Protocol of the Session on July 20, 2016

Für die Staatsregierung hat sich Herr Staatsekretär Hintersberger gemeldet. Bitte schön.

Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen, meine sehr verehrten Damen und Herren! Lassen Sie mich hier in aller Kürze noch ein paar Aspekte ansprechen. Vorweg möchte ich sagen: Respekt, Herr Kollege Vogel, Sie haben wirklich die wichtigsten Aspekte genannt, dargestellt und richtig erläutert.

Erstens: Es ist unsere Überzeugung, und wir werden das auch mit aller Kraft deutlich machen, dass wir gerade für Kinder unter drei Jahren, für Kleinkinder bis zum 36. Lebensmonat mit dem Betreuungsgeld die Wahlfreiheit der Eltern ganz entscheidend fördern. Das lassen wir uns auch in keiner Weise irgendwie wegreden. Gleichzeitig, Frau Kollegin Rauscher, haben wir wesentlich mehr in eine gute, qualifizierte Betreuung und Bildung unserer Kleinkinder gesteckt. Insgesamt stellen wir, dies möchte ich noch einmal betonen, pro Haushaltsjahr 1,4 Milliarden Euro für unsere Zukunft bereit.

Zweiter Punkt, das möchte ich noch einmal grundsätzlich darstellen: Im Gegensatz zu der Situation im Kultusministerium ist der Freistaat Bayern, ist unser Haus nicht Träger dieser Einrichtungen, ist kein Träger von Kindertagesstätten oder Kinderkrippen. Die Träger sind ausschließlich im Bereich der Kommunen, der freien Träger und insbesondere der Kirchen zu verorten. Von daher können solche Vergleiche, wie sie hier mit allen möglichen Zahlenspielereien, hätte ich beinahe gesagt, dargestellt werden, grundsätzlich nicht vorgenommen werden. Hier besteht generell

eine andere Grundsituation. – Ein weiterer Aspekt: Der Mindestanstellungsschlüssel von heute 1 : 11 ist eine planungssichere Grundlage, damit wir für unsere Träger eine wirklich qualifizierte frühkindliche Betreuung sichern. Wenn ich sage, dass der Mindestanstellungsschlüssel dies garantiert, heißt dies, dass wir zum Beispiel aktuell für das Jahr 2015 im Jahresmittel einen Anstellungsschlüssel von derzeit 1 : 9,3 haben. Hier sehen wir auf der einen Seite die Planungssicherheit und auf der anderen Seite die flexible Haltung je nach Träger, je nach Struktur des einzelnen Einzugsbereichs.

Damit komme ich zum dritten Punkt, und dieser ist ganz entscheidend dafür, warum wir diese Anträge ablehnen. Ich halte überhaupt nichts davon, dass wir zusätzliche staatliche Vorgaben machen oder zusätzlichen bürokratischen Verwaltungsaufwand ansetzen, sondern das Gegenteil muss der Fall sein. Wir wollen – das wurde schon ein paar Mal gesagt –, dass der Verwaltungsaufwand zugunsten der Zeit am Kind noch wesentlich reduziert werden muss.

(Zuruf des Abgeordneten Hans-Ulrich Pfaffmann (SPD))

Daher darf ich heute wie angekündigt deutlich machen, dass wir dem sozialpolitischen Ausschuss im Herbst die Vorschläge der durch die Ministerin eingesetzten BayKiBiG-Kommission unterbreiten. Eines darf ich schon heute genau in diese Richtung sagen: Wir werden auf die Fehlzeitenregelung definitiv verzichten. Gerade dies ist ein wichtiger Punkt, um weniger Bürokratie und mehr Zeit am Kind zu ermöglichen.

Ein Letztes, meine Damen und Herren, und dies kommt bei der Bertelsmann-Studie leider überhaupt nicht zum Tragen, wurde vorhin aber von Herrn Kollegen Vogel erwähnt: In keinem anderen Bundesland wurden in den letzten zehn Jahren auch nur annähernd so viele pädagogische Fachkräfte zusätzlich ausgebildet und dementsprechend auch eingestellt und gefördert, wie es in Bayern mit über 80 % der Fall war.

Die Grundlage, der Basiswert – auch was den Basiswert von 2015 anbelangt – wurde mit insgesamt 126 Millionen Euro noch einmal deutlich erhöht: 63 Millionen Euro plus 63 Millionen Euro von den Kommunen; diese Zahl wurde heute schon genannt. Insofern wurden die Möglichkeiten gerade der Träger, der Kommunen dementsprechend erweitert.

