Protocol of the Session on December 15, 2016

Das Gleiche gilt für Behördenverlagerungen. Ich habe nichts gegen die Entscheidung, Behörden und Strukturen aus dem Großraum München herauszunehmen. Ich habe nichts gegen Überlegungen, ein Gesundheits- und Pflegeministerium auch woanders anzusiedeln. Ich habe nichts gegen die Überlegung, ein Landesamt für Schule in Weißenburg einzurichten. Sie werden jedoch nicht von Strukturüberlegungen, sondern von Aktionismus getrieben. Sie schauen in Ihr Kabinett und suchen die nach Ihrer Auffassung schwächste Ministerin: Wo habe ich am wenigsten Gegenwehr zu erwarten? Darum verlagere ich das Ministerium für Gesundheit und Pflege von Frau Huml nach Nürnberg. – Das sind keine Strukturüberlegungen. Das ist blanker Populismus, der die Behördenstruktur in Bayern nicht verbessert.

(Beifall bei der SPD – Hans Herold (CSU): Eine gute Entscheidung! – Kerstin Schreyer (CSU): Eine Frechheit ist das! Sie können nicht so über die Ministerin reden!)

Kollegin Schreyer, Sie können noch so schreien; das ist keine Frechheit, sondern die Wahrheit.

(Beifall bei der SPD)

Welche Politik macht Ihr Finanzminister in diesem Freistaat? – Er geht durch die einzelnen Stimmkreise und verteilt Förderbescheide. In jedem Landkreis versucht er, noch eine Kollegin oder einen Kollegen für den anstehenden Wahlkampf zu gewinnen. Als Kandidat für das Amt des Ministerpräsidenten versucht er, Häkchen dahinter zu setzen. Das ist doch keine Strukturpolitik für Bayern.

(Beifall bei der SPD)

Das ist Politik für die CSU, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Widerspruch bei der CSU)

Auf diese Weise sollten wir keine Politik machen.

(Kerstin Schreyer (CSU): Sie greifen die Ministerin an!)

Frau Kollegin, wer schreit und einen roten Kopf bekommt, hat meistens unrecht.

(Kerstin Schreyer (CSU): Dann haben Sie auf keinen Fall recht! – Unruhe)

Lassen Sie mich am Ende zur Steuerpolitik kommen. Ein Haushalt muss sich auch an der Gestaltung der Einnahmen und an der Aufstellung des Finanzministers beim Thema Steuerpolitik messen lassen. Hinsichtlich der Vermögensteuer für Millionärseinkommen vertreten wir unterschiedliche Auffassungen. Außerdem haben wir eine unterschiedliche Auffassung im Hinblick auf die Erbschaftsteuer bei Millionären und Milliardären. Das brauche ich an dieser Stelle nicht weiter auszuführen. Zusätzlich senden Sie jedoch völlig falsche Zeichen aus, wenn Sie regionalisierte Steuern fordern. Welche Signale senden Sie damit an die Engelhorns und die Millionärserben in Deutschland und Europa aus? – Kommt nach Bayern; in Bayern müsst ihr weniger als in anderen Ländern bezahlen. Das ist für uns nicht die soziale Gerechtigkeit, die Herr Ministerpräsident Seehofer vorgestern in den Mittelpunkt gestellt hat.

(Beifall bei der SPD)

Selbstverständlich kann man mit uns über das Thema Erbschaftsteuer diskutieren. Es darf keine Substanzbesteuerung geben. Die Fortführung kleiner und mittelständischer Unternehmen muss auf jeden Fall gesichert sein. Diese Steuer deswegen generell abzulehnen, ist aber der falsche Weg.

Zum Thema Grundsteuer: Herr Minister, wir sind bei Ihnen, dass die von anderen Bundesländern auf die Tagesordnung gesetzte Grundsteuerreform und die damit vorgesehene Struktur mit uns in Bayern nicht zu machen ist. Hamburg steht da an unserer Seite. Wir sind der Auffassung, dass wir gerade bei den hohen Grundstückspreisen in Bayern aufpassen müssen, dass die Mieterinnen und Mieter und die normalen Häuslebesitzer nicht zusätzlich belastet werden. Ich spreche von Häuslebesitzern, nicht von Villenbesitzern. Wir müssen aber sehen, dass wir eine Änderung der Grundsteuer hinbekommen, weil die Grundsteuer verfassungswidrig werden könnte, wenn zu lange keine Änderungen und Neubewertungen vorgenommen werden. Dann würde dieses Thema hinten runterfallen. Von einem Finanzminister erwarte ich mir hier deutlich mehr Akzente.

