In 65 Landkreisen und kreisfreien Städten gibt es an den staatlichen Realschulen noch kein einziges gebundenes Ganztagsangebot.
Bei den Gymnasien besteht in 57 Landkreisen und kreisfreien Städten kein entsprechendes Ganztagsangebot, und bei der Förderinfrastruktur existieren große Unterschiede. In Tirschenreuth und Weilheim-Schongau wird den Eltern und Schülern sogar an keiner einzigen Grundschule ein entsprechendes Ganztagsangebot gemacht. Was, Herr Seehofer, ist eigentlich von den Garantien zu halten, die Sie bei Ihren Regierungserklärungen im Hohen Haus aussprechen?
Das Gleiche gilt übrigens auch für Ihr vollmundiges Versprechen, konkrete Infrastrukturmaßnahmen in Bayern bis zum Ende Ihrer Amtszeit umzusetzen. Sie nannten die internationale Schienenanbindung Bayerns nach Osteuropa entlang der Transversale Paris – Budapest über Augsburg und München. Nichts davon wird bis jetzt Realität, ist nicht im Geringsten in Sicht. Zu einer modernen Infrastruktur gehört die zweite S
Bahn-Strecke in München, sagten Sie. Nichts davon ist in Sicht. Die Finanzierung wird von der Bayerischen Staatsregierung verweigert; sie hätte längst in die Vorfinanzierung gehen können.
Herr Ministerpräsident, Sie haben Ihren Abschied aus der bayerischen Landespolitik für 2018 angekündigt. Sie haben nur noch zwei Jahre Zeit. Sie befinden sich auf der Zielgeraden Ihrer politischen Laufbahn; denn Sie haben angekündigt, aufzuhören. Wann lösen Sie bitte Ihre Versprechen der letzten Regierungserklärungen ein?
Tatsächlich gibt es jetzt neue Schlagworte, neue Versprechungen, neue Garantien. Wir waren überrascht, genauso wie Ihre Umweltministerin, dass Sie bei Ihrer letzten Klausurtagung in St. Quirin aus der hohlen Hand, völlig überraschend für alle politischen Beobachter in Bayern, einen dritten Nationalpark für Bayern ankündigen. Das Vorgehen lässt vermuten, dass es sich um ein parteitaktisches Manöver handelt. Sie wollen die Naturschützer in Bayern mit dem Symbolversprechen eines neuen Nationalparks ruhig stellen, und die CSU reklamiert für sich ein naturschutzpolitisches Wahrzeichen, dem sie seit Jahren selbst destruktiv-kämpferisch gegenübersteht.
Heute sind Sie in Erklärungsnot, Herr Seehofer. Wer wie Sie beim Steigerwald jahrelang aus allen Rohren gegen den Nationalparkgedanken schießt, der kann diese Idee nicht plötzlich entgegen allen eigenen bisherigen Verlautbarungen als sinnstiftend vermarkten. Wie wollen Sie denn den Menschen jetzt plötzlich erklären, dass ein Nationalpark im Steigerwald Wirtschaft und Tourismus massiv schadet – das haben Sie jahrelang hier so proklamiert –, dass aber der Nationalpark im Spessart und in der Rhön, nur ein paar Kilometer weiter, Wirtschaft und Tourismus plötzlich massiv nutzt?
Es handelt sich also offensichtlich um eine fadenscheinige Absichtserklärung ohne jede Substanz. Im Übrigen ist das Vorgehen der Staatsregierung zur angeblichen Umsetzung ausgesprochen mangelhaft. Die Regierung hat es versäumt, ihre Ankündigung, auch zur Versachlichung der Debatte wenigstens mit einer ersten Potenzialanalyse, mit einer Vorbefragung der Bürgerschaft und kommunaler Verantwortungsträger oder gar mit einem Teilkonzept zu untermauern. Es liegt noch nicht einmal ein Fahrplan für den Dialog mit den Regionen vor, geschweige denn der Auftrag für geografisch eingegrenzte Machbarkeitsstudien.
Wir stellen also fest, dass die überraschende Ankündigung von St. Quirin von Nationalparkkritikern in manchen Regionen bereits als Einladung zum Widerstand verstanden wurde. Der ehemalige Staatskanzleiminister von der CSU ist da übrigens ganz vorne dran. Die Regierung spielt den Kommunen den Ball ohne jede Hilfestellung und erkennbare Rückendeckung zu. So haben gerade CSU-Politiker aus den Kommunen sowohl im Spessart als auch in der Rhön zum Widerstand gegen Ihre Überlegungen aufgerufen.
