Protocol of the Session on November 12, 2015

(Hans-Ulrich Pfaffmann (SPD): Es gibt gute und schlechte Zwischenbemerkungen; das ist eine schlechte!)

In der realen Welt wollen wir zwei Dinge tun: Wir wollen zum einen unsere Polizeibeamtinnen und -beamten schützen, und zum anderen wollen wir Demonstrationen ohne Gewalt. Und bitte schön: Vergessen Sie Ihr lila oder romantisch-rosa gefärbtes Bild von Demonstrationen. Wir haben draußen wirklich genügend Aufgaben und wollen sie nicht negieren oder verharmlosen.

(Beifall bei der CSU)

Bitte schön.

Herr Ländner, dass Sie mein Alter erwähnen, nehme ich zur Kenntnis; das zeigt mir, dass Ihnen alle weiteren Argumente ausgehen. Wenn das der Punkt ist, dann herzlichen Glückwunsch!

(Kerstin Schreyer-Stäblein (CSU): Er wollte halt charmant sein!)

- Das hat nicht geklappt, nee.

Zweitens. Ich war sicherlich schon auf mehr Demonstrationen, als Sie an einer Hand abzählen können. Deswegen weiß ich sehr wohl, dass es unterschiedlichste kreative Formen des Protests gibt. Ich finde auch gut, dass es die gibt. Sie machen die ideologische Kluft zwischen den Guten und den Bösen wieder auf. - Ich habe in keiner Weise behauptet, dass Gewalt in irgendeiner Form auf einer Demonstration etwas zu suchen hat. Es ist richtig, dass die Polizei jetzt schon einschreiten kann, einschreiten wird und einschreiten muss, wenn Gewalt bei einer Demonstra

tion stattfindet. Aber dafür brauchen Sie in keiner Weise diese Verschärfung des Versammlungsgesetzes.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Danke schön. – Als nächsten Redner bitte ich nun Herrn Staatsminister Herrmann zum Rednerpult.

Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich begrüße den Gesetzentwurf der CSU-Fraktion zur Rückkehr zur Strafbarkeit bei Verstößen gegen das Vermummungs- und Schutzwaffenverbot nachdrücklich. - Ich denke, man kann es ganz einfach, direkt und nüchtern beim Namen nennen: In der letzten Legislaturperiode ist der Verstoß gegen das Vermummungsverbot als Straftatbestand auf Druck der damaligen Koalitionspartei FDP gestrichen worden; seither war ein solcher Verstoß eine Ordnungswidrigkeit.

Zweitens kann ich feststellen: In keinem anderen Bundesland hat eine entsprechende Veränderung stattgefunden. In allen anderen 15 Bundesländern ist die Vermummung bei einer Demonstration, bei einer Versammlung nach wie vor ein Straftatbestand – völlig unstrittig. Haben Sie andere Informationen, Herr Schindler? –

(Franz Schindler (SPD): Ja, in Niedersachsen ist es anders!)

Mein Informationsstand ist so; aber Sie können das gerne korrigieren. Für die allermeisten Bundesländer gilt das jedenfalls, und auch SPD- und Rot-Grün-regierte Länder haben bis heute keinen Bedarf gesehen, daran etwas zu ändern.

Ich sage ganz klar: Es ist richtig, dies unmittelbar mit Strafe zu bedrohen; denn wer die eigene Meinung öffentlich kund tut und dazu gemeinsam mit anderen auf die Straße geht, bekennt sich von vornherein zu seiner Sicht der Dinge und zeigt dies anderen Leuten. Dem widerspricht nach meiner Auffassung in sich, sich dabei zu vermummen und seine Identität zu verbergen.

(Beifall bei Abgeordneten der CSU)

Das hat mit Meinungsfreiheit, mit der öffentlichen Bekundung der eigenen Meinung gar nichts zu tun. Hinzu kommt die langjährige Erfahrung, dass Gewalttätigkeiten leider sehr häufig von Leuten ausgehen, die vermummt auftreten. Damit zeigt sich, dass die Vermummung häufig den Anfang des Verübens von Gewalttaten darstellt

(Zuruf des Abgeordneten Florian von Brunn (SPD))

und dass man sich nicht vermummt, um die eigene Meinung hinter dem Berg zu halten, sondern um anschließend unerkannt weitere Straftaten begehen zu können. Deshalb ist es richtig, dass die Polizei die Möglichkeit haben muss, schon von vornherein dagegen vorzugehen und deutlich zu machen: Wer vermummt in einer Versammlung auftritt, führt vermutlich Schlimmeres im Schilde. Deshalb müssen wir die Vermummung von vornherein untersagen.

Das war schon so, als die Gesetzgebungskompetenz noch auf Bundesebene lag. Es ist richtig, das weiterhin auf Landesebene so zu handhaben. Darum ist es gut, wenn wir zu der früheren, bewährten Rechtslage zurückkehren. Ich danke der CSU-Landtagsfraktion für diese Initiative und bitte das Hohe Haus, diesem Gesetzentwurf zuzustimmen.

(Beifall bei der CSU)

Danke schön. – Wir haben jetzt eine Zwischenbemerkung des Kollegen Schindler.

