Protocol of the Session on July 7, 2016

Ich komme zur Forderung, neue Stellen zu schaffen. Natürlich brauchen wir punktuell – und zwar an sehr vielen Punkten – neue Stellen. Zwar ist durch den Nachtragshaushalt des vergangenen Jahres viel geschehen, aber es hatte auch lichterloh gebrannt.

(Zuruf des Abgeordneten Hans Herold (CSU))

Natürlich, Herr Kollege Herold. Aber es reicht noch nicht überall. Weniger Personal spart nämlich nicht zwangsläufig Geld. Der Kollege Schuster hat es für die Finanzverwaltung vorgerechnet. Oder nehmen Sie die Bauverwaltung und denken Sie an die Fremdvergaben für Planungsleistungen in diesem Bereich.

Glauben Sie, die Fremdfirmen machen dies zum Nulltarif? Das kostet genauso Geld. Allerdings läuft es dann nicht unter dem Haushaltstitel Personalkosten, sondern unter dem Titel Sachkosten.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN – Zurufe von der CSU)

Das ist Ihr Trick, liebe Kollegen von der CSU. Es sind zwar keine Personalkosten, aber die Kosten sind und bleiben Kosten.

(Zuruf des Abgeordneten Erwin Huber (CSU))

Natürlich, Herr Kollege Huber. Dass die Arbeit bei den Bauämtern nicht geringer wird, wenn Private mit der Planung beauftragt sind, ist auch eine Binsenweisheit. Das wissen wir doch schon lange. Meine Damen und Herren, mehr gut qualifiziertes Personal, beispielsweise auch in der Bauverwaltung, kann ebenfalls zum Geldsparen beitragen.

Kollege Schuster hat Tarifkräfte bei der Polizei gefordert. Da darf ich an die Tarifkräfte an Schulen erinnern. Welche Entlastungen man mit Tarifkräften in den Sekretariaten für die Lehrkräfte schaffen könnte – wir haben ja nicht einmal genügend Lehrkräfte – oder was man damit im Schulleiterbereich tun könnte, wurde im Hohen Hause oft genug diskutiert.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN)

Kommen wir nun zum Punkt "Bayern zukunftsfähig machen!". Hier handelt es sich nicht ausschließlich um das Resultat aus den Forderungen der Punkte 1 und 2; denn nur mehr Personal einzustellen, hilft auch nicht. Es muss schon das richtige Personal sein.

Der öffentliche Dienst wird immer mehr – er war es schon bisher – eine Servicestelle für Bürger und Wirtschaft. Ich erinnere an die Lebensmittelkontrollen. Darüber wurde in den letzten Wochen ausführlich diskutiert. Da ging bei Großbetrieben einiges schief. Wir haben uns immer dafür eingesetzt, dass die Lebensmittelkontrolleure bei den Landratsämtern angesiedelt bleiben sollen. Sie, meine Damen und Herren, hätten schon längst das Kind mit dem Bad ausgeschüttet, ungeachtet der dort vorhandenen vertrauensvollen Zusammenarbeit.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN)

Dies gilt überhaupt für jegliche Art hoheitlicher Kontrolle. Ob es sich um die Lebensmittelkontrolleure, die Gesundheitsämter, die Bauaufsicht oder die Kommunalaufsicht handelt, jede hoheitliche Tätigkeit ist dann am effektivsten, wenn ihre Beratung funktioniert.

Diese Beratung ist ein ganz wichtiger Punkt; hier brauchen wir richtig gute Leute.

In Zeiten des Fachkräftemangels ist es natürlich nicht so einfach, diese guten Leute zu finden. Da konkurrieren wir mit der privaten Wirtschaft, und zwar nicht nur monetär. Ich sage immer, allein mit Geld werden wir es nicht schaffen, aber es wird auch nicht ganz ohne monetäre Anreize gehen. Schauen Sie sich einmal an, wie die Mitarbeiter in der zweiten und dritten Qualifikationsebene in den Ballungsräumen mit ihrem Gehalt zufrieden sind.

Herr Kollege, bitte beachten Sie die Uhr!

Es geht auch um die Familienfreundlichkeit. Ich erinnere daran, dass durch das Gesetz zur weiteren Verbesserung der Arbeitsbedingungen und der Vereinbarkeit von Familie und Beruf bereits viel geschehen ist; dieses Gesetz haben wir alle mitgetragen, aber es geht nicht nur um die Verbesserung der Vereinbarkeit von Familie und Beruf, sondern es geht auch um Familie und Karriere. Da gibt es durchaus noch gewisse Unterschiede.

Meine Damen und Herren, es ist nicht alles Gold, was uns die CSU an Glänzendem vorträgt. Es gibt noch viel zu tun. Packen wir es gemeinsam an!

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN)

Danke sehr. – Nächster Redner ist der Kollege Ganserer.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Die hier im Hohen Hause gefassten Beschlüsse, sei es beim Hochwasserschutz, bei der Lebensmittelsicherheit oder bei der Bekämpfung von Rechtsextremismus, würden sich ohne eine gut aufgestellte Verwaltung nicht umsetzen lassen. Hier gilt einleitend mein Dank unseren Staatsbediensteten für die hervorragende Arbeit, die sie für die Menschen in unserem Freistaat leisten.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Ich will nicht in Abrede stellen, dass mit dem letzten Nachtragshaushalt bei der Polizei und der Bildung eine ganze Reihe von Stellen geschaffen worden ist. Das war notwendig und richtig, weil uns die innere Sicherheit und die Integration der zahlreichen hilfesuchenden Menschen, die zu uns gekommen sind, ein wichtiges staatliches Anliegen sind.