Von daher, meine Damen und Herren, denke ich, wir sind uns nicht nur der Verantwortung bewusst, sondern werden die Zukunft unserer Kinder mit diesen großen Möglichkeiten ganz deutlich befördern, auch was die Wahlfreiheit der Eltern und ein qualifiziertes

Angebot der Träger anbelangt. Wir wollen und werden für unsere Kinder eine bestmögliche Betreuung und die bestmögliche frühkindliche Bildung in unseren Einrichtungen gewährleisten.

Deshalb halten wir die Ansätze in den Anträgen – mehr Bürokratie und weniger Flexibilität – an dieser Stelle für falsch und empfehlen, diese dementsprechend abzulehnen.

(Beifall bei Abgeordneten der CSU)

Vielen Dank, Herr Staatssekretär. – Wir haben noch zwei Zwischenbemerkungen, zunächst Frau Kamm und dann Frau Rauscher. Frau Kamm, bitte schön.

Sehr geehrter Herr Staatsekretär, ich denke, Sie machen es sich durchaus leicht, wenn Sie behaupten, diese Anträge seien Beiträge zur Steigerung der Bürokratie. Die unsinnige Fehlzeitenregelung war keine Erfindung der Landtagsopposition, sondern eine Erfindung Ihres Ministeriums aus der Zeit, bevor Sie in das Ministerium gekommen sind. Dieses Bürokratiemonster können Sie gerne entsorgen.

Wenn wir sagen, Gewichtungsfaktoren müssten von zwei auf drei verbessert werden, dann ist das kein Bürokratiemonster, sondern eine einfache Methode, um die wirkliche Situation in den Einrichtungen zu verbessern und um die Möglichkeit für die Einrichtungen zu schaffen, tatsächlich einen kindgerechten Anstellungsschlüssel in den Kinderkrippen zu gewährleisten. Auch eine Verbesserung des Stellenschlüssels bedeutet nicht mehr Bürokratie, sondern ist eine Bedingung, um die Qualität zu verbessern. Ich hoffe, dass im Herbst entsprechende Vorschläge von der Staatsregierung dazu kommen.

Bitte schön.

Das sind keine neuen Aspekte, Frau Kollegin Kamm. Ich verstehe auch nicht, dass Sie immer wieder den Aspekt der mittelbaren Arbeitszeit ansprechen. Teamgespräche oder Elterngespräche werden sehr wohl in die Arbeitszeit und in die Anstellungsschlüssel einbezogen. Es ist schlichtweg falsch, was Sie sagen. Ansonsten ist das auch in Relation zum Fachkräftemangel – dies ist heute mehrfach dargestellt worden – zu sehen. Alles andere sind theoretische Luftballons. Mit uns ist das nicht zu machen.

(Beifall bei der CSU)

Dann Frau Rauscher. Bitte schön.

Herr Hintersberger, ich habe drei Punkte. Der erste Punkt betrifft die mittelbare pädagogische Arbeitszeit. Es stimmt, dass sie laut BayKiBiG im Anstellungsschlüssel eingerechnet ist. Wenn man die aber herausrechnet, sind wir ganz schnell bei einem Anstellungsschlüssel von 1 : 17 oder 1 : 18. Das ist der Schlüssel für die Arbeit am Kind. Das erwähne ich, um das BayKiBiG zu hinterfragen.

Zum Thema Bürokratieaufwand bzw. Bürokratieabbau. Wenn wir wirklich Bürokratie abbauen wollten, dann müssten wir das BayKiBiG wieder aufschnüren; denn seit der Einführung des BayKiBiG ertrinken die Kitas und die Träger in Bürokratie.

Zum Dritten wollte ich etwas nachfragen, weil Sie gerade die Fehlzeitenregelung angesprochen haben. Wir haben damals den Antrag eingebracht, die FünfTage-Regelung abzuschaffen. Dann wurde sie ausgesetzt. Ich würde ganz gern verbindlich hören, ob die Fehlzeitenregelung definitiv komplett vom Tisch ist. Die Argumentation war immer, dass diese als qualitätssichernde Maßnahme eingeführt wurde, auch hinsichtlich der Gefährdung des Kindeswohls usw. Gibt es irgendeinen Ersatz dafür? Welches Kontrollinstrument soll es geben? Ist das einfach abgeschafft? Öffnen wir damit nicht vielleicht Tür und Tor für eine Entwicklung nach unten?

