Protocol of the Session on December 15, 2016

Im Team zu arbeiten ist besonders dann wichtig, wenn Einzelne Schwächen zeigen, damit andere das dann kompensieren können. Darum geht es mir jetzt gerade.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN)

Der Ministerpräsident hat am Dienstag von blühenden Landschaften überall in Bayern gesprochen. Überall in Bayern!

(Hans Herold (CSU): Zu Recht!)

Etwa zur gleichen Zeit erklärt der Heimatminister halb Bayern zu Regionen mit besonderem Handlungsbedarf. An dieser Stelle ergibt sich die Frage: Tut er das auch zu Recht?

(Volkmar Halbleib (SPD): Irgendwas stimmt doch da nicht!)

Das ist keine Strategie. Die Aktion, die Regionen mit besonderem Handlungsbedarf auszuweisen, ist nichts, was Strategie beinhaltet. Auch das ist wieder einmal nichts anderes als eine substanzlose Show.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN)

Das führt letztlich zur Förderung mit der Gießkanne anstatt zu zielgenauer Unterstützung der besonders unterstützungswürdigen Regionen. Dasselbe Thema müssten wir bei den zentralen Orten in der Landes

planung beklagen. Der zuständige Minister plant, die ohnehin schon bestehenden 900 zentralen Orte um 59 weitere auszuweiten. Damit ist dann jede zweite Gemeinde in Bayern ein zentraler Ort. Was ist seine Strategie? – Seine Strategie ist, 59 weiteren Gemeinden einen Anerkennungsbescheid auszuhändigen. Das hat mit substanzvoller Landesplanung und Gestaltung aber leider nichts zu tun. Wenn Sie gestaltende Landesplanung wirklich ernst meinten, dann wäre eine Reduzierung und Konzentration bei den zentralen Orten notwendig und dann eine staatliche Förderung. Die Landesplanung ist nun einmal etwas Überfachliches, sehr geehrter Herr Staatsminister. Da könnten Sie als Koordinator zwischen den Ministerien auftreten und steuern.

Ihre Strategie ist in diesen Zeiten hingegen, es sich mit niemandem, aber auch wirklich mit gar niemandem zu verscherzen. In diesem Zusammenhang haben Sie im Haushaltsausschuss auch erklärt, bei Einsparungsfragen würden Sie die eine oder andere Stelle in anderen Ressorts durchaus hinterfragen wollen. Sie wollten aber die Harmonie in der Staatsregierung nicht stören. Harmonie per se ist aber, wenn es um die Sache geht, wenn es um die Menschen in Bayern geht, kein Wert an sich. Führen, steuern, koordinieren, Strategien umsetzen, die Richtlinienkompetenz ausüben, das wäre in der Landesplanung vonnöten. Hier müssen wir aber leider eine Fehlanzeige konstatieren.

Wir erwarten in der Landesplanung endlich Antworten darauf, wie es in der Grundversorgung aussieht, wie die Gesundheitsinfrastruktur, wie die Hausärzteversorgung in allen Bereich Bayerns gesichert werden soll. Wir brauchen flächendeckende Betreuungsangebote, und zwar für Jung und Alt. Das ist ein Thema, das gerade in den ländlichen Regionen, in den wirtschaftsschwächeren Gebieten, von den jungen Leuten besonders genau beobachtet wird. Sie fragen: Was können wir erwarten? Wohin geht die Entwicklung? Können wir sicher sein, dass wir auch in 10 oder 20 Jahren die Infrastruktur zum Leben haben, die wir für uns und unsere Kinder brauchen? – Da ist eine Konzeption gefragt, da wird eine Strategie gebraucht. Fotos, Förderbescheide und bunte Papiere reichen dafür nicht aus.

Wir können Einzelplan 06 des Haushalts deshalb nicht zustimmen. Das werden Sie angesichts dieser Diagnose verstehen.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN)

Danke schön, Herr Kollege. – Als Nächster hat der Kollege

Mütze von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN das Wort. Bitte schön, Herr Kollege.

