Leider ist es in fünf Minuten nicht möglich, auf Details der langen Liste von Unfällen und Zwischenfällen in Gundremmingen einzugehen. Ich konzentriere mich daher auf die zwei jüngsten Störfälle aus den Jahren 2015 und 2016.
Der Störfall vom April 2016 wurde am 24. November 2016 im Ausschuss erläutert und erörtert. Bei der Vorbereitung von Revisionsarbeiten wurden auf einem Rechner Schadprogramme entdeckt. Nach den Aussagen von Dr. Unger im Ausschuss handelte es sich nicht um einen gezielten Angriff, sondern um Programme, die ungezielt eingesetzt werden. Der infizierte Rechner lief mit einem veralteten Betriebssystem, ein Virenscanner war nicht installiert.
Lieber Hans Ritt, insofern verstehe ich die Aufregung nicht. Dieser PC lag weit unter dem Standard eines heutigen Heim-PCs. Das Schadprogramm ist circa sieben Jahre alt und wäre von jedem kostenlosen Virenscanner problemlos erkannt worden. Außerdem wurde im AKW mit Wechseldatenträgern, vornehmlich USB-Sticks, gearbeitet. 18 Wechseldatenträger waren mit Viren infiziert. So kam es auch zur Infizierung des Visualisierungsrechners der Brennelemente-Lademaschine von Block B. Dabei wurden primitivste IT-Sicherheitsmaßnahmen wie die Aktualisierung von Virenscannern und die Überprüfung von Wechseldatenträgern auf Schadsoftware nicht eingehalten. Der Gipfel ist die Begründung der Kraftwerksbetreiber für diese Schlampereien, dass nämlich der durch einen externen USB-Datenträger infizierte Rechner weder für den Einsatz im Internet vorgesehen noch mit der Kraftwerks-IT verbunden war. Da läuten doch alle Alarmglocken. Durch einen infizierten externen USB-Datenträger kam es so weit, dass der Visualisierungsrechner der Brennelemente-Lademaschine von Block B infiziert wurde.
Im November letzten Jahres kam es zu einem Unfall mit einer Brennelemente-Lademaschine in Block C des Kraftwerks. Bei diesem Unfall wurde ein Brennelement durch den Ladekran nicht sachgemäß angehoben. Es brach daraufhin auseinander und fiel aus einer Höhe von circa vier Metern in die dafür vorgesehene Position des Gestells im Abklingbecken. Das war Glück im Unglück. Es war pures Glück, dass dabei das aus dem Brennelemente-Kasten herausgerissene und daher ungeschützte Brennelemente-Bün
Bisher wurde immer bestritten, dass die im Kernkraftwerk gefundene Schadsoftware gezielt in den Atommeiler eingeschleust worden ist. Was ist, wenn das nicht stimmt und doch ein Zusammenhang mit dem Brennelemente-Unfall besteht? Bei der Schadsoftware handelt es sich um Viren des Typs W32.Ramnit und Conficker. Diese Viren zielen darauf ab, ungewollte Verbindungen zum Internet herzustellen und dadurch den Rechner von außen manipulieren zu können.
Die Betreiber des Kernkraftwerks behaupten, dass die Sicherheit der Brennelemente-Handhabung durch die entdeckte Schadsoftware zu keiner Zeit gefährdet gewesen sei; denn die für die Programmierung der digitalen Steuerung verwendeten Rechner hätten keine Verbindung zum Internet oder zum Firmennetzwerk. Was ist, wenn aber genau diese hochgradig sicherheitsrelevante Voraussetzung, nämlich keine Verbindung zum Internet, durch die Schadsoftware ausgeschaltet wurde?
Da die Energieversorgung auch ohne das AKW Gundremmingen gesichert ist, bleibe ich bei meiner Forderung vom November 2016: Beide Blöcke des AKW Gundremmingen müssen aus Sicherheitsgründen zum Schutz der Bevölkerung sofort vom Netz genommen werden. Wir unterstützen den Antrag von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und werben gleichzeitig für unseren Antrag.
Vielen Dank. – Herr Abgeordneter Stümpfig hat sich zu einer Zwischenbemerkung gemeldet. Bitte schön.
Sehr geehrter Herr Woerlein, stimmen Sie mir zu, dass wir jederzeit auf die Leistung der Atomkraftwerke verzichten könnten? Stimmen Sie mir zu, dass man dies gerade im Januar dieses Jahres sehr gut feststellen konnte? Im Januar hat es sehr wenig Strom aus Photovoltaik gegeben. Außerdem gab es relativ wenig Wind-Strom. Wir hatten eine klassische Dunkelflaute. Man kann sich anschauen, welche Kraftwerke in dieser Zeit am Netz waren. Im Januar waren die Gaskraftwerke, die wir in Bayern haben, nur am Netz, wenn die Atomkraftwerke gerade nicht in Betrieb waren. Sie waren wegen Wartungsarbeiten stillgelegt. Der Wechsel der Brennelemente ist aus ökonomischen Gründen im Januar während der Hauptnachfrage erfolgt. Die Gaskraftwerke waren nur am Netz, wenn die Atomkraftwerke stillgelegt waren. Stimmen Sie mir vor diesem Hintergrund zu, dass wir jederzeit auf Atomkraft, auf diese Risiko
technologie, verzichten könnten? Die Gaskraftwerke in Irsching waren nur zwei Stunden einigermaßen ausgelastet, und das nur zu 50 %. In allen anderen Stunden dieses Monats waren sie weitaus weniger ausgelastet. Das zeigt uns ganz klar: Wir können jederzeit hinaus aus dieser Hochrisikotechnologie – je früher, desto besser.