Schlicht falsch und völlig unbegründet ist es aus unserer Sicht, dass ausgerechnet der Steigerwald von Ihnen aus offensichtlich politischen Gründen ausgeschlossen wurde, wäre er doch ganz offensichtlich, wie alle Experten einmütig festgestellt haben, die ideale Variante für einen dritten Nationalpark im Freistaat Bayern.
Bedanken möchte ich mich an dieser Stelle – ich denke, das kann man hier tun – bei meinen Kollegen Florian von Brunn, Harry Scheuenstuhl und, aus der letzten Legislaturperiode, Ludwig Wörner, auch bei den Kolleginnen und Kollegen der GRÜNEN, die seit Jahren immer wieder gegen den heftigsten Widerstand der CSU die Bedeutung eines weiteren Nationalparks für Bayern hervorgehoben haben.
Dass Sie es mit dem Naturschutz ganz offensichtlich nicht so ernst meinen, zeigte das jüngste Vorgehen am Riedberger Horn. Die geplante Skischaukel befindet sich nicht nur in der strengsten, der Schutzzone C des bayerischen Alpenplans, sondern ihre Realisierung widerspräche auch der Alpenkonvention, einem internationalen Vertrag, also Umweltvölkerrecht, und sie würde auch gegen europäisches Naturschutzrecht verstoßen.
Wir sagen als SPD klipp und klar: Die Alpen als Natur- und als Kulturraum sind ein Menschheitserbe. Deshalb handelt es sich hier um einen Präzedenzfall, der weit über örtliche Interessen hinausgeht. Der Alpenplan mit seinen Schutzzonen ist seit 44 Jahren ein großer Erfolg und hat die Bayerischen Alpen vor dem Ausverkauf und der Verschandelung bewahrt. Das will die Staatsregierung jetzt opfern, indem sie eine Handvoll Bürger entscheiden lässt. Für uns in Bayern, Herr Ministerpräsident, gilt noch immer die Herrschaft des Rechts.
Zwischendrin einmal wieder etwas Netteres zur Auflockerung der Stimmung: Wir als SPD begrüßen ganz ausdrücklich, dass Sie unsere langjährige Forderung aufgegriffen haben, dass künftig auch hochgradig sehbehinderte Menschen in Bayern anteilig Blindengeld erhalten sollen. Das ist eine gute Sache; es wird aber auch höchste Zeit. Hochgradig sehbehinderte Menschen sind in ihrem Alltag oft ebenso stark eingeschränkt wie blinde, haben aber keinen Ausgleich erhalten. Ich freue mich, dass der ausdauernde Einsatz meiner Fraktion, der SPD, von Verbänden und vielen wohlmeinenden Menschen in unserem Land Erfolg hat. Mein Dank gilt Ruth Waldmann, Angelika Weikert, Christa Steiger – sie war in der letzten Legislaturperiode im Landtag – und vielen anderen, die immer wieder beim Blindengeld Druck gemacht haben, dass wir das endlich umsetzen können. Das zeigt: Opposition ist zwar ein verdammt hartes Brot; aber mit Dranbleiber-Qualitäten kann man etwas erreichen, auch beim Blindengeld. Ohne die SPD hätte sich die Regierung in diesem Bereich niemals, aber wirklich niemals bewegt.
Ein weiteres Dankeschön gilt jenen Kollegen, die hier im Hohen Hause seit Jahren für eine bessere Polizeiausstattung arbeiten. Immer wieder hat die SPD darauf aufmerksam gemacht, dass der Ruf nach einem Einsatz der Bundeswehr im Inneren und der Ruf nach ehrenamtlichen Bürgerwehren an den Flüchtlingsunterkünften Ablenkungsmanöver der Regierung par excellence waren und sind. Wie sollte die Bundeswehr hier im Inneren tätig werden? Sie ist dafür gar nicht ausgebildet. Es handelt sich um eine hoheitliche Aufgabe der Polizei. Immer wieder haben wir auf die tatsächlichen Herausforderungen der bayerischen Polizei hingewiesen. Sie hat mittlerweile 1,6 Millionen Überstunden angehäuft. Jede elfte Polizeipersonalstelle ist nicht besetzt; 2.500 budgetierte Personalstellen sind de facto nicht besetzt. Deshalb sagen wir: Unsere bayerische Polizei leistet exzellente Arbeit. Wir bedanken uns dafür sehr herzlich.
