Protocol of the Session on September 28, 2016

(Markus Blume (CSU): Den hat doch der Oberbürgermeister vorgeschlagen!)

Erst vor wenigen Jahren gab es bereits einen demokratischen Mehrheitsentscheid. Man muss die Position dieser Mehrheit nicht übernehmen, Herr Blume. Das ist überhaupt keine Frage. Gerade als Münchner Abgeordneter sollte man aber diesen Mehrheitsentscheid schon irgendwie respektieren und nicht Jahr für Jahr neue Bürgerentscheide fordern, bis endlich das Realität wird, was man sich selbst wünscht.

(Beifall bei der SPD)

Im Übrigen wissen wir doch, liebe Kolleginnen und Kollegen, wie es ausgeht. Wir haben doch Woche für Woche, Monat für Monat und Jahr für Jahr Umfragen. Alle Umfragen besagen, dass die Münchner Bevölkerung genauso wie vor einigen Jahren mit breiter Mehrheit, einer Zweidrittelmehrheit, eine dritte Startbahn nicht möchte. Alle Umfragen besagen, dass nicht nur die Münchner die dritte Startbahn nicht wollen, sondern dass sie auch die Schwaben, die Oberpfälzer, die Niederbayern und die Franken nicht wollen. In Franken ist die Ablehnung besonders hoch. In München sagen viele Bürgerinnen und Bürger: Wir wollen kein weiteres Wachstum mehr auf Teufel komm raus. Es wäre viel besser, dieses Wachstum über ganz Bayern zu verteilen. In Nordbayern wäre Wachstum viel besser als in dem Hitzekessel der Landeshauptstadt München, in die immer mehr Menschen ziehen, sodass dort die Mieterinnen und Mieter immer stärker unter Druck geraten.

(Beifall bei der SPD)

Wir sind sehr überrascht, dass Sie heute diese Kehrtwende vornehmen. Wir sind enttäuscht, dass Sie Ihre ursprüngliche Position nicht gehalten haben. Sie haben viele Gespräche geführt, dankenswerterweise auch mit der Opposition. Wir alle hatten den Eindruck, dieses Thema müsste eigentlich abgeräumt sein. Jetzt liegt es wieder auf dem Tisch, und wir nehmen es als Wahlkampfthema für das Jahr 2018 auch sehr gerne an.

Meine Damen und Herren, ich komme zu meinem Fazit. Die Regierungserklärung des Ministerpräsidenten war heute kein großes Vermächtnis, das man in der Mitte der Legislaturperiode von einem scheiden

den Regierungschef hätte erwarten können. Die Regierungserklärung war ein trockener Tätigkeitsbericht, der in Teilen sogar in Ihren eigenen Reihen auf Kritik und Ablehnung stößt, so zum Beispiel bei der Verlagerung des Gesundheitsministeriums. Der Regierungschef stößt damit die eigene Ministerin, die eigene Fraktion und die eigenen Mitglieder des Gesundheitsausschusses regelrecht vor den Kopf. Wir sind darauf gespannt, wie die Willensbildung weitergeht. Möglicherweise geht es so hinaus wie bei der dritten Startbahn.

Der Dauerstreit mit der Bundeskanzlerin seit dem Sommer 2015 hat in jedem Fall unendlich viele Ressourcen der Staatsregierung gebunden und Energien und Kreativität gekostet. Dadurch ist auf der bayerischen Landesebene viel zu viel liegen geblieben. Längst fällige Entscheidungen wurden auf die lange Bank geschoben. Beim Gymnasium dringt man mit einem Schnellschuss an die Öffentlichkeit, was weder von Lehrern noch von Eltern noch von Schülern noch von den Kommunen begrüßt wird. Beim Nationalpark verzichtet man gleich ganz auf ein Konzept. Herr Seehofer setzt auf die Vergesslichkeit der bayerischen Bevölkerung. Gegebene Versprechen werden nicht eingehalten. Ausgesprochene Garantien verfallen garantiert bereits nach wenigen Wochen. Lautstark formulierte Ziele verliert diese Regierung schnell aus den Augen.

Unsere größte aktuelle Sorge aber ist: Zum 70-jährigen Jubiläum unserer Bayerischen Verfassung erleben wir eine Zeit, in der ein immer hemmungsloser werdender Rechtspopulismus auch vor dieser Regierungspartei nicht haltmacht.