Herr Kollege Stümpfig, beim Ausgleich von Nachfrage- und Einspeiseschwankungen spielen die Gaskraftwerke im Erneuerbare-Energien-Gesetz des damaligen zuständigen Ministers eine wichtige Rolle. Positiv ist, dass die Gaskraftwerke nur sehr geringe Baukosten verursachen. Ihr großer Nachteil besteht in den hohen Betriebskosten. Insofern bin ich froh, dass die Gaskraftwerke – so schildern Sie es – nur die Spitzen überbrücken müssen. Ich hoffe auch, dass wir mit relativ wenigen Gaskraftwerken auskommen. Diese Gaskraftwerke brauchen wir. Sie haben nach dem EEG eine klare Berechtigung bei der Energiewende.
Das Wichtigste zum Schluss: Selbstverständlich stimme ich Ihnen zu. Bei dieser Gelegenheit darf ich den GRÜNEN ein Kompliment machen. Sie waren von Anfang an gegen die Atomkraft. Meine Partei hat in den Achtzigerjahren die Wende vollzogen. Eine Partei hat noch einige Jahrzehnte länger gebraucht. Das spielt aber alles gar keine Rolle. Bekanntlich heißt es: Ein Fehler wird erst zum Fehler, wenn man ihn wiederholt. Wir wollen das nicht wiederholen. Ich appelliere an die Kolleginnen und Kollegen der CSU, sich vorsichtig und behutsam zu verhalten und die Bevölkerung zu schützen. Sie sollten zumindest vorübergehend die Blöcke B und C abschalten.
Sehr geehrter Herr Präsident, werte Kolleginnen und Kollegen! Werte Kolleginnen und Kollegen von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, Sie meinen wirklich, Sie betreiben Aufklärungsarbeit im Sinne und zum Wohle unserer Bürgerinnen und Bürger. Wissen Sie, was Sie betreiben? – Sie betreiben bis ins kleinste Detail absolute Angst- und Panikmache.
Herr Kollege Hartmann, Ihre selbstgedrehten Filmchen, die Sie auf Facebook stellen, sind schon legendär, jedoch im negativen Sinne.
Die GRÜNEN wiederholen ständig alte und bereits widerlegte Vorwürfe, um sich jedes Mal von Neuem in ihrem Weltverbesserer-Image zu profilieren.
Sie versuchen, unsere Bürgerinnen und Bürger an ihrer empfindlichsten Stelle, nämlich der Sicherheit, zu treffen. Sie unterwerfen die Bürgerinnen und Bürger wie der Rattenfänger von Hameln Ihrer politischen Denke. In Zeiten von Terrorismus herrscht schon genug Angst und Unsicherheit innerhalb unserer Bevölkerung.
Das scheint Ihnen aber egal zu sein, Hauptsache, Sie können mit dem Finger auf andere zeigen und sich weiterhin in Ihrem politisch unverantwortlichen Verhaltenskodex wälzen.
Mittlerweile pflegen Sie eine neue Dimension der Angstmache. Sie gründen neuerdings Ihre Anträge auf eigens in Auftrag gegebene Gutachten, welche von Gutachtern erstellt werden, mit denen früher und des Öfteren zusammengearbeitet worden ist. Ist das sauberes und wissenschaftliches Arbeiten?
Ihr Antrag ist abzulehnen, weil die Störfallbeherrschung im KKW Gundremmingen seit der Inbetriebnahme der Anlage gewährleistet ist. Das KKW Gundremmingen hat mit der Errichtung des zusätzlichen Nachwärmeabfuhr- und Einspeisesystems – ZUNA – sogar vier vollwertige Nachkühlsysteme.
Eines reicht schon zur Nachkühlung bei allen zu unterstellenden Störfällen. Das ist mehr als im Regelwerk gefordert, nicht weniger. Alle vier sind gegen schwere und unwahrscheinliche Erdbeben ausgelegt, drei davon sogar gegen sehr schwere, höchst unwahrscheinliche Erdbeben. Das bedeutet, auch für höchst unwahrscheinliche Erdbeben erfüllt das KKW Gundremmingen die sicherheitstechnischen Anforderungen. Das haben der TÜV, der Sachverständige des Staatsministeriums sowie die vom Bundesumweltministerium beauftragten Sachverständigen, die Gesell
schaft für Anlagen- und Reaktorsicherheit und das Physikerbüro Bremen in ihrem Gutachten vom Februar 2016 bestätigt. Das Bundesministerium selbst hat sich dieser Bewertung angeschlossen. Das gehört nicht unserer Couleur an. Die Zweifel des Auftragsgutachters der GRÜNEN an der Bewertung der Bundes- und Länderaufsicht sind somit nicht nachvollziehbar.
