Der Gesetzentwurf wird vonseiten der Antragsteller begründet. Ich eröffne die Aussprache und erteile Herrn Kollegen Blume das Wort. Bitte schön, Herr Kollege.
Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Wenn es eine Unterscheidung zwischen großen und kleinen Gesetzentwürfen gäbe, wäre der Gesetzentwurf, über den wir heute reden, sicherlich ein sehr kleiner Gesetzentwurf. Ehrlich gesagt, geht es nur um eine technische Frage. Wir befassen uns einmal mehr mit der Zusammensetzung der Aufsichtsgremien über den Rundfunk in Bayern. Das haben wir schon einmal getan, als die FREIEN WÄHLER ihren Gesetzentwurf zu diesem Thema vor einigen Monaten eingebracht haben. Heute müssen wir mit unserem Gesetzentwurf dem Zeitverlauf Rechnung tragen. Wir müssen sicherstellen, dass wir am Ende insgesamt eine gute Lösung erreichen können.
Der Hintergrund unseres Gesetzentwurfes ist derselbe, der damals auch dem Gesetzentwurf der FREIEN WÄHLER zugrunde lag. Es gab ein Urteil des Verfassungsgerichts, das die Vorgaben des ZDF-Staatsvertrags überprüft hat und zu dem Ergebnis kam, dass der Staatsvertrag in Teilen verfassungswidrig ist. Es wurde ein umfangreicher Änderungsbedarf aufge
zeigt. Mittelbar hat dieser Änderungsbedarf auch Konsequenzen für das Bayerische Rundfunkgesetz und das Bayerische Mediengesetz. Das betrifft insbesondere die Zusammensetzung der Aufsichtsgremien.
Wir waren uns im Hohen Haus darüber einig, dass wir uns die Vorgaben des Verfassungsgerichts und deren Auswirkungen auf die bayerische Rundfunkaufsicht gründlich anschauen, diese sorgfältig analysieren und uns darüber hinaus extern kundig machen. Am 17. Juni gab es eine Anhörung zur Sicherung der Vielfalt und Staatsferne in den Aufsichtsgremien des Rundfunks in Bayern im Wissenschaftsausschuss. Ich fand die Anhörung sehr gut und aufschlussreich. Ein Ergebnis der Anhörung war die Einigkeit darüber, dass die Änderungen, die im Bayerischen Rundfunkgesetz und im Bayerischen Mediengesetz vorgenommen werden sollen, für die jeweils nächste Amtsperiode gelten sollen.
Wir kommen jetzt zu dem bestehenden kleinen Problem. Die nächste Amtsperiode des Rundfunkrats beginnt am 1. Mai 2017. Bis dahin haben wir noch genügend Zeit. Die nächste Amtsperiode des Medienrats der BLM würde jedoch schon am 1. Mai 2016 beginnen. Die notwendigen Verfahren bei den entsendenden Organisationen müssen jedoch mit einem zeitlichen Vorlauf vonstattengehen. Dies hat zur Konsequenz, dass das Entsendeverfahren auf der Basis der aktuellen Rechtslage bereits in diesem Oktober laufen müsste. Als Konsequenz müsste der Bayerische Medienrat nach der bisherigen Regelung zusammengesetzt werden. Dies würde den Vorgaben des Verfassungsgerichts nicht Rechnung tragen.
Deswegen lautet unser bayerisch-pragmatischer Vorschlag: Wir sorgen für eine überlange Amtsperiode des Medienrats. Das bedeutet, die Amtsperiode wird um ein Jahr verlängert. Der Zeitpunkt für den Ablauf der jetzt gültigen Amtsperiode wird vom 30. April 2016 auf den 30. April 2017 festgesetzt werden. Das ist eine einmalige Geschichte. Die Amtszeiten sollen nicht dauerhaft verlängert werden. Das Ablaufdatum soll lediglich für diese Amtsperiode um ein Jahr verschoben werden. Dies hat den Vorteil, dass wir damit eine Synchronisierung der Amtszeiten von Medienrat und Rundfunkrat erreichen. Beide Gremien laufen dann im selben Turnus. Der Vorschlag wird von den Vorsitzenden des Medienrats und von der BLM unterstützt. Meine Damen und Herren, wir hätten außerdem alle miteinander genügend Zeit, nämlich bis zu kommenden Sommerpause, eine Lösung zu finden, die sorgfältig abgewogen ist und den Vorgaben des Verfassungsgerichts entspricht. Deswegen darf ich herzlich um Unterstützung bitten.
Vielen Dank, Herr Kollege Blume. – Jetzt hat Frau Kollegin Fehlner das Wort. Bitte schön, Frau Kollegin.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir halten eine Verlängerung der laufenden Amtsperiode des Medienrats um ein Jahr ebenfalls für sinnvoll. Somit haben wir genügend Zeit für die notwendigen Änderungen des Bayerischen Mediengesetzes. Deshalb werden wir Ihrem Gesetzentwurf auch zustimmen. Unabhängig davon müssen wir uns im weiteren Verlauf der Gesetzesberatung noch über eine ganze Reihe von Themenkomplexen verständigen. Es wird sicherlich viele unterschiedliche Positionen geben. Diese gilt es zu diskutieren.