(Beifall des Abgeordneten Volkmar Halbleib (SPD))

Frau Kollegin, um es noch einmal zu sagen: Es ist ein erster Punkt, den ich vorweg nenne, auch in Abstimmung mit meiner Ministerin, dass wir die Fehlzeitenregelung und die gesamten entsprechenden Dokumentationspflichten usw. abschaffen. Alles andere, zum Beispiel wie das im Weiteren einbezogen werden kann, ist Thema des Berichts der Kommission, der im Herbst im sozialpolitischen Ausschuss in allen Einzelheiten dargestellt werden soll. Ihre Aspekte sind demzufolge auf dem Schirm und werden entsprechend eingespeist.

(Beifall der CSU)

Danke schön, Herr Staatssekretär. – Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Damit ist die Aussprache geschlossen.

Wir kommen zur Abstimmung. Der federführende Ausschuss für Arbeit und Soziales, Jugend, Familie und Integration empfiehlt die Ablehnung der Anträge. Zwischen den Fraktionen wurde vereinbart, dass wir

über die Anträge insgesamt abstimmen und der Abstimmung die Voten des federführenden Ausschusses für Arbeit und Soziales, Jugend, Familie und Integration zugrunde legen. Wer also mit der Übernahme seines Abstimmungsverhaltens bzw. dem jeweiligen Abstimmungsverhalten seiner Fraktion in dem vorgenannten federführenden Ausschuss einverstanden ist, den bitte ich um das Handzeichen. – Das sind alle Fraktionen. Gibt es Gegenstimmen? – Gibt es Enthaltungen? – Keine. Damit übernimmt der Landtag diese Voten, und die Anträge sind abgelehnt. Die Tagesordnungspunkte 12 bis 16 sind damit erledigt.

Ich habe jetzt das Ergebnis der zwei vorangegangenen namentlichen Abstimmungen. Zunächst zum Dringlichkeitsantrag auf Drucksache 17/12612 der Abgeordneten Rinderspacher, Güll, Wild und anderer und Fraktion (SPD) betreffend "Jetzt G9 umsetzen – keine halben Sachen mehr!". Mit Ja haben 51 Kolleginnen und Kollegen gestimmt, mit Nein 103, keine Stimmenthaltungen. Damit ist der Dringlichkeitsantrag abgelehnt.

(Abstimmungsliste siehe Anlage 1)

Das Ergebnis der namentlichen Abstimmung zum Antrag der Abgeordneten Zacharias, Halbleib, Fehlner und anderer (SPD) betreffend "Reform des Kulturfonds: Mehr kulturelle Vielfalt fördern", Drucksache 17/11103: Mit Ja haben 67 Kolleginnen und Kollegen gestimmt, mit Nein 85, eine Stimmenthaltung. Damit ist auch dieser Antrag abgelehnt.

(Abstimmungsliste siehe Anlage 2)

Ich rufe jetzt den Tagesordnungspunkt 17 auf:

Antrag der Abgeordneten Margarete Bause, Ludwig Hartmann, Martin Stümpfig u. a. und Fraktion (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Echter Ökostrom für die staatlichen Gebäude (Drs. 17/11088)

Ich eröffne die Aussprache. Die Gesamtredezeit der Fraktionen beträgt nach der Geschäftsordnung 24 Minuten. Die Verteilung setze ich als bekannt voraus. Erster Redner ist Herr Kollege Stümpfig. Bitte sehr.

Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Im "Bayerischen Energieprogramm" steht:

Bayern hat sich zum Ziel gesetzt, … die energiebedingten CO2-Emissionen zu senken. Hierfür steht der Ausbau der erneuerbaren Energien im Zentrum.

Das klingt gut, das ist ein schönes Versprechen. Aber wie sieht die Wirklichkeit aus? Im Energiebericht des Freistaats steht zudem noch, dass der Freistaat bei der Stromlieferung eine Vorbildfunktion übernommen hat und die gesamte gelieferte elektrische Energie für die Liegenschaften aus erneuerbaren Energien erzeugt wird. Auch das klingt sehr gut. Doch bei genauerer Betrachtung zeigt sich, dass wir an dieser Stelle weiterdenken müssen. Der Umweltnutzen ist eben nicht bei jeder Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien gleich groß. Er hängt von vielen Faktoren ab, zum Beispiel davon, welche Art von Energieträgern eingesetzt wird, von der Art der Stromerzeugung, den Rahmenbedingungen, der Größe, dem Alter der Anlage und vielen mehr.