(Beifall bei der SPD)

Ich erwarte auch beim Thema Finanztransaktionssteuer mehr Akzente. Ich erwarte mehr Akzente bezüglich der europäischen und der internationalen Grundlagen für die Berechnung der Körperschaftsteuer. Nur wenn wir die entsprechenden Grundlagen schaffen, können wir eine Steuerflucht à la Apple oder eine Steuerflucht à la Starbucks verhindern. Ich sehe aber, dass Sie das gar nicht wollen. Jetzt geht die Europäische Union einmal gegen eine Firma wie

Apple vor und fordert Milliardenbeträge an Steuern nach, die nicht bezahlt worden sind. Sie stellen sich auf die Seite dieses Unternehmens und sagen: Das ist aber ungerecht. Die haben doch ein ganz nettes Schlupfloch gefunden. Herr Dr. Söder, diese Steuerpolitik ist mit der SPD in diesem Landtag nicht zu machen!

(Beifall bei der SPD)

Abschließend möchte ich natürlich im Namen der SPD den Mitgliedern meiner Fraktion im Haushaltsausschuss, nämlich Susann Biedefeld, Günther Knoblauch, Dr. Herbert Kränzlein und Reinhold Strobl, ganz herzlich danken. Ihr habt in den 29 Stunden reiner Sitzungszeit und bei der Bearbeitung von 550 Änderungsanträgen toll mitgekämpft. Das gilt auch für alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Landtagsamts und der Ministerien. Dafür ein herzlicher Dank!

Ich unterscheide mich jetzt vielleicht ein bisschen von anderen, aber ich möchte auch einen herzlichen Dank an die Abgeordneten der anderen Oppositionsfraktionen, der FREIEN WÄHLER und der GRÜNEN, aber auch an die Kolleginnen und Kollegen der CSU richten. Herr Kreuzer hat gestern gesagt, er sei schon 22 Jahre hier. Übrigens, ich bin auch schon 22 Jahre hier, davon 17 Jahre als Abgeordneter. Ich habe aber nicht behauptet, dass alles, was jemand anderer sagt, von vornherein falsch und blöd sei und es nicht notwendig sei, darüber nachzudenken. Diese Überheblichkeit habe ich nicht. Deshalb auch ein herzlicher Dank an die Kolleginnen und Kollegen der CSU im Haushaltsausschuss, die unter der Führung von Peter Winter und von Hans Herold stehen. Herzlichen Dank für die Zusammenarbeit.

(Beifall bei der SPD und den FREIEN WÄH- LERN)

Wir übernehmen nicht alles, was ihr sagt. Nicht alles ist richtig. Aber in vielen eurer Wortbeiträge steckt auch ein Quäntchen Wahrheit. Ich erwarte von der CSU, dass sie das auch den Äußerungen von Abgeordneten der SPD-Fraktion zubilligt. Bei Herrn Kreuzer habe ich das gestern schmerzlich vermisst.

(Beifall bei der SPD)

Wie ich bereits ausgeführt habe, ist dieser Haushalt zu zaghaft aufgestellt. Mit ihm werden nicht die richtigen Weichenstellungen vorgenommen. Deshalb werden wir diesen Haushalt ablehnen. Wir werden es besser machen, wenn wir dran sind.

(Anhaltender Beifall bei der SPD)

Danke schön, Herr Kollege. – Als Nächster hat Herr Kollege Muthmann von den FREIEN WÄHLERN das Wort. Bitte schön.

Guten Morgen, sehr geehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Zum Einzelplan 06 möchte ich vier Aspekte ansprechen, nämlich die Finanzverwaltung und hier insbesondere die Personalausstattung, die Themen Breitband und IT, den Länderfinanzausgleich und vor allem die Landesentwicklung. Schließlich ist Herr Dr. Söder nicht nur Finanzminister, sondern auch Heimatminister.

Dem Finanz- und Heimatminister wird ein gutes Gespür dafür nachgesagt, wo er sich in Szene setzen kann. Allerdings ist der Minister nicht überall, wo er sich am besten in Szene setzen kann, auch am meisten gefragt. Sehr geehrter Herr Dr. Söder, angesichts Ihrer Ambitionen, die Sie wirklich jederzeit, bei passender und auch bei unpassender Gelegenheit, alle Menschen wissen lassen, ob sie es nun hören wollen oder nicht, müssen wir einmal klären, ob Sie auch komplexe, koordinative Aufgaben bewältigen können.

(Hans Herold (CSU): Das kann er sehr gut!)

