Liebe Frau Kollegin Gote, gleich kommen Sie dran und können Ihren Beitrag leisten. – Medienpolitisch beobachten wir ein Auseinanderlaufen der Regulierungsfiktion, wie wir sie gerne hätten, und der Regulierungsrealität. Die Menschen werden das Vertrauen in die Politik verlieren, wenn sie das Gefühl haben, dass wir mit alten Regelungen Dinge regulieren, die schon heute beginnen, keine Bedeutung mehr zu haben, und gleichzeitig unterlassen, die Dinge, die neue Relevanz erhalten, nicht zu regulieren. Dieses regulatorische Ungleichgewicht können wir als verantwortungsvoller Gesetzgeber nicht bestehen lassen. Meine Damen und Herren, deswegen ist dieser Gesetzentwurf alternativlos.
Am Ende werden Sie feststellen, dass Sie zustimmen können. – Vielfaltsicherung war immer ein wichtiges Argument in der bayerischen Medienpolitik. Die Vielfalt der bayerischen Medienlandschaft kann sich deutschlandweit sehen lassen. In der Vergangenheit hing die Sicherung der Vielfalt mit der Knappheit der Ressourcen und der Übertragungswege zusammen. Diese Knappheit ist heute nicht mehr gegeben. Heute bedroht ein anderes Problem die Vielfalt. Das sind die neuen, die globalen Strukturen der Medienwirtschaft. Das sind digitale Ökosysteme aus den Vereinigten Staaten und von anderswo, die beginnen, den Meinungsmarkt aufzurollen. Das könnte in der Tendenz dazu führen, dass wir heute möglicherweise vor einer unglaublichen Monopolisierung der Meinung stehen. Das ist das Gegenteil von Vielfalt. Dieser Monopolisierung kann man jedoch nur entgegenwirken, wenn Wettbewerbsstrukturen geschaffen werden, mit denen unsere Anbieter und Akteure dagegenhalten können. Deswegen reicht es nicht aus, nur den bayerischen Markt zu betrachten. Stattdessen müssen wir schauen, was auf dem europäischen und internationalen Markt in Bewegung ist. Deshalb würde ich Sie im Zuge der weiteren Beratungen bitten, das ins Auge zu fassen.
Ich nenne drei konkrete Punkte. Die Ministerin hat ausgeführt, warum der Gesetzentwurf notwendig ist. Erstens hängt er mit der Entbürokratisierung zusammen, die wir alle für notwendig halten. Der Gesetzentwurf enthält eine Reihe von Vorschriften, die man einfach beseitigen kann, da es sich nur um regulatorischen Ballast handelt. Als Beispiel nenne ich die unbefristete Zulassung digitaler Anbieter. Eine Genehmigung reicht auf Dauer aus. Das ist sehr vernünftig.
Der zweite Punkt – das ist das Wichtigste – betrifft das Thema Deregulierung. Deregulierung bedeutet nicht nur Abbau von Vorschriften, sondern sie ermöglicht umgekehrt auch neue Freiheiten. Wenn das, was ich vorher zum Thema Vielfaltsbedrohung gesagt habe, richtig ist, brauchen unsere Anbieter heute mehr Freiheiten, um sich auf dem Markt zu bewegen. Regelungen, die in der Vergangenheit richtig waren, wie beispielsweise die Beschränkung von Zeitungsverlagen, können in der heutigen Zeit, in welcher die Wettbewerber auf der ganzen Welt verteilt sind, nicht mehr richtig sein. Deswegen dürfen wir nicht nur von Deregulierung sprechen. Wir geben unseren heimischen Akteuren neue Freiheiten, damit sie sich auf diesem neuen Markt auch behaupten können.
Ein Drittes und Letztes: Digitalisierung. – Das Zauberwort, die Megarevolution, die im Moment für viele Entwicklungen steht. Ich glaube, an dieser Stelle gibt der Gesetzentwurf drei klare Botschaften. Die Erste: Wir
haben starke Akteure in Bayern. Mit der Bayerischen Landeszentrale für neue Medien haben wir einen Akteur, der in der Medienpolitik schon immer auch Standortaufgaben wahrgenommen hat. Ich halte das Signal für wichtig und richtig, dass die BLM den Auftrag bekommt, den Medienstandort Bayern auch bei digitalen Themen zu profilieren.
