Protocol of the Session on July 7, 2016

Lieber Herr Kollege Stefan Schuster, wir sehen diese Konkurrenz zwischen dem starken und dem schlanken Staat nicht; denn auch ein schlanker Staat kann stark und fit sein und auf die modernen Herausforderungen adäquat regieren, wie es seit 2013 der Fall ist.

(Beifall bei der CSU)

Diesen modernen Staat wünscht und bestätigt auch der Bayerische Beamtenbund auf seinem Delegiertentag.

(Zuruf von der SPD)

Ich erinnere an die Ausführungen, des Vorsitzenden des Bayerischen Beamtenbundes Habermann, zum Thema "modern und zukunftssicher" am "Tag des öffentlichen Dienstes" vor 14 Tagen. Das ist es, was wir uns für den öffentlichen Dienst wünschen. Herr Habermann bestätigt – ich zitiere –:

In Bayern ist man derzeit auf dem richtigen Weg. Die Politik hat erkannt, dass ein starkes Bayern ohne einen starken öffentlichen Dienst nicht möglich ist. Als Kernelement des Staates stellt der öffentliche Dienst einen entscheidenden Standortfaktor dar.

Das bestätigt uns der Beamtenbund.

(Beifall bei der CSU)

Wer sich die Bilanz der letzten Jahre anschaut, die wir alle bekommen haben, stellt fest: Die bayerischen Beamten werden im Bundesvergleich am besten bezahlt. Wir haben im Ländervergleich im Jahr teilweise einen Besoldungsvorsprung von bis zu 8.000 Euro.

Lieber Herr Kollege Schuster, wir haben seit fünf Jahren das neue Dienstrecht. Das Stellenhebungsprogramm zum neuen Dienstrecht ist abgeschlossen. Wir haben für die bayerischen Beamten über 41.500 Hebungen, mehr Beförderungsmöglichkeiten und Geld vorgesehen. Mit den weiteren Programmen in diesem Bereich haben wir über 50.000 besser bezahlte Stellen. Als einziges Bundesland haben wir die Mütterrente eingeführt. Bayern ist also ein fairer Partner seiner Beamten.

(Beifall bei der CSU – Zuruf von der SPD)

Das ist nicht überall so. Ich habe in der Vorbereitung auf die heutige Sitzung in der "FAZ" vom 20.05. einen Artikel gefunden mit dem Titel: "Geschätzte und gefolterte Beamte". Die "FAZ" zieht darin eine Bilanz der letzten zehn Jahre nach der Föderalismusreform und stellt fest, was Bayern und Baden-Württemberg unterscheidet. Fazit dieses Artikels ist: Wo es in Münchens Beamtenpolitik leuchtet, sieht es in Stuttgart finster aus.

(Beifall bei der CSU)

In dem Artikel wird berichtet, der Innenminister wolle dort die Folterwerkzeuge auspacken, Pensionen kürzen und Besoldungserhöhungen deckeln. In Bayern werden Beamte geschätzt, woanders werden sie offensichtlich gefoltert. Wir haben erkannt, dass der öffentliche Dienst unverzichtbarer Partner der Bürgerinnen und Bürger bei der Gestaltung ihres Alltags, aber auch der Wirtschaft ist.

Unsere 500.000 Landes- und Kommunalbediensteten leisten trotz schwieriger Rahmenbedingungen – das räume ich ein – eine hervorragende Arbeit. Hier ist es unser Ziel, in Bayern auch in Zukunft als moderner, verlässlicher, bürgernaher und leistungsfähiger Staat unterwegs zu sein.

Auch die Vorsitzende des Landespersonalausschusses, die in der letzten Sitzung des Ausschusses für Fragen des öffentlichen Dienstes zu Gast war, hat bestätigt, dass sie sich in ihrem Jahresbericht schwerpunktmäßig mit der Nachwuchsgewinnung beschäftigt hat. Am Auswahlverfahren für die zweite und dritte Qualifikationsebene hatten sich 14.000 junge Leute beteiligt. Mehr als 2.000 junge Menschen haben wir neu eingestellt. Die Vorsitzende des Landespersonalausschusses hat weiter berichtet, dass seit 2002 die höchsten Einstellungszahlen zu verzeichnen sind. Wir sind also auf dem richtigen Weg, um die bayerische Staatsverwaltung personell richtig auszustatten.

Auch die Flüchtlingskrise wurde angesprochen. Auf diesem Gebiet wurde im letzten Jahr Enormes geleistet. Wir stärken den Staat, wo es nötig ist. Der Nachtragshaushalt 2016 ist hier angesprochen. Das ist ein europaweit einmaliges Programm für mehr Sicherheit und gelungene Integration von Flüchtlingen. 3,31 Milliarden Euro haben wir allein für diese Bereiche bereitgestellt. 1.700 neue Lehrer stehen zur Verfügung. Wir haben ein im bundesweiten Vergleich beachtliches Berufsintegrationsprogramm in den Schulen eingerichtet. Die Beamtenpolitik in München leuchtet.