Ich möchte diese Frage anhand der eingangs genannten vier Punkte beleuchten. Zunächst jedoch eine Vorbemerkung, die für den Politikstil symptomatisch ist. Wir haben dieser Tage den Finanz- und Heimatbrief erhalten, den wir uns natürlich angesehen haben. In der Fotoausstellung "Pressefoto des Jahres", die draußen im Foyer gezeigt wird, haben wir gelernt, dass Fotos Geschichten erzählen, wenn sie denn gut sind. Unter diesem Gesichtspunkt haben wir uns die Fotos auf der letzten Seite des Finanz- und Heimatbriefes angesehen. Auf einem Foto, das Ihr Haus, vielleicht auch Sie selbst, ausgewählt hat, sind Sie zu sehen, als Sie vielen engagierten Kulturschaffenden den Heimatpreis in Regensburg ausgehändigt haben. Dieses Foto ist deswegen symptomatisch, weil Sie darauf mit Ihrem Gefolge vorne im Mittelpunkt stehen, während die, um die es geht, sich im Hintergrund zwischen zwei Säulen "zusammenpferchen" müssen. Auf diesem Foto kann man schon gar nicht mehr erkennen, wer eigentlich im Mittelpunkt dieser Veranstaltung stehen sollte. Dieses Foto macht deutlich, was Ihnen wichtig ist, nämlich vor allem Sie selbst und Ihre öffentliche Wirkung.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN)

Lassen Sie mich aber zunächst zur Finanzverwaltung kommen. Wir haben Rekordsteuereinnahmen. Wir müssen uns noch einmal deutlich machen, dass die Steuereinnahmen in Bayern in den letzten zehn Jah

ren um über 50 % gestiegen sind, und das bei immer komplexer werdenden Sachverhalten, bei immer mehr Auslandsbeziehungen und, was uns freut, bei immer mehr Steuerpflichtigen. Da ist es nur eine Frage der Steuergerechtigkeit und einer vernünftigen, angemessenen Arbeitsbelastung, dass auch die Finanzverwaltung personell endlich nachzieht.

Herr Kollege Güller hat bereits darauf hingewiesen, dass die Oppositionsparteien seit Jahren auf diesen Missstand hinweisen. Wir halten es deshalb für richtig, dass wir jetzt mit diesem Doppelhaushalt 103 neue Planstellen und 800 Anwärterstellen zusätzlich bekommen. Das entspricht unserer langjährigen Forderung. Die Bayerische Finanzgewerkschaft und die FREIEN WÄHLER erkennen das als richtig und wichtig an.

Mit den Stellenhebungen sind wir noch nicht ganz einverstanden; denn Stellenhebungen sind ein wichtiger Motivationsimpuls für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die bereits da sind. Hier könnte und müsste mehr getan werden. Zu den Themen Stellenbesetzungen und Stellenbesetzungssperren möchte ich nicht alles wiederholen, sondern verweise auf das, was Herr Kollege Güller schon gesagt hat. Allerdings ist es jetzt wirklich an der Zeit, den Artikel 6b für beendet zu erklären und zu streichen. Natürlich sind auch wir der Meinung, dass in allen Bereichen auf eine angemessene Stellenbesetzung geachtet werden muss. Wo Aufgaben reduziert werden, dort kann auch mit einer Personalreduzierung reagiert werden. Aber die Zeiten, in denen man einfach nach Stelleneinsparmöglichkeiten suchen konnte, ohne das mit einer Aufgabenkritik zu verbinden, müssen vorbei sein. Das ist nicht mehr angemessen, das ist nicht mehr zeitgemäß. Das gilt auch angesichts der vielen Stellen in anderen Bereichen. Das macht doch deutlich, dass wir über die eigentlichen Ideen des Artikels 6b hinaus sind. Er ist ein Anachronismus, den es endlich aufzuheben gilt.

Für Breitband, IT, WLAN, BayernLabs und zuletzt für das Projekt "eDorf" stehen in Ihrem Geschäftsbereich 1,5 Milliarden Euro zur Verfügung. Das ist in vielerlei Hinsicht anzuerkennen, und das wurde auch zum rechten Zeitpunkt gemacht. Als Sie diese Aufgabe übernommen haben, wurde durch Verfahrensvereinfachungen und durch eine zusätzliche Mittelausstattung eine ganz neue Dynamik hineingebracht. Jetzt ist es aber nicht mehr an der Zeit, immer weitere Huldigungen auszusprechen. Wir haben auch gehört: Mittlerweile haben 1.300 Gemeinden ihren Förderbescheid bekommen. Wahrscheinlich hat der Finanzminister davon 1.200 persönlich überreicht.