(Dr. Florian Herrmann (CSU): So eine Unverschämtheit!)

Die Bayerische Verfassung atmet nicht den Geist eines Viktor Orbán oder eines David Cameron, an denen sich die Seehofer-Regierung und die CSULandtagsfraktion ein Vorbild nehmen. Die Bayerische Verfassung aus der Feder des Sozialdemokraten und bayerischen Patrioten Wilhelm Hoegner ist eine Proklamation der Freiheit und eine Charta der sozialen Gerechtigkeit. Hoegner kam es darauf an, dass in unserem Land zuvorderst ein soziales Miteinander herrscht, dass wir uns in Bayern Respekt entgegenbringen, dass jeder seinen Platz in der Gesellschaft findet, ganz egal ob alt oder jung, Frau oder Mann, ob zugereist oder einheimisch, egal welcher Religion man angehört oder auch nicht. Das ist und bleibt unsere sozialdemokratische Richtschnur für eine wertegebundene und allgemeinwohlorientierte Politik für den Freistaat Bayern.

(Anhaltender Beifall bei der SPD)

Vielen Dank. – Ich darf in der Rednerliste mit Herrn Kollegen Kreuzer für die CSU-Fraktion fortfahren. Bitte schön, Herr Kollege Kreuzer.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, Herr Ministerpräsident, Kolleginnen und Kollegen! Zunächst herzlichen Dank dem Ministerpräsidenten für die klare Regierungserklärung.

(Beifall bei der CSU)

Er hat aufgezeigt, wie es in diesem Land weitergehen muss, und er hat aufgezeigt, wie es in diesen letzten, nein nächsten zwei Jahren weitergehen muss.

(Hans-Ulrich Pfaffmann (SPD): Ja, die letzten zwei Jahre!)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, im Gegensatz zu anderen Parlamenten ist es richtig, dass sich nicht nur das Kabinett in St. Quirin mit diesen Themen befasst, sondern dass dazu auch eine Regierungserklärung abgegeben wird, sodass sich auch das Parlament, die gewählten Abgeordneten damit befassen und auseinandersetzen können. Auch hierfür herzlichen Dank!

(Beifall bei der CSU)

Lieber Herr Rinderspacher, wenn man Ihnen so zuhört, könnte man meinen, ohne die SPD in Bayern würde es gar nicht gehen.

(Markus Rinderspacher (SPD): Das ist richtig! – Beifall bei der SPD)

Das glauben aber nur Sie. Jetzt einmal ganz ehrlich und mit allem Ernst: Dass die SPD in Bayern keine großen Visionen hat, war uns schon vorher klar. Dass Sie aber zur Fortentwicklung dieses Landes keine einzige eigene Botschaft in einer Stunde übermittelt haben, war erbärmlich, Herr Kollege Rinderspacher.

(Beifall bei der CSU – Markus Rinderspacher (SPD): Sie haben nicht zugehört!)

Außer Kritik an hauptsächlich bundespolitischen Themen – darauf werde ich noch zu sprechen kommen – und der ewigen Aussage, es könnte zum Beispiel bei der Barrierefreiheit mehr sein, habe ich von Ihnen nichts gehört, was nicht schon gemacht wird, um dieses Land weiterzubringen. Deswegen sind Sie in der Regierungsverantwortung auch entbehrlich, Herr Rinderspacher.

(Beifall bei der CSU)

Den Menschen in Bayern geht es, insgesamt betrachtet, gut. Die Menschen leben gern im Freistaat Bayern. Weshalb sonst sollten so viele Menschen nach Bayern ziehen? In den vergangenen 30 Jahren erlebten wir einen Bevölkerungszuwachs um 15 %. Sie kommen wegen der guten wirtschaftlichen Lage, wegen der qualifizierten Ausbildungs-, Studien- und Arbeitsplätze, wegen der intakten Natur und der reichen Kultur unseres Landes, wegen Sicherheit und Ordnung, wegen stabiler gesellschaftlicher Strukturen. Sie kommen gewiss nicht wegen der rot-grünen Opposition nach Bayern.

(Markus Rinderspacher (SPD): Aber Ihretwegen auch nicht, Herr Kreuzer!)

Wenn ich gefragt werde, was die Opposition im Bayerischen Landtag leistet, kann ich nur sagen: Blockieren, Lamentieren. Wichtige politische Entscheidungen, von denen die Bürgerinnen und Bürger in Bayern erheblich profitieren würden, werden durch sinnlose Klagen vor Gerichten unnötig verzögert.

