Die Bürgerschaft (Landtag) nimmt von der Antwort des Senats, Drucksache 15/720, auf die Große Anfrage der Fraktionen der CDU und der SPD Kenntnis.
Auf dem Besucherrang begrüße ich den Vorstand und Mitarbeiter vom Rat und Tat Zentrum für Schwule und Lesben.
Ich möchte Ihnen noch mitteilen, dass nachträglich interfraktionell vereinbart worden ist, bei Tagesordnungspunkt 44, das ist das Gesetz zur Änderung des Bremischen Gesetzes für Eigenbetriebe des Landes und der Stadtgemeinden, auf eine Aussprache zu verzichten.
Verbot der Diskriminierung wegen sexueller Orientierung in die Landesverfassung (Gesetz zur Ände- rung der Landesverfassung)
Bericht und Antrag des nichtständigen Ausschusses gem. Artikel 125 der Landesverfassung vom 16. Mai 2001 (Drucksache 15/723) 2. Lesung
Meine Damen und Herren, die Bürgerschaft (Land- tag) hat den Gesetzentwurf der Fraktion Bündnis 90/ Die Grünen in ihrer 33. Sitzung am 22. Februar 2001 in erster Lesung beschlossen und zur Beratung und Berichterstattung an einen nichtständigen Ausschuss gemäß Artikel 125 der Landesverfassung überwiesen. Dieser Ausschuss legt nunmehr mit der DrucksachenNummer 15/723 seinen Bericht und Antrag dazu vor.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Am 22. Februar 2001 haben wir uns bereits hier im Hause mit dem Antrag der Grünen beschäftigt. Wir haben diesen Antrag dann in erster Lesung beschlossen mit der Maßgabe, die uns dann die Landesverfassung beziehungsweise die Änderung der Landesverfassung auch entsprechend vorgibt, ihn in einem nichtständigen Ausschuss zu behandeln. Dieser nichtständige Ausschuss hat am 4. Mai 2001 getagt.
Ich habe das Vergnügen, Ihnen über das Ergebnis dieser Beratung zu berichten. Man kann sagen, dass insgesamt bei dieser Beratung Einigkeit darüber bestand, wie ja auch in den Beratungen hier im Parlament, die Landesverfassung um einen entsprechenden Punkt zu ergänzen. Begründet wird dies insbesondere damit, dass sich die Anschauung über die Sexualität in den letzten Jahrzehnten insgesamt verändert hat, dass trotzdem aber einzelne Formen der Sexualität mit Benachteiligungen verbunden sind. Diesem soll durch ein Diskriminierungsverbot entsprechend entgegengewirkt werden.
Wir sind da nicht die Ersten, auch dies hatte bereits in der Debatte am 22. Februar 2001 eine Rolle gespielt, sondern es gibt entsprechende Formulierungen in den Länderverfassungen von Berlin, Brandenburg und Thüringen. Auch die Grundrechtecharta der Europäischen Union enthält einen entsprechenden Zusatz beziehungsweise Passus.
In der Diskussion, die sich dann im Ausschuss ergeben hat, ging es in erster Linie um die Frage der Formulierung und Ausformulierung, dabei insbesondere um die Frage, ob der Begriff der sexuellen Orientierung oder der der sexuellen Identität verwen
det wird. Es sieht so aus, dass die Landesverfassung von Thüringen von der sexuellen Orientierung spricht, während in den Verfassungen von Berlin und Brandenburg sexuelle Identität steht.
Wir waren uns im Ausschuss dann insgesamt darüber einig, dass diese Formulierung nicht alles enthält, was mit sexuellen Wünschen und Vorlieben zu tun hat, sondern insbesondere die Fragestellung von entsprechenden Veranlagungen und damit Neigungen beinhaltet. Aus diesem Grunde sind wir dann im Ausschuss zu der Überzeugung gekommen, dass die Wortwahl der sexuellen Identität besser als der Begriff der sexuellen Orientierung ist.
Wir gehen davon aus, dass sich die sexuelle Identität besser auf das bezieht, was der Ausschuss beabsichtigt, nämlich die Landesverfassung um das Benachteiligungsverbot für Homosexuelle, Bisexuelle und Transsexuelle zu ergänzen beziehungsweise die Benachteiligungen, die diese Personenkreise haben, auch durch die Landesverfassung verbieten zu lassen. Es ging uns nicht darum, und auch dies ist im Ausschuss gesagt worden, dass eine Landesverfassung alle Formen von sexuellen Vorlieben sozusagen abdecken und schützen kann. Wir waren der festen Überzeugung, dass sich dies in dem Begriff der sexuellen Identität besser wiederfindet als in dem der sexuellen Orientierung.
Insofern hat dann auch der Vertreter der Grünen, Herr Dr. Kuhn, gesagt, dass er, da er es nicht über diese Worte zu einem Streit kommen lassen möchte, mit dieser Formulierung leben kann, und hat sich dem Votum des Ausschusses entsprechend angeschlossen. Insofern empfiehlt Ihnen der nichtständige Ausschuss den Antrag, den die Grünen hier beim letzten Mal gestellt haben und der von dem Parlament so beschlossen worden ist, insoweit zu verändern, als der Begriff sexuelle Identität anstatt sexueller Orientierung verwendet wird.
