Protocol of the Session on April 28, 2016

Das ist noch die mildeste Kritik an Ihrem Gesetz. Ich sage Ihnen: Geben Sie Ihren Widerstand auf. Verpacken Sie Ihren Leitkult tief in Ihren Aktenschränken. Packen Sie mit an. Gestalten Sie zusammen mit den Bürgerinnen und Bürgern Bayerns und den Menschen, die zu uns gekommen sind, ein menschliches, sympathisches und weltoffenes Bayern!

(Anhaltender Beifall bei den GRÜNEN)

Danke schön, Frau Kollegin. – Als Nächster hat Herr Kollege Neumeyer von der CSU-Fraktion das Wort. Bitte schön, Herr Kollege.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Wenn ich den Titel der Aktuellen Stunde lese, frage ich mich: Wenn wir ein echtes Gesetz brauchen, was ist dann ein unechtes Gesetz?

(Markus Rinderspacher (SPD): Ihres! – Margarete Bause (GRÜNE): Das haben Sie doch selber kritisiert!)

Nachdem wir schon Zitate von hohen SPD-Politikern gehört haben, setze ich noch eines drauf.

(Inge Aures (SPD): Oh je!)

Nicht "oh je". Das ist notwendig. – Das Zitat stammt von Herbert Wehner aus dem Jahr 1982:

Wenn wir uns weiterhin einer Steuerung des Asylproblems versagen, dann werden wir eines Tages von den Wählern, auch unseren eigenen, weggefegt. Dann werden wir zu Prügelknaben gemacht werden. Ich sage euch – wir sind am Ende mitschuldig, wenn faschistische Organisationen aktiv werden. Es ist nicht genug, vor Ausländerfeindlichkeit zu warnen – wir müssen die Ursachen angehen, weil uns sonst die Bevölkerung die Absicht, den Willen und die Kraft abspricht, das Problem in den Griff zu bekommen.

Genau das ist der Ansatz.

(Beifall bei der CSU)

Wir müssen die Ursachen sowohl in den Ländern als auch bei uns in Deutschland angehen. Wir müssen die Voraussetzungen für die Zukunft und für ein gemeinsames Zusammenleben schaffen. Aufgrund der vielen Veranstaltungen, an denen ich tagtäglich teilnehme, weiß ich, dass nicht alle Bürgerinnen und Bürger von der Integration überzeugt sind. Sie sagen: Das lehnen wir ab, das wollen wir nicht. Deshalb ist es in erster Linie notwendig, die Menschen von der Integration und davon zu überzeugen, dass wir ein Integrationsgesetz brauchen. Damit schaffen wir eine Zukunftswerkstatt. Wir brauchen kein parteipolitisches Geplänkel. Wir müssen stattdessen gemeinsam die Bürgerinnen und Bürger davon überzeugen, dass ein Gesetz notwendig ist. In den Veranstaltungen sage ich immer: Es gibt keine Alternative zur Integration. Sagen Sie mir, was die Alternative zur Integration ist. – Keine Integration. Das funktioniert nicht. Das haben wir in Belgien und in Frankreich gesehen. In diesen Ländern sprechen die Menschen Französisch sogar als erste oder zweite Muttersprache. Die Sprache war keine Barriere. Weder Belgien noch Frankreich haben Integrationsleistungen angeboten. Jetzt wundern sie sich, dass sie versagt haben.

(Thomas Gehring (GRÜNE): Es gibt auch gute Beispiele in Frankreich! Reden wir doch differenzierter!)

Es gibt immer gute Beispiele. Es gibt immer gute Beispiele und schlechte Beispiele. Das ist das Leben.