(Markus Rinderspacher (SPD): Meistens bekommen wir Recht!)

So war es auch bei der 10-H-Regelung. Mit dieser Klage haben Sie vor dem Bayerischen Verfassungsgerichtshof eine krachende Niederlage erlitten.

(Zuruf des Abgeordneten Dr. Paul Wengert (SPD))

Sie wollten nämlich den Menschen und den Gemeinden kein Mitspracherecht einräumen. Sie wollten sie bevormunden, von oben herunter. Sie sind gescheitert, Herr Rinderspacher!

(Beifall bei der CSU)

So war es auch mit dem Betreuungsgeld. Liebe Kolleginnen und Kollegen von der SPD, wie wollen Sie eigentlich den Familien in unserem Land guten Gewissens erklären, dass Sie das Betreuungsgeld ewig verzögert haben, obwohl Sie genau wussten, dass es kommt? Das hatte doch auch politisch überhaupt keinen Sinn. Ein solches Verhalten ist Rechthaberei. Die Menschen haben es verstanden: Sie haben 90.000 Familien monatelang Geld vorenthalten, Herr Rinderspacher!

(Beifall bei der CSU)

So viele Anträge sind mittlerweile eingegangen.

Sie haben heute gefordert, dass die Eltern von Kindergartenbeiträgen freigestellt werden. Wir in Bayern haben eine entsprechende Regelung für das dritte

Kindergartenjahr bereits getroffen. Herr Rinderspacher, Sie haben verschwiegen, wie Ihr Vorhaben finanziert werden soll. Auf Ihrer Klausurtagung haben Sie gesagt, dass Sie das Betreuungsgeld abschaffen wollen.

(Beifall bei der SPD)

Dieses Geld würden Sie 90.000 Familien wegnehmen. Wissen Sie, was das für ein Verhalten ist? – Sie spielen Familien gegeneinander aus.

(Markus Rinderspacher (SPD): Das machen Sie!)

Sie wollen aus ideologischen Gründen den Menschen vorschreiben, wie sie ihre Kinder zu erziehen haben. Familien gegen Familien – das ist Ideologie, nicht aber Familienfreundlichkeit. Dafür sollten Sie sich schämen!

(Beifall bei der CSU)

Tatsache ist, Bayern investiert über 3 Milliarden Euro jährlich in die Familienpolitik. Das ist mehr als doppelt so viel wie noch im Jahr 2008. Allein in die Kinderbetreuung haben wir im vergangenen Jahr 1,5 Milliarden Euro investiert. Wir leisten beides: beste Kinderbetreuung und Betreuungsgeld.

Wenn man fragt, wo Hortplätze fehlen, hört man die Antwort: Das ist nicht in den ländlichen Bereichen und den mittleren Städten der Fall. Hortplätze fehlen vielmehr in den Ballungsräumen, in denen Sie, SPD und GRÜNE, politische Verantwortung tragen. Dort gibt es noch zu wenig. Schauen Sie, dass Sie dort aufholen! Dann hätten wir ein flächendeckendes Angebot.

Unser Ziel war es nie – ich werde in meinen Ausführungen zu den Schulen noch einmal darauf zu sprechen kommen –, dass jedes Kind einen Hort aufsucht. Unser Ziel war immer Wahlfreiheit. In Bayern kann jede Familie, die für ihr Kind einen Hortplatz braucht, diesen haben. Aber niemand wird gezwungen, in einen Hort zu gehen. Bei dieser Strategie bleiben wir.

(Beifall bei der CSU)

Wenn die SPD von "Zukunft" spricht, dann meint sie damit eigentlich immer Steuererhöhungen und Umverteilung. Heute sagten Sie dem Ministerpräsidenten, über die von Finanzminister Söder vorgeschlagene Steuerentlastung könne man reden; der Vorschlag entlaste aber zu wenig. Sie haben in den vergangenen Jahren, auch schon in der vergangenen Legislaturperiode, jede Steuerermäßigung abgelehnt. Wir dagegen haben versucht, den Menschen Geld zurückzugeben. Sie waren immer gegen die Beseiti

gung des Mittelstandsbauches, gegen eine Abflachung der Progression.

(Markus Rinderspacher (SPD): Ach, Herr Kreuzer!)