Protocol of the Session on June 21, 2001

Diese Abschlussprüfungen gehören dazu, wenn wir von Qualitätssicherung sprechen, Herr Senator, siehe Niedersachsen mit besten Erfahrungen bei den Abschlussprüfungen, aber auch andere Bundesländer. Alle Beteiligten wissen dann, was wann vermittelt sein muss. Damit wird man den Schülern am ehesten gerecht werden können. Alles andere, meine Damen und Herren, ist Augenwischerei oder ideologische Traumtänzerei. Im Rahmen erweiterter Autonomie von Schule übernehmen curriculare Setzungen, Definitionen deutlicher als bisher die Funktion, Standards zu setzen. Sie werden als Grundlage der externen und internen Evaluation dienen. Da kommen wir zu einem weiteren Problem, meine Damen und Herren: Wer kontrolliert eigentlich, ob die Ziele vermittelt beziehungsweise erreicht worden sind, Herr Senator? Eine Schulaufsicht gibt es schon seit Jahren nicht mehr, die Schulinspektion funktioniert nicht. Wie wollen Sie da, Herr Senator, Aufsicht durchführen? Die Zuständigkeit für das Ordnungsmittel Lehrpläne ist aus dem Ministerium an das LIS verlagert worden, das jetzt zuständig ist für die Erarbeitung und Implementierung der Rahmenpläne, abseits von jeder Dienst-, Rechts- und Fachaufsicht, während Ihre Behörde, Herr Senator, für die Qualitätssicherung verantwortlich zeichnet. Wir meinen, diese Zweigleisigkeit ist nicht glücklich. Eine Koordinierung ist kaum möglich und wird auch nicht durchgeführt. Wenn Sie, Herr Senator, Qualitätssicherung ernst meinen, müssen Sie diese auch über eine funktionierende Schulaufsicht definieren.

(Beifall bei der CDU)

Genau verfasste Ziele, Inhalte und Methoden sind die Voraussetzungen für die Entwicklung, Sicherung und Qualität von Unterricht. Wir möchten dazu beitragen, meine Damen und Herren, dass unsere Schüler eine gute und solide Ausbildung erhalten und in Beruf und Studium bestehen können, sich mit anderen mit Erfolg messen können und ihnen ein Stück Selbstbewusstsein zur Lebensbewältigung und -gestaltung mitgeben. Dazu, meine Damen und Herren, gehören auch solide Lehrpläne. – Ich bedanke mich!

(Beifall bei der CDU)

Als Nächste hat das Wort die Abgeordnete Frau Hövelmann.

Soweit der auch nach sechs Jahren Regierungsbeteiligung noch nicht ganz von der Oppositionsarbeit abgenabelte CDUKollege Bürger!

(Beifall bei der SPD)

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich will mich ganz kurz fassen. Lehrplanarbeit, das habe ich bei der Beschäftigung mit der Großen Anfrage gemerkt, muss nicht – obwohl man es jetzt schon wieder in Frage stellen könnte – zwingend langweilig und öde sein, sondern sie dient der inhaltlichen Weiterentwicklung und Modernisierung unserer Schulen. Dies passiert ganz offensichtlich, und das hat Herr Bürger ja auch gesagt, seit zwei Jahren mit großem Schwung. Wir können verfolgen, dass dies in einem breiten Dialog mit den Beteiligten passiert. Das finde ich gut und richtig. Wir sehen auch, dass zum Beispiel im Internet alle seit 1998 gültigen und entwickelten Lehrpläne zu finden sind, übrigens auch die Entwürfe. Das finde ich ebenfalls gut, hier kann sich jeder einklinken, und unter www.bremenschulen.de finden Sie dies im Internet.

Der zweite Punkt, der mir wichtig ist, hier festgehalten zu werden: Lehrpläne formulieren verbindliche Ziele des Unterrichts. Hier werden Standards definiert, und dadurch werden auch die Vergleichbarkeit und die Gleichwertigkeit gewährleistet. Man hatte ja gelegentlich in früheren Jahren den Eindruck, dass in den Schulen die Lehrpläne nicht ganz gegenwärtig sind. Das ändert sich!

