Protocol of the Session on July 12, 2016

(Volkmar Halbleib (SPD): Das ist die höhere Mathematik der CSU!)

Zu den Planungen des Staatsministeriums für Bildung und Wissenschaft für das Schuljahr 2016/17 sei gesagt: Von den 1.068 Stellen aus der demografischen Rendite kommen insgesamt 238 Stellen den Realschulen zugute. Das ist ein sehr, sehr hoher Anteil. Meine Damen und Herren, für die Realschulen ist das ein Riesenerfolg.

(Thomas Gehring (GRÜNE): Wie viele fließen in die demografische Rendite?)

Mit dieser Planung – 238 neue Stellen – ist die Forderung des Bayerischen Realschullehrerverbandes nach einer zusätzlichen Lehrkraft pro Realschule bereits erfüllt, da wir derzeit 237 Realschulen haben. Diese zusätzlichen Stellen können für den Ausbau gebundener Ganztagsangebote, für Integration, für Inklusion, für Begabtenförderung oder für den Ausbau der erweiterten Schulleitung verwendet werden.

Meine Damen und Herren, hinsichtlich der Stundenanzahl fordern Sie die volle Umsetzung der Stundentafel, so heißt es in Ihrer Begründung. Mit der geplanten zusätzlichen Zuweisung aus der demografischen Rendite können an den Realschulen zum Schuljahr 2016/17 von 180 Pflichtwochenstunden 179 unterrichtet werden. Damit wurde nach der Zuweisung des nötigen zusätzlichen Personals aus der demografischen Rendite innerhalb kürzester Zeit ein weiterer wichtiger Schritt auf dem Weg zur vollen Umsetzung der Stundentafel getan. Im Jahr 2014 ging es nämlich noch um die 178. Stunde. Die CSU-Fraktion wird sich auch weiterhin dafür einsetzen. Ich denke, dass wir hier bereits in Kürze vermelden können, dass die 180. Stunde in Angriff genommen wird.

Lassen Sie mich noch einen weiteren wichtigen Punkt ansprechen, nämlich die Integrierte Lehrerreserve. Diese ist sehr wichtig, um Unterrichtsausfälle zu vermeiden. Die integrierte Lehrerreserve wird seit dem Schuljahr 2013/14 aufgebaut. Im Schuljahr 2013/14 erfolgte eine Zuweisung von 110 zusätzlichen Planstellen. Dies bedeutete nahezu eine halbe Stelle pro Realschule. Die integrierte Lehrerreserve soll zum Schuljahr 2016/17 mit 89 weiteren Stellen aus der demografischen Rendite ausgestattet werden. Das heißt, die 237 bayerischen Realschulen verfügen dann über 209 zusätzliche Planstellen. Dies entspricht fast einer ganzen Stelle zusätzlich an jeder Schule.

Herr Professor Piazolo, hinsichtlich des Abbaus übergroßer Klassen möchte ich auf Folgendes hinweisen: In den letzten Jahren hat es hier deutliche Verbesserungen gegeben, und das wissen Sie. Hatten wir im Schuljahr 2006/07 noch eine durchschnittliche Schü

lerzahl von 28,6, so lagen wir im letzten bekannten Vergleichsjahr 2014/15 bereits bei 26,2. Ich verweise hier darauf, dass es der Eigenverantwortung der Schule obliegt, wie sie das zugewiesene Budget einsetzt, ob für kleinere Klassen oder für ein breiteres Angebot an Wahlfächern. Diese Eigenständigkeit der Schule ist hier sehr wichtig und wird von der Schulleitung sehr verantwortungsvoll genutzt.

Meine Damen und Herren, lassen Sie mich zu der Aktuellen Stunde auf Vorschlag der FREIEN WÄHLER ein Fazit ziehen: Die Staatsregierung und die CSUFraktion haben gemeinsam mit dem brlv und allen Lehrerinnen und Lehrern gut und erfolgreich gearbeitet, um die positive Situation der Realschulen weit in die Zukunft zu tragen. Allein die 238 neuen Stellen beweisen das.

Liebe FREIE WÄHLER, jetzt da das Paket geschnürt ist, versuchen Sie aufzuspringen. Ich würde sagen, bei dieser Aktuellen Stunde handelt es sich ganz klar um eine Themaverfehlung. Ich würde das Thema folgendermaßen formulieren: FREIE WÄHLER, guten Morgen, aufgewacht!

(Beifall bei der CSU)

Danke schön, Herr Kollege. – Als Nächste hat die Frau Kollegin Wild von der SPD das Wort. Bitte schön, Frau Kollegin.

(Von der Rednerin nicht autori- siert) Sehr geehrter Herr Vorsitzender, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Mit den Zahlen ist es ja immer so eine Sache. Wenn man sich anschaut, was der Herr Minister Spaenle verschickt hat, dann stellt man fest, dass man im vergangenen Schuljahr wohl falsche Schülerzahlen hatte.

(Widerspruch bei der CSU)

Na ja, das ist ganz klar und richtig. Das können Sie alles nachlesen.

