Protocol of the Session on December 10, 2015

Frau Kollegin Steinberger, bitte.

Ich möchte vom agrarpolitischen Exkurs des Herrn Kollegen Aiwanger wieder zurück zum Bayern-Ei-Skandal kommen. Wenn wir diesen Skandal nicht so bald wie möglich aufklären, wird er zur größten Beschädigung der Marke "Bayern" führen, die wir seit Langem hier erlebt haben.

(Beifall bei den GRÜNEN und den FREIEN WÄH- LERN)

Wenn ich es richtig verstanden habe, fordert die CSUFraktion, dass wir Ruhe geben und uns nicht mehr mit dem Thema Bayern-Ei beschäftigen sollen. Wir wären daran schuld.

(Josef Zellmeier (CSU): Sie wissen anscheinend schon mehr als alle anderen!)

Daran ist jemand anderes schuld, bestimmt nicht wir. Herr Staatsminister Dr. Huber hat gesagt, er könnte sich nicht mehr an alles erinnern, es wäre schon sehr lange her. Ich verstehe das. Ich glaube aber nicht, dass das, was im Juli/August 2014 im Verbraucherschutzministerium passiert ist, alltäglich ist.

(Markus Rinderspacher (SPD): Er wusste doch, dass er heute befragt wird!)

Im Europäischen Schnellwarnsystem gehen die Warnungen der Länder ein. Diese Warnungen gehen natürlich auch an das LGL und an das Ministerium. Nur zur Erinnerung: 10.07. - eine Warnung aus Frankreich; 10.07. - wieder eine Warnung aus Frankreich: lebensmittelbedingter Ausbruch durch Roh-Ei; 17.07. - Salmonella wurde nachgewiesen; 01.08. - vermutlich lebensmittelbedingter Ausbruch in Frankreich durch Mayonnaise; dann eine Nachricht aus Österreich am 31.07. - das alles war noch vor dem August 2014 -; am 12.08. eine Meldung aus Luxemburg; am 08.08. eine Meldung aus dem Vereinigten Königreich. Wenn Sie jetzt sagen, Sie können sich daran nicht mehr erinnern, dann wundert mich das. Immerhin war das schon ein massiver, nicht alltäglicher Salmonellenausbruch. Zusätzlich haben wir die Feststellung einer Überschreitung der Salmonellose-Ausbruchsignalschwelle in Niederbayern und in der Oberpfalz im Juli 2014. Herr Huber, wenn Sie sich daran nicht mehr erinnern können, dann machen Sie sich bitte schlau. Ich bezweifle das; denn solche großen Ausbrüche gibt es bei uns nicht alle Tage. Das war massiv. Unserer Meinung nach ist darauf nicht richtig reagiert worden.

Noch ein Wort dazu, dass hier immer gesagt wird, es handle sich um einen Einzelfall. Es heißt immer, da ist ein schwarzes Schaf, die Staatsanwaltschaft ermittelt schon. Wenn man schaut, was in den letzten zehn Jahren alles passiert ist, gelangt man zu dem

Schluss, dass das kein Einzelfall ist, sondern ein System dahintersteht.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

Das "Straubinger Tagblatt" hat am Wochenende eine schöne Zusammenstellung gemacht mit der schönen Überschrift: Immer wieder Veterinäre.

(Unruhe – Glocke der Präsidentin)

In dem Artikel ging es darum, wann es Lebensmittelskandale in Bayern gegeben hat. Die Aufzählung beginnt im Januar 2001 mit dem Handel von Antibiotika auf Parkplätzen. Wir wissen noch, das war im November 2006. Es folgt der Gammelfleischskandal von Berger Wild, mit dem Minister Schnappauf sehr beschäftigt war. Das war im November 2006 und ist wohlgemerkt fast zehn Jahre her. 2014 wird dann das Handeln einer Mitarbeiterin des Veterinäramts Dillingen beim Putenfleischskandal bekannt. Es folgt im Jahr 2015 der Schlachthof in Coburg. Auch dort geht es um die Veterinäre, die nicht richtig kontrolliert haben. Nun haben wir Bayern-Ei im Jahr 2015. Angesichts dessen kann man doch nicht mehr von einem Einzelfall sprechen. Man kann nicht mehr davon ausgehen, dass alles gut ist, wenn man einen Veterinär austauscht. Die Sache hat System, deshalb müssen wir an das System heran. Es hilft nicht weiter, einfach nur Leute auszutauschen und Bauernopfer zu bringen. Das hilft nicht weiter.

