Protocol of the Session on July 16, 2015

Meine sehr geehrten Damen und Herren!

(Lebhafte Zurufe – Glocke der Präsidentin)

Herr Kreuzer, behalten Sie jetzt noch die Ruhe. – Bitte.

Die Opposition hat bei diesem Thema monate- und jahrelang gnadenlos versagt.

(Hubert Aiwanger (FREIE WÄHLER): Sie haben regiert!)

Wer heute Ihre Ausführungen gehört hat, hat mitbekommen, dass Sie die Problematik noch nicht begriffen haben. Ich prophezeie Ihnen: Spätestens in einem halben Jahr sind Sie auch so weit, meine Damen und

Herren. Wir werden die entsprechenden gesetzlichen Änderungen auch im Bundesrat durchbringen. Das prophezeie ich Ihnen.

(Bernhard Pohl (FREIE WÄHLER): Was tut ihr in Bayern? - Wir sind im Bayerischen Landtag, nicht in Berlin!)

Ich werde dann sagen: Besser spät als nie. In Ihrer Situation wäre ich auch so nervös. Sie, die FREIEN WÄHLER, werden auf der rechten Seite von Populisten überholt, und die anderen können die Situation nicht vernünftig beherrschen, weil sie nicht handeln wollen. Das ist das Problem. Wir werden von der Situation gnadenlos betroffen, sodass am Ende in jedem Landkreis und überall klar sein wird, wer dies mit zu vertreten hat.

(Hubert Aiwanger (FREIE WÄHLER): Da sind Sie schuld! Sie regieren!)

Deswegen fordere ich die Bayerische Staatsregierung auf: Bringen wir diese Gesetzesvorhaben in den Bundesrat ein.

Meine Damen und Herren, Sie können dort sagen, ob Sie diese Situation in den Griff bekommen wollen. Wenn nicht, sind Sie für die Entwicklung mitverantwortlich.

(Lang anhaltender lebhafter Beifall bei der CSU – Hubert Aiwanger (FREIE WÄHLER): Sie sind verantwortlich!)

Danke schön. – Jetzt bitte ich Herrn Staatsminister Herrmann zum Rednerpult.

Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir stehen in der Tat vor einer großen Herausforderung für unser Land, einer Herausforderung, die letztlich ganz Europa und viele Länder darüber hinaus betrifft. Wir haben in unserem Land zweifellos eine christliche, eine humanitäre und eine verfassungsrechtliche Verpflichtung, Menschen, die aus politischen, religiösen oder rassistischen Gründen verfolgt werden, zu helfen, sie aufzunehmen und zu schützen.

(Volkmar Halbleib (SPD): Das hat man bei Herrn Kreuzer deutlich gemerkt!)

Wir wollen für diese Menschen eine echte Willkommenskultur. Beispielsweise müssen Flüchtlinge aus dem Bürgerkrieg in Syrien spüren, dass wir ihnen gerne helfen. Für jeden, der sich in unserem Land aufhält, gilt, dass wir ihn in seiner Menschenwürde schützen. Deshalb sind tätliche Angriffe auf Asylbe

werber oder Brandstiftungen indiskutabel. Wir kennen den genauen Hintergrund der Tat noch nicht, die heute Nacht im Landkreis Pfaffenhofen an der Ilm verübt wurde. Wenn diese Tat rassistisch motiviert gewesen sein sollte, wäre das selbstverständlich nicht hinnehmbar. Jeder in unserem Land muss sich darauf verlassen können, dass unser Staat solche Menschen schützt und Übergriffen entgegentritt.

(Beifall bei der CSU)

Meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, klar ist aber auch, dass die deutliche Mehrheit der Menschen, die mit Asylanträgen in unser Land kommen, keinen Asylanspruch hat. Dies haben das Bundesamt und anschließend die Verwaltungsgerichte in rechtsstaatlichen Verfahren festgestellt. Frau Kollegin, Sie können die Prozentsätze hin und her schieben, wie Sie wollen: Selbst Sie kommen mit Ihrer Schönrechnerei immer noch deutlich unter 50 %. Das heißt, dass die Mehrheit – es handelt sich um eine viel größere Mehrheit – eben keinen Asylanspruch hat. Viele kommen in unser Land nach dem Motto: Man probiert es halt einmal. Diese Menschen werden von Schleusern verführt und missbraucht, die unser Asylrecht für ihre kriminellen Geschäfte missbrauchen. Dem darf dieser Rechtsstaat doch nicht tatenlos zusehen.

