Aber ich möchte nicht die ganze Zeit zurück in die Vergangenheit schauen, sondern ich gehe nach den Worten, die Sie vorhin gebraucht haben, jetzt davon aus, dass wir im Innenausschuss nach der Anhörung gemeinsam ein Handlungskonzept unter Einbeziehung der Zivilgesellschaft und Wissenschaft erarbeiten können.
Denn eines ist klar: Wir müssen die zivilgesellschaftlichen Akteure besser fördern. Wir brauchen mehr
Geld für Demokratiebildung und für Antirassismustraining. Wir brauchen eine Beratungsstelle für Opfer von rechter und rassistischer Gewalt. Wir sollten das nicht nur mithilfe von Bundesmitteln tun, sondern der Freistaat Bayern muss auch selbst Geld in die Hand nehmen, und zwar nicht nur ein bisschen, sondern richtig viel.
Besonders wichtig ist mir in der Aktuellen Stunde die Feststellung, dass wir die Wurzel des Übels anpacken müssen. Das Problem in diesem Fall heißt Rassismus. Die Ausländerfeindlichkeit ist gesellschaftlich anschlussfähig geworden. Die Hetze nimmt online und offline sehr stark zu, und aus Worten werden immer mehr Taten. Wir GRÜNE erwarten ein klares Bekenntnis von allen Parteien gegen Rechtsextremismus, gegen Rassismus und gegen gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit.
Aber neben diesem puren Bekenntnis erwarten wir auch eine klare Abgrenzung von rechten und rassistischen Parolen. Dazu gehört, dass man sie nicht selbst verwendet oder sie nicht noch befeuert. Außerdem erwarten wir, dass die richtigen Maßnahmen ergriffen werden. Diese hatte ich vorhin schon skizziert. Das heißt, ich nehme den Impuls auf, den ich aus dem Plenum vernommen habe, dass wir alle ein Interesse daran haben, Rechtsextremismus und Rassismus in Bayern entschieden entgegenzutreten, und freue mich auf die folgenden Debatten im Innenausschuss.
Vielen Dank. – Jetzt hat für die CSU-Fraktion Frau Kollegin Trautner das Wort. Bitte schön, Frau Kollegin.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir müssen in der Tat jeglicher Form von Intoleranz, Fremdenfeindlichkeit und Rassismus entschieden entgegentreten. Daher muss dieses Thema auch an unseren bayerischen Schulen präsent sein, und das ist es auch; denn am Austausch und am Dialog führt kein Weg vorbei, weder in unserer globalisierten Welt, die sich immer stärker vernetzt, noch in unserem Land, in dem Menschen unterschiedlicher Herkunft und Religion zusammenleben.
Der Titel der Aktuellen Stunde heißt: "Rechtsextremismus konsequent bekämpfen – Handlungskonzept erarbeiten!". Den ersten Teil der Überschrift kann ich noch gut nachvollziehen, den zweiten Teil nicht so
Lieber Herr Kollege Ritter, dass wir das Feld nicht beackern, kann ich nicht erkennen. Herr Kollege Dr. Reichhart hat hierzu bereits viel ausgeführt. Ich möchte an dieser Stelle darauf hinweisen, was wir an unseren Schulen schon leisten. Nehmen wir zum Beispiel die Regionalbeauftragten für Demokratie und Toleranz, die Ansprechpartner für die gesamte Schulfamilie vor Ort sind. Hier werden Beratungsgespräche geführt, Netzwerke aufgebaut und präventive Arbeit geleistet. Daneben sind das Thema Rechtsextremismus und unsere freiheitliche demokratische Grundordnung in unseren Lehrplänen wohl unbestritten fest verankert, und das ist gut so. Auch die Auseinandersetzung mit dem Holocaust und dem Nationalsozialismus findet nicht nur im Fach Geschichte statt, sondern wird fächerübergreifend kontinuierlich und facettenreich aufgegriffen.
