auch strikt zurückweisen, und es gibt auch Untersuchungen in Bremen, die das belegen, dass wir für Bremen keine Möglichkeiten mehr hätten, intern im bremischen Landesgebiet Ausgleichsmaßnahmen vorzunehmen. Es gibt einige Eingriffe, die wir innerhalb des Landes Bremens nicht ausgleichen können. CT IV ist ein Beispiel dafür, hier muss man in niedersächsisches Gebiet hinein. Es gibt aber keine allgemeine
Das ist auch aus unserer Sicht nicht der Grund, weswegen man Kleingartengebiete und innerstädtische Gebiete im Rahmen von Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen berücksichtigen muss. Dies steht nämlich nicht gegen Ausgleich in den Außengebieten sondern es ergänzt sich sehr gut. Der Grundgedanke, dass Natur kostbar und wichtig ist, muss bei den Menschen verankert sein. Dies kann man nur dann verankern, wenn die Bürger regelmäßig Natur erleben, nutzen und auch davon „profitieren“ können, nicht in Heller und Pfennig, sondern durch Lebensqualität, die dadurch steigen kann. Es ist beispielsweise nicht nachvollziehbar, ein konkretes Beispiel im Stadtteil Hemelingen, wenn durch Verkauf der Schule
am Holter Feld Eingriffe in die Natur stattfinden, der Ausgleich aber draußen am Bultensee stattfindet, obwohl nachgewiesenermaßen der Stadtteil Hemelingen mit Grün nicht besonders gesegnet ist.
Wir müssen Möglichkeiten dafür schaffen, dass, wenn innerstädtisches Grün oder Grün im Siedlungsgebiet wegfällt, dieses auch innerhalb des Siedlungsgebietes wieder ersetzt wird. Es ist für die Bevölkerung wichtig, Grün erfahren zu können und nicht erst so weit hinausfahren zu müssen, bis sie das erleben kann. Ähnlich sieht es bei den Kleingartenanlagen aus, die ja gerade für die Grünflächen in der Stadt und auch für die ökologische Qualität dieser Stadt eine hohe Bedeutung haben. Gerade weil wir hier so große Flächen haben, macht es Sinn, hier auch Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen durchzuführen.
Deswegen haben wir als SPD diesem Antrag zugestimmt und sagen – das ist ein Konsens, den wir auch im Koalitionsvertrag festgehalten haben, der auch in der Überarbeitung der Handlungsanleitung entsprechend abgearbeitet wird –, wir brauchen eine Überarbeitung der Handlungsanleitung für Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen, die es ermöglicht, nicht als Gegensatz, sondern als Ergänzung, im innerstädtischen Bereich und im Kleingartenbereich Ersatzmaßnahmen vorzunehmen, um insgesamt den Gedanken zu stärken, dass Natur ein kostbares Gut ist, mit dem man sparsam umgehen und welches man erhalten muss. – Ich danke Ihnen!
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich möchte zunächst erst einmal kurz eine Anmerkung zu den vorangegangenen Beiträgen machen, aber auch noch
einmal vorab sagen, dass wir Grünen dem Antrag zustimmen, weil wir es in der Sache richtig finden zu prüfen, ob nicht auch Kleingärten und öffentliche Grünanlagen für Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen geeignet sind. Wie Herr Dr. Schuster so schön gesagt hat, dass man eben einen großkoalitionären Antrag einbringen kann, auch wenn man nicht mit allem einverstanden ist, da muss ich für die Grünen hier deutlich machen, dass wir auch einem Antrag, wenn er vernünftig ist, zustimmen können, auch wenn wir natürlich insbesondere mit vielen Punkten, die hier von Herrn Imhoff seitens der CDU genannt wurden, nicht einverstanden sind.
Zwei Punkte als Beispiel: Wir sehen überhaupt keine Erfolge in der Flächenpolitik, sondern man muss ganz deutlich sagen, dass die Flächenpolitik der letzten Jahre zu erheblicher unnötiger Naturzerstörung geführt hat und dass aufgrund dieser Naturzerstörung dieser enorme Druck hinsichtlich Flächen für Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen existiert. Das muss man ganz deutlich festhalten.
Ein zweiter Punkt darf so nicht stehen bleiben, weil er einfach falsch ist: Es ist glücklicherweise verboten, und das ist, glaube ich, noch zu Zeiten eingetütet worden, als noch Grüne an der Regierung waren, in Kleingartengebieten Pflanzenschutzmittel und Schädlingsbekämpfungsmittel anzuwenden. Darauf ist sogar der Landesverband der Gartenfreunde sehr stolz, dass dem so ist. Das darf natürlich in keinem Fall, wenn man Kleingärten für Ausgleich und Ersatz nimmt, in irgendeiner Weise angetastet oder rückgängig gemacht werden.