Deshalb muss sie personell und technisch erstklassig ausgestattet sein. Hier ein drittes Lob hinterher: Gut, dass die Staatsregierung nach Jahren des Stillstands hier endlich die eigenen Defizite anzuerkennen bereit ist und mehr Personal zur Verfügung stellt. Mein Dank gilt auch den Polizeiexperten in unserer Fraktion, Peter Paul Gantzer, Paul Wengert, Helga SchmittBussinger und für die letzte Legislaturperiode Harald Schneider, die über Jahre hinweg immer drangeblieben sind und nicht locker gelassen haben. Wir haben
von vielen Polizistinnen und Polizisten in Bayern die Rückmeldung erhalten, dass sich der hartnäckige Einsatz der SPD hier wirklich ausgezahlt hat. Vielen Dank, liebe Kolleginnen und Kollegen.
Interessant ist, Herr Ministerpräsident, welche Themen Sie heute ausgespart oder nur mit einigen Worten bedacht haben. Ich habe den Eindruck, dass manches von dem, was Sie heute formuliert haben, ein Stück weit an echten Realitäten in unserem Land vorbeigeht; denn tatsächlich sind die 200 Burkaträgerinnen zwischen Lindau und Flensburg nicht die zentrale Herausforderung für den Freistaat Bayern und die Bundesrepublik Deutschland – definitiv nicht. Schon heute ist es möglich, die Burka vor Gericht, beim Amtsarzt oder beim Kreisverwaltungsreferat, wenn man einen neuen Ausweis bestellt, zu verbieten. Das ist doch nicht das Hauptthema, das wir in Deutschland haben. Das ist doch nicht das Thema, das die Menschen bewegt. Fragen Sie einmal eine alleinerziehende Verkäuferin von Aldi, ob für sie ein Burkaverbot wirklich wichtig ist. Sie hat doch – auch bei uns im Freistaat Bayern – ganz andere Probleme.
Da geht es doch um ganz andere Themen, meine Damen und Herren. Immer wieder bauen Sie neue Konfrontationen auf und tun so, als sei die Hauptproblematik in unserem Land das Gegeneinander von Deutschen und Ausländern, was definitiv nicht der Fall ist. Die Hauptproblematik in unserem Land ist das Auseinanderklaffen von Oben und Unten, von Reich und Arm.
Ich hätte mir von Ihnen, Herr Ministerpräsident, ein paar Worte dazu gewünscht, dass laut Zahlen von Frau Müller im Freistaat Bayern mittlerweile auf 3.500 Einkommensmillionäre 1,8 Millionen Menschen an und unterhalb der Armutsgrenze entfallen. Ich hätte mir gewünscht, dass Sie heute einmal ein Konzept vorlegen, wie Sie diese 1,8 Millionen Menschen in Bayern besser mit Landesmitteln unterstützen wollen. Es ist ein großes Defizit, dass Sie das nicht ansprechen.
Wenn Sie mit den Menschen, insbesondere in den Ballungszentren, ins Gespräch kommen, hören Sie viele Menschen in unserem Land darüber klagen, dass die Mieten immer teurer werden und dass die Familien, die Rentner, die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer mittlerweile 40, 50, 60 % ihres Nettoein
kommens für die Miete berappen müssen. Vom Regierungschef aber haben wir dazu heute kein einziges Wort gehört.
Nach unseren Berechnungen, meine Damen und Herren, brauchen wir im Freistaat Bayern bis zum Jahr 2020 rund 100.000 neue und vor allem bezahlbare Wohnungen. Wir sind enttäuscht, dass Sie nach Ihrer Regierungserklärung 2013 bis 2016 außer den Bundesmitteln für den Wohnungsbau keine zusätzlichen Landesmittel in nennenswerter Höhe zur Verfügung gestellt haben. Sie haben versprochen, es werde binnen vier Jahren 28.000 neue Wohnungen geben. Unser Kollege Andreas Lotte hat unlängst angefragt, wie viele Wohnungen im Jahr 2016 mit Ihrem kommunalen Wohnungsbauförderprogramm tatsächlich staatlich gefördert und gebaut wurden. Was schätzen Sie, Herr Ministerpräsident? Kennen Sie die Zahl? – Es sind noch nicht einmal 150. Sie wollen auf 28.000 kommen, und im gesamten Jahr 2016 sind von Ihnen noch nicht einmal 150 Wohnungen im Freistaat Bayern gefördert worden. Wir müssen in diesem Bereich wieder mehr leisten.