Der Rechtsextremismus und der Umgang mit dem Rechtsextremismus sind an den Schulen regelmäßig Gegenstand von Lehrerfortbildungen. Die Themen Rassismus, politische Bildung und Demokratieerziehung sind mit dem Referendariat keineswegs abgehakt, sondern ziehen sich wie ein roter Faden durch die Lehrerfortbildung. Dabei werden aktuelle und für junge Menschen besonders reizvolle und gefährliche Tendenzen angesprochen. Ich denke dabei zum Beispiel an den Rechtsextremismus beim Fußball.
In diesem Zusammenhang ist an den Schulen auch die Projektarbeit elementar. Bei "Werte machen stark", "Prävention im Team" und "Schule ohne Rassismus – Schule mit Courage" findet die entsprechende Auseinandersetzung ebenfalls statt. Nach meinen Informationen haben bereits 362 bayerische Schulen den Titel "Schule ohne Rassismus – Schule mit Courage" verliehen bekommen. Das verdeutlicht, wie präsent und erfolgreich dieses Projekt in der Fläche ist. Um diesen Titel zu erhalten, müssen über 70 % der Menschen an der Schule eine Selbstverpflichtungserklärung unterschreiben, in der sie sich dazu bekennen, jeglicher Diskriminierung und jeglichem Rassismus entgegenzutreten sowie sich für langfristige Projekte einzusetzen.
Nicht zu vergessen ist in diesem Zusammenhang außerdem, dass unsere Schulen regelmäßig mit neuen Handreichungen zum politischen Extremismus bedient werden. Damit haben wir ein sehr, sehr gutes und wirkungsvolles Handlungskonzept im Bildungsbereich, das rechtsextremem Gedankengut vielschichtig entgegentritt. Der französische Philosoph Helvétius
hat gesagt: "Wer die Intoleranten duldet, macht sich an ihren Verbrechen mitschuldig." Ich glaube, darin sind wir uns einig. Deshalb ist es wichtig und richtig, an den Schulen unseren Kindern und Jugendlichen nicht nur Wissen, sondern auch Werte zu vermitteln sowie Toleranz und ein Miteinander zu lehren. So handeln wir von Anfang an präventiv gegen Extremismus und Rassismus, aber für Zivilcourage.
Vielen Dank, Frau Kollegin. – Für die SPD-Fraktion: Herr Kollege Dr. Rabenstein. Bitte schön, Herr Kollege.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Die Situation ist mit Blick auf das Geschehen am letzten Wochenende in Frankreich und darauf, was in den letzten Jahren in Deutschland – auch bei uns in Bayern – in Bezug auf Anschläge auf Flüchtlinge passiert ist, schwierig. Wir müssen hier mit einfachen Antworten sehr vorsichtig sein. Eines dürfen wir jedenfalls nicht tun: Ängste schüren und die Terroranschläge in irgendeiner Art mit der Flüchtlingsproblematik in Verbindung bringen. Das wäre das Allerschlechteste.
Das wäre auch unverantwortlich; denn wir wissen, dass wir dadurch gerade die Menschen, vor denen wir warnen, zu weiteren entsprechenden Taten ermutigen und ermuntern, weil dadurch ihre Taten gerechtfertigt werden. Rechtspopulismus kann sehr schnell zu Rechtsradikalismus führen, und das müssen wir vermeiden.
Die Ideologie des Rechtsextremismus und des Rassismus ist nicht mit einfachen Mitteln zu bekämpfen, sondern ihr ist nur mit langfristigen Handlungskonzepten entgegenzuwirken. Das Stichwort heißt: demokratische Bildung in den Schulen stärken und präventive Maßnahmen auf allen Ebenen einleiten. Das ist besser als populistische Sprüche, mit denen man die Rechtspopulisten und Rechtsradikalen nur noch mehr zu entsprechenden Taten auffordert. Ich habe dies bereits gesagt.
