Eine weitere Aufgabe des Bayerischen Landesamtes für Verfassungsschutz, die vom Bund nicht abgedeckt wird, ist die Beobachtung verfassungsgefährdender Tätigkeiten im Bereich der Organisierten Kriminalität. Schon seit Langem setzen wir den Verfassungsschutz gezielt auch in diesem Bereich ein, weil es nun einmal viele Überschneidungen zwischen Terrorismus, Extremismus und Organisierter Kriminalität gibt. Das ist im Übrigen in den allermeisten Ländern Europas Standard. Wir können den ausländischen Behörden mit unserem Landesamt für Verfassungsschutz auch einen Ansprechpartner auf Augenhöhe bieten. Aus gutem Grund halten wir daher an der Beobachtung der Organisierten Kriminalität durch den Verfassungs
Für unverzichtbar halte ich auch, dass dem Verfassungsschutz bei seiner Arbeit moderne Mittel wie die sogenannte Quellen-Telekommunikationsüberwachung und auch der Zugriff auf die Daten, die im Rahmen der Vorratsdatenspeicherung erhoben werden, zur Verfügung stehen. Das Wort "Vorratsdatenspeicherung" halte ich da allerdings fast schon für ein wenig irreführend. Es geht gerade nicht darum, dass der Staat, dass Behörden wie der Verfassungsschutz und das Landeskriminalamt irgendwelche Daten massenhaft auf Vorrat speichern. Gespeichert werden die Daten – man kann das nicht oft genug wiederholen – bei den Telefongesellschaften, welche die Daten ohnehin für ihre Abrechnungen speichern. Das Bundesgesetz zur Vorratsdatenspeicherung verpflichtet die Telefongesellschaften lediglich, die Daten etwas länger als üblich, nämlich für zweieinhalb Monate, aufzubewahren. Bei diesen Daten handelt es sich auch nicht um die Inhalte der Gespräche, sondern um sogenannte Verkehrsdaten, also Daten darüber, welcher Telefonanschluss wann mit welchem anderen Telefonanschluss wie lange verbunden war. Wenn wir nicht einmal diese Daten unseren Nachrichtendiensten, die unsere Demokratie vor existenziellen Bedrohungen schützen sollen, zur Verfügung stellen, frage ich mich ernsthaft, wie wir uns in Zukunft überhaupt noch gegenüber Terroristen und Verfassungsfeinden behaupten sollen.
Mit der Möglichkeit für das Landesamt für Verfassungsschutz, nach Genehmigung durch die G-10Kommission des Bayerischen Landtags Auskunft über Verbindungs- und Verkehrsdaten zu erhalten, übernehmen wir in Bayern eine Vorreiterrolle. Wir stehen dazu und halten das für richtig. Die rechtliche Möglichkeit ist durch das Bundesgesetz eröffnet. Wir wollen damit ganz bewusst ein klares politisches Signal an den Bund und die anderen Länder senden, sich unserem Vorbild möglichst schnell anzuschließen. Wir möchten, dass alle Landesämter und das Bundesamt für Verfassungsschutz in Deutschland diese Kompetenz erhalten.
Meine Damen und Herren, richtig und notwendig ist leider auch die Abschaffung der Altersuntergrenze für die Speicherung von Daten über Minderjährige. Inzwischen wissen wir, dass Radikalisierungsprozesse junger Islamisten immer früher beginnen. Hier dürfen wir nicht wegschauen. Es ist in meinen Augen essenziell,
dass wir hier entsprechende Möglichkeiten schaffen. Ich erinnere an den Fall der jungen Frau in Hannover, die aus heiterem Himmel mit einem scharfen Messer bewaffnet auf einen Polizeibeamten losging und versuchte, ihm die Kehle durchzuschneiden. Der Beamte ist schwer verletzt worden. Diese junge Frau mit islamistischer Gesinnung war zum Tatzeitpunkt 15 Jahre alt. Heute wissen wir aus den Ermittlungen, dass sie in Kontakt mit salafistischen Predigern stand, seit sie sieben Jahre alt war. Das sind Gott sei Dank nur Ausnahmefälle, aber es muss doch klar sein: Wenn unsere Sicherheitsbehörden von solchen Fällen Kenntnis erlangen, kann es doch nicht sein, dass man allein aus Rücksichtnahme auf das Alter sagt: Nein, bei einer jungen Frau von erst 15 Jahren oder, wie in einem anderen Fall, bei einem Jungen von erst 13 Jahren dürft ihr euch nicht damit befassen und keine Daten erheben. – Die Gefahr ist evident!
