Bevor ich über den CSU-Antrag namentlich abstimmen lasse, lasse ich noch über den Dringlichkeitsantrag der Fraktion der FREIEN WÄHLER abstimmen; das ist der Antrag auf der Drucksache 17/10532. Wer diesem Antrag seine Zustimmung geben will, den bitte ich um das Handzeichen. – Die SPD-Fraktion, die Fraktion der FREIEN WÄHLER, aus den Reihen der CSU-Fraktion sechs Zustimmungen. Gegenstimmen bitte ich anzuzeigen. – Die übrige CSU-Fraktion. Stimmenthaltungen? – Die Fraktion BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN. Damit ist auch dieser Dringlichkeitsantrag abgelehnt.
Jetzt lasse ich über den Dringlichkeitsantrag der CSUFraktion auf Drucksache 17/10531 namentlich abstimmen. Die Urnen stehen bereit. Fünf Minuten, bitte.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, die Stimmabgabe ist abgeschlossen. Wir zählen außerhalb des Sitzungssaales aus und fahren in der Tagesordnung fort.
Bevor ich jetzt den Tagesordnungspunkt 4 aufrufe, gebe ich zunächst die Ergebnisse der namentlichen Abstimmungen bekannt:
Beim Dringlichkeitsantrag der Abgeordneten Margarete Bause, Ludwig Hartmann, Katharina Schulze und andere und Fraktion (SPD) betreffend "Das Problem heißt Rassismus! Menschen vor rassistischer Hetze und rechter Gewalt schützen" auf Drucksache 17/10508 haben 47 Kolleginnen und Kollegen mit Ja gestimmt, mit Nein 100; Stimmenthaltungen keine. Damit ist der Dringlichkeitsantrag abgelehnt.
Beim nachgezogenen Dringlichkeitsantrag der Abgeordneten Thomas Kreuzer, Josef Zellmeier, Dr. Florian Herrmann und andere und Fraktion (CSU) betreffend "Der Freistaat Bayern bekämpft entschlossen jede Form des Extremismus" auf Drucksache 17/10528 haben 101 Kolleginnen und Kollegen mit Ja gestimmt, mit Nein 0; Stimmenthaltungen gab es 45. Damit ist der Dringlichkeitsantrag angenommen.
Dringlichkeitsantrag der Abgeordneten Hubert Aiwanger, Florian Streibl, Johann Häusler u. a. und Fraktion (FREIE WÄHLER) Auf Richter und Staatsanwälte hören: Geplanten Investitionsgerichtshof bei TTIP und CETA verhindern (Drs. 17/10511)
Sehr geehrte Frau Präsidentin, werte Kolleginnen und Kollegen! "Die Schaffung von Sondergerichten für einzelne Gruppen von Rechtsuchenden ist der falsche Weg." Dieses Zitat stammt nicht von mir, sondern ist die Quintessenz der Stellungnahme des Deutschen Richterbundes zu den geplanten Investitionsgerichten bei TTIP und CETA.
Meine Damen und Herren, diese Stellungnahme sollte für uns ein Weckruf sein. Der Deutsche Richterbund vertritt die Richter und Staatsanwälte aus ganz Deutschland, und dazu gehört auch Bayern. Ich darf darauf hinweisen, dass die bayerischen Staatsanwälte auch ein Teil der bayerischen Exekutive sind, deren Vertreter hier im Plenum links und rechts von mir sitzen sollten. Der Deutsche Richterbund vertritt damit Teile der Exekutive und der Judikative, also Teile zweier Gewalten. Da ist es nur recht und billig, wenn wir als Legislative uns hier und heute mit der doch heftigen Kritik dieses Verbandes auseinandersetzen und wir als FREIE WÄHLER die Sorge der Rechtsgelehrten in das Plenum tragen. Vor allem vor dem Hintergrund, dass nunmehr auch der endgültige Text des Abkommens zwischen der EU und Kanada vorliegt, wird es langsam ernst. Hier steckt das Investitionsgericht ebenso drin wie in TTIP, und wir können schon bald mit dem Abschluss und der Ratifizierung von CETA rechnen. Dann wird es für unsere Justiz ernst.
Deshalb fordern wir FREIE WÄHLER in unserem Antrag die Staatsregierung auf, ihren Staatsanwälten und den unabhängigen Richtern zu folgen und sich gegen das Investitionsgericht starkzumachen. Dazu gehört auch, sich notfalls im Bundesrat gegen CETA und TTIP zu stellen.
