Protocol of the Session on February 24, 2000

So kann sich die ZGF mit ihren knappen personellen Ressourcen verstärkt um die Hilfestellung der Frauenförderung und um die Kontrolle der Umsetzung kümmern.

Meine Damen und Herren, jetzt nun zum vorliegenden Bericht selbst! Er bezieht sich nur auf die Dienststellen des Kernbereichs der öffentlichen Verwaltung. Somit treffen alle Aussagen und Interpretationen nur auf diesen Kernbereich zu. Weiterhin ist es betrüblich, dass es immer noch Dienststellenbereiche gibt, die das Landesgleichstellungsgesetz überhaupt nicht beachten. Die Vorreiterrolle, die der öffentliche Dienst in der Umsetzung der Gleichstellung einnehmen wollte, ist damit schlicht und einfach nicht erfüllt.

Das wird deutlich an den Zahlen der Beförderungen im gehobenen Dienst. Hier wurden bei einem Frauenanteil von 51,5 Prozent nur 30,6 Prozent der Frauen bei der Beförderung berücksichtigt. Ich denke, dass hier nicht nur die Qualifikation eine Rolle gespielt hat. Das zeigt zum Beispiel, dass Frauen in den Seminaren für Führungs- und Führungsnach_______

) Von der Rednerin nicht überprüft.

wuchskräfte zwar unterrepräsentiert sind, ihr Anteil an den Seminaren jedoch höher ist als ihr Anteil an den Leitungsfunktionen insgesamt. Das heißt verkürzt: Es gibt zu wenig Frauen in den Führungs- und Führungsnachwuchsseminaren, aber noch weniger Frauen in den Funktionen.

Ich teile nicht die Meinung, meine Damen und Herren, dass dies ein Indiz dafür sein kann, dass der Frauenanteil in der Zukunft für die Leitungsfunktionen ansteigen wird. Wir Frauen stehen hier nicht in guten Schuhen, sondern die Schuhe drücken hier noch gewaltig.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Um hier eine nachhaltige und zukunftsorientierte, gerechte Veränderung zu erreichen, muss noch kräftig nachgebessert werden. Eine langfristige Personalplanung, nicht nur für den Anteil der Frauen, sondern auch für eine ausgewogene Altersstruktur, ist hier von Nöten. Wege müssen eröffnet werden, die Frauen kontinuierlich in die Aufstiegsmöglichkeiten einbeziehen.

Frauen sind immer noch bei den befristeten Verträgen überproportional vertreten. Das macht die Planung von Vereinbarkeit von Familie und Beruf schwierig bis zum Teil unmöglich. Gleiches gilt überwiegend auch für die Teilzeitbeschäftigung. Auch hier sind Frauen in der Anzahl die Spitzenreiterinnen. Sie nehmen oftmals einen Karriereknick in Kauf, und Teilzeitbeschäftigung für Führungskräfte wird kaum angeboten. Dies gilt ebenso für die Rückkehr in den Beruf, zum Beispiel nach dem Erziehungsurlaub.

Doch nun einiges zu den Frauenförderplänen: Die zunehmende Zahl von Dienststellen, die Frauenförderpläne erstellt haben, ist zwar positiv zu sehen, jedoch enthalten die wenigsten Zeit- und Zielvorgaben. Doch Frauenförderpläne dürfen nicht nur Makulatur sein. Ohne Zeit- und Zielvorgaben ist eine Überprüfung der Einhaltung ziemlich sinnlos, meine Damen und Herren.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Es besteht die Gefahr, dass Frauenförderpläne ohne diese Messinstrumente zur Alibifunktion verkommen. Frauenbeauftragte sollen diese Frauenförderpläne nicht erstellen. Nein, die Führungsebene einer Dienststelle oder eines Betriebes ist für den Inhalt und auch für die Umsetzung verantwortlich. Deshalb hat es Logik, wenn ich fordere, dass das Landesgleichstellungsgesetz in die Aus- und Weiterbildung einbezogen werden muss. Frauenförderpläne sind nicht der Streusel auf einem Kuchen. Streusel dient der Optik, und auf eine solche Optik können wir Frauen verzichten!

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Frauenförderpläne sind das Instrument, das zur Entwicklung einer Geschlechterdemokratie von Nöten ist. Frauenbeauftragte können ihre Arbeit nicht nebenbei machen, meine Damen und Herren. Die zwingende Aufgabe von Dienststellenleitungen ist es, den Frauenbeauftragten den zeitlichen Rahmen und die notwendigen Informationen einzuräumen und die Möglichkeit, an allen Frauen betreffenden Entscheidungen tief teilzunehmen. Dies muss endlich ein Selbstverständnis werden.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Weiterhin hat der Parlamentsausschuss den Senat aufgefordert, Vorschläge zu erarbeiten für Dienststellen, die das Landesgleichstellungsgesetz nicht oder kaum berücksichtigen. Wird daran gearbeitet?