An den Realschulen und an den Förderschulen gab es aufwuchsbedingt höhere Schülerzahlen. Demzufolge musste man nachsteuern. Ich finde, wenn man schon Zahlen nennt, dann sollte man, ehrlich gesagt, die ganze Wahrheit auf den Tisch legen.

(Beifall bei der SPD und den FREIEN WÄH- LERN)

Jetzt möchte ich auch noch etwas Erfreuliches sagen. Anders als der Kollege Piazolo gerade gesagt hat, gehört der Bayerische Realschullehrerverband e.V. nicht zu den Leisen. Ich finde, die Realschullehrer mit

ihrem Vorsitzenden Herrn Böhm an der Spitze sind durchaus wortgewaltig und wissen Forderungen für ihre Schulart zu artikulieren. Wer heute die Medien aufmerksam verfolgt hat, konnte eine schöne Meldung zur Kenntnis nehmen. An unseren Realschulen gibt es 18 bilinguale Kurse. Die Evaluierung zeigte einen klasse Erfolg für alle Schülerinnen und Schüler, die an diesem Modell teilgenommen hatten. Diesen Schülerinnen und Schülern kann man nur gratulieren, da sie dadurch ihre Englischkenntnisse phänomenal verbessert haben. So viel dazu!

Der Bayerische Realschullehrerverband e.V. hat sich heute dazu gleich gemeldet. Es ist ein Erfolg der bayerischen Realschulen. Europaweit ist es das einzige Modell. Das ist doch klasse. Da könnten Sie einmal Beifall dafür klatschen, dass diese Schülerinnen und Schüler jetzt einfach besser in Englisch geworden sind. Das ist eine gute Sache; dafür geht ein Dank an die Lehrer und die Schüler.

(Beifall bei der SPD)

Nun zur Forderung, die Realschulen fit für die Zukunft zu machen; so etwa lautete das Motto des Südbayerischen Realschultags im März 2016 in Landshut. Über 100 Personen aus den verschiedensten Bereichen haben sich darüber unterhalten, wie man diese Schulart für die Zukunft fit machen könnte. Es wurde über die pädagogischen Herausforderungen diskutiert, die immer vielschichtiger werden, über den Lehrplan, die neuen Konzepte, die Projekte, die wahnsinnige Heterogenität, die es inzwischen auch an den Realschulen gibt, aber auch über das Projekt individueller Förderung und nicht zuletzt auch über das Flüchtlingsprojekt SPRINT, das die Realschulen ebenfalls vor große Herausforderungen stellt. Ich meine, dass der Vorsitzende Böhm zu Recht gesagt hat, dass die SPRINTKlassen je zwei Pädagogen brauchen. Recht hat er! Das stellt die SPD auch immer fest.

(Beifall bei der SPD)

Noch eine Anmerkung. Die SPD hat im Jahre 2014 das Thema Realschulen in den Bildungsausschuss gebracht. Wir waren es, die uns dieser Schulart angenommen und die Problematik erstmals thematisiert haben.

(Zuruf von der CSU: Mein Gott!)

Sie, Kolleginnen und Kollegen von der CSU, können doch nicht immer behaupten, Sie wären die Hüter der Realschule. Wir lassen uns dieses Thema nicht nehmen. Wir haben konkrete Anträge vorzuweisen, Sie aber nicht.

(Beifall bei der SPD)

Und noch etwas! Für die vielfältigen Aufgaben an den Realschulen gibt es total engagierte Lehrkräfte. Aber ich möchte nicht, dass diese Lehrkräfte, die sich über die Maßen engagieren, an ihr Leistungslimit geraten. Das sollte man auch einmal zur Kenntnis nehmen.

Ich verweise nun zum letzten Mal auf Herrn Böhm, der gesagt hat: Um dieses hochwertige qualifizierte Angebot an den Realschulen weiter aufrechterhalten zu können, braucht es Investition im System der Realschule. Recht hat er. Auch das unterstützen wir.

(Beifall bei der SPD)

Die Lösung wäre so einfach. Es stehen immer wieder Tausende von Realschullehrern auf der Straße. Da möchte ich nur an die Aktion des vergangenen Jahres erinnern: Lehramt statt Arbeitsamt. Diese Resolution haben damals circa 7.000 Lehrer beziehungsweise Eltern unterzeichnet. Ist das nichts? Sie ignorierten das ganz einfach und gaben den Realschulkräften einfach nur schöne warme Worte. Das hilft denen nichts.

(Beifall bei der SPD)

Die Einstellungsquote, die von Jahr zu Jahr schlechter wurde, wurde von uns immer wieder thematisiert. Ich erinnere noch einmal an das vergangene Jahr. 97 % der frisch ausgebildeten Lehrkräfte haben 2015 kein Stellenangebot erhalten. Es gab nur 76 feste Stellen für die Realschulen bei fast 2.500 Bewerbern. Das ist nicht in Ordnung.