Herr Kollege, beachten Sie bitte die Uhr? – Ach, wunderbar! Danke schön!

(Beifall bei der CSU)

Nächster Redner ist der Kollege Güll.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir wünschen uns einen Staat, über den die Bürgerinnen und Bürger sagen können: Die Aufgaben werden erfüllt, und wir zahlen zu Recht unsere Steuern, weil wir dafür eine Gegenleistung bekommen. – Auch wir wollen keinen überbordenden Staat und planlose Ausgaben, sondern wir wollen, dass man genau hinschaut, was der Staat leisten muss und wie er es leistet. Das macht Zukunfts- und Handlungsfähigkeit aus. Das funktioniert nicht, wenn man es auf Kosten des Personals macht, wie wir das im Moment zum Teil erleben. Wir haben gerade im Bildungsbereich belastete Beamte. Da leuchtet es wirklich nicht, so wie Sie, Herr Kollege Reiß, es sagen. Wir nehmen gerade im Bildungsbereich vermehrt wahr, dass viele der zu leistenden Aufgaben auf Kosten des Personals erfüllt werden, weil die Personalausstattung auf Kante genäht ist.

Lassen Sie uns einmal einen Blick auf die einzelnen Bildungseinrichtungen werfen und mit den Kitas beginnen. Anfang des Jahres gab es eine Umfrage, nach der 90 % der Bayern eine Verbesserung der Betreuungsqualität durch mehr Personal für wichtig halten. Das hat unsere Kollegin Doris Rauscher ermittelt. Wir wollen, dass der Staat entsprechende Mittel bereitstellt, damit wir die Kitas mit mehr Personal ausstatten können, um die Qualität zu sichern und die Aufgaben, vor die wir mit der Integration gestellt sind, leisten zu können. Das ist der erste Bereich.

Wenn wir uns die Schulen anschauen – auch das kann man nur punktuell beleuchten –, stellen wir fest, dass wir immer noch einen erheblichen Unterrichtsausfall haben. Da gibt es nun zwei Möglichkeiten: Entweder man sagt, das ist halt so, das müssen wir hinnehmen, oder man arbeitet dagegen und versucht, diesen Ausfall durch mehr Personal auszugleichen, die Mobile Reserve zu stärken und integrierte Lehrer in großer Zahl einzustellen. Wir haben das einmal berechnet: Allein dafür bräuchten wir 6.000 zusätzliche Lehrkräfte. Ich weiß, das klingt nach viel, aber das ist nur eine Bestandsaufnahme, und darüber muss man sich Gedanken machen. Aber was nicht geht, Herr Finanzminister – auch wenn er nicht da ist –

(Widerspruch bei der CSU)

Er ist doch da? Oh, Entschuldigung! – Ja, weil er nicht auf dem Platz sitzt, wo er normalerweise hingehört.

(Volkmar Halbleib (SPD): Der vagabundiert auf der Regierungsbank!)

Es geht angesichts dieser Aufgaben nicht darum, demografische Renditen zu errechnen, sondern das vorhandene Personal sinnvoll einzusetzen.

Herr Kollege Reiß, ja, es ist in diesem Hohen Hause Geld für die Integrationsaufgabe zur Verfügung gestellt worden, aber wir können doch nicht leugnen, dass wir gerade im Bildungsbereich Aufgaben haben, die wir seit Langem vor uns herschieben: die Entlastung der Schulleiter; die Verwaltungsangestellten sind angesprochen worden; wir brauchen zusätzliches pädagogisches Personal; wir haben die Inklusion zu stemmen. Die hundert Stellen reichen bei Weitem nicht. Hier muss der Appell sein, genau hinzuschauen und Personal bereitzustellen, das vor Ort gebraucht wird.

(Beifall bei der SPD)

Ich will ausdrücklich noch Ihren Blick auf die beruflichen Schulen lenken; denn die werden oftmals als Stiefkind angesehen. Wir haben in den Berufsschulen zum Teil nur 90 % Abdeckung des Pflichtunterrichts. Wir bräuchten allein 350 Planstellen, um die Überstunden abzubauen, die sich dort angehäuft haben. Wir haben in den "Flaggschiffen", also den Fachoberschulen, einen Schülerzuwachs, der nicht mit einem entsprechenden Personalzuwachs einhergeht. All das sind Dinge, die man mit Blick auf die nächsten vier Jahre, die nächsten zwei Doppelhaushalte, ernsthaft diskutieren muss und für die man entsprechende Mittel bereitstellen muss.