Doch nun, meine Damen und Herren, zu dem großen Problem, das mit der Ausgründung entsteht! Mit Ausgründung meine ich den auch in Bremen so beliebten Prozess der Verlagerung von kommunalen Aufgaben auf neu gegründete Gesellschaften. Dieser Prozess findet in großem Stil statt, wie wir alle wissen. Überall, wo Ausgründungen stattfinden, haben die schwer erkämpften Frauenförderpläne keine Anwendung mehr. Gerade dann, als sich Frauenförderung im öffentlichen Bewusstsein in Form von Gleichstellungsplänen endlich durchgesetzt hatte, wurden diese Institutionen bereits wieder von einer anderen Realität eingeholt. Da kann der öffentliche Dienst noch so viel Vorbildfunktion haben, wenn der Anteil der Beschäftigten im öffentlichen Dienst immer weiter sinkt und der Anteil in den bremischen Gesellschaften immer weiter steigt, müsste doch hier eingegriffen werden!

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Dann muss überlegt werden, wie Frauenförderung in den Gesellschaften verbindlich verankert werden kann, meine Damen und Herren.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Jetzt noch ein zweiter Aspekt desselben Problems! Zum Teil finden ja nicht einmal Ausgründungen in Gesellschaften statt, sondern es werden verstärkt Aufträge an private Anbieter vergeben. Dazu ein Beispiel, das uns allen durch die Medien in den letzten Wochen bekannt wurde, das Beispiel der Reinigungskräfte! Da wird nach dem Motto, billiger putzt besser, der Tarifvertrag Innenreinigung gekündigt, gekündigt mit der Konsequenz, dass keine Neueinstellungen im öffentlichen Dienst vorgenommen werden. Stattdessen werden Fremdreinigungsfirmen eingesetzt. Hier gibt es dann keine Frauenförderpläne mehr, die zum Beispiel dafür sorgen, dass Arbeitszeiten familienverträglich gestaltet werden kön

nen oder dass die Reinigungskräfte an Fortbildungsveranstaltungen und Weiterbildung teilnehmen können. Aber dies genau wäre notwendig.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Zum Abschluss möchte ich noch sagen, dass uns die positiven Entwicklungen in dem Bericht nicht entgangen sind wie zum Beispiel, dass sich der Frauenanteil bei den Neueinstellungen erhöht hat. Schön, aber das Gesetz ist ja auch schon zehn Jahre alt, und wir Frauen müssen immer noch die Einhaltung und die konsequente Umsetzung einklagen, und das machen wir auch.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Deshalb dürfen Sie auch in Zukunft mit uns rechnen.

Die Umsetzung des Landesgleichstellungsgesetzes ist Aufgabe des gesamten Senats, meine Damen und besonders meine Herren. Deshalb möchte ich hier und heute anregen, dass beim nächsten Mal der Präsident des Senats den Bericht vorstellt. Ich würde mich darüber freuen. — Ich bedanke mich vielmals!

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Als Nächste hat das Wort die Abgeordnete Frau Wulff.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren! Sie werden mir erlauben, zu Beginn meines Beitrags aus einem Artikel des Grundgesetzes sowie aus der bremischen Landesverfassung zu zitieren. Artikel 3 Absatz 2 des Grundgesetzes lautet wie folgt: „Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.“ Auch die bremische Landesverfassung erhebt in Artikel 2 folgendes Postulat: „Frauen und Männer sind gleichberechtigt. Das Land, die Stadtgemeinden und die anderen Träger der öffentlichen Verwaltung sind verpflichtet, für die gleichberechtigte Teilhabe der Geschlechter in Staat und Gesellschaft durch wirksame Maßnahmen zu sorgen.“ Ich betone das Wort „wirksam“.

Wenn sich auch die verfassungsrechtlichen und gesetzlichen Grundlagen für die Gleichberechtigung der Geschlechter im zwanzigsten Jahrhundert grundlegend verbessert haben, gilt es auch auf diesem Gebiet festzustellen, Recht haben und Recht bekommen sind oftmals zweierlei Dinge!

Meine Damen und Herren, das Gesetz zur Gleichstellung von Frau und Mann im öffentlichen Dienst

des Landes Bremen, das so genannte Landesgleichstellungsgesetz, wird in diesem Jahr zehn Jahre alt.

(Beifall bei der SPD)

Es wurde im November 1990, übrigens noch von einer Bremischen Bürgerschaft mit absoluter Mehrheit der SPD, verabschiedet.

(Beifall bei der SPD)

Wenn es auch, hervorgerufen durch das bekannte damalige „Kalanke-Urteil“ des Europäischen Gerichtshofs, Irritationen gab und 1998 allerdings eine nur kleine Änderung in Paragraph 4 vorgenommen wurde, hat sich unserer Auffassung nach das Landesgleichstellungsgesetz im Großen und Ganzen bewährt. Von seiner Zielsetzung haben wir nichts zurückzunehmen, seine praktische Umsetzung jedoch kann verbessert werden.