Die Zweite: Das Kabel kann nicht in der analogen Zeit stehenbleiben, sondern das Kabel muss digital werden. Ich halte es für mutig und richtig, zu sagen, an dieser Stelle geben wir einen neuen Impuls zur Digitalisierung des Kabels. Wir tun dies nicht nur damit, dass wir den Druck erhöhen und sagen, die Mustcarry-Regelung, also die Verbreitungspflicht für Angebote, fällt weg, sondern wir sagen zeitgleich - und geben damit ein starkes Signal in diesem Gesetzentwurf -: Wir erwarten zu diesem Zeitpunkt auch, dass das Kabel voll digital wird.
Ein drittes und ebenfalls schönes Signal bei der Beratung dieses Gesetzentwurfs: Bayern hat sich bei der Novelle beziehungsweise bei der Ausführung des neuen ZDF-Staatsvertrags den Bereich Digital genommen und eine Besetzung vorgeschlagen mit der Bitkom für den Digitalbereich. Auch das erachte ich als zeitgemäß und als zukunftsgerichtet. Deswegen, liebe Frau Kollegin Fehlner, glaube ich, Sie brauchen bei den weiteren Beratungen keine Sorgen zu haben, dass Sie unserem Gesetzentwurf nicht uneingeschränkt zustimmen könnten.
Lieber Herr Kollege Blume, erlauben Sie mir zu sagen: Ich finde Ihr Auftreten, auch gegenüber Frau Kollegin Fehlner, als schlichtweg etwas zu arrogant.
Es geht darum, dass wir im Wirtschaftsausschuss sehr sachlich diskutiert haben. Beim Runden Tisch der Medien waren einige Vertreter nicht dabei, unter anderem der Journalistenverband, Verbraucherschützer und Gewerkschafter. Wir hätten einfach gerne, dass man diesen Verbänden zuhört und die Stellung
nahmen, die eingehen, bespricht und in den Gesetzentwurf einfließen lässt. Insofern finde ich, wenn Frau Fehlner einen konstruktiven Beitrag bringt, dann muss man sich nicht auf die arrogante Seite stellen und sagen: Das kann man wegwatschen. - Es geht doch darum, Herr Huber, wem man zuhört und wem nicht.
Ich glaube, wir tun gut daran, wenn wir alle an einen Tisch holen. Das muss aber nicht in dieser aggressiven Atmosphäre stattfinden, wie Sie das hier gerade gemacht haben.
Frau Kollegin Kohnen, ich schätze Frau Kollegin Fehlner sehr. Ich glaube, sie braucht den Welpenschutz, den Sie hier gerade ausrufen, wirklich nicht.
Im Übrigen liegen die Stellungnahmen vor. Die Ministerin hat es doch gesagt, es gab eine Verbändeanhörung. Sie haben selbst darauf hingewiesen. Es gibt überhaupt keine Schwierigkeiten, dass wir uns mit diesen Stellungnahmen auseinandersetzen. Dazu sind doch die Ausschussberatungen da, wozu denn sonst? – Sonst könnten wir heute doch schon die Zweite und die Dritte Lesung machen.
Lassen Sie uns bei den Ausschussberatungen doch mit diesen Stellungnahmen auseinandersetzen. Wenn Sie die für so gewichtig halten, sind Sie auch frei, Änderungsanträge zu formulieren. Wir werden uns darüber jedenfalls unterhalten.
Das ist jedenfalls der normale Gang der Gesetzgebung. Wenn Sie das jetzt irritiert, Frau Kollegin Kohnen, dann irritiert mich das.
Vielen Dank, jetzt spricht für die Fraktion der FREIEN WÄHLER Herr Kollege Professor Dr. Piazolo. Bitte schön, Herr Kollege.
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Kollege Blume, es hat mich gewundert, dass
Sie am Schluss irritiert waren; denn Sie haben zwei verschiedene Botschaften gesendet. Sie sagen: Dieser Vorschlag ist alternativlos; warum wisst ihr als SPD noch nicht, wie ihr euch entscheidet? – Wir sind in der Ersten Lesung.
