Schauen Sie, ich habe von Anfang an großes Interesse daran gehabt, dass auch die neuen Bundesländer mit ihren Anliegen berücksichtigt werden – einfach deshalb, weil die neuen Bundesländer im Durchschnitt zurzeit etwa 50 % der Finanzkraft der westlichen Bundesländer haben. Es liegt auch im Interesse des Freistaats Bayern, dass sich die neuen Bundesländer strukturell verbessern; denn je mehr sie sich verbessern, desto weniger müssen wir zahlen. Deshalb muss man Bündnisse schließen; deshalb muss man miteinander reden: Welche Interessen habt ihr? Welche Interessen haben wir? Welche Interessen haben zum Beispiel das Saarland und Bremen? – Sie wurden von einer harten Strukturkrise bei Kohle, Stahl
und Werften heimgesucht und haben deshalb ein Einnahmeproblem. Welche Interessen haben wir Zahlerländer? – Das persönliche Verhältnis zwischen den Ministerpräsidenten ist ein außerordentlich gutes. Deshalb muss man zunächst einmal die Interessen definieren und ausloten: Kann man sich aufeinander verlassen? Gibt es auch eine gegenseitige Unterstützung, dass nicht einer aufgeben muss, während der andere seine Wünsche erfüllt bekommt? - So sind wir zu diesem Ausgleich gekommen. Das gab es in der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland noch nie. Jetzt schauen wir mal in die Zeitungsarchive; denn das hätte bis vor Kurzem auch niemand für möglich gehalten. "SPIEGEL ONLINE" schreibt am 4. Dezember: "Bayern und der Osten gewinnen". Stimmt. Die "ZEIT" ergänzt in ihrer Online-Ausgabe: "Der Vorschlag der Länder zur Reform des Länderfinanzausgleichs würde... vor allem Bayern, den fünf neuen Ländern und den Stadtstaaten zu Gute kommen." Nichts anderes habe ich gerade gesagt. Das ist der Interessenausgleich.
Die "ZEIT" ist nicht unbedingt ein Blatt, von dem ich erwarten kann, dass es jede Woche eine Hofberichterstattung über Bayern und den Bayerischen Ministerpräsidenten abgibt.
Die "ZEIT" schreibt: "Das ohnehin finanzstarke Bayern erhielte 103 Euro je Einwohner zusätzlich." Richtig. Ich beglückwünsche die "ZEIT" zu dieser Erkenntnis. Diese Aussage ist eine ganz andere als die, die wir in den letzten Tagen und Wochen von der Landtagsopposition gehört haben. Diese Länderverständigung ist ein ganz großer Schritt. Die nun gefundene Neuordnung ist der Interessenausgleich, der allen Beteiligten hilft. Nur wird künftig das Motto aus bayerischer Sicht lauten: Solidarisch und fair. Die bisherige Regelung war weder solidarisch noch fair. Deshalb ist das eine gute Entwicklung. Wir profitieren in besonderem Maße: gut 1,3 Milliarden Euro ab 2020. Als Bayerischer Ministerpräsident habe ich nie von etwas anderem als der versprochenen Bayern-Milliarde gesprochen.
Diese Bayern-Milliarde haben wir erreicht. Versprochen - gehalten. Jetzt wird aber gesagt: Wir haben noch zwei Punkte. Ihr habt doch gesagt, das wird früher eintreten. - Lieber Herr Halbleib, der gleiche Ministerpräsident, der vor Ihnen steht, hat schon vor ei
niger Zeit erreicht, dass der Bund ab dem Jahr 2018 zusätzlich fünf Milliarden Euro für die deutschen Kommunen bezahlt, um ihre Finanzkraft zu stärken.
(Beifall bei der CSU – Josef Zellmeier (CSU): Bravo! – Volkmar Halbleib (SPD): Das war nur mit der SPD möglich! Ohne die SPD hätten Sie das gegen die FDP nie erreicht!)
- Ich weiß, wer das vereinbart hat. Herr Halbleib, setzen Sie sich einmal der Kanzlerin gegenüber und handeln Sie so etwas aus. Da müssen Sie sich aber vorher noch stärken, das kann ich Ihnen sagen.
Schon vor diesem Ergebnis hat Bayern erreicht, dass die soziale Grundsicherung, die Gerhard Schröder und die GRÜNEN zu einem erheblichen Teil den Kommunen aufoktroyiert haben, nicht mehr von den Kommunen bezahlt werden muss, sondern wieder vom Bund. Auch das war ein Vorziehen der Reform des Länderfinanzausgleichs.
