Protocol of the Session on January 28, 2014

Es ist putzig, wenn wir hören, dass der Börsenstrompreis gefallen ist. Ja, das ist richtig, aber zur Wahrheit gehört auch die Frage, wer denn überhaupt zum Börsenstrompreis einkaufen kann. Der durchschnittliche Haushalt kann es sicher nicht.

(Hubert Aiwanger (FREIE WÄHLER): Das sollten Sie einführen!)

Selbst die großen Energieversorger haben nichts von einem stark fluktuierenden Energiepreis, weil sie die Versorgung lange im Voraus sicherstellen müssen und deswegen von kurzfristigen Preisschwankungen nur bedingt profitieren können.

Völlig unter den Tisch fallen gelassen haben Sie, Herr Kollege, dass sich über das EEG, über die Konzessionsabgabe, über die Netzentgelte, über die Stromsteuer und Vieles mehr ein Kostenblock aufgebaut hat, der heute deutlich größer ist als der Erzeugungspreis des Stroms.

(Hubert Aiwanger (FREIE WÄHLER): Auch das können wir ändern!)

Das muss von unserer Seite adressiert werden.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir haben natürlich auch Marktverwerfungen - zu denen es dann kommt, wenn wir beim Zubau der erneuerbaren Energien so weit sind, wie wir das in Deutschland schon mit Erfolg geschafft haben -, sodass man natürlich das Instrumentarium weiterentwickeln muss.

Wir erleben heute die Situation, dass die Kraftwerke, die wir auf der anderen Seite als Schattenkraftwerke für die Zeit brauchen, in der die erneuerbaren Energien gerade keinen Strom liefern, aus dem Markt gedrängt werden, vielleicht gerade auch noch diejenigen, die eigentlich am umweltfreundlichsten sind, zum Beispiel hoch effiziente Gaskraftwerke. Es scheint also offensichtlich Marktverwerfungen zu geben, die eine grundlegende Weiterentwicklung des EEG notwendig machen. Der Erkenntnisfortschritt, den ich gerade skizziert habe, ist bei der Bundesregierung vorhanden. Die Bundesregierung hat gezeigt, dass sie handlungsfähig ist und dass sie gewillt ist, sich dieses Themas schnell anzunehmen. Selbst bei Teilen der

GRÜNEN, lieber Herr Kollege Stümpfig, gibt es offensichtlich Erkenntnisfortschritte, insbesondere in den Ländern auf der Südschiene, wo der Wert eines Wirtschaftsstandortes hoch ist und man nicht einfach grüne Wolkenkuckucksheime ins Blaue hinein bauen kann.

Wir, meine Kolleginnen und Kollegen, stehen für klare Leitplanken. Deswegen unterstützen wir grundsätzlich das, was die Bundesregierung bei ihrer Kabinettsklausur beschlossen hat. Wir sehen natürlich auch den einen oder anderen Änderungsbedarf, und dazu werden wir in den nächsten Wochen und Monaten Vorschläge einbringen.

Ich muss für das Protokoll festhalten, dass in der letzten Periode wir, die CSU-Fraktion, die einzige Fraktion waren, die in der Energiekommission und in der Debatte hier im Parlament an dem Zieldreieck Versorgungssicherheit, Bezahlbarkeit und Klimafreundlichkeit festgehalten hat. Sie hatten es in der Vergangenheit abgelehnt zu sagen, dass das drei gleichberechtigte Ziele sind. Insbesondere die GRÜNEN haben gesagt: Der Preis spielt im Grunde keine Rolle. Wir haben den Menschen immer gesagt, dass es teurer wird. Das, lieber Herr Kollege Stümpfig, ist verantwortungslos. Wir stehen demgegenüber für eine verantwortungsvolle Energiewende.

