Protocol of the Session on July 12, 2016

Auch den Ganztagsunterricht möchte ich bei den Realschulen nicht außer Acht lassen. Ein gutes Ganztagesangebot wird inzwischen von allen Eltern gefordert. Wie so oft, fehlt es hier ebenfalls an Mitteln wie auch an pädagogischen Konzepten. Wir fordern es immer wieder. Ein guter Ganztagsunterricht kann nur durch ausreichend Lehrkräfte stattfinden. Meine Fehleranalyse hier lautet: viele Aufgaben für die Realschulen, aber viel zu wenig Unterstützung.

(Beifall bei der SPD)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, die bayerischen Realschulen sind sehr beliebt, aber es lohnt durchaus auch ein Blick über den Tellerrand hinaus. Das tun Sie auch immer sehr gerne. Andere Bundesländer wie zum Beispiel Baden-Württemberg zeigen deutlich, dass es ein großes Potenzial nach oben gibt, und zu einer zukunftsfähigen Realschule gehören ganz einfach mehr Lehrkräfte, kleinere Klassen, mehr Stunden für den Ganztagsunterricht, mehr Stunden für die individuelle Förderung, für die Inklusion und die Integration.

Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit. Ich denke, wir haben hier viel zu tun. Ich finde es gut, dass die FREIEN WÄHLER das Thema aufs Tablett gebracht haben, sonst hätten wir es wieder getan.

(Beifall bei der SPD)

Danke schön, Frau Kollegin. – Als Nächster hat Kollege Thomas Gehring von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN das Wort. Bitte schön, Herr Kollege.

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Präsident, es tut mir leid, dass ich auf den Fußball zurückkommen muss, auch wenn es nicht so schön ist. Herr Piazolo, obwohl

Toni Kroos gut gespielt hat, wurde Deutschland nicht Europameister. Das lag letztendlich an der Gesamtmannschaft und daran, dass er in diese Gesamtmannschaft nicht richtig eingebunden war. Das ist das Problem, das wir sehen. Herr Tomaschko, das Problem löst man nicht dadurch, indem man die Mannschaftsaufstellung oder das, was im Gesetz steht, immer wieder vorliest. Vielmehr muss man sagen, wie die bayerische Bildungsmannschaft aufgestellt ist, welche Funktion die Realschule erfüllt, welche sie in Zukunft erfüllen muss und ob sie dafür richtig aufgestellt ist. Deswegen bin ich – auch wenn das Fußballbeispiel nicht so erfolgreich war – für die Aktuelle Stunde, die die Fraktion der FREIEN WÄHLER beantragt hat, dankbar.

Tatsächlich durchläuft auch die Realschule einen Veränderungsprozess. Unser Schulsystem verändert sich. Die Realschule war einmal die einzige Schule, die den mittleren Abschluss angeboten hat. Heute machen 80 % der Schülerinnen und Schüler auf irgendeine Art und Weise den mittleren Abschluss. Es gibt mindestens zehn Möglichkeiten, den mittleren Abschluss zu erreichen – eine davon bietet die Realschule. Die Realschule befindet sich in einer neuen Situation. Sie war sicherlich und ist auch heute noch die Schule des sozialen Aufstiegs. Auch heute gibt es gute Beispiele von Leuten, die über die Realschule zur Hochschule gekommen sind.