Am 25. März 2014 hat das Bundesverfassungsgericht entschieden, dass die Regelungen zur Zusammensetzung und Beschlussfassung in den Aufsichtsgremien des ZDF in wesentlichen Teilen verfassungswidrig und daher unvereinbar mit dem Grundgesetz sind. Der erste Schritt ist somit getan. Der zweite muss nun folgen. Das Bayerische Rundfunkgesetz und das Bayerische Mediengesetz sind aus denselben Gründen reformbedürftig, wie der ZDF-Staatsvertrag es war. Das Gericht hat deutliche Signale gegeben und klare Grenzen gezogen. Ich nenne nur einige Stichpunkte: Die Unabhängigkeit und Vielfalt des öffentlichrechtlichen Rundfunks muss im Hinblick auf die gebotene Staatsferne gestärkt werden. Bei der Gremienarbeit und den Gremienentscheidungen gilt es, die Transparenz zu verbessern. In der Rundfunkaufsicht muss für Geschlechterproporz gesorgt werden. Eine Versteinerung der Gremien darf es nicht geben. Sie müssen die Gesellschaft facettenreich und vielseitig widerspiegeln. Außerdem geht es um die Inkompatibilitätsregelung, durch die verhindert werden soll, dass Verbände und Organisationen Politiker oder staatsnahe Vertreter in die Aufsichtsgremien entsenden.
Das ist heute jedoch nicht unser Thema. Darüber wird in den nächsten Wochen zu reden sein. Dem heute vorgelegten Gesetzentwurf stimmen wir, wie gesagt, zu.
Vielen Dank, Frau Kollegin. – Jetzt hat Herr Kollege Professor Dr. Piazolo das Wort. Bitte schön, Herr Kollege.
Vor anderthalb Jahren hat Ihnen das Bundesverfassungsgericht die erste Watschn mit dem ZDF-Urteil verpasst. Es hat gesagt: Zu viele Vertreter aus politischen Parteien sitzen in den Aufsichtsgremien. Das war am 25.03.2014. Damals ging es um das ZDF. Wir waren uns aber alle im Klaren, dass das genauso für den Bayerischen Rundfunk, für den Rundfunkrat und für den Medienrat gilt. Das ist unbestritten.
Seitdem fordern wir, dass etwas getan wird. Damals wurde höchstrichterlich mangelnde Staatsferne vorgeworfen und festgestellt, dass Handlungsbedarf besteht. Höher als das Bundesverfassungsgericht geht es nicht. Statt zu handeln, haben Sie verzögert. Jetzt müssen Sie ein Gesetz einbringen, das Ihnen die Möglichkeit gibt, weitergehend zu handeln. Dadurch entsteht eine Verzögerung um ein weiteres Jahr.
Wir haben Sie im Plenum und in den Ausschüssen insgesamt viermal aufgefordert, tätig zu werden. Wir haben einen eigenen Gesetzentwurf eingebracht. Ich zitiere die Aussage von Herrn Kollegen Blume in der Plenarsitzung vom Januar. Dort sagte er, es bestünde kein schneller Handlungsbedarf; wir hätten bis zur neuen Zusammensetzung der Gremien ausreichend Zeit. Jetzt bringen Sie einen Gesetzentwurf ein, in dem Sie sagen: Wir müssen die Anpassung der Zusammensetzung der Gremien verschieben, weil wir es nicht geschafft haben, innerhalb von anderthalb Jahren ein Gesetz auf den Weg zu bringen. Das ist dokumentiertes Regierungsversagen.
Jetzt müssen wir uns in mehreren Lesungen mit diesem Gesetzentwurf beschäftigen und versuchen, das, was Sie gemacht haben, auszubügeln. Das ist die gute Auslegung des Ganzen. Das ist schuldhaftes Handeln durch Unterlassen. Das ist ähnlich wie bei der Flüchtlingsdebatte. Auch dort haben Sie vieles unterlassen. Die Folgen davon müssen wir jetzt ausbaden. Wir werden diese Debatte nachher führen. Ich hoffe, dass Sie sich bei diesem Thema nicht wie in der Flüchtlingsdebatte von Ihrem Freund Viktor Orbán beraten lassen und deswegen so lange zögern. Das wäre die schlechte Auslegung des Ganzen.
- Ja, selbstverständlich. Liebe Kolleginnen und Kollegen, wer sich in Flüchtlingsfragen von dem größten regierenden Rechtspopulisten in Europa beraten lässt, von dem kann man durchaus vermuten, dass er diesen Regierungschef auch in Medienfragen zu Rate zieht.