Wenn Sie dafür sorgen, dass keiner unter 16 in unserem Land etwas Böses tut, dann bräuchten wir uns damit auch nicht zu beschäftigen. Das können Sie aber nicht, und deshalb müssen wir uns leider auch mit der von jungen Menschen ausgehenden Gefahr in unserem Land beschäftigen.
Meine Damen und Herren, wir brauchen eine starke Zusammenarbeit zwischen dem Landesamt für Verfassungsschutz und der Polizei, den Sicherheitsbehörden und den Strafverfolgungsbehörden. Ich will nicht verschweigen, dass ich die sehr engen Grenzen, die uns das Bundesverfassungsgericht in jüngster Zeit gezogen hat, mit einer gewissen Sorge sehe. Bereits in seinem Urteil zum Antiterrordateigesetz aus dem Jahr 2013 hat das Bundesverfassungsgericht die Übermittlung von Informationen des Verfassungsschutzes an die Polizei nur in Ausnahmefällen erlaubt. In seinem Urteil zum BKA-Gesetz vom 20. April dieses Jahres hat es jetzt auch für die Datenübermittlung von der Polizei an die Nachrichtendienste aus verfassungsrechtlichen Erwägungen zusätzliche Hürden aufgestellt. Auch der Datenaustausch mit ausländischen Sicherheitsbehörden wird danach deutlich erschwert. Erste Anpassungen an die neuen Vorgaben nimmt bereits der Änderungsantrag der CSU-Fraktion vor. Weitere Anpassungen, die wir wohl oder übel noch vornehmen müssen, haben nur in enger Abstimmung mit dem Bund einen Sinn.
Vorhin sind die Erkenntnisse aus den NSU-Untersuchungsausschüssen angesprochen worden. Man darf schon klar ansprechen: Auch der Abschlussbericht des NSU-Untersuchungsausschusses des Bundes
tags hat in der Grundrichtung zur Zusammenarbeit zwischen Verfassungsschutz und Polizeibehörden das Gegenteil dessen ausgesagt, was die beiden zuletzt genannten Urteile des Bundesverfassungsgerichts aussagen. Der Bundestag hat einvernehmlich einen wesentlich intensiveren und wesentlich breiteren Informationsaustausch zwischen Verfassungsschutz und Polizeibehörden gefordert. Mit breiter Mehrheit sagt der Bundestag das Gegenteil dessen, was anschließend das Bundesverfassungsgericht entschieden hat. Wir müssen uns mit diesem zweifellos vorhandenen politischen Konflikt auseinandersetzen. Diese Diskussion ist sicherlich noch nicht beendet. Solange dieses Urteil im Raum steht, müssen wir es beachten. Daran besteht überhaupt kein Zweifel. Ich sage Ihnen aber ganz deutlich: Aus meiner Sicht kann mit diesem Urteil die Diskussion noch nicht beendet sein.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich bin davon überzeugt, dass uns die Realität dazu zwingen wird, über das Verhältnis von Freiheits- und Datenschutzrechten einerseits und dem Recht jedes einzelnen Bürgers andererseits, in Sicherheit zu leben, neu nachzudenken. Meine Meinung dazu ist jedenfalls klar: Die Sicherheit der in unserem Land lebenden Menschen muss dem Rechtsstaat noch wichtiger sein als die Sicherheit virtueller Daten. Man darf beides nicht gegeneinander ausspielen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, mit dem vorliegenden Gesetzentwurf und dem Änderungsantrag der CSU-Fraktion gehen wir, um die eingangs zitierten Worte von Helmut Schmidt aufzugreifen, in der Tat bis an die Grenze dessen, was vom Rechtsstaat bzw. vom Bundesverfassungsgericht erlaubt wird. Zum Schutz der Freiheit der Menschen in unserem Land ist dies aber auch dringend notwendig und geboten. Ich bitte Sie daher um Ihre Zustimmung zu diesem Gesetzentwurf.