(Lebhafter Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

Vielen Dank. - Mir liegen keine weiteren Wortmeldungen vor. Wir bereiten uns jetzt auf die Abstimmungen vor. Dazu werden die Anträge wieder getrennt. Wenn Sie damit einverstanden sind, lasse ich erst über die anderen Anträge abstimmen und anschließend über den SPD-Antrag, weil diese Abstimmung in namentlicher Form erfolgt. Wir wären dann nämlich richtig in der Zeit und könnten die Abstimmung durchführen.

Ich lasse jetzt über den Dringlichkeitsantrag des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN auf Drucksache 17/9396 abstimmen. Wer diesem Antrag seine Zustimmung geben will, den bitte ich um das Handzeichen. – Das sind die SPD-Fraktion, die FREIEN WÄHLER und das BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Ich bitte, Gegenstimmen anzuzeigen. – Das ist die CSUFraktion. Vielen Dank. Stimmenthaltungen? – Keine. Damit ist dieser Dringlichkeitsantrag abgelehnt.

Jetzt lasse ich über den Dringlichkeitsantrag der CSUFraktion auf Drucksache 17/9395 abstimmen. Wer diesem Antrag seine Zustimmung geben will, den bitte

ich um das Handzeichen. – Das sind die CSU, die SPD und das BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

(Harry Scheuenstuhl (SPD): So stimmt man ab!)

Danke. Ich bitte, Gegenstimmen anzuzeigen. – Das ist die Fraktion der FREIEN WÄHLER. Danke schön. Stimmenthaltungen? – Keine. Damit ist dieser Dringlichkeitsantrag angenommen.

Jetzt lasse ich über den Dringlichkeitsantrag der SPDFraktion auf Drucksache 17/9374 abstimmen. Die Urnen stehen bereit. Ich eröffne die Abstimmung, es kann begonnen werden. Fünf Minuten, bitte.

(Namentliche Abstimmung von 12.54 bis 12.59 Uhr)

Verehrte Kolleginnen und Kollegen, die Zeit ist um. Ich schließe die Abstimmung. Ich bitte, die Stimmkarten draußen auszuzählen. Das Ergebnis wird uns dann bekannt gegeben. Ich bitte, die Plätze einzunehmen, damit wir fortfahren können.

(Unruhe)

Ich bitte, die Plätze einzunehmen. Ich möchte gerne in der Sitzung fortfahren. Ich habe Zeit.

(Unruhe)

Ich rufe auf:

Dringlichkeitsantrag der Abgeordneten Hubert Aiwanger, Florian Streibl, Dr. Hans Jürgen Fahn u. a. und Fraktion (FREIE WÄHLER) Wertstoffgesetz ablehnen (Drs. 17/9375)

und

Dringlichkeitsantrag der Abgeordneten Thomas Kreuzer, Josef Zellmeier, Gudrun Brendel-Fischer u. a. und Fraktion (CSU) Keine Verschlechterung durch das Wertstoffgesetz! (Drs. 17/9397)

und

Dringlichkeitsantrag der Abgeordneten Markus Rinderspacher, Harry Scheuenstuhl, Klaus Adelt u. a. und Fraktion (SPD) Wertstoffverwertung wirksam mitgestalten Stellung der Kommunen stärken! (Drs. 17/9398)

Ich eröffne die Aussprache. Als Erstem darf ich Herrn Kollegen Dr. Fahn das Wort erteilen. Bitte schön.

Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren! Der Umweltausschuss des Bayerischen Landkreistages hat

am 17.11.2015 in einer Resolution – ich habe sie auch dabei - zum geplanten Wertstoffgesetz klar und eindeutig Folgendes formuliert: Bereits im Juni 2015 forderten die kommunalen Spitzenverbände Nachbesserungen. Doch statt die öffentlichen Entsorger zu stärken, schränkt der Arbeitsentwurf des Bundesumweltministeriums die Rolle der Kommunen noch stärker ein. Die bayerischen Städte und Landkreise lehnen den Entwurf klar ab. - Sie sagen, in dieser Form soll das Wertstoffgesetz nicht in Kraft treten; denn es entstehe kein Kilogramm weniger Müll. Die Kommunen verlieren vielmehr massiv Erlöse für Altpapier und Altmetall. Die Bürgerinnen und Bürger bezahlen bis zu 20 % mehr Gebühren. Verpackungsmaterial und anderes Plastik wird zulasten der Umwelt entsorgt und nicht sinnvoll recycelt. Die Kommunen – das ist uns besonders wichtig – verlieren fast alle Möglichkeiten, ein für die Bürger gut funktionierendes System zu gewährleisten. Ich nenne als Stichwort nur die Wertstoffhöfe. Das Fazit des Bayerischen Landkreistages: Wertstoffgesetz ab in die Tonne!

