Protocol of the Session on April 28, 2016

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN)

Es geht konkret um die Sache.

(Harald Güller (SPD): Das kann man als "unterirdisch" bezeichnen!)

Integration ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe. Daher ist es wichtig, dass wir in dieser Sache parteiübergreifend zusammenarbeiten.

Ich möchte daran erinnern, dass wir am 06.02. ein Gespräch in der Bayerischen Staatskanzlei hatten, bei dem Herr Marcel Huber und Frau Ministerin Müller anwesend waren. Damals sagte Marcel Huber – ich habe es extra mitgeschrieben –, ein gemeinsamer Entwurf sei seine Traumvorstellung. Ich sage mir: Das war ein kurzer Traum des Herrn Marcel Huber. Die Parteien wünschten eine zweite Gesprächsrunde, aber das lehnten Sie gleich am selben Tag ab. Ich finde das schade. Wir verstehen das nicht; denn es gab bereits gemeinsame parteiübergreifende Aktivitäten. Ich denke etwa an die Inklusion und an das Papier zur Entwicklungspolitik. Das ist alles sehr gut.

Herr Huber, wir nehmen diese Aktuelle Stunde nochmals zum Anlass, diesen gemeinsamen Gesetzentwurf im Interesse aller Bürger in Bayern einzufordern und das Ganze noch einmal anzuregen.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN und des Ab- geordneten Volkmar Halbleib (SPD))

Die Bürger Bayerns wünschen sich gerade bei diesem Thema einen politischen Konsens und keine politischen Streitereien. Das möchte ich nochmals klar sagen.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN und des Ab- geordneten Volkmar Halbleib (SPD))

Die Zeit ist kurz, aber lassen Sie mich zehn Punkte nennen:

Erstens fordern wir ein Leitbild für das Zusammenleben. Wir wollen, dass Einheimische und Zugezogene friedlich miteinander leben. Hier geht es um die Akzeptanz grundlegender Werte, die zum Beispiel in der Bayerischen Verfassung und im Grundgesetz zu fin

den sind. Es geht aber auch um das Bekenntnis zum Rechtsstaat, um Frieden und Gerechtigkeit und um das gemeinsame Element der deutschen Sprache. Das ist ein ganz wichtiger Punkt.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN)

Zweitens wollen wir, dass neben dem Prinzip des Förderns konkret auch das Prinzip des Forderns enthalten ist. Das muss gleichrangig sein und darf nicht einseitig auf die eine oder andere Seite ausschlagen.

Drittens fordern wir, dass Integration zur Pflicht- und Gemeinschaftsaufgabe des Landes und der Kommunen wird. Die Kommunen spielen als Motoren der Integration eine Schlüsselrolle. Integration gelingt nur von unten nach oben.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN)

Die Kommunen dürfen bei dieser Aufgabe nicht allein gelassen werden, weder personell noch finanziell.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN und Abge- ordneten der SPD)

Viertens wollen wir eine Infrastruktur mit institutionellen, personellen und finanziellen Zuständigkeiten und Ressourcen, damit diese großen gesellschaftlichen Aufgaben auf allen Ebenen – in Bezirken, Landkreisen und Kommunen – dauerhaft umgesetzt werden können. Wir wollen keine Doppelstrukturen wie neue Integrationsbeiräte, sondern wir wollen die bestehenden Strukturen stärken.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN und Abge- ordneten der SPD)

Fünftens. Wir wollen, dass sich ein Integrationsgesetz nicht nur an Flüchtlinge, sondern auch an Migranten richtet, da der Begriff "Gastrecht" einen zeitlich begrenzten Aufenthalt suggeriert, der für viele gar nicht möglich ist, weil sie in Deutschland bleiben wollen.

Sechstens. Ein für uns FREIE WÄHLER sehr wichtiger Punkt ist, dass die entstehenden Kosten nicht auf die Kommunen abgewälzt werden. Durch das neue Integrationsgesetz werden neue Standards festgesetzt und Aufgaben zum Teil den Kommunen übertragen. Der Präsident des Bayerischen Gemeindetags, Brandl, sagt bereits heute, dass Kommunen jetzt schon zu 50 % an den Kosten beteiligt seien. Das darf nicht sein. Wir erinnern hierbei ausdrücklich an das Konnexitätsprinzip.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN und Abge- ordneten der SPD)

Siebtens. Wir wollen, dass das Erlernen der deutschen Sprache der Schlüssel zur Integration wird. Zudem fordern wir eine schnellere Integration der Menschen mit Bleibeperspektive durch eine flächendeckende Sprachförderung in allen Landkreisen und Städten, Alphabetisierungskurse, Deutschkurse und berufsbezogene Sprachkurse. Es ist aber auch wichtig zu sagen, dass Flüchtlinge die Möglichkeit haben müssen, Deutschkurse zu besuchen. Man kann sie nicht bestrafen, wenn sie die Möglichkeit, solche Kurse zu besuchen, gar nicht hatten.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN und Abge- ordneten der SPD)

Achtens. Wir wollen, dass die Integration gelingt. Dazu müssen die Integrationsberatung und die Asylsozialberatung stärker ausgebaut werden, als dies heute der Fall ist.

Neuntens. Wir wollen, dass der Integrationsbeauftragte vom Landtag gewählt wird, damit er eine stärkere Legitimation hat. Wir fordern auch, dass der Integrationsbeauftragte im Landtag jährlich einen Bericht gibt. Dazu haben wir bereits einen eigenen Antrag gestellt.