Die Ergebnisse, das ist der dritte Punkt, von internationalen Schulleistungsstudien fließen ebenfalls in die Lehrplanarbeit ein. Das heißt, die Lehrpläne sind ein Instrument zur Qualitätssicherung. Das widerspricht völlig dem, was Herr Bürger gesagt hat. Herr Bürger, ich habe den Eindruck, vielleicht haben Sie eine ganz andere Antwort gelesen als ich, denn hierin steht gerade sehr deutlich, dass Vergleichsarbeiten geschrieben werden sollen.

(Abg. B ü r g e r [CDU]: Sollen!)

Es wird konkretisiert für die Sekundarstufe I ab Mai nächsten Jahres und für die Primarstufe ebenfalls. Bremen ist da in einer Vorreiterstellung. Ich finde es richtig, dass man die Inhalte, Ergebnisse und die Qualität verbindet und damit auch feststellt, dass Lehrpläne und Modernisierung des Unterrichts ein Mittel zur Qualitätsentwicklung und zur Qualitätsabsicherung sind.

Der Senat geht ja davon aus, dass die Lehrpläne nicht jetzt für alles fertig geschrieben werden, und dann bleibt das einmal wieder zehn Jahre in der Ablage liegen, sondern die Lehrpläne sollen vernünftigerweise nach Auskunft des Senats ständig ergänzt und modernisiert werden. Das ist richtig, das ist eine

erfreulich klare Aussage, die die SPD-Fraktion ausdrücklich unterstützt!

(Beifall bei der SPD)

Hierbei muss das Rad in Bremen nicht ständig neu erfunden werden, sondern in der Antwort wird deutlich gemacht, dass hier eine Kooperation und engere Abstimmung mit den anderen Bundesländern nicht nur erwünscht, sondern auch vor allem im berufsbildenden Bereich geplant ist und schon praktiziert wird. Auch das ist richtig. Der nächste Punkt, auf den ich in aller Kürze hinweisen möchte: Lehrplanarbeit und Lehrerfortbildung müssen sich ergänzen. Diesen richtigen Ansatz können wir der Antwort entnehmen, denn Fortbildung und lebenslanges Lernen muss auch und gerade für die Lehrenden zukünftig einen größeren Stellenwert einnehmen.

Wir kommen zu einem Punkt, Herr Bürger, den Sie nicht erwähnt haben, zu den Stundentafeln. Wir haben ja gefragt, wie sich das, was wir inhaltlich machen, überhaupt mit dem, was wir so unterrichtsmäßig anbieten, ergänzt. Nun habe ich gerade eben gelesen, dass die Bundesrepublik insgesamt im europäischen und auch im darüber hinausgehenden Vergleich ausgesprochen wenig Unterricht in den Schulen anbietet. Wir sehen leider, dass wir im Grundschulbereich in der Kreisklasse agieren, auch wenn wir jetzt durch die Einführung des Englischunterrichts in der Grundschule hier die Stundentafel erhöhen. Da müssen wir fairer- und soliderweise sagen, dass wir das aus der Sekundarstufe I wegnehmen, wo wir noch im Mittelfeld liegen.

Meine Damen und Herren, ich fordere Sie hier, kurz vor Beginn der Sommerpause, noch einmal intensiv auf: Nehmen Sie die Verantwortung für die Schulen alle ernst! Wir müssen dringend noch mehr tun. Auch in Zeiten konsequenter Haushaltssanierung und gerade auch im Bildungsbereich müssen wir das Augenmerk auf diese Zukunftsinvestition lenken. Wir haben gestern über die Bildungsinvestitionen in anderen Bundesländern gesprochen und kommen darauf bei den Haushaltsberatungen zurück. Meine Damen und Herren, zum Abschluss bleibt mir eigentlich nur noch zu sagen, dass seit zwei Jahren deutlich Schwung in die Angelegenheit, in die inhaltliche und qualitative Ausgestaltung der Schulen gekommen ist. Wir werden die aktuellen Lehrpläne am Ende des Schuljahres überall haben, moderne und zukunftsorientierte Lehrpläne, und ich finde das sehr positiv. Was soll sich da denn jemand hinstellen und denken, er kann Punkt für Punkt detailliert aufschreiben, welche Inhalte in welcher Stunde in der Schule stattfinden müssen! Ich finde gerade den Ansatz der Rahmenlehrpläne ganz richtig. Wir sind doch nicht in der DDR,

(Abg. B ü r g e r [CDU]: Na, na!)

wo Margot Honecker immer am Dienstag, 9. November, wusste, was in allen Schulen gerade an der Reihe ist. Unser Ansatz zeigt, dass wir die Autonomie der Schulen ernst meinen und Entwicklungsspielräume dafür lassen.