Diese Position unterstützen inzwischen auch die kommunalen Abfallwirtschaftsbetriebe, der Deutsche Landkreistag und einige Bundesländer, zum Beispiel Baden-Württemberg, sowie der Verband kommunaler Städtereinigungs- und Abfallwirtschaftsbetriebe. Wir FREIE WÄHLER unterstützen diese Position voll und ganz.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN)

Unser Antrag ist ehrlich und konsequent. Er spricht die Realität an. Wir müssen auf die Große Koalition in Berlin keine Rücksicht nehmen. Wir können sagen, wie die Realität ist und wo die Schwächen liegen. Das ist ganz wichtig.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN)

Es gibt zwei nachgezogene Dringlichkeitsanträge. Einer kommt von der CSU. Darin heißt es: "Keine Verschlechterung durch das Wertstoffgesetz!" Das ist doch kein Ehrgeiz. Wir wollen eine Verbesserung erzielen und nicht nur die Verschlechterung verhindern. Das ist uns viel zu wenig.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN)

Dieser Antrag ist eine unverbindliche Softversion dessen, was wir haben wollen. Sie müssten auf Ihrer Seite viel stärker auf den Tisch hauen, wenn es um die Sache gehen soll. Sie sagen, die kommunale Selbstverwaltung solle erhalten bleiben. Nein, das ist uns zu wenig. Für uns ist das ein absolutes Muss. Die kommunale Selbstverwaltung muss erhalten bleiben, die kommunale Selbstverwaltung muss gestärkt werden, meine Damen und Herren.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN)

Der nachgezogene Dringlichkeitsantrag der SPD ist etwas besser. Hinzufügen muss ich aber auch, dass konkrete Hinweise auf die tatsächlich vorhandenen Mängel fehlen. Wir wissen, dass Sie mit Ihrer Bundesumweltministerin ein bisschen sorgsamer umgehen müssen. Wir müssen auf die Bundesumweltministerin keine Rücksicht nehmen, Herr Kollege.

(Harry Scheuenstuhl (SPD): Vielleicht ist das besser so!)

Sie sprechen von "ambitionierten Forderungen" in dem Gesetz. Das sehen wir nicht so. Die Forderungen sind viel zu wenig und viel zu gering. Sie sprechen von einem "gewissen Verbesserungspotenzial". Das ist nach unserer Meinung insgesamt auch noch zu wenig. Wir sehen ein großes Verbesserungspotenzial, das wir nutzen müssen. Diese Forderung ist im Sinne der Verbraucher, im Sinne der Umwelt und im Sinne der Kommunen, meine Damen und Herren. Die Resolution des Landkreistages ist wichtig. Das ist unsere Position, die auch Sie vertreten müssen, wenn es Ihnen konkret um die Sache geht.

Natürlich weiß auch ich, dass die Beratung des Gesetzes im Bundestag und seinen Ausschüssen schon siebenmal verschoben worden ist. Das Gesetz war insgesamt gut gemeint. Mit einer neuen Wertstofftonne, der orangefarbenen Tonne, sollte eine bessere Verwertung ermöglicht werden. Das alles ist zwar gut gemeint. Wenn wir aber sehen, was bei dem insgesamt gut gemeinten Gesetz herauskommt, sind wir sehr enttäuscht. Wir verstehen, dass sich die Kommunen vehement dagegen wehren.

Kritisiert werden muss insbesondere, dass mit diesem Entwurf keine Müllvermeidung erzielt wird. Es geht lediglich darum, größere Mengen an Wertstoffen zu sammeln, mit denen man Geld verdienen kann. Die Müllvermeidung kommt praktisch gar nicht vor. Das Sammeln der Verpackungen darf nicht im Mittelpunkt des Gesetzes stehen. Zuallererst muss Abfall vermieden werden. Das ist auch im Sinne unserer Umwelt ganz wichtig. Wenn es ein neues Wertstoffgesetz gibt, muss auf jeden Fall die Abfallvermeidung darin enthalten sein.

Es geht auch um die Sammelziele. 25 Kilogramm Verkaufsverpackungen werden gefordert. Das sind 10 Kilogramm weniger, als es jetzt der Fall ist, nämlich 35 Kilogramm. Den Bock zum Gärtner macht der Gesetzentwurf, wenn die Kontrolle über die Lizenzierung von Verkaufsverpackungen einem Gremium übertragen werden soll, in dem der Handel und die Hersteller vertreten sind, in dem die Kommunen aber nur eine Gastrolle haben. Nein, das darf nicht sein. Die Kom

munen müssen im Mittelpunkt solcher Verhandlungen stehen. Sie dürfen als Gäste nicht außen vor bleiben.