Vielen Dank, Herr Staatsminister. – Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Damit ist die Aussprache geschlossen. Wir kommen zur Abstimmung.
Der Abstimmung liegen der Gesetzentwurf auf Drucksache 17/10014, die Änderungsanträge auf den Drucksachen 17/11609, 17/11610 und 17/11643 sowie die Beschlussempfehlung des federführenden Ausschusses für Kommunale Fragen, Innere Sicherheit und Sport auf Drucksache 17/12251 zugrunde.
Vorweg ist über die vom federführenden Ausschuss für Kommunale Fragen, Innere Sicherheit und Sport zur Ablehnung empfohlenen Änderungsanträge abzustimmen.
Wer entgegen dem Ausschussvotum dem Änderungsantrag auf Drucksache 17/11610 – das ist der Antrag der SPD-Fraktion – zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Die SPD-Fraktion. Gegenstimmen! – Die CSU-Fraktion. Enthaltungen! – FREIE WÄHLER und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Damit ist der Änderungsantrag abgelehnt.
Wer entgegen dem Ausschussvotum dem Änderungsantrag auf Drucksache 17/11643 – das ist der Antrag der Fraktion der FREIEN WÄHLER – zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Das sind die FREIEN WÄHLER. Gegenstimmen! – Die CSU-Fraktion. Enthaltungen! – SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Damit ist auch dieser Änderungsantrag abgelehnt.
Wir kommen nun zur Abstimmung über den Gesetzentwurf. Der federführende Ausschuss für Kommunale Fragen, Innere Sicherheit und Sport empfiehlt Zustimmung in einer Neufassung. Der Ausschuss für Verfassung, Recht und Parlamentsfragen stimmt bei seiner Endberatung der Beschlussempfehlung des federführenden Ausschusses zu. Ergänzend schlägt er vor, im neuen Artikel 30 in Absatz 1 als Datum des Inkrafttretens den "1. August 2016" und in Absatz 2 als Datum des Außerkrafttretens den "31. Juli 2016" einzufügen. Im Einzelnen verweise ich hierzu auf die Drucksache 17/12251.
Wer dem Gesetzentwurf mit diesen Änderungen zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. – Das ist die CSU-Fraktion. Gegenstimmen! – Die SPDFraktion und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Enthaltungen! – Die Fraktion der FREIEN WÄHLER. Dann ist es so beschlossen.
Da ein Antrag auf Dritte Lesung nicht gestellt wurde, führen wir gemäß § 56 der Geschäftsordnung sofort die Schlussabstimmung durch. Ich schlage vor, sie in einfacher Form durchzuführen. – Ich sehe keinen Widerspruch.
Wer dem Gesetzentwurf seine Zustimmung geben will, den bitte ich, sich vom Platz zu erheben. – Die CSU-Fraktion. Die Gegenstimmen, bitte. – SPD-Fraktion und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Enthaltungen! – FREIE WÄHLER. Das Gesetz ist damit so angenommen. Es hat den Titel: "Bayerisches Verfassungsschutzgesetz (BayVSG)".
Abgeordneten der CSU-Fraktion auf Drucksache 17/11609 seine Erledigung gefunden. Das Hohe Haus nimmt hiervon Kenntnis.