Sehr geehrter Herr Staatsminister, nachdem Sie ausgeführt haben, dass nun wieder zu der Rechtslage zurückgekehrt werden soll, die in allen anderen Bundesländern genauso sein soll, möchte ich Sie bitten, zur Kenntnis zu nehmen, dass in Schleswig-Holstein seit Mai dieses Jahres eine Regelung besteht, die genau der geltenden bayerischen Rechtslage entspricht, also der Rechtslage vor der Änderung. Dort ist der Verstoß gegen das Vermummungsverbot eine Ordnungswidrigkeit. In den Ländern Niedersachsen, Sachsen-Anhalt und Sachsen wird jeweils differenziert hinsichtlich der Verstöße gegen das Vermummungsverbot und gegen das Verbot, Schutzbewaffnung mitzuführen. Dort ist ein Verstoß gegen das Vermummungsverbot als Straftat ausgestaltet, der Verstoß gegen das Verbot, Schutzwaffen mitzuführen, als Ordnungswidrigkeit. Es ist jedenfalls nicht so, wie Sie behauptet haben, dass Sie die Rechtslage herstellen, wie sie in allen anderen Bundesländern auch ist.

(Beifall bei der SPD)

Sehr geehrter Herr Staatsminister, gibt es denn in Bayern irgendwelche Erfahrungen

(Unruhe – Glocke der Präsidentin)

mit der neuen Rechtslage seit der Änderung, die Sie damals zusammen mit der FDP vorgenommen haben, die uns jetzt zwingen würden, zur alten Rechtslage

nach dem Bundesversammlungsgesetz zurückzukehren, und wenn ja, welche? Wie viele Verfahren nach dem Ordnungswidrigkeitengesetz sind eingeleitet worden? Wie viele Versammlungen haben deshalb einen unfriedlichen Verlauf genommen, weil wir keinen solchen Straftatbestand hatten? Gibt es diese Erfahrungen?

(Beifall bei der SPD)

Es gibt vielfältige Erfahrungen in Bayern, Herr Kollege Schindler, wie auch in anderen Bundesländern. Wir versuchen natürlich immer, auch die Konsequenzen aus den Erfahrungen anderer Bundesländer zu ziehen. - Zunächst vielen Dank; das, was Sie gesagt haben, nehme ich gerne zur Kenntnis. Aber allein die Tatsache, dass Schleswig-Holstein eine Änderung vorgenommen hat, ist für mich kein Anlass, für Bayern zu anderen Erkenntnissen zu kommen.

(Unruhe)

Für mich steht einfach im Vordergrund:

Entschuldigen Sie, Herr Minister. – Ich bitte doch um etwas mehr Ruhe. Unterhalten Sie sich doch bitte draußen weiter.

Damit meinen Sie jetzt aber nicht mich, Frau Präsidentin?

Ich meine nicht Sie; ich wollte Ihnen Gehör verschaffen, Herr Minister.

Gut, danke.

(Allgemeine Heiterkeit)

Vielen Dank. – Ich glaube, dass es richtig ist, Menschen mit der Strafbewehrung von vornherein von der Idee abzuhalten, vermummt aufzutreten. Das erleichtert es in der Tat, friedliche Demonstrationen zu gewährleisten. Die meisten Demonstrationen in Bayern finden friedlich statt. Wir haben das rund um den G-7Gipfel wieder erlebt: Beim G-7-Gipfel haben 35.000 Menschen in München friedlich demonstriert und sich auch nicht vermummt. Wenn man sich mal als Eisbär kostümiert, um gegen die Klimaerwärmung zu demonstrieren, ist das erlaubt und fällt nicht unter das Vermummungsverbot.

(Hubert Aiwanger (FREIE WÄHLER): Das war der Söder! Söder war der Eisbär!)

- Nein, Herr Kollege Aiwanger, nicht immer alles in einen Topf werfen! – Aber es ist richtig, dass wir mit

einer klaren Strafandrohung Leute von vornherein davon abhalten können, sich vermummt auf einer Demonstration zu bewegen. Wir wollen friedliche Demonstrationen in unserem Land, wir wollen, dass sie gewaltfrei verlaufen, und wir wollen Leuten, die sich gewaltbereit zeigen und die sich deshalb vermummen, sagen: Damit habt ihr in Bayern nichts verloren. Deshalb bitte ich noch einmal um Zustimmung zu dem vorliegenden Gesetzentwurf. – Vielen Dank.

(Beifall bei der CSU)

Danke schön. – Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Damit ist die Aussprache geschlossen.

Wir kommen jetzt zur Abstimmung. Der Abstimmung liegen der Gesetzentwurf auf Drucksache 17/7338 sowie die Beschlussempfehlung des federführenden und endberatenden Ausschusses für Verfassung, Recht und Parlamentsfragen auf Drucksache 17/8729 zugrunde. Der federführende Ausschuss empfiehlt Zustimmung. Ergänzend schlägt er vor, in § 3 als Datum des Inkrafttretens den "1. Dezember 2015" einzufügen. Wer dem Gesetzentwurf mit dieser Ergänzung zustimmen möchte, den bitte ich jetzt um sein Handzeichen. – Das sind die Fraktionen der CSU und der FREIEN WÄHLER. Ich darf bitten, die Gegenstimmen anzuzeigen. - Das sind die Fraktionen der SPD und der GRÜNEN. Stimmenthaltungen? – Keine Stimmenthaltungen. Damit ist es so beschlossen.

Wir führen jetzt die Schlussabstimmung in namentlicher Form durch. Ihnen stehen fünf Minuten zur Verfügung.

Noch eine Minute!

(Namentliche Abstimmung von 12.41 bis 12.46 Uhr)

Die Stimmabgabe ist geschlossen. Wir zählen außerhalb des Sitzungssaales aus. Ich darf Sie bitten, wieder Platz zu nehmen. Wir wollen in der Tagesordnung weiterfahren.

Ich rufe jetzt Tagesordnungspunkt 4 auf:

Abstimmung über Verfassungsstreitigkeiten, eine Europaangelegenheit und Anträge, die gemäß § 59 Abs. 7 der Geschäftsordnung nicht einzeln beraten werden (s. Anlage 2)