Meine Damen und Herren, das Kernkraftwerk Gundremmingen ist sicher. Die GRÜNEN haben ihr Auftragsgutachten direkt an die Presse gegeben. Offensichtlich geht es Ihnen wieder einmal um rein mediale Aufmerksamkeit. Das ist in den letzten Monaten immer häufiger festzustellen. Dabei schrecken Sie auch nicht vor dem Schüren unbegründeter Ängste in der Bevölkerung zurück. Das ist unseriös und unverantwortlich. Der Antrag ist abzulehnen.
Sehr geehrter Herr Ritt, das sind viele Anschuldigungen und Verleumdungen. Wo aber sind die wirklichen Argumente? Sie haben zwei oder drei Punkte vorgelesen. Was Sie geboten haben, war sehr schwach.
Das Gutachten, das wir vorgelegt haben, stammt von Prof. Dr. Mertins von der Gesellschaft für Anlagen- und Reaktorsicherheit. Er hat an den kerntechnischen Regelwerken in Deutschland mitgeschrieben. Herr Lothar Hahn ist ebenfalls ein hochrangiger Experte. Uns vorzuwerfen, wir würden Stimmungsmache betreiben, ist wirklich vollkommen aus der Luft gegriffen. Was Sie uns vorwerfen, ist mehr als unseriös.
Der Stresstest nach Fukushima hat gezeigt, dass es Probleme bei der Erdbebensicherheit gibt. Ein Kühlsystem ist nicht erdbebensicher. Das System ZUNA, das in den Neunzigerjahren nachträglich eingebaut wurde, ist kein voll funktionsfähiges Kühlsystem. Ich habe Ihnen die drei Punkte erklärt. Es ist nicht unabhängig. Dort wurde schlechtes Material eingebaut. Außerdem funktioniert es nicht bei einem Druck über 80 bar. Das müssen Sie doch zur Kenntnis nehmen. Haben Sie unser Gutachten wenigstens ansatzweise
Herr Stümpfig, im Gegensatz zu Ihrem Gutachter, der nur nach dem Papier prüft und das Kernkraftwerk noch nie betreten hat, prüft der TÜV vor Ort. Das ist der feine Unterschied. Ihr Gutachter prüft nur nach dem Papier, nicht mehr und nicht weniger.
Vielen Dank, Herr Kollege Ritt. – Für die FREIEN WÄHLER spricht jetzt Kollege Aiwanger. Bitte schön, Sie haben das Wort.
Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir diskutieren heute darüber, ob wir die Hand dafür heben sollen, die beiden Reaktorblöcke in Gundremmingen auf einen Schlag abzuschalten. Ausgangslage ist, dass es zwei widersprüchliche Gutachten gibt. In einem Gutachten der GRÜNEN oder eines von ihnen beauftragten Gutachters heißt es, das Kraftwerk solle möglichst zügig stillgelegt werden. Ein Gutachten des Bundesumweltministeriums besagt, es gebe zwar gewisse Mängel, ein Weiterbetrieb sei aber zu verantworten.
Wir FREIE WÄHLER sind natürlich der Meinung, dass wir schnell aus der Atomenergie aussteigen sollten. Wir begrüßen es, dass 2023 hoffentlich, ohne dass bis dahin etwas passiert, mit der Atomära in Deutschland Schluss sein wird. Gleichzeitig tragen wir aber den ausgehandelten Atomkompromiss mit, der bedeutet, dass die Kernkraftwerke Stück für Stück vom Netz genommen werden sollen. Dabei ist für Gundremmingen ein Zeitplan bis 2021 vorgesehen. Wir sehen uns aufgrund der beiden widersprüchlichen Gutachten nicht in der Lage, zu sagen, wir schalten beide Blöcke sofort ab. Nicht auszuschließen ist, dass Schadenersatzforderungen im Raum stehen und ein Betreiber sagt: Die Gutachten sind nicht ausreichend belastbar, die Abschaltung wird nur politisch verfügt. – Schauen Sie sich die Debatten über die anderen Kernkraftwerke an, bei denen die Entschädigungsdiskussionen teilweise noch nicht ganz beendet sind.
Zum Gutachten noch eine Einschätzung: Ich erinnere mich noch daran, dass wir kurz vor der Atomkatastrophe in Fukushima von der Bayerischen Staatsregierung ein Gutachten bekommen haben, wonach Isar 1 sicher sei. Kurz darauf war die Katastrophe in Fukushima, und dann musste Isar 1 abgeschaltet werden. Ich glaube weder dem einen Gutachten noch dem anderen, aber ich glaube, dass wir den politischen Weg