Insgesamt muss man sich aber fragen: Wie stellt sich die Realschule dar? Betrachten wir nur einmal die Schülerinnen und Schüler mit Migrationshintergrund, bei denen wir sicher sind, dass sie den Bildungsaufstieg schaffen müssen. 26 % dieser Schülerinnen und Schüler besuchen die Mittelschule und machen dann dort zum Teil den mittleren Abschluss. Immerhin 6,7 % sind auf dem Gymnasium. Ich muss aber sagen: Nur genauso viel, nämlich 6,7 %, sind auf der Realschule. Die Realschule müsste eigentlich besser als das Gymnasium sein können und auch besser sein. Wir müssen die Realschule besser ausstatten, um dies zu erreichen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Die gleiche Situation besteht bei den Flüchtlingen. Jetzt gibt es an Realschulen Modellversuche. Wenn aber die Realschule auch in Zukunft die Schule des sozialen Aufstiegs, des Bildungsaufstiegs sein will, dann muss sie Migrantinnen und Migranten besser fördern können, dann muss sie Flüchtlinge besser fördern können – nicht nur in Modellversuchen, sondern im Regelangebot. Dazu muss sie besser ausgestattet sein.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Die Realschule – das wird der Realschullehrerverband sicherlich nicht behaupten –, ist nicht die Schule für alle, aber die Realschule ist die Schule mit dem breitesten Leistungsspektrum ihrer Schülerinnen und Schüler. Das hat auch die PISA-Studie bestätigt. Wir haben dort Schülerinnen und Schüler, die sich eigentlich auf Mittelschulniveau befinden, wir haben Schülerinnen und Schüler, die sich auf gymnasialem Niveau befinden, und viele dazwischen. Die Realschule bringt es fertig, all diesen Schülerinnen und Schülern einen Anschluss zu vermitteln, entweder zu einer beruflichen Ausbildung oder sogar in Richtung Hochschulreife. Damit die Realschule diese Aufgabe in Zukunft weiterhin und auch besser erfüllen kann, muss sie besser ausgestattet werden.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Die Realschule hat sicherlich noch großen Nachholbedarf beim Ausbau als Ganztagsschule. Da ist noch viel Luft nach oben. Auch dafür muss die Realschule besser ausgestattet werden. Die Realschule hat wie alle Schularten die Aufgabe, die Schülerinnen und Schüler besser individuell zu fördern – durch differenzierte Angebote und durch das Zwei-Lehrer-Prinzip. Sie muss auch das Thema Inklusion besser angehen können. Dafür muss die Realschule ebenfalls besser ausgestattet werden.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich betrachte die Einstellquoten des letzten Jahres. 3 % aller Absolventinnen und Absolventen des Lehramtes an Realschulen sind eingestellt worden, 97 % sind auf die Straße geschickt worden. Ich muss sagen: Die Staatsregierung und die sie tragende CSU-Fraktion wurden ihrer Verantwortung gegenüber den Realschulen nicht gerecht. Sie sind einfach bodenlos gescheitert.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Wer lobt, aber gleichzeitig demjenigen, den er lobt, den Stuhl wegzieht, handelt eigentlich infam, und dessen Lob kann man sich sonst wo hinschmieren.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Wir als GRÜNE haben für den Haushalt beantragt, die Realschulen besser auszustatten und eine 110-prozentige Lehrerversorgung zu erreichen. Wir haben genügend Absolventen und müssen in die zusätzliche Lehrerversorgung einsteigen. Jetzt haben wir die Leute. Diese brauchen wir an den Schulen auch noch in ein paar Jahren. Daher müssen wir sie jetzt einstellen. Wir als Oppositionsfraktion haben auch die Petition des Bayerischen Realschullehrerverbandes unterstützt. Die CSU-Fraktion hat es nicht getan.

Wir brauchen eine bessere Unterstützung der Realschulen. Sie müssen sich weiterentwickeln können. Sie müssen weiter als Schulen für viele Schülerinnen und Schüler mit einem breiten Leistungsspektrum aufgestellt werden. Deswegen müssen sie unterstützt werden, und deshalb finde ich es gut, dass wir heute über das Thema gesprochen haben.

Den Kollegen der CSU kann ich sagen: Es geht nicht um Worte, sondern es geht um Taten. Diese sind Sie bislang schuldig geblieben.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Danke schön, Herr Kollege. – Als Nächste hat Frau Kollegin Schreyer-Stäblein von der CSU das Wort. Bitte schön, Frau Kollegin.

Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Zunächst möchte ich den Vertretern des brlv ein herzliches Dankeschön dafür sagen, dass sie heute der Diskussion beiwohnen. Ich möchte mich aber auch dafür bedanken, dass die Zusammenarbeit so stattfindet, dass man miteinander – nicht übereinander, sondern miteinander – redet und dann versucht, miteinander Lösungen zu entwickeln. Wir werden nicht immer alle glücklich machen. Herr Piazolo hat gesagt, dass sie sich nicht in den Vordergrund spielen. Das aus der Ecke der FREIEN WÄHLER zu hören, ist spannend. Gleichwohl möchte ich Ihnen an der Stelle – –

(Hubert Aiwanger (FREIE WÄHLER): Wir sind Brüder im Geiste mit den Realschulen!)

Herr Aiwanger, es ist ganz schwierig. Wenn Sie über Bildungspolitik reden, ist es ganz schwierig.

(Hubert Aiwanger (FREIE WÄHLER): Einmal müssen Sie es aushalten!)

Ich glaube, dass die Blinden von Farbe mehr Ahnung haben

(Hubert Aiwanger (FREIE WÄHLER): Die sind alle klüger als Sie! Das wissen wir!)

als Sie von der Bildungspolitik.

(Beifall bei der CSU – Hubert Aiwanger (FREIE WÄHLER): Arrogant bis in die Haarspitzen! Das ist die CSU! – Weitere Zurufe – Glocke des Präsidenten)

Herr Aiwanger, ich habe noch nicht einmal angefangen, und Sie plärren schon die ganze Zeit dazwischen. Das ist wirklich anstrengend.

(Lebhafte Zurufe – Unruhe – Glocke des Präsi- denten – Hubert Aiwanger (FREIE WÄHLER): Ich habe überhaupt nicht geplärrt! – Volkmar Halbleib (SPD): Sie hat noch nicht angefangen, als die erste Beleidigung schon gekommen ist!)

Ich hatte keine Beleidigung ausgesprochen. Ich fange gerade erst an.