Ich komme jetzt zurück zu den Tagesordnungspunkten 2 und 3. Die Aussprache dazu ist schon geschlossen. Wir kommen zur Abstimmung. Es geht jetzt um das Medienrecht, wenn ich Sie daran erinnern darf. Dazu werden die Tagesordnungspunkte wieder getrennt. Zuerst erfolgt die Abstimmung über den Gesetzentwurf und die Änderungsanträge.
Der Abstimmung liegen der Gesetzentwurf auf Drucksache 17/9548, die Änderungsanträge auf den Drucksachen 17/11256 bis 17/11259, 17/11340 und 17/11820 sowie die Beschlussempfehlung des federführenden Ausschusses für Wirtschaft und Medien, Infrastruktur, Bau und Verkehr, Energie und Technologie auf Drucksache 17/12254 zugrunde.
Vorweg ist über die vom endberatenden Ausschuss für Verfassung, Recht und Parlamentsfragen zur Ablehnung empfohlenen Änderungsanträge abzustimmen. Das sind jetzt ein paar Anträge.
Wer entgegen dem Ausschussvotum dem Änderungsantrag auf Drucksache 17/11256 – das ist der Antrag der Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Das BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und die FREIEN WÄHLER. Gegenstimmen! – Die CSU-Fraktion. Enthaltungen! – Die SPD-Fraktion. Damit ist der Änderungsantrag abgelehnt.
Wer entgegen dem Ausschussvotum dem Änderungsantrag auf Drucksache 17/11257 – auch das ist ein Antrag des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und die FREIEN WÄHLER. Gegenstimmen! – Die CSU-Fraktion. Enthaltungen! – Die SPD-Fraktion. Damit ist auch dieser Änderungsantrag abgelehnt.
Wir kommen zum Änderungsantrag auf Drucksache 17/11258. Das ist ebenfalls ein Antrag der Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN. Wer entgegen dem Ausschussvotum diesem Änderungsantrag zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und FREIE WÄHLER. Gegenstimmen! – Die CSU-Fraktion. Enthaltungen! – Die SPD-Fraktion. Damit ist dieser Änderungsantrag ebenfalls abgelehnt.
Wer entgegen dem Ausschussvotum dem Änderungsantrag auf Drucksache 17/11259 – das ist der Antrag der SPD-Fraktion – zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Das ist die SPD-Fraktion. Gegenstimmen! – CSU, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Stimmenthaltungen! – FREIE WÄHLER. Damit ist auch dieser Änderungsantrag abgelehnt.
Wir kommen nun zur Abstimmung über den Gesetzentwurf. Der federführende Ausschuss für Wirtschaft und Medien, Infrastruktur, Bau und Verkehr, Energie und Technologie empfiehlt Zustimmung mit der Maßgabe von Änderungen. Der Ausschuss für Verfassung, Recht und Parlamentsfragen stimmt bei seiner Endberatung der Beschlussempfehlung des federführenden Ausschusses mit der Maßgabe weiterer Änderungen zu. Ergänzend schlägt er vor, im neuen § 4 als Datum des Inkrafttretens den "1. September 2016" einzufügen. Dieses Datum ist auch in den neu gefassten Artikel 26 Absatz 2 Satz 1 zu übernehmen. Im Einzelnen verweise ich auf die Drucksache 17/12254.
Wir kommen jetzt zur Abstimmung. Wer dem Gesetzentwurf mit diesen Änderungen zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. – Das ist die CSUFraktion. Gegenstimmen! – SPD, FREIE WÄHLER, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Dann ist so beschlossen.
Da ein Antrag auf Dritte Lesung nicht gestellt wurde, führen wir nach § 56 der Geschäftsordnung sofort die Schlussabstimmung durch, und zwar in namentlicher Form.
Ich darf darauf hinweisen, dass wir im Anschluss an die namentliche Abstimmung noch über einen Antrag abzustimmen haben. Also bitte nicht gleich wieder davonrennen!
Kolleginnen und Kollegen, die fünf Minuten sind um. Ich schließe die Abstimmung. Das Ergebnis wird außerhalb des Plenarsaals ermittelt und später bekannt gegeben.