Guten Morgen, liebe Kolleginnen und Kollegen, guten Morgen, Herr Präsident, guten Morgen, Herr Minister! Wir müssen über Steuern reden, wenn der Minister schon mal da ist.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Was hat uns Minister Söder nicht schon alles an steuerpolitischen Errungenschaften versprochen: Fleißbonus, Pauschbetrag erhöhen, Hightech-Bonus, BayernTarif, Regionalisierung der Erbschaftsteuer. Liebe Kolleginnen und Kollegen, was ist tatsächlich passiert? – Anpassung des Grundfreibetrags und Absenkung eines Bruchteils der kalten Progression, die sich seit 2005 angestaut hat. Eine echte Steuerentlastung, lieber Herr Minister, ist das nicht. Den einzigen Erfolg, der auf dieser Seite zu konstatieren wäre, den Länderfinanzausgleich, hat der Ministerpräsident verhandelt. Daran war der Minister auch nicht beteiligt. So ist das.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Dazu kommt jetzt noch eine völlig verkorkste Erbschaftsteuerreform, die außer mehr Bürokratie nichts bringt, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Widerspruch bei der CSU)

Was kommt 2017? – Die größte Steuersenkung aller Zeiten, nach zwölf Jahren Regierungsbeteiligung der CSU in Berlin, nach zwölf Jahren steuerpolitischen Stillstands. Ich korrigiere: kein Stillstand; Sie haben ja die Umsatzsteuer um 3 % erhöht. Von wegen: Wir senken die Steuern, keine Steuererhöhung mit der CSU. – Auch das ist eine der vielen Behauptungen, die nicht wahr sind.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Steuerpolitisch möglich wären eine Entlastung mittlerer Einkommen mit Gegenfinanzierung und eine gerechte Familienförderung, die Kinderarmut verhindert, die es auch in Bayern gibt, und die die Benachteiligung von alleinerziehenden unverheirateten Paaren und von Paaren, die sich die Erwerbs- oder Sorgearbeit partnerschaftlich teilen, beendet. Alle sollen nach unserer Meinung ihren fairen Beitrag zum Gemeinwesen leisten. Daher wollen wir nicht nur anders besteuern, sondern auch Steuersümpfe austrocknen und das Steuersystem vereinfachen. Doch bislang sind die deutschen Finanzämter den großen Steuerabteilungen der Konzerne, die die Geschäfte unter anderem nach Panama vermitteln, oft hoffnungslos unterlegen. Ähnlich wie andere Staaten, die es bereits

erfolgreich praktizieren, setzen wir uns daher für eine bundesweite Steuerfahndung mit Spezialeinheiten für große, multinationale Unternehmen und reiche Privatpersonen ein.

Ebenfalls helfen würde eine Vereinfachung des Steuersystems mit weniger Formularen und weniger Fragen. So könnte man über die Erhöhung der Abschreibungsgrenze für geringwertige Wirtschaftsgüter den bürokratischen Aufwand reduzieren und viele selbstständige und mittelständische Unternehmen entlasten.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Wir gehen davon aus, dass das Bundesverfassungsgericht den Erbschaftsteuerkompromiss, Ihren Kompromiss, auch wieder für verfassungswidrig erklärt. Dann müssen eben wir GRÜNEN eine Erbschaftsteuer entwickeln, die einfach und gerecht ist und keine Zweifel daran aufkommen lässt, dass sie verfassungskonform ist.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Eine sogenannte synthetische Erbschaftsteuer mit einer einheitlichen und breiten Bemessungsgrundlage für alle Vermögensarten kann die Ungerechtigkeit, die Sie jetzt wieder beschlossen haben, auflösen. Wir wollen eine Abschaffung vieler Steuervergünstigungen, einen einheitlichen Steuersatz von circa 15 % und unveränderte Freibeträge, damit das Wohneigentum, etwa Omas Häuschen, mit dem Sie immer hausieren gehen, in der Familie unverändert übertragen werden kann. Die tatsächliche Erbschaftsteuerbelastung steigt dann mit der Höhe des Vermögens natürlich. So soll es sein. Eine Gestaltung ist nicht mehr möglich. Eine Stundungsoption auch über 15 Jahre kann in diesem Fall, bei einem Steuersatz von 15 %, von jedem Betrieb getragen werden.

Der Anteil der Erbschaftsteuer aus hohen Erbschaften würde dadurch deutlich steigen, da sich die Umgehungsmöglichkeiten in Luft aufgelöst hätten. Diese Erbschaftsteuer, unsere Erbschaftsteuer, wäre einfach, ergiebig und gerecht. Damit kann bei einem Steuersatz von etwa 10 % ein Aufkommen von sechs Milliarden Euro erreicht werden. Das sagt auch das DIW. Das wäre eine Erbschaftsteuer, mit der man wirklich arbeiten kann.