(Beifall bei der CSU)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, in der vergangenen Woche, also vom vorletzten Montag bis zum letzten Sonntag, sind in Bayern 5.075 Menschen ohne Aufenthaltsrecht von Kollegen der Bundespolizei und der Landespolizei aufgegriffen worden, in einer einzigen Woche. Das ist ein neuer Allzeitrekord in der Geschichte des Freistaats Bayern. Sie können selbst hochrechnen, was es für unser Land, für die Bundesrepublik Deutschland insgesamt, bedeutet, wenn diese Größenordnung in den nächsten Wochen und Monaten gleich bleibt. Im gleichen Zeitraum haben die Bundespolizei und die Landespolizei alleine im Zuständigkeitsbereich des Polizeipräsidiums Niederbayern immerhin 54 Schleuser festnehmen können. Es ist wichtig, dass wir versuchen, gerade den Schleusern ihr Handwerk zu legen. Hier handelt es sich um kriminelle Machenschaften, da diese Schleuser völlig unmenschlich mit diesen Leuten umgehen. Wir müssen deshalb aktiv werden. Ich habe vorgestern mit dem Bundesinnenminister telefoniert: Die Bundespolizei wird verstärkt an der deutschen Südgrenze, also bei uns in Bayern, eingesetzt, weil es wichtig ist, dass wir konsequent kontrollieren. Es geht nicht darum, dass die Leute nicht ordentlich registriert werden. Sie werden registriert, die einen von der Polizei, die anderen anschließend in der Erstaufnahmeeinrichtung. Ent

scheidend ist aber, dass wir den Kriminellen auf die Spur kommen.

Meine Damen und Herren, wir müssen insgesamt aber auch daran arbeiten, dass gar nicht mehr so viele in unserem Land ankommen. Albanien, Kosovo und Montenegro müssen unverzüglich als sichere Herkunftsländer anerkannt werden. Ich bin dafür dankbar, dass Bürgermeister Olaf Scholz in Hamburg für dieses Thema wenigstens eine gewisse Offenheit erkennen ließ. Von Ihnen hat kein Einziger ein konkretes Wort dazu gesagt, was dagegensprechen würde. Sie reden nur allgemein herum.

(Lebhafter Beifall bei der CSU)

Keiner von Ihnen hat heute klar gesagt, warum er dagegen ist. Die Anerkennungsquote für Flüchtlinge aus diesen Ländern liegt bei nahezu Null.

(Angelika Weikert (SPD): Bei dem Gespräch mit der Kanzlerin wurde gesagt, man prüft auf Bundesebene, ob das ein geeignetes Ziel ist. Das war ein Gespräch der Kanzlerin mit allen Länderchefs vor zwei Wochen! – Thomas Kreuzer (CSU): Sie haben das im Bundesrat direkt abgelehnt!)

Was heißt denn "prüfen"? – Ich wäre dankbar, wenn das zügig geprüft würde; denn wir haben nicht jahrelang Zeit. Wir können nicht neue Kommissionen einsetzen. Die Entscheidungsquoten des Bundesamtes sind offenkundig und liegen auf dem Tisch. Die Bundeskanzlerin war in Albanien. In Albanien gibt es keine allgemeine Verfolgungssituation.

(Hubert Aiwanger (FREIE WÄHLER): Jawohl!)

Deshalb erwarte ich dringend, dass sich die SPD und die GRÜNEN und ihre Vertreter im Bundestag und im Bundesrat eines Besseren besinnen. Die Anerkennung von Albanien, Montenegro und dem Kosovo als sichere Herkunftsländer löst zwar nicht alle Probleme, ist aber ein Mosaikstein von mehreren.

(Beifall bei der CSU)

Liebe Kollegen von den GRÜNEN, Ministerpräsident Kretschmann hat erkannt, dass dieses Thema im Nachbarland Baden-Württemberg zunehmend ein Problem wird. Angesichts der Kategorien, in denen GRÜNE denken dürfen, ist ihm aber nichts anderes eingefallen, als den Königsteiner Schlüssel infrage zu stellen und die Leute nach Brandenburg weiterzuschicken. Ich muss sagen, das ist keine politische Meisterleistung.