Wir überlegen uns im Laufe dieser Debatte - das machen auch wir FREIEN WÄHLER -, wie wir uns am Ende entscheiden. Wir wägen Argumente ab. Wir sind eben nicht in der Situation der CSU-Fraktion, die alles, was von der Staatsregierung kommt, abnickt, ohne noch einmal darüber nachzudenken. Das ist nicht unser Verständnis von Parlamentarismus.
Wenn Herr Blume hier sagt, das sei alternativlos, dann konstatiere ich, dass das wohl die einzige Übereinstimmung zwischen der Kanzlerin und der CSU ist, die ich seit Längerem gehört habe. Sie verwenden in dieser Sache die gleichen Worte.
Das Zweite ist: Wenn Sie sagen, das sei alternativlos, dann zeigen Sie, dass Sie nicht mehr bereit sind, an den Gesetzentwurf offen heranzugehen und darüber noch einmal zu diskutieren. So ist das parlamentarisch aber eigentlich nicht vorgesehen, meine Damen und Herren.
Ich finde es gut, dass es einen Entwurf gibt. Wir sind uns einig, dass die Zeit bei den Medien ständig voranschreitet. Wir können diese Entwicklung nicht aufhalten, aber wir wollen diese Entwicklung auch nicht aufhalten. Diese Entwicklung geht sehr weit. Wenn ich aber hier herumschaue und mir die Köpfe anschaue, dann stelle ich fest, dass die meisten von uns noch Zeiten erlebt haben, als es nur drei Fernsehprogramme gab. Heute haben wir Hunderte. Da geht es dann schon ganz entscheidend darum, wie das die Welt
verändert. Wie reagieren wir darauf mit Gesetzen? Wie findet man die einzelnen Fernseh- und Radioprogramme? – Auch darum geht es in dieser Debatte. Wenn der Gesetzgeber hier agiert, dann finden wir das gut. Es ist auch wichtig, dass wir verschiedene Grundprinzipien unter einen Hut bringen.
Ein vielfältiges Angebot ist angesprochen worden. Ganz entscheidend ist aber auch der Schutz kleiner, regionaler oder lokaler Sender. Wir FREIEN WÄHLER kämpfen seit sieben Jahren in diesem Landtag dafür, diesen Schutz zu erhalten. In diesem Gesetzentwurf sehe ich aber Entwicklungstendenzen, die im Hinblick darauf durchaus gefährlich sind. Die müssen wir uns genauer anschauen.
Insofern - auch das sage ich ganz deutlich zum Demokratieverständnis - gehören zu einem Runden Tisch in Bayern, der alle zusammenführen soll, auch die Kleineren und dazu gehören auch die Oppositionsparteien. Wenn man immer unter Ausschluss der Opposition diskutiert, dann braucht man sich nicht zu wundern, wenn wir dann Anhörungen fordern. Nur dann ist auch die Opposition bei diesen Diskussionen dabei. Meine Damen und Herren, auch das gehört zum Demokratieverständnis.
Wir streichen besonders die Frage der Überlebensfähigkeit von lokalen Rundfunk- und Fernsehsendern heraus. Ich lese hier aber, dass vieles nach der Leistungsfähigkeit entschieden werden soll. Dazu sage ich ganz offen: In diesem Bereich wird mir angst und bange. Ich weiß, in den letzten Jahrzehnten hat eine immer größere Konzentration stattgefunden, ich möchte nicht sagen: Monopolisierung. Aber wir haben diese Entwicklung zu verzeichnen, und deshalb müssen wir sehr aufpassen, dass wir unsere bewährte und gute Medienlandschaft in Bayern, insbesondere aber die lokalen und die regionalen Rundfunk- und Fernsehanstalten, erhalten. Bei dem neuen Gesetz müssen wir deshalb sehr genau hinsehen, ob es zu diesem Ziel führt. Damit bleibt genug zu tun.
Ich unterstütze durchaus den Ansatz, eine Anhörung durchzuführen. Darüber sollten wir reden; diese Zeit haben wir. Anschließend kann man über Einzelpunkte des Gesetzes abstimmen. Nach der Zweiten Lesung wird man sehen, ob man dem Gesetzentwurf zustimmen kann oder nicht. Das entscheiden wir aber erst nach der Zweiten Lesung und nicht heute.