(Beifall bei der CSU)

Der Staat hat in diesen Ländern versagt. Er hat weggeschaut und keine Verantwortung übernommen. Selbstverständlich sind Sprachkurse die Basis für vie

les. Die Angebote müssen erweitert werden. Liebe Freunde, meine sehr verehrten Damen und Herren, angesichts der Anzahl der Menschen, die zu uns gekommen sind, ist es jedoch nicht leicht, alles eins zu eins sofort umzusetzen. Stellen Sie sich vor, die Zahlen wären wie im letzten Jahr weiter gestiegen. Dann wären wir heute in einer ganz anderen Situation, die wir nicht mehr beschreiben könnten.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich führe ein Zitat aus dem Organ "Neue Zürcher Zeitung" an:

"50 Jahre nach dem Beginn der Einwanderung bekommt Deutschland jetzt ein Integrationsgesetz", erklärte SPD-Fraktionschef Thomas Oppermann über Twitter. Den Eckpunkten zufolge will die Bundesregierung den Gesetzentwurf bei ihrer Klausurtagung am 24. Mai beschliessen. Das Gesetz werde sich an den "Grundsätzen des Förderns und Forderns" orientieren, heisst es darin. Zudem soll Asylbewerbern ein Wohnsitz zugewiesen werden können.

(Markus Rinderspacher (SPD): Das ist auch alles richtig!)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, deshalb muss man ganz ehrlich sagen: Die Autoren des Gesetzes auf Bundesebene, das sich sehr stark an Bayern orientiert, sind Frau Nahles und Herr de Maizière.

(Markus Rinderspacher (SPD): Herr Neumeyer, ich bitte Sie!)

Es stellt sich die Frage: Warum ist das Fördern und Fordern in Bayern falsch, auf Bundesebene jedoch richtig? Der Freistaat Bayern hat ein Gesetz geschaffen, das notwendig ist. Wir sollten es gemeinsam verteidigen.

(Margarete Bause (GRÜNE): Das haben Sie doch selber kritisiert!)

Ich habe es nicht kritisiert. Im Hinblick auf Sanktionen sind wir in Bayern durch die Bundesgesetzgebung sehr beschränkt. Mein Ansatz wäre gewesen, Anreize zu schaffen.

(Margarete Bause (GRÜNE): Wo sind die Anreize?)

Liebe Freunde, Demokratie bedeutet, Vorschläge zu machen. Wenn man keine Mehrheit hat, sind sie erledigt. So ist nun einmal Demokratie.

(Markus Rinderspacher (SPD): Dann machen wir einen Änderungsantrag! Machen Sie den gemeinsam mit uns!)

Nein, ich bleibe bei der CSU. Da bin ich sehr glücklich. Ich bin auch sehr glücklich, dass ich vom Ministerpräsidenten zum zweiten Mal zum Integrationsbeauftragten berufen wurde. Aus meiner Sicht ist es für Bayern sehr gut, dass ich das mache. Man muss auch eine gewisse Überzeugung haben.

(Beifall bei der CSU)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, bei diesem Integrationsgesetz müssen wir eines bedenken: Es gibt dazu keine Alternative. Bayern ist in der Integration sehr stark. Denken Sie nur daran, was Bayern für Integration durch Arbeit und durch Wohnungen tut. Das ist ein sehr weiter Weg. Wir haben in Bayern alle Chancen der Welt. Wenn wir gemeinsam an einem Strang ziehen, werden wir diese Chancen realisieren; denn Bayern ist das Land mit dem höchsten bürgerschaftlichen Engagement. Wir brauchen alle, die in der Flüchtlingsarbeit tätig sind, genauso bei der Integrationsarbeit. Der Freistaat Bayern allein kann dies nicht schaffen. Der Freistaat Bayern braucht genau wie alle anderen Staaten seine Bürgerinnen und Bürger.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, die Integration ist keine Kür, sondern sie ist eine Pflicht von allen. Im Grunde hat es jeder Migrant selbst in der Hand, ob er sanktioniert wird oder nicht. Wenn ein Migrant Sprachkurse macht und sich integriert, hat er keine Sanktionen zu befürchten. Das liegt ganz in der Hand jedes Einzelnen. Wenn wir gemeinsam am richtigen Strang ziehen, schaffen wir das.