(Beifall bei der SPD)

Manches, meine Damen und Herren, mag eventuell noch haken. Ich stelle aber abschließend fest, dass der Weg völlig richtig ist und ich ganz zuversichtlich bin, dass sich der in der Anfrage formulierte Anspruch, den wir ja hier diskutiert haben und weiter diskutieren werden, vor der Wirklichkeit, vor allem auch in Zukunft, nicht verstecken muss. – Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit!

(Beifall bei der SPD)

Ich empfehle, dass wir diesen Tagesordnungspunkt zu Ende führen und dann entsprechend die Mittagspause verlängern.

Als Nächster hat das Wort der Abgeordnete Mützelburg.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! So wichtig und zentral für unsere gesellschaftliche Entwicklung die Bildungspolitik ist, so ungeeignet, glaube ich, ist dieses Thema hier für eine Debatte in der Bremischen Bürgerschaft.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Ich will in zwei Punkten Herrn Bürger einfach Recht geben und sagen, dass es erstens um die Qualität der Ausbildung in den Schulen geht, ganz sicher. Es geht um die Qualität der Ausbildung, und dazu gehört auch die Sicherung der Qualität durch regelmäßige Überprüfung. Zweitens geht es noch mehr als um die Qualität der Ausbildung darum, dass unsere Kinder motiviert werden, ihr Leben lang weiter zu lernen. Dazu brauchen sie nicht nur Lehrpläne, sondern vor allen Dingen Lehrer, die entsprechend ausgebildet sind, Qualität zu sichern und die Kinder zu motivieren zu lernen. Das ist der zweite Schwerpunkt, den wir brauchen.

Das gehört beides zusammen, und dann kann man sich streiten, wie viel staatliche Reglementierung, wie viel Freiheit die Schulen brauchen, wie viel Freiheit auch wiederum die Lehrer in den Schulen brauchen, wie wir das alles machen. Der sinnvollste Weg wäre, weil es da zu vieles in der Literatur, im Internet und noch viel mehr im Ausland als in Deutschland gibt, dass wir uns darüber fachlich streiten. Deshalb schlage ich Ihnen vor, das ganze Thema in ordentlicher Vorbereitung in einer Anhörung der ––––––– *) Vom Redner nicht überprüft.

Bildungsdeputation, die über die deutschen Grenzen hinausschaut, einmal gründlicher zu diskutieren, bevor wir es hier wieder in die Bürgerschaft bringen. Das wäre ein fachlich vernünftiger Weg.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen und bei der SPD)

Das Wort erhält Herr Senator Lemke.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Lehrplanarbeit ist das Fundament, worauf wir aufbauen müssen, wenn wir guten Unterricht erwarten wollen. Sie wie ich an erster Stelle, denn dafür haben Sie mir den Auftrag gegeben, haben dafür Sorge zu tragen, dass mit modernen Lehrplänen gearbeitet wird.

Als ich vor zwei Jahren mein Amt antrat, nahm ich zur Kenntnis, dass einige der Lehrpläne, mit denen gearbeitet wurde, Ablaufdaten von ungefähr 23, 25 Jahren hatten. Das ist absolut indiskutabel, und deshalb habe ich bereits damals heftig Druck ausgeübt und darauf hingewiesen, dass wir gemeinsam mit den verantwortlichen Leuten bei mir im Haus, am LIS, an der Universität, aber auch in der Wirtschaft daran arbeiten, die Lehrpläne in den einzelnen Schulstufen zu modernisieren. Ich glaube, Sie haben eben alle sehr genau zugehört, als Herr Bürger gesagt hat, welche Dynamik das in den letzten Monaten angenommen hat. Wenn Sie sich die Antwort auf Ihre Anfrage anschauen, dann sehen Sie, dass wir unsere Hausarbeiten in wenigen Monaten abgeschlossen haben werden. Ich denke, das ist ein absolut positives Signal, das zeigt, dass wir hier eine Dynamik hineinbekommen haben, die längst überfällig war.