Es wurden bereits viele Vorschläge gemacht. Ich möchte hier ausdrücklich sagen: Es ist nicht so, dass in den letzten Jahrzehnten in unserer Gesellschaft und in unseren Schulen nicht viel passiert wäre. Die einzelnen Organisationen sind bereits angesprochen worden. Es gibt seit zehn Jahren das Bayerische
Bündnis für Toleranz mit Sitz in Bad Alexandersbad. Die SPD-Fraktion hat schon einen Preis verliehen; denn diese Organisationen leisten eine hervorragende Arbeit, was die Kooperationen innerhalb der lokalen Bündnisse anbelangt.
Die Initiative "Schule ohne Rassismus – Schule mit Courage" ist bereits von meiner Vorrednerin Frau Trautner angesprochen worden. Auch dieses Projekt habe ich an Schulen mehrfach besucht. Ich kann nur alle Abgeordneten auffordern, über diese 300 Schulen hinweg die genannte Initiative weiter zu fördern; denn da wird über Learning by Doing Vorbildliches geleistet. Dabei treten die Lehrer zusammen mit den Schülern aktiv für die Menschenwürde und gegen Fremdenfeindlichkeit ein. Es wäre gut, wenn hier auch Abgeordnete Partnerschaften übernähmen und diese Sache weiter voranbrächten.
Auch das Programm des Bundes "TOLERANZ FÖRDERN – KOMPETENZ STÄRKEN", unterstützt von der SPD und jetzt auf Initiative der SPD-Bundestagsfraktion nochmals mit einer Mittelerhöhung ausgestattet, ist sinnvoll.
Jetzt komme ich zu den Forderungen. Allerdings brauchen wir für Bayern auch ein Gesamt- und Handlungskonzept, um Initiativen zusammenzuführen. Das muss unser Ziel sein.
Hier möchte ich auch die Landeszentrale für politische Bildungsarbeit ansprechen. Durch die Neuaufstellung ist frischer Wind in die Organisation gekommen. Wir haben im Bayerischen Landtag viele Male darüber diskutiert. Ich glaube, dass hier die Richtung in Bezug auf den Rechtsradikalismus und Rechtsextremismus wieder stimmt. Allerdings müssen wir auch die Landeszentrale für politische Bildungsarbeit mit mehr Personal und besseren Mitteln ausstatten. Das ist notwendiger, als nur entsprechende Reden zu halten. Insofern sind die Staatsregierung und das Kultusministerium aufgefordert, die auf den Weg gebrachten Initiativen aktiv zu unterstützen.
Zum Schluss möchte ich den zahlreichen engagierten Bürgerinnen und Bürgern in Bayern Dank sagen. Das unterscheidet uns kolossal von der Weimarer Republik – ich habe es bereits angesprochen –, in der es kein solches Engagement der Bürgerinnen und Bürger gab. Wir haben in der letzten Woche in Wunsiedel und in vielen anderen Orten wieder erlebt, dass dann, wenn 100 Rechtsextreme auf die Straße gehen, 1.000
oder 2.000 Bürger dagegen demonstrieren. Dieses gesellschaftliche Engagement müssen wir weiter unterstützen. Deswegen finde ich die Debatte, die wir heute führen, und das Angebot der CSU gut. Aber den Abstimmungen müssen Taten folgen.
Vielen Dank, Herr Kollege. - Jetzt darf ich für die CSU-Fraktion Herrn Kollegen Freller das Wort erteilen. Bitte schön, Herr Kollege.