Vielleicht noch ein Satz: Meine Fraktion schließt sich diesen Veränderungen an, dann kann ich mir den zweiten Beitrag ersparen. Ich hoffe, dass wir das heute in zweiter Lesung und dann im August in dritter auch verabschieden werden und dann die Landesverfassung entsprechend ergänzt haben. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich danke dem Kollegen Eckhoff für seinen Bericht aus dem Ausschuss und allen Kollegen insgesamt für die faire Debatte im Ausschuss. Für die Grünen und für viele Mitstreiter ist heute ein sehr guter Tag, an dem un
sere Initiative und unsere langjährige Arbeit durch einen gemeinsamen Antrag auf Änderung der Landesverfassung mit Erfolg abgeschlossen wird.
Wir kennen wohl aus vielen Diskussionen in den letzten Jahren die Skepsis, das seien nur Worte, aber es ist klar, Politik wird auch mit Worten gemacht, Politik hat auch Macht mit Worten. Die Worte, die wir jetzt in die Verfassung Bremens einfügen, sollen bedeuten, dass die Diskriminierung, die Benachteiligung, die Herabsetzung von Menschen wegen ihrer sexuellen Identität zukünftig in unserer Verfassung als das bezeichnet werden, was sie sind, nämlich als Unrecht. Es ist gut so, dass das in unserer Verfassung so gekennzeichnet wird!
Wir sind überzeugt, das wird all diejenigen, die solches Unrecht nach wie vor in ihrem Leben erfahren müssen, ermutigen, nicht etwa an sich selbst zu zweifeln, was ja häufig der Fall gewesen ist, sondern sich zur Wehr zu setzen. Wir sagen ihnen damit, dass sie sich dabei auf uns und auf unsere Verfassung stützen können.
Man darf sich, glaube ich, meine Damen und Herren, nicht durch einige sehr medienwirksame Geschehnisse oder Auftritte irritieren lassen. Es ist nach wie vor so, dass diese Ermutigung nicht überflüssig ist. Das Outing ist keineswegs schon immer eine Selbstverständlichkeit, sondern für viele Leute immer noch ein riskanter und auch für sie selbst persönlich mutiger Schritt. Die Zahl der jugendlichen Selbstmörder, das wissen wir, ist erheblich höher als in allen anderen Altersgruppen, und hier ist die Zahl der schwulen Jungen, die sich selbst das Leben nehmen, siebenmal so hoch wie bei anderen. Das zeigt, dass wir in der Tat immer noch einen sehr langen Weg vor uns haben, denn diese Menschen werden mit den Widersprüchen ihres Lebens nicht fertig, und dafür brauchen sie öffentliche Ermutigung.
Herr Eckhoff hat die Gründe dargelegt, die die Ausschussmehrheit veranlasst haben, den Begriff der sexuellen Identität anstelle der sexuellen Ausrichtung oder Orientierung zu wählen, wie wir es zunächst vorgeschlagen hatten. Wir respektieren diese Gründe, auch wenn wir nach wie vor überzeugt sind, dass sie auch auf unsere Formulierungen zutreffen. Es gibt in der Tradition beide Formulierungen.
Ich finde, am wichtigsten ist, dass wir uns in dem Ausschussbericht auf die gute Formulierung geeinigt haben, was wir eigentlich wollen und meinen,
dass nämlich die Sexualität, ihr Wesen, ihre Prägung, ihre Ausrichtung, ihre Identität nicht statisch ist, sondern, wie es in dem Bericht richtig heißt, auch „Formen der Sexualität umschließt, die sich im Laufe der lebensgeschichtlichen Entwicklung ergeben oder mit einer bewussten Entscheidung verbunden sein können“. Um es anders auszudrücken: Wir respektieren damit menschliche Individualität, und darauf kommt es uns an.
Weil das so ist, stimmt die Fraktion Bündnis 90/ Die Grünen der Änderung der Landesverfassung auch mit der neuen Formulierung zu. Unser Antrag ist insoweit erledigt. Wir freuen uns über diesen Erfolg und bedanken uns artig bei der großen Mehrheit des Hauses. – Vielen Dank!
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Nachdem Herr Eckhoff ja schon recht zutreffend den Bericht über die Ausschusssitzung wiedergegeben hat und auch Herr Dr. Kuhn eben noch einmal den Sinn und Zweck der ganzen Verfassungsänderung erläutert hat, kann ich mich, denke ich, relativ kurz fassen.
Wir haben uns in der Tat in der Ausschusssitzung darauf beschränken können, und dafür bin ich sehr dankbar, einfach nur über die Formulierung diskutieren zu müssen. Die grundsätzliche Entscheidung, eine Verfassungsänderung vorzunehmen, haben wir bereits im Februar getroffen. Von daher war eigentlich nur noch die Frage, welches Wort, welchen Begriff wir nehmen, nehmen wir die sexuelle Identität oder die sexuelle Orientierung, wie es Bündnis 90/ Die Grünen vorgeschlagen hatte.
Für die SPD habe ich im Ausschuss vertreten, dass sich die SPD für den Begriff der sexuellen Identität ausspricht, zum einen, weil wir einfach der Meinung sind, dass nicht nur die Homosexualität, sondern auch Bi- und Transsexuelle unter diesen Schutz der Verfassung gestellt werden sollen. Gerade Transsexuelle leiden unter einem besonderen Schicksal. Von daher sind wir der Meinung, dass auch diese Gruppe einfach einbezogen werden soll. Wir sind der Meinung, dass das Wort Identität ganz einfach für diesen Personenkreis insgesamt eindeutiger und treffender ist.