Von dem, was aktuell diskutiert wird, möchte ich noch zwei Punkte herausgreifen. Der erste Punkt ist die Bezahlbarkeit. Es ist eine notwendige Aufgabe, den weiteren Zubau kosteneffizient zu organisieren. Das heißt, wir müssen vor allem darüber sprechen, wie man den Strompreisanstieg dämpfen kann. Das kann nur so funktionieren, dass wir die erneuerbaren Energien näher an den Markt heranführen, dass die Direktvermarktung eine größere Rolle spielt, dass Zubaukorridore definiert werden und dass sich der Preis auch künftig am Markt bilden kann.

Natürlich muss man sagen, dass es auch aus bayerischer Sicht Punkte gibt, die man verbessern kann und die man bei einer Reform des EEG stärker adressieren muss. Gerade Biogas ist ein Energieträger, von dem wir glauben, dass er eine noch größere Bedeutung haben sollte, weil er notwendigerweise nicht so fluktuierend ist wie der Wind und die Sonne, weswegen er vielleicht einen bedeutsameren Anteil als im Moment haben muss. Aber die Richtung an dieser Stelle stimmt.

Unsere oberste Richtschnur, liebe Kolleginnen und Kollegen, ist tatsächlich, Arbeitsplätze zu erhalten. Es wäre ein Schuss ins Knie, wenn wir die Energiewende so organisieren würden, dass wir sie zwar am Ende

geschafft haben, aber Deutschland gleichzeitig deindustrialisiert ist.

Der zweite Punkt ist Versorgungssicherheit. Sie – ich hoffe, dass wir uns hier auch darauf einigen können – ist etwas, das für uns ganz groß darüber steht und gerade für die Südländer besondere Bedeutung hat. Versorgungssicherheit zu gewährleisten, bedeutet zunächst einmal ein genaueres Verständnis zu entwickeln, damit wir wissen, wie es um die Versorgungssicherheit in der Zukunft in Süddeutschland bestellt ist. Deswegen wurde auch der Bericht zur Versorgungssituation in den Kabinettsbeschluss aufgenommen.

Weiterhin werden wir uns überlegen müssen, wie wir diese notwendigen flexiblen Kraftwerke wieder näher an den Markt bringen und Marktbedingungen schaffen, die gewährleisten, dass sich diese Kraftwerke auch am Markt halten können. Es wäre verrückt, wenn wir über den Zubau reden und es nicht einmal schaffen, Bestandskraftwerke, die hocheffizient sind, im Markt zu halten.

Wir müssen natürlich alles tun – lieber Herr Kollege, da bin ich mit Ihnen völlig d’accord –, um den Weg der Energiewende intelligent da abzukürzen, wo es möglich ist. Das heißt, Energieeffizienz ist etwas, worauf wir weiterhin gerade unsere landespolitischen Maßnahmen richten wollen. Wir müssen über einen intelligenten Netzausbau reden, wir müssen über das Last-Management reden. Auch da kann man die Industrie mit ins Boot holen.

Insgesamt – das ist die große Aufgabe – muss man alle diese Vorschläge am Ende in einem neuen Strommarkt-Design zusammenführen und auch den Wärmebereich entsprechend adressieren.

Ein vorletzter Punkt ist der Vertrauensschutz. Jeder weitere Schritt – das war für uns immer wichtig, und daran haben wir als CSU-Fraktion keinen Zweifel gelassen – muss so organisiert sein, dass Bestandsschutz für das besteht, was in der Vergangenheit an Zubau stattgefunden hat – daran wird von unserer Seite auch nicht weiter gerüttelt werden –, auch im Wissen darum, dass wesentliche Zusagen und wesentliche Teile der Kostendynamik in der Vergangenheit angefallen sind.

Aber wir müssen auch sicherstellen, dass Vertrauensschutz für diejenigen gilt, die in diesem Land im Vertrauen auf eine sichere, stabile, bezahlbare Stromversorgung investiert haben und unter diesen Standortbedingungen bewusst Investitionsentscheidungen getroffen haben, gerade in energieintensiven Branchen. Sie müssen sich auch weiterhin darauf verlassen können, dass diese Standortbedingungen gelten. Deswegen wird es mit uns auch kein Wackeln bei

den Ausgleichsregelungen für stromintensive Betriebe geben.