Der zweite Punkt, der angeführt wurde, war: Ja, die Entflechtungsmittel sind da doch jetzt drin. - Lieber Herr Halbleib, im Gesetz stehen zwei Punkte: Die Entflechtungsmittel sind Mittel für den Wohnungsbau, für die Hochschulen und zum Teil auch für die Verkehrsfinanzierung. Deshalb heißen sie auch Entflechtungsmittel. Dazu wurde einmal vereinbart, dass die Aufgabe auf die Länder übergeht und dass die Länder noch für eine Übergangszeit die sogenannten Entflechtungsmittel bekommen. Die Aufgaben werden also entflochten, und die Aufgabe und die Finanzierung gehen auf die Länder über. Lieber Herr Halbleib, Sie wissen das, deshalb sollten Sie das nicht unterschlagen.
Im Gesetz steht, dass diese Entflechtungsmittel, wenn am 3. Dezember nichts geschehen wäre, im Jahr 2019 auslaufen würden. Das hätte für Bayern null bedeutet. Nachdem wir am 3. Dezember eine Einigung erzielt haben, wird das Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz, das für den Bau und die Finanzierung der Zweiten Stammstrecke existenziell ist, weiterlaufen.
So steht es im Gesetz. Meine Damen und Herren, die Mittel nach dem Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz und die Entflechtungsmittel ergeben zusammen einen Betrag von 440 Millionen Euro. Diesen Betrag
Im Zuge dieser Verhandlungen ist es uns gelungen, nicht nur den Länderfinanzausgleich zu reformieren, sondern auch die weitere Finanzierung der Entflechtungsmittel und des Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetzes durch den Bund zu erreichen. Das ist ein Riesenerfolg, den wir auch brauchten, um der Öffentlichkeit sagen zu können: Wir bauen nicht nur die Zweite Stammstrecke im Großraum München, sondern wir können sie auch über das Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz finanzieren. Das ist ein Riesenerfolg.
Natürlich hätten wir diese 440 Millionen Euro auch auslaufen lassen können. Dann hätten wir jedoch beim Länderfinanzausgleich 100 Millionen oder 200 Millionen Euro mehr herausverhandeln müssen. Wir können jetzt entscheiden, ob wir uns darüber noch zehn Jahre lang streiten wollen. Für mich ist wichtig, dass unter dem Strich für Bayern 1,3 Milliarden Euro herausgekommen sind. Das ist eine Riesensumme, brutto wie netto. Daran kann niemand herumdeuteln.
Jetzt komme ich zu dem Argument: Es könnte ja wieder die gleiche Entwicklung wie nach dem Jahr 2001 geben. Am Anfang wird der Länderfinanzausgleich gefeiert, und im Laufe der Zeit wird sich Bayern noch besser und werden sich die anderen Länder noch schlechter entwickeln. Dann gibt es wieder eine Dynamik. – Wir haben aus der Erfahrung der Vergangenheit heraus anstelle des heute noch gültigen linearprogressiven Tarifs im Länderfinanzausgleich einen linearen Tarif eingeführt, damit es nicht zu sprunghaften Bewegungen nach oben kommt. Dieser lineare Tarif wirkt wie eine Deckelung. Ich muss dem Parlament jetzt eine etwas komplizierte Erklärung zumuten; denn das ist ein bisschen schwierig.
Der Länderfinanzausgleich wird künftig über die Umsatzsteuer erfolgen, die nach der Einwohnerzahl, also pro Kopf, verteilt wird. Für bestimmte Gesichtspunkte gibt es Zu- oder Abschläge. Zugrunde gelegt wird der Durchschnitt der Finanzkraft in den Ländern. Überdurchschnittliche Gesichtspunkte werden künftig nur bis zu einem Deckel von 63 % ausgeglichen. War das verständlich? – Wir müssen wegen des linearen Tarifs künftig, ausgehend von einem deutlich niedrigeren Niveau, nicht mehr einen solchen Sprung wie in der Vergangenheit befürchten.
Ich nehme daher für die 16 Ministerpräsidenten, darunter neun von der SPD, in Anspruch, dass sie sich nicht nur mit der Frage beschäftigt haben: Wie starten wir? - Das waren die bekannten Zahlen und die Entlastungen. Die Ministerpräsidenten haben sich auch mit der Frage beschäftigt: Wie geht die Entwicklung nach dem Start weiter? - Sie können über die Ministerpräsidenten sagen, was Sie wollen. Ich möchte aber die SPD-Ministerpräsidenten vor dem Urteil schützen, sie hätten sich bei ihrer Entscheidung gar nichts gedacht. Ich möchte sie einfach schützen.