Eine Nachfrage nach mehr Ökostrom durch öffentliche Auftraggeber würde den Ausbau der erneuerbaren Energien anregen und wirkliche Akzente setzen. Haben wir hier unser Ziel erreicht? Klare Aussage: Nein, haben wir nicht; denn die Praxis im Freistaat sieht so aus, dass die Stromerzeugungsanlagen bei Vertragsabschluss schon in Betrieb gewesen sind. Es handelt sich also um Anlagen, die es schon gibt, Bestandsanlagen, und ob wir nun für unsere staatlichen Liegenschaften den Strom abnehmen oder ein anderer, ist vollkommen egal. Unter dem Strich haben wir hier keinen positiven Effekt. Der Umweltnutzen ist hier gleich null.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Wir wollen deshalb einen Anreiz dafür schaffen, dass Ökostrom mit Neuanlagenquote von unseren Liegenschaften bezogen wird und somit einen gezielten Marktimpuls für Ökostrom setzen.

Die europaweiten Ausschreibungen sind sicherlich relativ komplex, aber wir können auf etwas sehr Gutes zurückgreifen: Uns liegen ausgearbeitete Kriterien des Bundesumweltministeriums vor, die genau das beschreiben. Diese sind geprüft. Es gibt die Arbeitshilfe zur Beschaffung von Ökostrom, das Vergaberecht ist geprüft, die fachlichen Grundlagen sind geprüft. Das ist genau auf die Zielgruppe der Inhaber von öffentlichen Liegenschaften, auf die öffentlichen Auftraggeber, die Landesparlamente, die Kommunalparlamente oder das Bundesparlament zugeschnitten. Das ist also genau das, was wir brauchen. Hier ist ein echter Umweltnutzen sichergestellt.

Die Erfahrungen des Bundesumweltministeriums sind sehr positiv. Mit der Beschaffung von Ökostrom sind nur geringe spezifische Mehrkosten verbunden. Andere Bundesländer machen es vor. Zum Beispiel bezieht Nordrhein-Westfalen für alle seine staatlichen Liegen

schaften Ökostrom mit Neuanlagenquote. Was also hindert uns daran, das Gleiche zu tun?

Im Wirtschaftsausschuss war ich über die Ablehnung und die Argumentation sehr verwundert. Deshalb haben wir das Thema heute hochgezogen. Vonseiten der CSU wurden damals die Argumente von Herrn Dr. Schwartz vorgetragen. Er sprach das Problem mit dem Doppelvermarktungsverbot nach § 80 des Erneuerbare-Energien-Gesetzes an. Ja, es gibt das Doppelvermarktungsverbot. Dies gilt aber genauso für den Strom, den wir heute schon beziehen, den Wasserkraftstrom.

Es ist ganz klar, dass die heutige Stromwelt weitaus komplexer ist. Wir haben die klassische EEG-Vergütung, wir haben die geförderte Direktvermarktung mit Marktprämie, und wir haben die sonstige Direktvermarktung. Mittlerweile vermarkten zum Beispiel auch alle Windkraftanlagen direkt. Aus all diesen Vermarktungsformen kann man Strom herausnehmen; man kann den Strom beziehen; man kann die GrünstromEigenschaft zurückkaufen. Der Sachverhalt ist also etwas komplex. Es gibt aber viele Möglichkeiten. Hier zu sagen, dass das nicht geht, ist viel zu einfach.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Abschließend noch etwas zu den Kosten. Das zweite Argument war ja, dies würde 2 bis 3 Millionen Euro mehr kosten. Das ist nicht der Fall. Nordrhein-Westfalen hat es vorgemacht. Bei Ökostrom mit Neuanlagenquote spart das Land jedes Jahr 8 Millionen Euro. Der Clou dabei ist: Lieferant sind die Stadtwerke München. Was hindert uns wirklich daran? Es wäre also einfach, unserem Antrag zuzustimmen und zukünftig echten Ökostrom nach den Richtlinien des Bundesumweltministeriums auszuschreiben.

Mit 957 Gigawattstunden Strom beziehen wir jährlich Strom im Umfang von über 1 % des gesamten Stromverbrauches in Bayern, also eine große, große Menge. Wir könnten mit einfachen Mitteln eine erhebliche CO2-Reduzierung erreichen. So könnten wir zumindest in einem Punkt das Versprechen einhalten, das Sie von der Bayerischen Staatsregierung in Ihren Grundsatzpapieren, Ihren Berichten, Stellungnahmen und Statements gegeben haben. Das wäre bitter nötig. Deswegen bitten wir um Zustimmung zu unserem Antrag.