Schlussendlich darf man auch die Hochschulen nicht vergessen. Auch dort muss man einmal genau hinschauen. Rund 80 % des Personals im akademischen Mittelbau, der die Arbeit in Forschung und Lehre leistet, sind mittlerweile in aller Regel befristet angestellt. Hier hat uns die Kollegin Zacharias einmal ausgerechnet: tausend Stellen wären das Mindeste, was wir bräuchten, um eine entsprechende Ausstattung zu gewährleisten.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, wenn Sie allein diese Beispiele hören, erübrigt sich die Frage, ob wir einen überbordenden Staat wollen. Wir wollen, dass die Aufgaben, die der Staat dem Personal aufträgt, erfüllt werden können. Deshalb muss die Sparpolitik beendet werden. Wir brauchen mehr Stellen zur Erfüllung dieser Aufgaben.

(Beifall bei der SPD)

Danke schön. – Nächste Rednerin ist die Kollegin Heckner.

Sehr verehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Als Vorsitzende des Ausschusses für Fragen des öffentlichen Dienstes möchte ich festhalten, dass ich aus der Arbeit unseres Ausschusses weiß, dass wir alle miteinander, und zwar alle Fraktionen, sehr verantwortungsbewusst mit dem Thema, wie wir ein zukunfts- und handlungsfähiger Staat sein wollen, umgehen. Dass dabei unterschiedliche Schwerpunkte gesetzt werden, ist in einer Demokratie eine Selbstverständlichkeit.

Meine sehr verehrten lieben Kollegen, ein handlungsfähiger Staat ist einer, der auch auf Situationen reagieren kann. Ich kann es nicht nachvollziehen, dass hier vonseiten der Opposition kritisiert wird, dass in Sondersituationen wie derzeit der Flüchtlingssituation oder aufgrund des Jahrhunderthochwassers kurzfristig neue Stellen geschaffen werden. Schnell reagieren können wir nur, weil wir in der Fläche und über lange Zeiträume eine sehr verantwortungsvolle Personalpolitik betreiben, die uns diese finanziellen Spielräume lässt.

(Beifall bei der CSU)

Einen handlungs- und zukunftsfähigen Staat – das haben meine Kollegen vorab bereits ausgeführt – macht natürlich auch aus, dass er mit seinen Beamten sorgsam umgeht, Wir besolden sie im Bundesvergleich außerordentlich gut, schaffen familienfreundliche Rahmenbedingungen und sind ein attraktiver Arbeitgeber.

(Beifall bei der CSU)

Wenn Sie, Herr Kollege Meyer, davon sprechen, wir hätten es nicht geschafft, eine Aufgabenkritik hinzubekommen, ist das schlichtweg falsch. Bürokratieabbau, der von der Bevölkerung gefordert wird, ist ein ständiger Prozess. Ich möchte Sie deutlich auffordern, sich auch daran zu beteiligen, Vorschläge zu machen und nicht nur immer zu sagen, es passiere nicht genug.

(Beifall bei der CSU)

Wir alle wissen auch, dass unsere Bevölkerung immer dann, wenn es ein Problem gibt, nach neuen Regelungen schreit. Es ist also nicht so einfach, zu sagen: Jetzt machen wir Tabula rasa und schaffen Verordnungen einfach ab.

Zum Thema Privatvergaben möchte ich auch noch ein paar Sätze sagen. Es wäre unnatürlich, wenn Aufgaben an Privatfirmen abgegeben würden, wie es im Baubereich häufig der Fall ist, und dort billiger gear

beitet würde. Das haben wir auch nie behauptet. Nur eines muss uns klar sein: Jeder Beamte, den wir für diese Aufgabe einstellen, – –

(Zuruf des Abgeordneten Volkmar Halbleib (SPD))

Können Sie mich vielleicht auch einmal ausreden lassen? Wir waren bei euch sehr höflich!

(Beifall bei der CSU)

Man darf einmal darauf hinweisen, dass wir jedem Beamten, den wir heute einstellen, 40 Jahre lang eine amtsangemessene Besoldung garantieren, dass wir jedem Beamten – ich will hoffen – 30 Jahre Ruhestand finanzieren. Das bitte ich in die Kosten einzubeziehen.

(Beifall bei der CSU – Zuruf des Abgeordneten Volkmar Halbleib (SPD))

Dann darf ich noch einen Blick auf andere Länder richten. Mit Stolz kann ich sagen, dass wir eine demografiegerechte Personalplanung machen. Wir berechnen im Voraus, wann wie viele Polizisten in Ruhestand gehen werden. Wir berechnen im Voraus für alle Bereiche, in denen wir lange Ausbildungszeiten haben, wie viel Personal wir wann brauchen, und dementsprechend bilden wir zeitgerecht und frühzeitig aus. Wenn Polizisten in Pension gehen, fällt es uns nicht erst kurz vor Torschluss ein, dass wir keine haben und deshalb Hilfspolizisten brauchen, die innerhalb von ein paar Monaten ausgebildet werden.

(Beifall bei der CSU)