(Hans Herold (CSU): Alle! – Heiterkeit bei der CSU)

Wenn ich das richtig beobachtet habe, hat auch sein Staatssekretär ein paar ausgehändigt. – Sie, Herr Minister, sonnen sich nach wie vor bei diesen Presseterminen. Förderbescheide könnten aber auch Ihre Mitarbeiter aushändigen. Des Ministers Aufgabe wäre es jetzt, die nächsten Entwicklungskonzepte vorzulegen. 30 Mbit/s, 50 Mbit/s sind passé. Das ist keine Zukunftsstrategie mehr. Der Minister sollte jetzt nicht weitere Hunderte von Förderbescheiden präsentieren und aushändigen und sich dabei fotografieren lassen, sondern jetzt wäre es an der Zeit, die Frage zu beantworten: Was kommt, was haben Sie vor? Wie sieht es aus, kommt Glasfaser in jedes Haus, und mit welchen Geschwindigkeiten und Kapazitäten? – Hier, an dieser Stelle, beweisen Sie, ob Sie nicht nur Förderbescheide überreichen können, sondern ob Sie auch ein guter Stratege sind. Bekanntermaßen gibt es diesbezüglich an verschiedenen Stellen Zweifel.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN)

Zum Thema Länderfinanzausgleich: Nur noch einmal ganz kurz: Es gibt 1,3 Milliarden Euro ab 2020. Das ist durchaus anzuerkennen. Auch dafür haben Sie sich im Haushaltsausschuss danken und huldigen lassen. Die Frage ist aber doch: Was haben Sie dazu überhaupt beigetragen? Richtig schwierig war die Lage schon; denn wir hören seit Tagen, dass Bayern in jeder Hinsicht spitze ist, dass alle Bayern beneiden.

(Staatsminister Dr. Markus Söder: Jawohl!)

Wenn man vor diesem Hintergrund und in diesem Bewusstsein bei den anderen Bundesländern und im Bund eine Entlastung für Bayern erreichen will, dann ist das sicherlich eine schwierige, eine fordernde Aufgabe. Was haben Sie dazu beigetragen? – Sie haben zunächst Forderungen erhoben, zunächst nach vier Millionen Euro Entlastung, später hat es geheißen, es müssten zwei Millionen Euro sein. Das Ziel, über das wir heute nicht mehr zu reden haben, haben Sie aber nicht erreicht. Ihr Haus hat dazu vielleicht Informationen beigetragen, mehr aber nicht. Als großer Stratege hätten Sie sich da unter Beweis stellen können. Das ist Ihnen aber nicht gelungen.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN)

Das gelingt Ihnen am allerwenigsten in der Landesentwicklung. Auch die Landesentwicklung ist nur dann kraftvoll und erfolgreich zu meistern, wenn man die Aufgaben über die Ministerien hinweg koordiniert. Das ist eben auch ein Fall für Strategen. Das Thema Breitband, das auch dazu gehört, habe ich benannt und

anerkannt. Ich habe aber auch aufgezeigt, welche Hausaufgaben hier mittlerweile versäumt werden.

Die Behördenverlagerung unterstützen wir. Wir halten sie auch für richtig, auch in Ihrem Zuständigkeitsbereich. Ich verweise auf die Finanzschule Nord in Kronach, die Finanzschule Ansbach. Beide wurden mit viel Geld ausgestattet. Das ist richtig und wichtig, doch auch da haben wir von Anfang an eine Strategie, einen Zeit- und Finanzierungsplan, einen Masterplan eingefordert. Sie haben sich dem bislang verweigert. Immerhin haben Sie zuletzt im Haushaltsausschuss für Anfang 2017 einen Bericht über den derzeitigen Stand der Planungen zu den Behördenverlagerungen zugesagt. Auf den warten wir gespannt.

Gestern hat Staatsminister Helmut Brunner bei der Beratung des Haushalts für die Landwirtschaft gesagt, er sei der Heimatminister des ländlichen Raums. Es sollte Ihnen zu denken geben, wenn andere Kollegen diese Aufgabe im ländlichen Raum übernehmen.

(Gudrun Brendel-Fischer (CSU): Wir arbeiten teamorientiert! – Volkmar Halbleib (SPD): Seit wann?)

Im Team zu arbeiten ist besonders dann wichtig, wenn Einzelne Schwächen zeigen, damit andere das dann kompensieren können. Darum geht es mir jetzt gerade.