Dass keiner mehr zahlen soll, wie Sie das immer vor sich hertragen, halten wir bei einer Steuerreform für falsch und populistisch. Steuer vermeidende Konzerne wie Starbucks, Amazon, Google und Apple, über die Sie, Herr Minister, gerne die Hand halten, sollen selbstverständlich mehr zahlen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Der Unterschied zwischen CSU und GRÜNEN besteht darin, dass wir machbare und vor allen Dingen finanzierbare Konzepte machen, während die CSU das Blaue vom Himmel verspricht, ohne Gegenfinanzierung. Ob das finanzierbar ist, spielt keine Rolle. Nach der Wahl ist es eh egal.

(Lachen bei der CSU)

Wir brauchen keine wiederholten billigen Wahlversprechen mehr, Herr Minister. Sie haben gesagt, Sie wollen die kalte Progression und den Soli abschaffen. Ich bin gespannt, was davon nach der Wahl noch übrig bleibt.

Aber sehen wir uns den Haushalt an, liebe Kolleginnen und Kollegen, nicht dass Sie fragen: Was ist denn zum Haushalt gesagt? – Ein Blick in den Haushalt macht deutlich: Die CSU kann trotz der hohen Einnahmen und trotz der hohen Finanzkraft nur einen defizitären Haushalt aufstellen. Sie greifen wieder in die Rücklagen, um Ihren Haushalt finanzieren zu können. Glaubwürdig sind Ihre Ankündigungen daher nicht.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Was brauchen wir für eine gerechte Steuerpolitik auch in Bayern? – Wir brauchen eine personell und technisch gut ausgestattete Finanzverwaltung. Die Arbeit daran haben Ihre Vorgänger schleifen lassen. Sie haben nun begonnen, das Problem anzugehen. Mit den 900 Anwärterstellen, die Sie in diesen Haushalt eingestellt haben, haben Sie uns tatsächlich überrascht. Aber das darf natürlich kein Einzelfall bleiben, Herr Minister. Das muss jetzt verstetigt werden; das brauchen wir jedes Jahr.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Bayern hat in den letzten zehn Jahren an Bevölkerung, an Unternehmen und an Wirtschaftskraft gewonnen. Aber im Jahr 2006 gab es in Bayern 16.521 Beamten- und Arbeitnehmerstellen in der Steuerverwaltung, und heute gibt es davon 16.438. Das ist ein einfaches Rechenbeispiel. Wir haben weniger als vor zehn Jahren, ganz zu schweigen vom Personal-Ist, das noch einmal 1.500 Vollzeitstellen darunter liegt. Das können Sie gerne nachlesen.

In diesem Zusammenhang ist auch unser Haushaltsantrag zu sehen. Es kann nicht angehen, dass man die Verwaltung noch mehr schwächt, indem man Abordnungen zum Landesamt für Steuern vornimmt, um dort die Löcher zu stopfen. Nein, vielmehr braucht es Personal im Landesamt für Steuern, und das abge

ordnete Personal muss wieder zurückkehren, um an der Basis seine Arbeit leisten zu können.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Man braucht es nicht für ein Steuer-FBI, für CSI Nürnberg oder für was weiß ich, was dem Minister noch alles vor der nächsten Wahl einfällt,

(Zuruf von der CSU: Mehr als euch!)

um vielleicht eine Fortsetzungsserie zu begründen, keine Ahnung.

Zur Heimatstrategie: 700 Stellen schaffen Sie zusätzlich, weil kaum Beschäftigte bereit sind, sich Ihrer Heimatstrategie anzuschließen und im wahrsten Sinne des Wortes dabei mitzugehen. Ihnen ist es auch egal, ob Sie die Verwaltung damit insgesamt schwächen. Beispiel Landesamt für Statistik: War es sinnvoll, das Landesamt für Statistik nach Nürnberg zu verlegen? Diese Frage kann man stellen.

(Hans Herold (CSU): Eine gute Entscheidung!)

Das hat das Landesamt definitiv für Jahre personell geschwächt. Das müssen Sie zugeben.