Welche Risiken sind es, die die Richter und Staatsanwälte sehen? – Der rechtliche Schutz der Investitionen soll weitreichender sein, als es unsere Subsidiarität und unser Föderalismus erlauben. Meine Damen und Herren, diese Gerichte sollen Rechtsprechungskompetenzen in einer Reihe von sensiblen Bereichen erhalten. Zivilrecht, Verwaltungsrecht, Sozialrecht und Steuerrecht gehören dazu, so der Richterbund. Wir würden also die Rechtsprechung hierüber an irgendwelche Instanzen außerhalb unseres bewährten Gerichtssystems aus der Hand geben.
Der Deutsche Richterbund geht sogar noch weiter und argumentiert, dass auch die Rechtsetzungsbefugnis der Union und der Mitgliedstaaten nicht gegeben ist. Meine Damen und Herren, das wäre starker Tobak, wenn dies die Folge der Pläne der EU-Verhandlungen wäre. Es sind im Übrigen auch unsere eigenen Richter und Staatsanwälte, die diese Kompetenz hier infrage stellen. Wir als Landtag, die wir uns die Verteidigung der Subsidiarität auf die Fahnen schreiben, müssen doch bei der vorliegenden Sachlage Flagge zeigen und solche Investitionsgerichte letztlich verhindern.
Nach dem Willen der EU-Kommission werden es Richter sein, die noch nicht einmal als unabhängig gelten können. Mit einer angedachten Aufwandsentschädigung von ungefähr 2.000 Euro pro Monat in der
ersten Instanz kann ein solcher Richterposten bestenfalls ein Nebenerwerb sein. Das heißt, über wichtige Fragen entscheiden dann Nebenerwerbsrichter und keine Profirichter, und das kann nicht sein.
Meine Damen und Herren, der Deutsche Richterbund stellt auch fest, dass wir es hier wohl weniger mit internationalen Gerichten zu tun haben als vielmehr mit ständigen Scheingerichten bzw. Schiedsgerichten, die hier sozusagen institutionalisiert werden. Damit stehen wir letztlich wieder am Anfang der ganzen Debatte, dass wir wieder die Schiedsgerichte haben, bloß in einem anderen Gewand.
Meine Damen und Herren, ich kenne natürlich Argumente und auch das Ansinnen der amerikanischen Seite. Diese hat ein großes Interesse daran, die internationalen Regeln an ihrem angloamerikanischen Recht auszurichten. Schon das sollte für uns ein Warnzeichen sein, und uns veranlassen zu versuchen, hier unseren romanischen Rechtskreis zu verteidigen.
Des Weiteren wird bemängelt, dass es möglicherweise mangelhafte Justizsysteme in Europa gibt. Aber dann sollen diejenigen doch die Mängel benennen, damit wir diese Mängel in einer Justizreform ausräumen können, und nicht daneben eine Neben- oder Scheinjustiz herstellen. Von daher, meine Damen und Herren, sind wir der Auffassung, dass wir uns auf unsere nationalen, demokratisch legitimierten Gerichte berufen sollten und hier den Bürgerinnen und Bürgern und auch den Unternehmen effektiven Rechtsschutz gewähren können und sollen.
Wir sollten auch nicht auf die Kompetenz und Effizienz und auf die Kostenersparnis der ordentlichen Gerichtsbarkeit verzichten; denn wir wollen hier einem geplanten Systemwandel im Rechtssystem begegnen. Wir als FREIE WÄHLER wollen dies verhindern. Bitte unterstützen Sie unseren Antrag.
Frau Präsidentin, Kolleginnen und Kollegen! Lassen Sie mich direkt auf die Ausführungen des Deutschen Richterbundes eingehen, der die Grundlage für den Antrag der FREIEN WÄHLER ist, und zunächst einmal eines festhalten: Die Schiedsgerichte, die der Deutsche Richterbund
als neues System geißelt, sind seit über 50 Jahren in der Zivilprozessordnung der Bundesrepublik Deutschland verankert, meine Damen und Herren.
Lassen Sie mich gleich eines vorwegschicken: Der Internationale Schiedsgerichtshof mit Sitz in Paris ist seit vielen Jahren der Gerichtshof der Internationalen Handelskammer für die privaten Handelspartner. Fast jeder von Ihnen hat schon von CAS, dem Internationalen Sportgerichtshof mit Sitz in Lausanne gehört. Bei keiner einzigen dieser Einheiten habe ich jemals gehört, dass der Deutsche Richterbund irgendein Problem hat. Lange Rede, kurzer Sinn: Ich denke, hier hat der Deutsche Richterbund die Systematik, die hinter diesem System steht, offenkundig noch nicht aufgenommen.
Sie haben nachher noch 2,5 Minuten Redezeit, Herr Kollege Aiwanger. – Insbesondere aber hat er wohl noch nicht aufgenommen, was in CETA jetzt gelungen ist. Das, meine Damen und Herren, ist in der Tat eine ganz außergewöhnlich gute Lösung.