Sie aber halten an den ursprünglichen Plänen, bis 2019 9.000 Stellen abzubauen, erbittert fest. Doch

während der Finanzminister Planstellen streicht, wird draußen die Arbeit nicht weniger.

(Beifall bei den GRÜNEN)

So trägt dieses Dogma der pauschalen Stelleneinsparung mittlerweile üble Früchte. Ich will ein paar Beispiele bringen: Auf die Schriftliche Anfrage zur Privatisierung bisheriger staatlicher Leistungen antwortet die Staatsregierung für den Geschäftsbereich des Landwirtschaftsministeriums:

Oftmals wird durch die Übertragung auch nur sichergestellt, dass die Aufgabe überhaupt aufrechterhalten werden kann, da die staatliche Aufgabenwahrnehmung mangels der dafür erforderlichen personellen Kapazitäten nicht mehr möglich ist.

Weiter heißt es:

Grundsätzlich ist eine Kostensenkung durch Verlagerung von Aufgaben aus dem staatlichen Bereich in die Privatwirtschaft bei gleichbleibenden Qualitätsstandards kaum möglich, da die Privatwirtschaft im Gegensatz zum Staat eine Gewinnerzielung beabsichtigt.

(Zuruf von der SPD: Hört, hört!)

Diese Antwort ist im Prinzip ein Offenbarungseid für Ihre verfehlte Personalpolitik.

(Beifall bei den GRÜNEN und Abgeordneten der SPD)

Ein weiteres Beispiel betrifft die Lebensmittelsicherheit. Hier braucht es immer erst handfeste, große Skandale, bis Sie endlich einräumen, dass die großen Betriebe unzureichend überprüft und überwacht worden sind. Dann werden scheibchenweise ein paar weitere Stellen geschaffen. Der ORH fordert in seinem Gutachten aus gutem Grund eine echte Personalbedarfsplanung.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Ein weiteres Beispiel ist die Wasserwirtschaft. Von 2001 bis 2012 wurden auf diesem Gebiet über 500 Stellen abgebaut. Es hat erst im Jahr 2013 eine Jahrhundertflut kommen müssen, bis Sie eingesehen haben, dass dieser Stellenabbau ein Riesenfehler war. Sie haben dann zunächst 150 Stellen geschaffen, welche aber bis zum Jahr 2022 befristet sind. Sie halten bei der Wasserwirtschaft an den Personaleinsparungen fest.

Auch die Forstverwaltung ist hierfür ein Beispiel. Der Umbau der Fichtenmonokulturen hin zu stabilen

Mischwäldern wird vor allem vor dem Hintergrund der zunehmenden Klimakrise eine wichtige Zukunftsaufgabe. Diese Aufgabe wird noch eine ganze Förstergeneration beschäftigen. Aber Sie sparen weiter Personal ein und bauen Planstellen ab. Der nötige Umbau im Privatwald durch Projekte kann seit vielen Jahren nur durch befristete Stellen aufrechterhalten werden.

Wie meine aktuelle Schriftliche Anfrage zeigt, ist die Anzahl der befristeten Stellen absolut und prozentual gestiegen. Mit knapp 46.000 befristeten Arbeitsverhältnissen ist fast jedes dritte Beschäftigungsverhältnis befristet. Im Schnitt sind über 60 % der befristeten Stellen von jungen Menschen unter 35 Jahren besetzt. Die Wahrscheinlichkeit einer Übernahme in eine unbefristete Stelle ist verschwindend gering. Das heißt, die Zeche für Ihre verfehlte Personalpolitik zahlen die jungen Leute, weil mit einer befristeten Stelle keine sichere Lebensplanung möglich ist.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Diese Art der Personalpolitik ist nicht nur skandalös, sondern in höchstem Maße auch ineffektiv, weil Befristungen letztendlich immer bedeuten, dass für die gleiche Tätigkeit ständig neue Leute angelernt werden müssen und eine Einarbeitungszeit notwendig ist. Ich will jetzt nicht wie die SPD sagen, dass man überall pauschal zusätzliches Personal braucht. Aber was wir brauchen, ist eine echte Aufgabenanalyse und -kritik.

Herr Kollege Fackler, Sie haben gefragt, welche staatlichen Aufgaben wir leisten können. Aber die Antwort sind Sie schuldig geblieben. Um die Antwort drücken Sie sich wie der Teufel ums Weihwasser, weil sie nicht angenehm ist. Wir brauchen eine echte Stellen- und Aufgabenkritik und eine vernünftige Personalplanung; denn dort, wo die Verwaltung entsprechende Aufgaben zu erfüllen hat,

Herr Kollege, beachten Sie bitte die Uhr.

müssen angemessene Personalstellen vorgesehen werden.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Nächster Redner ist Herr Kollege Reiß.

Liebe Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Lieber Herr Kollege Ganserer, wir bleiben keine Antworten schuldig, sondern tun genau das, was erwartet wird, nämlich auf Herausforderungen der Zeit zu reagieren.

(Markus Ganserer (GRÜNE): Sie bauen Stellen ab und geben der Verwaltung immer mehr Aufgaben!)

Herr Kollege Ganserer, wir haben nicht nur im Nachtragshaushalt 2016 neue Stellen geschaffen. Wer den Haushalt anschaut, stellt fest: Seit 2013, also in dieser Legislaturperiode, haben wir 8.865 Stellen in Bereichen, in denen es erforderlich war, geschaffen.

Lieber Herr Kollege Stefan Schuster, wir sehen diese Konkurrenz zwischen dem starken und dem schlanken Staat nicht; denn auch ein schlanker Staat kann stark und fit sein und auf die modernen Herausforderungen adäquat regieren, wie es seit 2013 der Fall ist.