(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN – Kerstin Schreyer-Stäblein (CSU): Sie waren ja nicht dabei; deswegen können Sie es auch nicht beurteilen!)
- Ich war Gott sei Dank nicht dabei, als Ihre Fraktion mit Herrn Orbán geredet hat. Was ich äußerte, war nicht einmal eine Vermutung. Ich hoffe, dass es nicht so ist. Ich kann das aber angesichts des langen Zeitablaufs nicht ausschließen.
Frau Präsidentin, ich kann mir vorstellen, dass das schmerzt. Aber ein Zusammenhang dieses Themas mit der Medienpolitik, von der ich gesprochen habe, ist nicht von der Hand zu weisen.
Ich komme gerne zum Abschluss, wie Sie das wünschen. - Handeln tut not. Wir werden Ihnen dabei helfen, diesen Fehler auszubügeln, und diesem Gesetzentwurf zustimmen, weil auch wir es für notwendig erachten, hier zu einer gemeinsamen Lösung zu kommen. Ich möchte nur noch einmal deutlich betonen: Sie hatten anderthalb Jahre Zeit, einen Gesetzentwurf auf den Weg zu bringen. Auch die Anhörung hätten wir wesentlich früher durchführen können. Die Oppositionsfraktionen haben dies gemeinsam versucht. All das hat nichts genützt. Sie haben trotzdem nicht aufs Tempo gedrückt. Deshalb müssen wir heute über diesen Gesetzentwurf reden, der Ihnen die Möglichkeit gibt, über dieses Thema nachzudenken. Ich hoffe, dass etwas Gutes dabei herauskommen wird.
Frau Präsidentin, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich gebe ausdrücklich Herrn Kollegen Blume recht: Das ist ein kleiner Gesetzentwurf. Aber auch solche Gesetzentwürfe sind nicht überflüssig und machen manchmal durchaus Sinn. Gehen Sie einfach davon aus, dass ich die Ausführungen des Herrn Kollegen Blume und der Frau Kollegin Fehlner wiederhole und ausführe. Dann muss ich das nämlich nicht tun. Wir können trefflich
darüber streiten, ob die Vorlage dieses Gesetzentwurfs zu lange gedauert hat oder nicht. Das möchte ich nicht tun. Im Landtag gibt es Vorgänge, die länger dauern und mich mehr ärgern. Ich finde es schon gut, dass wir zu diesem Thema eine Anhörung durchgeführt haben.
Wir werden noch im Detail streiten müssen. Wir GRÜNEN haben andere Vorstellungen von der zeitgemäßen Zusammensetzung der Gremien als andere Fraktionen hier im Hause, wahrscheinlich andere Vorstellungen als alle anderen Fraktionen. Das werden wir am Ende sehen. Nichtsdestotrotz halte ich den vorliegenden Gesetzentwurf in dem Verfahren, in dem wir uns jetzt befinden, für sinnvoll. Wir werden ihm daher auch zustimmen.
Vielen Dank, Frau Kollegin. – Mir liegen keine weiteren Wortmeldungen mehr vor. Damit ist die Aussprache geschlossen. Ich schlage vor, den Gesetzentwurf dem Ausschuss für Wirtschaft und Medien, Infrastruktur, Bau und Verkehr, Energie und Technologie als federführendem Ausschuss zu überweisen. Besteht damit Einverständnis? - Das ist der Fall. Dann ist das auch so beschlossen.
Abstimmung über Anträge, die gemäß § 59 Abs. 7 der Geschäftsordnung nicht einzeln beraten werden (s. Anlage 1)
Hinsichtlich der jeweiligen Abstimmungsgrundlagen mit den einzelnen Voten der Fraktionen verweise ich auf die Ihnen vorliegende Liste.
Wer mit der Übernahme seines Abstimmungsverhaltens bzw. des jeweiligen Abstimmungsverhaltens seiner Fraktion entsprechend der aufgelegten Liste einverstanden ist, den bitte ich um das Handzeichen. Danke schön. Gegenstimmen bitte ich anzuzeigen. Keine. Stimmenthaltungen? - Auch keine. Damit übernimmt der Landtag diese Voten.
Dringlichkeitsantrag der Abgeordneten Margarete Bause, Ludwig Hartmann, Christine Kamm u. a. und Fraktion (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Gesundheitskarte für Asylbewerberinnen und Asylbewerber einführen (Drs. 17/8087)
Dringlichkeitsantrag der Abgeordneten Markus Rinderspacher, Kathrin Sonnenholzner, Doris Rauscher u. a. und Fraktion (SPD) Rahmenvertrag für eine Gesundheitskarte für Asylbewerber in Bayern (Drs. 17/8099)
Dringlichkeitsantrag der Abgeordneten Hubert Aiwanger, Florian Streibl, Prof. (Univ. Lima) Dr. Peter Bauer u. a. und Fraktion (FREIE WÄHLER) Einführung einer Gesundheitskarte für Asylbewerber prüfen (Drs. 17/8100)