(Beifall bei der SPD)

In der "Süddeutschen Zeitung" war zu lesen, dass viele Schülerinnen und Schüler in andere Bundesländer abwandern. Wenn darunter 2.000 Realschüler sind, muss man sich doch einmal fragen, was da los ist. Müssen wir etwas verändern? Mein Eindruck war, man nimmt das zur Kenntnis, hakt es ab und macht so weiter wie bisher. Das ist nicht der Weg, den wir mitgehen wollen. Wir wollen eine Fehleranalyse, um die Situation zu optimieren. Das Gleiche erwarten wir vom bayerischen Kultusminister.

(Beifall bei der SPD)

Für die bayerischen Realschulen gibt es eine Menge zu tun. Das haben wir bereits im Jahr 2014 angesprochen. Es gibt viel zu viele Klassen mit 26 Schülern, und es gibt auch noch eine Menge Klassen mit über 30 Schülern. Wie soll man da individualisieren und den von mir erwähnten Anforderungen und der Verschiedenartigkeit der Schülerinnen und Schüler gerecht werden? Das geht so überhaupt nicht.

(Beifall bei der SPD)

Für uns möchte ich Folgendes festhalten. Die Realschulen sind nach unserer Meinung ein echtes Erfolgsmodell. Schauen Sie sich doch einmal an, wie viele 15- und 16-jährige Jugendliche diese Schule besuchen. Mit diesen Besucherzahlen sind die Lehrkräfte in den Realschulen überfordert. Das ist eine echt schizophrene Situation. Auf der einen Seite stehen zahlreiche junge, gut ausgebildete Lehrkräfte auf der Straße, und auf der anderen Seite gibt es in den Klassen sehr viel zu tun.

Wenn ich Kultusministerin in einem anderen Bundesland wäre, würde ich mir auf die Schenkel klopfen und sagen: Super, die Bayern bilden aus, aber bei uns unterrichten die jungen Lehrkräfte. Das ist wirklich schizophren.

(Beifall bei der SPD)

So etwas können wir nicht mittragen. Meine Fehleranalyse lautet, wie gesagt: viel zu große Klassen und eine restriktive Einstellung der vorhandenen Lehrkräfte.

Ich spreche nun den Stundenausfall an. Eine Anfrage der SPD hat ergeben, dass eine Zunahme des Stundenausfalls zu verzeichnen ist; bei den Realschulen sind es 11 %. Das können Sie auch nicht schönreden; denn das sind die nackten Zahlen.

(Zuruf von den FREIEN WÄHLERN)

Jetzt rede ich. Das alles wird so wunderbar vertuscht. Ich erinnere nur an die fachfremd erteilten Stunden. Das ist nicht der qualifizierte Unterricht, der an den Realschulen stattzufinden hat. 11 % aller Unterrichtsstunden fallen aus; das sind viel zu viele. Liebe Kolleginnen und Kollegen von der CSU, schaffen Sie mehr Stellen für die Integrierte Lehrerreserve, eine Stelle an jeder Realschule zusätzlich, und unsere tollen Leute vor Ort würden entlastet und könnten endlich eine noch bessere Arbeit leisten. Aber Sie haben ja bereits bei der großen Petition des Realschullehrerverbandes alles so wunderbar schöngeredet, jedoch die Taten fehlen. Diese Analyse, die Kollege Tomaschko wie in einer Vorlesung hier eben vorgetragen hat, allein hilft nichts. Worte, Worte, aber keine Taten!

(Beifall bei der SPD)

Wir haben in der Politik allen Schulen, auch den Realschulen, immer mehr Aufgaben zugeschrieben, und wir fordern, dass sie qualifiziert wahrgenommen werden. Wir fordern Inklusion und eine stärkere Integration der Flüchtlinge auch an den Realschulen. Wir

wollen praxisnahen Unterricht. Wir wollen, dass der Digitalisierung Rechnung getragen wird, die Begabtenförderung muss genutzt werden, und das intellektuelle Potenzial an unseren Realschulen muss genutzt werden.

Nach dem Übertrittzeugnis könnten 50 % der Absolventen ans Gymnasium gehen. Aber lediglich 40 % nehmen das wahr. Das muss man also infrage stellen. Ich sehe das sehr, sehr skeptisch.

Und nun ein Wort zu den Modellversuchen. Das ist alles recht und schön. Realschule21, MINT21 usw. Wir sind raus aus dieser Modellphase. Das hat sich alles bereits bewährt. Diese Modellversuche gehören endlich beendet und in einen regulären Unterricht überführt.

Auch den Ganztagsunterricht möchte ich bei den Realschulen nicht außer Acht lassen. Ein gutes Ganztagesangebot wird inzwischen von allen Eltern gefordert. Wie so oft, fehlt es hier ebenfalls an Mitteln wie auch an pädagogischen Konzepten. Wir fordern es immer wieder. Ein guter Ganztagsunterricht kann nur durch ausreichend Lehrkräfte stattfinden. Meine Fehleranalyse hier lautet: viele Aufgaben für die Realschulen, aber viel zu wenig Unterstützung.