Ein letzter Punkt ist die Akzeptanz. Wir werden die Energiewende nicht gegen die Bevölkerung organisieren können, und wir werden sie auch nicht nur mit denen organisieren können, die zwar für Windkraft und alles andere stehen, aber nur, solange es nicht vor der eigenen Haustür stattfindet. Dafür stehen wir als CSU-Fraktion.

Ich darf abschließend an der Stelle das Wort des Ministerpräsidenten bemühen, der gesagt hat: Energiewende ist eine Mega-Aufgabe, die wir nur alle gemeinsam leisten können. Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich hoffe, dass nicht nur die Bundesregierung und einzelne versprengte GRÜNE, die anderswo in Verantwortung stehen, an diesem Strang in dieselbe Richtung mitziehen, sondern auch die Opposition hier im Hohen Haus.

(Beifall bei der CSU)

Vielen Dank, Herr Kollege. Frau Kollegin Kohnen von der SPD-Fraktion steht schon bereit. Bitte schön.

Es dürfte Herrn Blume nicht verwundern, dass ich schon bereitstand. - Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Lieber Herr Blume, wäre es Ihnen lieber gewesen, heute über die Streichung von Lehrerstellen zu sprechen? Das wäre sicher auch ein spannendes Thema gewesen.

(Beifall bei der SPD und den FREIEN WÄH- LERN)

Ich kann Ihnen sagen, warum wir über Energiewende sprechen und Bayern insbesondere darüber sprechen muss. Es ist tatsächlich in einer geraden Linie, dass wir in Bayern nach wie vor 47 % Atomstrom haben, den wir ersetzen müssen. Ich muss schon ein wenig schmunzeln, wenn Sie sagen, in der Energiewende hätten wir Leitplanken. Ehrlich gesagt: Die letzten drei Jahre, die Sie abgeliefert haben, sind hier in Bayern ein echter Crash-Kurs.

Vor acht Tagen hat Ihr Ministerpräsident das Eckpunktepapier zum EEG von Sigmar Gabriel gelobt, es sei gut. Einen Tag später – vor sieben Tagen – hat die CSU gemerkt: In diesem Eckpunktepapier gibt es noch Windenergie. Doch die darf es gar nicht geben, weil Horst Seehofer hier in Bayern keinen Wind haben will. Heute – interessanterweise, hoppla – kommt ein Papier aus Baden-Württemberg und Bayern, in dem es plötzlich heißt, Windenergie sei in Bayern doch irgendwie förderungswürdig. Ich bin echt gespannt,

was am Ende des Tages dabei noch herauskommt. Herr Stümpfig, Sie sind reichlich naiv, wenn Sie glauben, dass das Wort, das Horst Seehofer heute um 11.00 Uhr sagt, morgen noch seine Gültigkeit hat.

(Beifall bei der SPD und den FREIEN WÄH- LERN)

Für mich repräsentieren Sie eine Regierungspartei, die bei der Energiewende völlig ohne Plan ist. Jede Woche, die vergeht, bringt uns in meinen Augen einen Schritt weiter ins Energie-Abseits und nicht zu einer Energiewende. Ein Ministerpräsident führt mit Wonne seine Energieministerin vor, stampft ihre zaghaften ersten Vorschläge zur Energiewende gleich einmal in den Boden. Frau Aigner, Sie haben so nett gesagt: In meinem eigenen Landkreis bin ich gar nicht so zerrupft. Na ja, ich lasse es einmal so stehen. Aber ich sage Ihnen, was das Problem in den letzten Tagen ist: Sie sagen immer, egal, wo Sie auftreten, das Problem der Energiewende sei, dass es primär gar nicht mehr um den Ausbau der erneuerbaren Energien gehe. Es gehe um ganz andere Prioritäten als Strompreis und Versorgungssicherheit. Ich sage Ihnen eines: Das Problem ist nicht die Volatilität der erneuerbaren Energien, sondern es ist die Volatilität Ihres Ministerpräsidenten.