Die Kommunen sind da unglaublich aktiv. In der Landeshauptstadt München gibt es eine ganz lebendige Debatte – an ihr beteiligen sich im Übrigen alle Parteien im Münchner Stadtrat –, wie man mit mehr Kreativität mehr bezahlbaren Wohnraum schaffen kann. Da ist von Pfahlbauten und davon die Rede, auf Parkplätzen kleine Holzwohnungen für Studentinnen und Studenten in angemessener Weise zu errichten. Eines ist doch klar: Gerade beim Wohnungsbau gilt das Prinzip "Ohne Moos nichts los."
Wir hatten bei unserer Klausurtagung – das möchte ich Ihnen gerne berichten – den Bundesgeschäftsführer der SPÖ, den Präsidenten der Mietervereinigung unseres Nachbarlandes Österreich zu Gast. In Österreich wird, auch durch eine ordentliche öffentliche Förderung, wesentlich mehr Wert auf bezahlbaren Wohnraum gelegt. Obwohl das Bundesland Wien nur ein Fünftel des Haushaltes des Freistaats Bayern hat, gibt es für bezahlbaren Wohnraum viermal mehr Geld aus als wir in Bayern, obwohl es dort nur 1,6 Millionen Einwohner gibt und bei uns 12,5 Millionen. Das macht wirklich deutlich, Herr Ministerpräsident: Wenn Sie Ihr Herz für die kleinen Leute beweisen wollten, haben Sie an dieser Stelle den Glaubwürdigkeitstest ganz gewiss nicht bestanden.
Nicht nur im Zusammenhang mit den Mieten klagen immer mehr Familien in Bayern über zu hohe Lebenshaltungskosten und steigende Ausgaben. Wir als SPD wollen das größte Familienentlastungsprogramm in
der Geschichte des Freistaats Bayern auf den Weg bringen. Wir wollen Bayern zum kinder- und familienfreundlichsten Land Europas machen, in dem frühkindliche Bildung den Stellenwert erhält, den sie verdient, nämlich ganz oben auf der politischen Prioritätenskala. Wir wollen erreichen, dass die Kindergartengebühren wie in Rheinland-Pfalz – dort macht es uns Malu Dreyer als Ministerpräsidentin vor – auch bei uns im Freistaat künftig nicht mehr von den Eltern getragen werden müssen, sondern vom Freistaat übernommen werden. Das macht übrigens eine ordentliche Entlastung aus. Herr Schäuble spricht von 2 Euro mehr Kindergeld für die Familien; 2 Euro sind nun wirklich nicht die Welt. Sie, Herr Ministerpräsident, haben heute nach Unionskonzeptpapieren eine Steuerentlastung von 15 Milliarden Euro angekündigt, was für eine Familie mit einem durchschnittlichen Einkommen und zwei Kindern eine Entlastung von 20 bis 25 Euro ausmacht. Das ist in Ordnung, darüber kann man reden; das ist besser als nichts. Aber wenn wir es so machen wie die Rheinland-Pfälzer, gibt es für die Familien eine echte Entlastung von durchschnittlich 120 Euro im Monat, in manchen Einrichtungen gar von 200 Euro und mehr. Damit können die Familien tatsächlich etwas anfangen.
Herr Ministerpräsident, für viele Menschen in der Flughafenregion ist es eine große persönliche Enttäuschung, dass Sie gegenüber diesen Menschen Ihr Wort gebrochen haben.
Immer wieder haben Sie in den letzten zwei Jahren darauf hingewiesen, dass die dritte Startbahn am Münchner Flughafen nicht notwendig sei; sie sei nicht ordentlich durchgerechnet, es brauche keine dritte Startbahn, dies zeige auch die Zahl der Flugbewegungen. Im Übrigen hat sich die Zahl der Flugbewegungen in den letzten Jahren nicht so dramatisch verändert. Noch immer ist die Zahl der Flugbewegungen am Münchner Flughafen deutlich geringer als vor etwa einem Jahrzehnt. Von einer dramatischen Veränderung in der Entwicklung der Flugbewegungen kann überhaupt keine Rede sein.
Was ist denn passiert? – Sie sind vor Ihre Fraktion, die CSU-Fraktion, getreten und haben gesagt: Leute, die dritte Startbahn ist keine gute Idee; wollen wir lieber davon Abstand nehmen? Ihr Vorgänger als Parteivorsitzender der CSU, Erwin Huber, hat eine Unterschriftenaktion angezettelt. Fast das gesamte Kollegium der CSU-Fraktion hat unterschrieben und damit gegen die Leitlinie, die Sie, Herr Ministerpräsi
Nun wollen Sie auf einem wirklich abstrusen Weg die dritte Startbahn noch einmal initiieren. Sie schlagen einen weiteren Bürgerentscheid in der Landeshauptstadt München vor.