All diese Erfahrungswerte sind in die Debatte eingegangen. Sie ist kompliziert. Deshalb eignet sie sich nicht unbedingt für Überschriften. Das Ergebnis ist jedoch historisch, weil alle mitgemacht haben. Zum ersten Mal hat der Föderalismus einen Interessenausgleich über 16 Länder hinweg geschafft. Allen Beteiligten mit ihren Interessen wurde geholfen.
Die genannten 12 Milliarden Euro bis zum Jahr 2030 werden ein Bestandteil unserer Schuldentilgung. Wir haben von Anfang an immer gesagt: Wir werden im Jahr 2030 schuldenfrei sein. Wir haben von Anfang an auch gesagt, dafür brauchen wir am Ende dieses Jahrzehnts eine Entlastung beim Länderfinanzausgleich. Jetzt kann man aber nicht den einfachen Schluss ziehen, dass es nur bei den 12 Milliarden Euro bleibt. Ziehen wir doch einmal von den Gesamtschulden die 12 Milliarden Euro ab. Dann bleiben nämlich noch Schulden übrig, wenn auch nicht allzu viele. Daraus kann man aber nicht den Schluss ziehen, wir würden unser Ziel nicht erreichen. Die einfache Rechnung, dass es dann bis zum Jahr 2040 dauert oder gar bis 2050, ist falsch. Es bleibt nämlich dabei: Der Freistaat Bayern wird jenseits dieser 12 Milliarden Euro schuldenfrei. Bayern wird bis zum Jahr 2030 aus den Haushalten der kommenden Jahre Geld zur Schuldentilgung heraussparen. Das tun wir auch schon bei dem jetzt verabschiedeten Doppelhaushalt 2015/2016. Man muss deshalb beide Zahlen zusammenrechnen. Im Übrigen gehört zum ganzen Finanztableau auch die glänzende Lösung unseres Finanzministers bei der Landesbank, die nämlich zurückzahlt. Wenn Sie also beides addieren - das, was wir laufend aus den Haushalten an Schulden bezahlen, und die Entlastung des Länderfinanzausgleichs -, dann ist der Freistaat schuldenfrei. Ich bekräftige heute mein Versprechen und mein Ziel, dass Bayern bis zum Jahr 2030 schuldenfrei sein wird.
Ein Wort zur Klage: Die Klage bleibt so lange aufrechterhalten, bis die Vereinbarungen im Gesetzblatt stehen.
Wenn das im Gesetzblatt steht, wird die Klage zurückgezogen. Das ist der normale Ablauf. Das ist doch ganz logisch.
Ein Wort zum Bund; das müssten Sie von der SPD doch wissen: Wir haben mit Gabriel, mit Schäuble und mit der Kanzlerin vereinbart, dass sich der Bund an der Neuordnung der Bund-Länder-Finanzbeziehungen finanziell beteiligt. Das hat der Bund akzeptiert. Das ist schließlich auch eine primäre Aufgabe des Bundes. So wie wir in Bayern das Ziel haben, in allen Regierungsbezirken gleichwertige Lebenschancen zu schaffen, so besteht ein solches Ziel auch für Deutschland. Es kann nicht der Auftrag nur des Freistaates Bayern sein, über den Länderfinanzausgleich die Strukturverbesserung in den neuen Ländern zu erreichen. Übrigens gehörte auch die Hälfte von Berlin ursprünglich zu den neuen Ländern. Der Bund hat deshalb gesagt: Jawohl, wir beteiligen uns.
Das ist auch notwendig; denn sonst wäre es eine unehrliche Vereinbarung. Die Zahlerländer sind im Wesentlichen Hessen, Baden-Württemberg und Bayern. Sie werden weniger bezahlen. Die neuen Länder haben objektiv Strukturprobleme, die nicht bis Ende des Jahrzehnts gelöst sein können. Deshalb muss der Bund helfen. Die neuen Länder haben viele Fortschritte gemacht, bei der Finanzkraft haben sie im Verhältnis zu uns aber gerade erst einmal die Hälfte erreicht. Folglich kann nicht ab dem Jahr 2020, auch nicht von Bayern, eine Politik vertreten werden, die dazu führt, dass diese Länder auf null fallen. Also muss jemand die Lücke füllen, die dadurch entsteht, dass die Zahlerländer weniger bezahlen. Diese Lücke füllt der Bund. Wir haben dafür 8,5 Milliarden Euro vereinbart.