(Abg. B ü r g e r [CDU]: Das ist richtig!)

Ich glaube, dass es richtig ist, dass wir die genannten Aspekte, die zu vermitteln sind, in Rahmenpläne setzen. Das ist deshalb wichtig, so in etwa wie das Frau Hövelmann eben auch beschrieben hat, weil es klug ist, nicht alles absolut zu vereinheitlichen, sondern den Schulen klare, verbindliche Rahmenpläne zu geben, ihnen aber im Rahmen dieser verbindlichen Pläne Spielräume zu geben, so dass jede Schule ein eigenes Profil bilden und sagen kann, hier haben wir einen Schwerpunkt, in der Nachbarschule ist es ein anderer Schwerpunkt, der sich aber klar in einem verbindlichen Rahmen befinden muss. So, glaube ich, können wir die Vielfalt, die wir in unseren Schulen haben, weiter aufrechterhalten.

Ich glaube, dass es richtig ist, wenn wir im nächsten Jahr, und das ist eines unserer Themen, auf Qualität achten. Nicht die Schulform, meine Damen und Herren, ist letztendlich entscheidend für eine Qualitätsdebatte oder für die Beurteilung von Leistung,

sondern es ist ausschließlich die Qualität des gegebenen Unterrichts wichtig.

(Abg. Frau H ö v e l m a n n [SPD]: Das sagt sogar die GEW mittlerweile!)

Das sagt mittlerweile nicht nur die GEW, sondern das sagen alle wissenschaftlichen Untersuchungen. Die Qualität, die Vorbereitung, die Durchführung und die Nachbereitung von Unterricht ist entscheidend, ob wir den Kindern etwas vermitteln oder nicht. Deshalb lege ich sehr großen Wert darauf, Herr Bürger, dass wir die Qualität auch überprüfen, und gar keine Frage, geht es nicht an, dass es so unverbindlich ist und überhaupt nicht, auch nicht durch die Behörde, überprüft wird.

Ich setze aber auf interne und externe Evaluation und finde es ausgesprochen begrüßenswert, wenn, wie das jetzt in einigen Schulen bereits vorgenommen wird, eine Eingangsuntersuchung bei den Grundschülern vorgenommen wird, dann allerdings, meine Damen und Herren, auch eine Ausgangsuntersuchung folgen muss, denn sonst kann ich mit einer Eingangsuntersuchung in Grundschulen überhaupt nichts anfangen.

Deshalb haben Sie mich an Ihrer Seite, wenn wir das sehr genau überprüfen. Ich denke, es ist absolut vernünftig, dass wir so viel Dynamik in die Diskussion hineinbekommen haben. Ich möchte dies nachträglich unterstützen. Ich möchte auch nicht, dass wir es jetzt zehn Jahre liegen lassen und sagen, Gott sei Dank, wir haben unsere Arbeit getan, sondern wir werden sehr genau überprüfen, ob die Inhalte dort alle richtig gesetzt werden. Ich denke, wir haben einen guten Weg beschritten, und wir wollen diesen Weg auch fortsetzen.

(Glocke)

Gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Bürger?

Wenn mich das Parlament nicht anschließend straft, weil ich es nicht in einer Minute und 30 Sekunden geschafft habe, dann gern!

Bitte, Herr Bürger!

Nur noch einmal die Nachfrage: Herr Senator, warum sind die Gesamtschulen nicht aufgeführt worden?

Ich gehe selbstverständlich davon aus, dass die Rahmenpläne, die wir für die einzelnen Bereiche der Sekundarstufe I haben, selbstverständlich auch für die Gesamtschulen gelten. Wir können doch da nicht sagen, das ist ein lehrplan

freier Raum! Es ist ja so, wir müssen ja auch in den Gesamtschulen entsprechende Lehrpläne haben.

Die Antwort auf Ihre Frage werde ich Ihnen im Detail in der nächsten Bildungsdeputation geben.

(Abg. B ü r g e r [CDU]: Gut!)