(Beifall bei der CSU)

Offenkundig ist, dass auch im Nachbarland BadenWürttemberg die Kommunen immer mehr darüber klagen, dass sie mit dem Problem nicht mehr fertig werden. Ich bin sicher, auch die grün-rote Regierung in Baden-Württemberg wird sich etwas anderes einfallen lassen müssen als den Vorschlag, dass man die Leute nach Brandenburg weiterschicken könnte. Das ist sicherlich nicht unsere Lösung innerhalb Deutschlands.

(Beifall bei der CSU)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, entscheidend ist: Wir dürfen keine falschen Anreize setzen. Ich mache kein Hehl daraus, dass ich die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, wonach wir für jeden Asylbewerber aus der ganzen Welt vom ersten Tage an, an dem er in Deutschland anklopft, das volle deutsche Sozialhilfeniveau zahlen müssen, für völlig überzogen halte. Das wird auf Dauer nicht durchzuhalten sein.

(Beifall bei der CSU)

Wir müssen diese Entscheidung im Moment als Rechtsprechung respektieren. Angesichts der Situation in der Welt ist sie aber einfach irreal. Das kann auf Dauer nicht funktionieren.

(Angelika Weikert (SPD): Es ist dennoch eine Gerichtsentscheidung!)

Liebe Frau Kollegin Weikert, Sie haben gesagt, der Bund übernehme mehr Kosten. Ja. Das ist etwas mehr als ein Tropfen auf einen heißen Stein, löst aber die Probleme auf Dauer nicht. Hier wurde jedoch der Eindruck erweckt, als ob wir dieses Geld nicht an die Kommunen weitergäben. Das ist natürlich völlig daneben.

(Angelika Weikert (SPD): Das sagt der Bayerische Städtetag!)

- Entschuldigung, das hat nicht einmal Uli Maly behauptet. Uli Maly hat vor ein paar Wochen noch als Präsident des Deutschen Städtetages der nordrheinwestfälischen Ministerpräsidentin ins Gesicht gesagt, dass es für die nordrhein-westfälischen Kommunen sehr günstig wäre, wenn sie von ihrem Land nur annähernd so behandelt würden, wie die bayerischen Kommunen vom Freistaat Bayern. So ehrlich ist der Präsident des Städtetages nämlich schon.

(Beifall bei der CSU)

Nordrhein-Westfalen hat seinen Kommunen bis vor Kurzem gerade einmal 30 % der Kosten nach dem Asylbewerberleistungsgesetz erstattet.

(Angelika Weikert (SPD): Das halte ich nicht für gut!)

Wir zahlen seit Jahren 100 %. Das Geld des Bundes wird zur Deckung dieser Kosten verwendet. – Frau Weikert, Sie halten das nicht für gut. Das hoffe ich auch. Dann sollten Sie aber auch nicht das Gegenteil erzählen.

SPD und GRÜNE auf Bundesebene sind dafür, dass jeder junge Mensch, der nach Deutschland kommt, einen Rechtsanspruch auf einen Ausbildungsplatz erhält und mindestens fünf Jahre bleiben darf. Meine Damen und Herren, das hört sich natürlich im ersten Moment für den einzelnen jungen Menschen sehr gut an,

(Zurufe von den GRÜNEN)

keine Frage. Wir haben aber im Moment angesichts der dramatischen Entwicklung der Zahlen der sogenannten unbegleiteten minderjährigen Flüchtlinge das Problem, dass Sie in dem Moment, in dem Sie so etwas – im wahrsten Sinne des Wortes – in die Welt setzen, Sie natürlich einen unheimlichen Anreiz auslösen, damit Menschen aus aller Welt sagen:

(Zurufe von den GRÜNEN)

Okay, wenn ich, sobald ich den deutschen Boden betrete, einen Anspruch auf einen Ausbildungsplatz habe und mindestens fünf Jahre bleiben kann, dann versuche ich es auch. Deshalb gibt es doch die aktuelle Entwicklung. Unbegleitete minderjährige Flüchtlinge sind eben nicht, wie vielleicht der eine oder andere vor ein paar Jahren noch gemeint hat, arme Waisenkinder, die von irgendwo hierherkommen, sondern das Gegenteil ist der Fall. Auch hier findet jetzt ein unglaubliches Schleusergeschäft statt. Menschen werden von ihren Familien gegen die Zahlung von viel Geld auf den Weg geschickt, damit sie in Deutschland ihr Glück finden können. Mit solchen Anreizen werden Familien nur aus finanziellen Gründen auseinandergerissen. Meine Damen und Herren, das ist überhaupt nicht humanitär!