Dazu möchte ich noch etwas sagen. Wir haben in unserem Ländervorschlag 9,6 Milliarden Euro stehen. Die 8,5 Milliarden Euro beziehen sich auf die Preise des Jahres 2014. Die von uns vereinbarten 9,6 Milliarden Euro beziehen sich hingegen auf die Preise des Jahres 2019. Hätten wir für 2019 die 8,5 Milliarden Euro von jetzt akzeptiert, dann hätte das dazu geführt, dass das Ganze eingefroren worden wäre. Das ist aber nicht unsere Vorstellung. Das ist auch nicht meine Vorstellung.
Ich kann Ihnen deshalb mitteilen, dass mir die Bundeskanzlerin am Wochenende gesagt hat, der Bund, beziehungsweise die Bundesregierung, ist bereit,
über das Paket der Länder zu verhandeln. Eine kleine Gruppe von Ministerpräsidenten – das sind die schon genannten – wird jetzt Verhandlungen mit dem Bundesfinanzminister führen. Wenn diese Verhandlungen mit dem Bundesfinanzminister in dieser kleinen Gruppe geführt wurden, dann werden wir mit den Parteiund Fraktionsvorsitzenden der Koalition über das Ergebnis reden. Jenseits aller Schalmeienklänge, die man von diesem oder jenem hört, besteht folgende Vereinbarung, die ich hier öffentlich mitteilen möchte: Die Bundesregierung ist bereit, in Gespräche darüber einzutreten, was die Länder vereinbart haben. Auch das ist ein großer Erfolg, meine Damen und Herren. Wenn man in Verhandlungen eintritt, dann ist es in dieser Koalition üblich, dass man sie mit Erfolg abschließt.
Ich möchte also sagen: Wir haben es geschafft. Wir haben ein einfacheres und deutlich transparenteres und gerechteres System geschaffen. Alle Länder finden darin ihre Interessen berücksichtigt. Der deutsche Föderalismus funktioniert, er ist ein Segen für das Land. Gerade der Bayerische Landtag sollte Wert darauf legen, dass der Föderalismus funktioniert. Er sollte darauf achten, dass die ständigen Bestrebungen zu mehr Zentralismus zugunsten von Berlin oder Brüssel nicht fortgesetzt werden.
Das ist eine gute Sache. Wir haben jetzt eine gemeinsame Einigung unserer Finanzordnung im Geiste von Solidarität und Gerechtigkeit. Ich habe immer gesagt: Dieses Thema ist keine Frage der Parteipolitik. Es ist vielmehr eine Frage des bayerischen Interesses. Hier geht das Land vor Partei. Wenn die Einigung mit dem Bund stattgefunden hat, dann sind zur Verwirklichung dieses Finanzausgleichs Gesetze notwendig, partiell sogar Grundgesetzänderungen. Ich werde dann sehr genau darauf achten, wie die bayerischen Bundestagsabgeordneten im Deutschen Bundestag abstimmen werden. Ich werde darauf achten, wie sie abstimmen, wenn es darum geht, dass der Freistaat Bayern um 1,3 Milliarden Euro entlastet wird. Das wird eine sehr interessante Sache werden.
(Volkmar Halbleib (SPD): Aber nur ziemlich! – Peter Winter (CSU): Ganz sicher! – Volkmar Halbleib (SPD): Mit dieser Fraktion kann man nie wirklich sicher sein, Herr Ministerpräsident!)
- Ich bin mir da ganz sicher. Ich danke dem Vorsitzenden des Haushaltsausschusses für seinen Zuruf. Ich bin mir da ganz sicher. Ich wäre froh, wenn ihr mich so fordern würdet wie meine eigene Fraktion.
Ich bitte aber alle Fraktionen des Bayerischen Landtags, auf Bundesebene dazu beizutragen, dass das, was für uns gut wäre, Realität wird. Sie alle haben Ihre Möglichkeiten, da einzuwirken. Ich glaube, die bayerische Bevölkerung wird sehr genau darauf achten, wie sich die politischen Parteien in Berlin bei diesem Thema verhalten. Ich danke heute schon für die Unterstützung der Bayerischen Staatsregierung, wenn es um die Umsetzung geht.
Wir werden uns heute bei den Schlussworten noch einmal hören. Ich danke Ihnen jetzt für die Aufmerksamkeit bei diesem schwierigen Thema, das weit wichtiger ist als so manches, was wir hier behandeln. Dieses Thema ist sehr wichtig für unseren Freistaat Bayern; denn es geht um seine Finanzen.