Zehntens wollen wir, dass der Integrationsrat gestärkt und sein Aufgabenbereich aufgewertet wird, dass er zum Beispiel als eigenständiger Unterausschuss gestärkt wird. Im Moment ist der Integrationsrat nur ein Ad-hoc-Ausschuss. Die bisherige Formulierung, wonach der Integrationsbeauftragte Vertreter der Verbände zur Beratung heranziehen kann, lässt Willkür zu. Wir wollen den Integrationsrat aufwerten, um der Bedeutung der Verbände gerecht zu werden.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN)

Ich komme zum letzten Punkt und schließe an den Anfang meines Vortrags an. Wir wollen nach wie vor einen parteiübergreifenden Gesetzentwurf, weil nur dieser die Punkte enthält, die uns allen wichtig sind. Wir sollten nicht über Begrifflichkeiten streiten. Wenn die Staatsregierung sich hierzu nicht bereit erklärt, kündige ich gleich an, dass auch die FREIEN WÄHLER einen Gesetzentwurf einreichen werden.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN)

Danke schön, Herr Kollege. – Als Nächste hat Frau Kollegin Kamm vom BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN das Wort. Bitte schön, Frau Kollegin.

Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Ob Integration gelingt, hängt von den neuen Gesellschaftsmitgliedern ab, die zu uns kommen. Ich denke, wir

können sehr optimistisch sein. Die allermeisten Menschen, die vor Krieg und Terror geflohen sind, wollen hier für sich und ihre Kinder eine neue Existenz aufbauen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Sie wollen lernen, wie unsere Gesellschaft funktioniert, eine Gesellschaft, in der es Jahrzehnte keinen Krieg gegeben hat und in der man vor staatlicher Verfolgung sicher sein kann. Sie wollen diese Gesellschaft akzeptieren. Sie wollen unseren Wertekern akzeptieren. Sie wollen unsere Sprache lernen. Sie wollen etwas aufbauen. Sie wollen nicht von staatlicher Zuwendung leben müssen. Sie bringen auch ihre Kultur und ihre Traditionen mit. Dies ist auch eine Bereicherung für unsere Gesellschaft. Wer beispielsweise einmal bei einem bengalischen, syrischen oder türkischen Neujahrsfest war, weiß das.

Ob Integration gelingt, hängt auch von der aufnehmenden Gesellschaft ab. An dieser Stelle bin ich auch sehr optimistisch. Es ist beeindruckend, welche Unterstützung und Hilfe unsere Gesellschaft bisher für die Neuankommenden geleistet hat.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Dafür danke ich den vielen Menschen in den Helferkreisen, in den Verwaltungen, in den Kommunen, bei den Verbänden, in den Kitas, in den Schulen, in Wirtschaftsunternehmen und bei der Polizei. Sie zeigen, wie Integration gelingen kann.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Ob Integration gelingt, hängt aber auch von den politischen Rahmenbedingungen ab. Leider zeigt der Gesetzentwurf der CSU, was man alles falsch machen kann.

(Beifall bei den GRÜNEN – Josef Zellmeier (CSU): Ja, ja!)

Herr Kollege Zellmeier, Ihre Rede hat eher an den gestrigen Maibockanstich als an eine Plenarrede erinnert.

(Beifall bei den GRÜNEN – Josef Zellmeier (CSU): Das ist die bittere Realität! – Harald Güller (SPD): Die Maibock-Rede hat noch Niveau gehabt!)

Sie wollen keine Türen aufmachen. Sie wollen nicht zum Durchgehen einladen. Stattdessen wollen Sie vor jede Tür noch ein Vorhängeschloss hängen. Auf jeder Tür steht groß: Leitkult. Sie selber wissen aber nicht genau, was Sie eigentlich darunter verstehen. Für die

Integrationsbereitschaft der zu uns Kommenden macht es einen großen Unterschied, ob ihnen gesagt wird, dass sie willkommen sind, es jedoch Regeln gibt, an die sie sich halten müssen, oder ob ihnen mit Misstrauen begegnet und bedeutet wird, dass ihre Kultur nichts zählt. Ihnen wird stets ein großes Schild vorgehalten, auf dem steht: Achtung, halten Sie sich an den Leitkult. Niemand weiß, was das eigentlich sein soll.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Integration hängt von den Rahmenbedingungen ab. Wenn wir Integration offen und entschlossen angehen, werden wir die Herausforderungen meistern – zum Gewinn für uns alle, für die Menschen, für das Land, für die Wirtschaft und für unsere Gesellschaft. Sowohl die Zuwanderer als auch die Menschen in Bayern sind dazu bereit.

Wenn man Menschen, die schon lange bei uns leben, die sich bei uns integriert, eine Familie geschaffen und in Beruf oder Ehrenamt etwas aufgebaut haben, das Gesetz, das Sie entworfen haben, zeigt, sagen sie: Wie kann es sein, dass in Bayern Gesetze von Menschen geschrieben werden, die nichts davon verstehen?

(Beifall bei den GRÜNEN)

Das ist noch die mildeste Kritik an Ihrem Gesetz. Ich sage Ihnen: Geben Sie Ihren Widerstand auf. Verpacken Sie Ihren Leitkult tief in Ihren Aktenschränken. Packen Sie mit an. Gestalten Sie zusammen mit den Bürgerinnen und Bürgern Bayerns und den Menschen, die zu uns gekommen sind, ein menschliches, sympathisches und weltoffenes Bayern!