(Unruhe)

Verehrte Kolleginnen und Kollegen, wir sollten uns wieder beruhigen. Bis jetzt war es nicht grenzwertig.

Also probieren wir es noch einmal. Ein Dankeschön dafür, dass wir miteinander konstruktiv versuchen, Lösungen zu entwickeln! Ich kann Ihnen nur sagen: Bezüglich der Resolution, die Sie auch uns gegeben haben, werden wir alle versuchen, das Maximale umzusetzen. Sie wissen auch, dass es Grenzen gibt, innerhalb derer wir uns alle befinden.

(Beifall bei der CSU)

Frau Wild hat sehr schön dargestellt, wie wichtig die Arbeit der Realschulen ist. Diesbezüglich sind wir auf jeden Fall einer Meinung. Wir unterscheiden uns darin, dass wir der Auffassung sind, dass Gymnasien, Realschulen und Mittelschulen eine sehr gute Arbeit machen. Das ist das Plädoyer gegen eine Einheitsschule und für die Vielgliedrigkeit.

(Margit Wild (SPD): Ach geh! Kerstin, hör auf!)

Ich muss sagen, dass ich insofern davon sehr überzeugt bin; denn die Realschulen stärken wir nur dann, wenn wir diese Vielfalt auch wertschätzen.

Die Kollegen haben den Ganztag angesprochen. Dieser wird natürlich auch an den Realschulen ausgebaut. Gleichwohl ist die Wahrheit, dass die Nachfrage dort eben nicht so stark ist wie an manch anderer Schulart. Aber jeder Antrag, der genehmigungsfähig war, wurde bewilligt. Das ist ja das Entscheidende: dass die Anträge bewilligt werden. Wenn sie nicht gestellt werden, kann dies manchmal auch damit zu tun haben, dass die örtliche Struktur andere Angebote aufweist. Ich bin sehr froh, wenn man vor Ort entwickeln kann, was für die betreffende Gemeinde, den betreffenden Kreis bzw. auch für die betreffende Schule passgenau ist.

(Beifall bei der CSU)

Natürlich fordert jeder Lehrerverband eine personell und finanziell bessere Ausstattung. Wenn er das nicht

täte, wäre er fehlbesetzt. Auch die Bildungspolitiker sind dafür immer sehr offen. Gleichwohl muss man stets im Blick haben, was in dem betreffenden Rahmen möglich ist. Deshalb sind die Realschule und das Gymnasium betreffend Ausbau der Ganztagsangebote relativ gleichgestellt. Hinsichtlich der Forderung nach mehr Lehrerstunden für den Ganztag würde ich eine Differenzierung vornehmen. Der gebundene Ganztag ist das eine, das andere ist der offene Ganztag. Je nach Konzeption muss man fragen, wo welche Lehrerstellen nötig sind. Manchmal ist es vielleicht auch gescheit, dies nicht ausschließlich über Lehrkräfte, sondern auch über andere Fachleute abzudecken. Ich glaube nämlich, dass die Vielfalt durchaus für die Kinder gut ist.

Wichtig ist, in diesem Bereich die eigenverantwortliche Schule anzusprechen. Für die Führungsstruktur bestehen Möglichkeiten. Wer will, kann bewusst eine mittlere Führungsebene einziehen. Wir bieten hierfür einen Teil aus der demografischen Rendite an Lehrerstellen, damit dieser Ausbau stattfinden kann. 39 % der Realschulen machen dies bereits. Ich denke, dass dies ein Angebot ist, da die Schulen wirklich für sich entscheiden können.

Ich möchte an dieser Stelle nicht verhehlen, dass es mir bei einem Punkt genauso wie den Kollegen geht. Ich finde die Situation, dass wir viele gut ausgebildete Referendare haben, manche davon aber nicht übernommen werden können, auch schwierig. Der Einstellungskorridor ist eng. Ich sage das auch so. Er ist deswegen eng, weil wir schauen müssen, welche Lehrergruppen wir brauchen und welche wir im Moment nicht einstellen können. Wir müssen deshalb seriös sein und klar sagen, wie viele Lehrkräfte wir einstellen können und welche Lehrkräfte wir nicht einstellen können. Es gehört zur Regierungsverantwortung, in diesem Punkt ehrlich zu sein.

(Beifall bei der CSU)

Zur finanziellen und personellen Ausstattung des Ganztags möchte ich auf die jüngste BertelsmannStudie zum gebundenen Ganztag vom April 2016 hinweisen, die Sie vielleicht auch schon gesehen haben. Bei dieser Studie kommt sehr klar heraus, dass wir im Verhältnis zu anderen Bundesländern den Ganztag sehr gut ausstatten. Mir ist die Ausstattung nie genug; das gehört zu meinem Job. Die Wahrheit ist aber, dass wir im Verhältnis zu anderen Bundesländern eine sehr gute Ausstattung haben. Ich bitte Sie, auch das zu registrieren.