Wir haben bisher – Herr Streibl, das haben Sie hier einfach unter den Tisch fallen lassen –, selbst wenn wir keinerlei Schiedsgerichtsregelungen irgendwelcher Freihandelsabkommen abschließen, bestehende Schiedsgerichtsvereinbarungen aufgrund von GATT bei der WTO, bei der Weltbank im Rahmen von ICSID und desgleichen bei der UN im Rahmen der Kommission UNCITRAL. Dort haben wir übrigens die Regelungen 2013 aktualisiert, und diese sind alle in CETA aufgenommen: nämlich volle Transparenz dieser Verfahren, die Veröffentlichung des gesamten Schiedsspruchs, aller verfahrensrelevanter Dokumente, der Schriftsätze, der Parteien, Verhandlungsprotokolle, einfach alles. Hier ist ein großer Erfolg gelungen. Ich glaube, das muss man an der Stelle auch einmal festhalten und betonen.
Insbesondere aber haben wir immer wieder betont: Wenn wir Staaten haben, die auf Augenhöhe miteinander verhandeln, nämlich wenn es um das Vertrauen in das wechselseitige Demokratieverständnis, in das Vertrauen der wechselseitigen Rechtsstaatlichkeit, aber auch in das Vertrauen der jeweiligen unabhängigen Gerichtsbarkeit dieser Staaten geht, dann sollte es unter Umständen solcher Gerichte nicht bedürfen. Das mag so sein.
Fakt ist aber: Es gibt diese Abkommen, und wenn wir diese Abkommen verbessern wollen im Vergleich zu dem, was wir bisher hatten, dann sollten wir sehr froh sein, dass wir in CETA, übrigens auch im Freihandelsabkommen mit Vietnam, und als Grundlage für TTIP, eingebracht von der Europäischen Kommission, jetzt einen ganz entscheidenden Durchbruch erreicht haben: Es wird nämlich nicht mehr die Ad-hocSchiedsgerichte geben –, und zwar genau mit denen, die sie nicht haben wollten, nämlich den Rechtsanwälten aus angloamerikanischen Parteien –, sondern jetzt wird es Schiedsgerichte mit unabhängigen Richtern geben, denen es ausdrücklich untersagt ist, in anderen Schiedsverfahren oder Ähnlichem als Anwälte, Gutachter oder was auch immer zu arbeiten. Das haben Sie offenkundig völlig verkannt. Das ist ein geradezu sensationeller Durchbruch, der der EU-Kommission hier gelungen ist und den wir nie so erwartet hätten. Ich bin darüber außerordentlich froh.
Wir haben ferner ein Gericht erster und zweiter Instanz, also ein regelmäßiges Appellationsverfahren, das vollkommen neu im Rahmen der internationalen Schiedsgerichtsbarkeit ist. Das wurde sensationell in wenigen Monaten erreicht. Ich bin sehr zufrieden, dass uns auch dieses gelungen ist.
Wenn Sie schließlich, Herr Streibl, von den Richtern reden, die mit 2.000 Euro arme Schlucker sind, ist das ungefähr so, als würden Sie behaupten, dass ein Amtsrichter, wenn er nur eine Kategorie von Verfahren hat, nur für diese bezahlt wird. Es geht ausschließlich um die. Es soll genau knapp gehalten werden, dass ein Richter nicht an allen Verfahren entsprechend beteiligt wird, um eine möglichst große Breite zu erzielen. Es wird künftig nach Qualität und Qualifikation unabhängig durch die Vertragsparteien, nicht mehr durch die Schiedsparteien entschieden. Das ist ein elementarer Unterschied. Jetzt, meine Damen und Herren, liegt es an uns, dass auch wir Juristen ausbilden, die darin gut und mächtig sind. Dann haben wir auch in persona unsere Rechtssystematik hier eingeführt. Auch dies ist ein Durchbruch, der uns vorher nicht hat gelingen wollen.
Meine Damen und Herren, eines ist mir ganz besonders wichtig zu erwähnen. Es ist uns gelungen, den eigentlich schon vereinbarten sogenannten Regulierungsrat, den die USA so dringend wollte, nunmehr vom Tisch zu haben. Es wird ihn nicht geben, es wird nicht vorab schon in staatliche Vorhaben eingegriffen. Schließlich und endlich gibt es eine Extraklausel, die noch einmal klar festschreibt, dass die staatlichen Regulierungen auf allen Ebenen, runter bis zu den Kommunen, unangefochten bleiben und entsprechend den politischen Zielen dieser Staaten getroffen werden