(Beifall bei der SPD, den FREIEN WÄHLERN und den GRÜNEN)

Gehen wir doch einmal drei Jahre zurück, Herr Ministerpräsident. Nach Fukushima wollten Sie Bayern zum Vorzeigeland machen. Erinnern Sie sich noch, dass Sie gesagt haben, Sie würden Baden-Württemberg einmal zeigen, wo der Hammer in der Energiewende hängt, einmal zeigen, wie es wirklich geht. Das große Tschakka haben Sie hier gemacht und gesagt: Deutschland und Europa werden auf Bayern schauen. Bayern sollte autark werden. Kein preußischer Strom, nur bayerischer Wind, bayerische Sonne und bayerisches Biogas. Und siehe da, heute Morgen um 11.00 Uhr sagen Sie doch glatt mit Herrn Kretschmann: Die Energiewende kann nur im nationalen Konsens erfolgreich sein.

(Zuruf des Abgeordneten Markus Rinderspacher (SPD))

Das haben wir Ihnen damals schon gesagt, und es dauert schon sehr lange, bis es bei Ihnen ankommt, wenn es denn dabei bleibt.

(Beifall bei der SPD)

Der Ministerpräsident hat nach Fukushima die Koalition mit den Bürgern Bayerns geschlossen. Er trieb die Kommunen an, er hat gesagt: Alle Kraft in die Pla

nung. Ich kann Ihnen sagen: Heute, im Januar 2014, sind alle Planungen der engagierten Bürgerinnen und Bürger vor Ort vergessen, sie sind zu den Akten gelegt, sie sind in die Tonne getreten, nachdem Horst Seehofer vor sechs Monaten als Wahlkämpfer durch Bayern gezogen ist und gesagt hat: Die 10-H-Regelung kommt. Wissen Sie, was das heißt? 463 Windräder, die in Planung sind, können Sie vergessen, und es bleiben nur noch 0,05 % der Fläche für Windkraft übrig. Ist es allen Ernstes Ihr Wille, dass ein Mann aus Ingolstadt sagt, was Bayern zu tun hat, Sie alle hinterherspringen und es vor Ort zugeht wie in der Hölle?

(Beifall bei der SPD – Zuruf des Abgeordneten Erwin Huber (CSU))

Liebe Frau Aigner, Sie zeigen nach Berlin und sagen: Oh, der böse Herr Gabriel hat die Windenergie nicht mehr förderungsfähig gemacht.

(Erwin Huber (CSU): Nur billigste Polemik ist das! So etwas Schwaches!)

- Erwin Huber, die Atomkraft kannst du irgendwann anders verlängern. Beruhige dich. Auf jeden Fall geht es doch so weiter.

(Erwin Huber (CSU): So eine billige Nummer!)

- Das ist keine billige Nummer.

Herr Kretschmann hat euch heute erklärt, dass es darum geht, dass ihr als Bayerische Staatsregierung das Referenzertragsmodell

(Unruhe – Glocke der Präsidentin)

für Wind weiterentwickelt. Das heißt, ich verlange ein Bekenntnis zur Windenergie in Bayern, und zwar heute und hier.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN und Ab- geordneten der FREIEN WÄHLER)

Beantworten Sie doch einmal die Frage, um die es geht, wenn Sie die Windenergie hier in Bayern plattmachen. Dann möchte ich von Ihnen wissen: Welche Zielgröße für den Anteil erneuerbarer Energien streben Sie überhaupt noch an? Wie wollen Sie die 47 % Atomstrom tatsächlich ersetzen? Oder läuft es darauf hinaus, dass Sie 2015 sagen: Hoppla, jetzt geht es gar nicht mehr, jetzt müssen wir noch einmal über Atomstrom reden. Sagen Sie hier, was Sie wirklich wollen.