(Beifall bei der SPD)

Insgesamt sollten wir bei der Debatte aber nicht die Tatsache aus den Augen verlieren, dass es sich um ein Gesetz für den öffentlichen Dienst handelt und entsprechende Vorschriften für die Privatwirtschaft weitgehend fehlen. Es sprechen folgende Zahlen für sich: Im Kernbereich des bremischen öffentlichen Dienstes waren 1997 zirka 11.000 Mitarbeiterinnen beschäftigt. Damit betrug die Frauenquote 50,7 Prozent. Beim größten privaten Arbeitgeber in Bremen beträgt der Frauenanteil ausweislich eines Firmenprospektes demgegenüber nur etwas mehr als fünf Prozent. Ich meine, damit hat dieser große Betrieb tatsächlich nur einen Stern in seinem Firmenzeichen verdient und nicht etwa vier oder fünf Sterne.

(Beifall bei der SPD)

Nun aber zurück zum vorliegenden Personalcontrollingbericht für den bremischen öffentlichen Dienst! Die SPD-Fraktion begrüßt ausdrücklich den Beschluss des Senats von 1997, in dem er erstmalig den Senator für Finanzen gebeten hat — bisher wurden die Berichte nämlich von der ZGF erstellt —, die vom Landesgleichstellungsgesetz geforderte Datenaufbereitung für das Land und die Stadtgemeinde Bremen ab 1998 in die Jahresberichte zum Personalcontrolling einzubeziehen. Weiterhin begrüßen wir die Ankündigung, dass die Betriebe nach Paragraph 26 Absatz 1 und 2 der Landeshaushaltsordnung, also Eigenbetriebe, und die Sonderhaushalte nach Paragraph 15 Landeshaushaltsordnung sowie die Berichte über die Zustände in der Stadtgemeinde Bremerhaven ab 2000 in die Berichterstattung regelmäßig einbezogen werden sollen.

Es ist festzustellen, die Datenlage hat sich insgesamt verbessert. Hat sich aber damit auch die tatsächliche Lage der Frauen im öffentlichen Dienst verbessert? Ich möchte positiv erwähnen, dass die Ausbildungsquote, was die Mädchen betrifft, 54,1 Prozent beträgt. Das ist sicherlich ein sehr positiver Effekt, der eingetreten ist. Auch die Situation bei den Neueinstellungen hat sich in den letzten Jahren verbessert. So beträgt der Anteil der Mitarbeiterinnen im Alter unter 35 Jahren sogar 61,3 Prozent, und es ist abzusehen, dass dadurch der Frauenanteil in den nächsten Jahren steigen wird.

Negativ möchte ich vermerken, dass nur 11,2 Prozent der Mitarbeiterinnen im höheren Dienst beschäftigt sind. Hier gibt es noch einiges zu tun! Man sieht das auch daran, dass nur 22,5 Prozent der Leitungsfunktionen von Frauen wahrgenommen werden. Die einzige Ausnahme dabei ist der Bereich des Lehrpersonals. Dort beträgt der Frauenanteil bei den Leitungsfunktionen 38,6 Prozent. Das liegt daran, dass es eben viele Schulleiterinnen gibt. Insgesamt gibt es in dem Bereich noch viel zu tun!

Außergewöhnlich ist, dass wir heute im Plenum den Bericht bereits debattieren. In der Vergangenheit haben wir immer erst im Ausschuss für die Gleichberechtigung der Frau dieses Thema beraten und dann dem Plenum einen Bericht des Ausschusses mit einer Beschlussempfehlung vorgelegt. Ich möchte darum seitens der Koalitionsfraktionen beantragen, dass wir den heutigen sehr umfangreichen Bericht und Anlagenband zum Personalcontrolling, Umsetzung des Landesgleichstellungsgesetzes, zur Beratung und Berichterstattung an den Ausschuss für die Gleichberechtigung der Frau überweisen. Wir werden dann die Detailfragen hier in einer weiteren Debatte ausführlich erörtern können. — Danke für Ihre Aufmerksamkeit!

(Beifall bei der SPD)

Als nächster Redner hat das Wort Herr Bürgermeister Perschau.

(Unruhe auf dem Besucherrang)

Ich bitte Sie, keine Gespräche im Parlament zu führen! Das können Sie nachher beim Kaffeetrinken machen!

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Dies ist in der Tat der erste Bericht dieser Art, der in einem Land der Bundesrepublik Deutschland vorgelegt worden ist. Weil das so ist, haben wir und unsere Mitarbeiter die Ehre, zu der nächsten Konferenz der Gleichstellungsbeauftragten eingeladen zu werden, um dieses Pilotprojekt mit seinen besonderen Kennziffern, in dieser Qualität der Datenverarbeitung und aufarbeitung vorzustellen, weil die Gleichstellungs

beauftragten der Länder diesen Bericht als besonders vorbildlich betrachten und gern erreichen wollen, dass andere sich an diese Form des Berichtswesens anpassen. So viel vielleicht zu der Qualität des Berichts!

(Beifall bei der CDU)