(Beifall bei der CSU)

Danke schön, Herr Kollege. – Als Nächster hat Herr Kollege Taşdelen von der SPD das Wort. Bitte schön, Herr Kollege.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Lieber Herr Zellmeier, gestatten Sie mir ein paar Worte zu Ihnen: Ich habe wirklich schon sehr viel gehört. Bei uns in Franken sagt man: So viel Gschmarri habe ich schon lange nicht mehr gehört.

(Beifall bei der SPD, den FREIEN WÄHLERN und den GRÜNEN)

Es ist schön, dass Sie sich Gedanken über den Zustand der SPD machen. Sie haben gesagt: Die SPD fällt.

(Josef Zellmeier (CSU): Die SPD fällt zu Recht!)

Ich sage Ihnen: Ob die SPD fällt oder nicht, entscheiden nicht Sie, das entscheidet die Wählerin, das entscheidet der Wähler.

(Beifall bei der SPD – Kerstin Schreyer-Stäblein (CSU): Eben! – Josef Zellmeier (CSU): Das ist das Dramatische an Ihrer Situation!)

Eine persönliche Bemerkung: Wenn ich falle, dann falle ich mit Anstand.

(Beifall bei der SPD)

Ich versuche dann nicht, mich auf Kosten anderer, auf dem Rücken anderer über Wasser zu halten. So viel zu Ihnen, lieber Herr Zellmeier.

(Beifall bei der SPD – Dr. Florian Herrmann (CSU): Unverschämtheit!)

Gefehlt hat nur noch, dass Sie bei Ihrer Bewunderung für Helmut Schmidt mit einer Mentholzigarette hier vorne stehen. Helmut Schmidt hat einmal gesagt: "Von einem 93-Jährigen Optimismus zu erwarten, ist ein bisschen viel verlangt." Er hat auch einmal gesagt: "In der Krise beweist sich der Charakter." Das ist jetzt aktuell der Fall.

(Beifall bei der SPD)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, wir haben im Februar letzten Jahres in diesem Hohen Hause einen Gesetzentwurf eingebracht, in dem wir geschildert haben, wie wir uns Integration vorstellen, wie Integration richtig gelingen kann. Hier gibt es überhaupt keinen Gegensatz zu dem, was vorher gesagt wurde. Natürlich setzen auch wir darauf, dass wir den Menschen etwas anbieten. Wenn diese Angebote nicht angenommen werden, sind wir gerne bereit, über Sanktionen nachzudenken. Dem haben wir uns noch nie verwehrt. Wir müssen aber den Menschen ein Integrationsangebot machen.

(Dr. Florian Herrmann (CSU): Das machen wir ja!)

Sie haben den Gesetzentwurf, den wir eingebracht haben, im Februar dieses Jahres in Zweiter Lesung abgelehnt. Außerdem haben Sie in den letzten Monaten immer davon gesprochen, dass wir in Bayern kein solches Gesetz bräuchten. Gut ist, dass Sie jetzt schon einmal eingesehen haben, dass wir die Integration in Bayern steuern und anständig regeln müssen. Wir dürfen Integration nicht dem Zufall überlassen. Das ist schon einmal eine gute Erkenntnis.

(Josef Zellmeier (CSU): Das ist der Inhalt unseres Gesetzes!)

Sie haben jetzt ein Papier vorgelegt – ich habe keine Ahnung, ob es überhaupt die Bezeichnung "Gesetz" verdient –, von dem Ihr Parteikollege Uwe Brandl, der Präsident des Bayerischen Gemeindetages, sagt: Dieser Gesetzentwurf ist an keiner Stelle konkret, er ist zu schwammig. Herr Brandl ist ein CSU-Politiker, und zwar kein unwichtiger. Martin Neumeyer, der Integrationsbeauftragte der Bayerischen Staatsregierung, musste vorhin selber lachen, als er sagte, dass es gut sei, dass er diesen Job ausübe. Er hat außerdem gesagt, dieser Gesetzentwurf sei repressiv statt motivationsfördernd.