Frau Präsidentin, Hohes Haus! Es ist fast auf den Tag genau vier Jahre her, dass eine Reihe von uns Abgeordneten quer durch alle Parteien – GRÜNE, SPD, CSU – einen Brief vom Landeskriminalamt erhielt. Die FREIEN WÄHLER waren damals noch nicht betroffen. Wir erfuhren, dass unsere Namen auf den Listen der Terroristen Mundlos und Böhnhardt standen. Wir alle waren sehr erschrocken. Wir waren noch mehr erschrocken, als wir von den Morden an den Bürgern aus der Türkei, aus Griechenland und an einer Polizistin erfahren haben. Ich sage ganz offen: Das war ein Schrecken, der auch auf Fehler aufmerksam gemacht hat. Eines stelle ich jedoch mit Freude und Dankbarkeit fest: In den letzten vier Jahren haben die zuständigen Minister, insbesondere Innenminister Herrmann, sich des Themas Bekämpfung des Rechtsextremismus intensivst und konsequent angenommen. Das ist für mich vorbildhaft und richtungsweisend. Meine sehr verehrten Damen und Herren, es wurde und wird tatsächlich hart und ohne Nachsicht durchgegriffen. Es ist das einzig Richtige, sich auch gegen Rechtsextremisten zu wehren. Insofern besteht hinsichtlich der Bekämpfung des Rechtsextremismus eine große Gemeinsamkeit. Rechtsextremismus darf keine Chance haben.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, es wird sehr viel Präventivarbeit geleistet. In den letzten zwei Tagen war ich deshalb viel unterwegs. Lieber Herr Kollege Huber, am Samstag wurde in Mühldorf an das Grauen des Nazi-Terrors erinnert. Das war ein Durchbruch für eine Gedenkstätte dort. Insgesamt sind über 6.000 Menschen bei dem Bunkerbau gestorben. Gestern Abend hat die Bayerische Landesvertretung in Berlin zusammen mit der Stiftung Bayerische Gedenkstätten ein Konzert mit animierten Bildern der Künstlerin Esther Glück veranstaltet, mit dem auch im Hinblick auf die Zukunft die Warnung ausgesprochen wurde, dass nie wieder geschehen darf, was in diesem Land geschehen ist. Ich glaube, es ist viel im Gange. Ich danke den Kolleginnen und Kollegen quer durch alle Parteien, dass Sie helfen.
Eines ist mir jedoch wirklich ein Anliegen. Ich wiederhole: Rechtsextremismus ist Gift. Aber das gilt auch für jeglichen anderen Extremismus.
Liebe Frau Kollegin Schulze, ich habe eine klare Bitte. Ich formuliere Ihren Satz um: Wir von der CSU erwarten ein klares Bekenntnis gegen jede Form von Extremismus.
Für mich haben alle Extremisten ein krudes Menschenbild. Für mich sind alle Extremisten intolerant und unbelehrbar. Übrigens leugnen alle Extremisten das Gewaltmonopol einer Demokratie. Deswegen müssen wir das Ziel, den Extremismus zu bekämpfen, gemeinsam verfolgen. Extremismus und Fanatismus machen diese Welt kaputt. Das ist inzwischen zu meiner Lebensüberzeugung geworden. Deshalb appelliere ich an Sie, gezielt gegen alle Extremisten voranzugehen.
In den letzten Tagen wurde über den Lebenslauf von Helmut Schmidt im Fernsehen berichtet. In den Siebziger- und Achtzigerjahren musste er gegen den Linksextremismus, die RAF, kämpfen. Schließlich kam der Rechtsextremismus, den man vielleicht einige Jahre nicht ausreichend beobachtet hat. Jetzt muss man allerdings vor den Gefahren des religiös motivierten Extremismus verdammt Obacht geben.
Liebe Frau Schulze, vor zwei Wochen habe ich euch gebeten, einen Appell gegen Extremismus insgesamt auszusprechen. Ein Teil Ihrer Fraktion hätte mitgezogen, Sie haben es verhindert. Eine Woche später sind wir darüber belehrt worden, wie nötig dies wäre. Der religiös gespeiste Extremismus, den derzeit Frankreich erlebt, steht vor der Haustüre. Sie sagen, die oberste Priorität habe der Rechtsextremismus. Im Augenblick würde ich auch den islamistischen Terrorismus hinzunehmen. Dieser bedeutet für mich eine akute Gefahr, auch für Deutschland und Bayern.
Niemand von uns in diesem Saal hat irgendeinen extremistischen Hintergrund. Kein Einziger von uns hat es nötig, auch nur eine Form extremistischer Denkweise in der Bekämpfung auszuklammern. Wir alle müssen dafür stehen, dass Extremismus, ob rechts, ob links oder religiös begründet, geächtet wird.