In der Summe, ungeachtet der Tatsache, dass wir hier in den Begründungen nicht übereinstimmen, stimmen wir der Sache zu, also der Prüfung, inwieweit Kleingärten und öffentliches Grün für Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen genommen werden können. Die Gründe dafür möchte ich jetzt kurz anführen. Der eine Grund ist, dass in Zeiten knapper Haushaltsmittel und Bremen als Sanierungsland wirklich alle Möglichkeiten genutzt werden müssen, um eine ökologische Aufwertung der Städte mit einer Verbesserung der Naherholungsqualität zu verbinden.
Hier muss man auch sagen, es gibt dort schon hervorragende Vorarbeiten des Senators für Bau und Umwelt von der letzten Legislaturperiode, das so genannte grüne Netz, von dem wir Grünen wollen, dass es auch umgesetzt wird. Es ist eine hervorragende Planungsgrundlage, die ökologische und Lebensqua
lität in Bremen zu verbessern, und die Umsetzung dieser Planungsgrundlage droht am Geld zu scheitern. Deswegen ist es sinnvoll, hier zu schauen, ob man das, was wirklich an vernünftigen Möglichkeiten da ist, über die Finanzierung mittels Ausgleichsund Ersatzmaßnahmen realisieren kann. Das ist der eine wesentliche Punkt, warum wir Grünen sagen: Schaut bitte, ob es sinnvoll ist, dass wir die Stadt in der Art entsprechend aufwerten können! Zweitens, die Haushaltssituation wird sich auch in den nächsten Jahrzehnten nicht so maßgeblich verbessern, dass man mit vollen Händen das Geld für Grünpflege und Freiraumentwicklung ausgeben wird. Man muss auch hier sagen, es gibt parallel eine hervorragende Arbeit, nämlich das so genannte Kleingartenkonzept Bremen, die den Kleingartenbestand und die Frage der Nachfragebedarfe erhoben hat und eben in Anbetracht und unter Berücksichtigung der Bevölkerungsentwicklung, also des demographischen Wandels, eine Analyse gemacht hat, wie es mit den Kleingärten in Bremen und Bremerhaven aussehen wird. Ich möchte hier nur die wesentliche Schlussfolgerung zitieren, die da nämlich heißt, ich zitiere mit Erlaubnis des Präsidenten Seite 90: „Je nach Wirksamkeit dieser oder ähnlicher Marketingstrategien wird man sich darauf einstellen müssen, dass es in den nächsten Jahren vermehrt zu Leerständen kommen wird. Vor diesem Hintergrund sind die finanziell-rechtlichen Bedingungen zu klären, wenn eine Parzelle nicht innerhalb eines Jahres wieder verpachtet werden kann. Verstreut in einer Kleingartenanlage liegende, nicht wieder verpachtbare Parzellen sind einer Grün- oder Erholungsnutzung zuzuführen wie Biotope, Schutzgehölze, Regenrückhaltebecken, Spielplatz, Boulebahn, Erdbeerfeld und anderes mehr. Sollte sich langfristig in einer Kleingartenanlage ein größerer Leerstand abzeichnen, ist ein anlagenbezogener Kleingartenentwicklungsplan zu erstellen, der die Rückzugsgebiete festlegt und für das kleingärtnerisch nicht mehr genutzte Land alternative Nutzungen festlegt. Angesichts des für deutsche Großstädte äußert geringen Anteils an öffentlichen Grünflächen von acht Prozent ist hier die Umwandlung in andere Freiraumkategorien dringend geraten.“ – Soweit das Zitat und die Aussage aus diesem, ich glaube, auch für eine vorausschauende stadtentwicklungspolitische Weichenstellung bedeutenden Gutachten! Ich glaube, man muss deutlich festhalten, dass das auch eine Strategie ist, die vom Landesverband der Kleingärtner mitgetragen wird, hier gemeinsam vernünftige Lösungen zu finden. An der Stelle wünsche ich mir dann, dass man bei der Frage Ausgleich und Ersatz in diesen Gebieten den Landesverband und die Kleingärtnerinnen und Kleingärtner einbezieht.
den Satz in Ihrem Antrag im Vorspann finde ich faszinierend, da steht nämlich: „Es sollten alle Anstrengungen unternommen werden, um Grün- und Naherholungsgebiete zu erhalten.“
Meine lieben Damen und Herren von der großen Koalition, wissen Sie was? So anstrengend ist das gar nicht! Wir helfen Ihnen da gern. Ich nehme zwei Beispiele. Ich nehme ein ausgesprochen bedeutsames Naherholungsgebiet des Bremer Ostens, die Arberger und Mahndorfer Marsch. Bitte lassen Sie davon die Hände weg! So anstrengend ist das nicht. Wir können das machen. Handeln Sie so, wie Sie es auch formulieren!
Das zweite Beispiel ist die Uniwildnis. Das ist ein hervorragendes, ganz bedeutsames Naherholungsgebiet. Dieses ist genauso zu erhalten, wie der Frage nachzugehen ist, ob auch Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen in Kleingärten und anderen öffentlichen Grünlagen realisiert werden können. – Danke schön!
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Zunächst darf ich mich erst einmal ganz herzlich bei den Fraktionen für diese einvernehmliche Unterstützung bedanken, auch wenn natürlich die Ausgangslage bei dem einen oder anderen Vortrag sehr unterschiedlich war. Frau Dr. Mathes, vielleicht darf ich so darauf antworten: Wir befinden uns hier natürlich, das haben wir häufig diskutiert, immer in engen Grenzen und in engen Notwendigkeiten, aber eines ist klar, wenn in ein hochwertiges Gebiet eingegriffen werden muss wie jetzt zum Beispiel bei der Uniwildnis, sind natürlich auch die Ausgleichsmaßnahmen, die man dann machen muss, entsprechend höher.
Damit sind wir im Endeffekt hier auch schon bei einem ganz hervorragenden Thema. So, wie es hier von den Koalitionsfraktionen angeregt wurde, muss man eines deutlich feststellen, und ich will das auch zu Beginn eines solchen Antrags sagen: Die Ausgleichsmaßnahmen werden wahrscheinlich teurer werden. Es ist komplizierter, im innerstädtischen Bereich Ausgleichsmaßnahmen vorzunehmen. Wir befinden uns hausintern gerade in einer sehr ausführlichen Diskussion genau zu diesem Thema, Frau Dr. Mathes, wie ein Ausgleich für den Eingriff in den Bereich Uniwildnis sichergestellt werden kann. Da gibt es verschiedene Komponenten, auch Diskussionspunkte zwischen den Häusern.
stadtbremischem Gebiet, zum Beispiel im Blockland, oder aber auch außerhalb von Bremen. Das ist immer günstiger als das, was bei uns im Hause gerade auch diskutiert wird, nämlich inwiefern man den Bereich des Waller Fleets zu einer Art Kleingartenpark mit einem hohen Naherholungscharakter umgestalten kann. Man redet dann bei solchen Maßnahmen auch ganz konkret über Kosten, aber ich bin sehr zuversichtlich, dass wir diesen Punkt hier innerhalb des Senats werden klären können.
Ich will Ihnen aber ein anderes Beispiel nennen, wo man es mit einer anderen Ebene zu tun hat, das sind die Ausgleichsmaßnahmen zur A 281! Dort gab es über alle Fraktionen hinaus Vorschläge, wie man zum Beispiel eigentlich im Endeffekt den Ausgleich im Bereich von Woltmershausen für die Eingriffe, die ja zweifelsohne dort passieren, vornehmen kann. Dort gibt es ja entsprechende Grüngebiete, zum Beispiel den Weser-Ufer-Park. Nun fahren Sie aber einmal damit nach Bonn ins Bundesverkehrsministerium und machen vor dem Hintergrund anderer Diskussionen, die zurzeit öffentlich sind, den Vorschlag, wir wollen dort doch der teureren Variante bei Ausgleichsmaßnahmen entsprechend folgen! Ich kann Ihnen sagen, da stoßen Sie nicht auf allzu viel Erfolg bei den Verhandlungen mit dem Bundesverkehrsministerium.
Frau Linnert, Sie brauchen da nicht zu schimpfen! Sie stellen mit die Bundesregierung, mit der wir über die Ausgleichsmaßnahmen für die A 281 sprechen.
Wir können gern gemeinsam dort hinfahren und auch entsprechend schauen, wie man die Ausgleichsmaßnahmen für den Eingriff durch den Bau der A 281 dann auch auf stadtbremischem Gebiet entsprechend sicherstellen kann.
Es ist dann häufig also ein ganz konkretes Problem, welches man an den Einzelbeispielen abarbeiten muss.
Ich glaube, wenn ich das sagen darf – Herr Dr. Schuster hat das angesprochen –, dass es auch im Rahmen der Fortschreibung der Handlungseinleitung zur Anwendung der Eingriffsregelungen in Bremen hier zu dem einen oder anderen Vorschlag kommen wird. Das ist ein Thema, das man zusammen sehen muss. Ich halte es für sehr optimistisch, dass wir es bis Mai hinbekommen, es hier in der Bürgerschaft wieder zu beraten. Wir haben zunächst einmal vorgeschlagen, dass wir dies in der Mai-Sitzung viel
leicht in der Deputation für Umwelt und Energie besprechen können, um dann zu sehen, wie auch die weiteren Schritte sein können.
Ich hoffe, dass wir mit diesen Vorschlägen, die zurzeit erarbeitet werden, dann auch sicherstellen können, dass die Ausgleichsmaßnahmen bei den notwendigen Eingriffen möglichst zahlreich und möglichst umfangreich hier auf den stadtbremischen Gebieten erfolgen können. Das wird noch ein sehr schwieriger Vorgang werden, aber ich verstehe diesen Antrag als Rückenwind dafür und bedanke mich ganz herzlich für die Aufmerksamkeit!