Die SPD wird dem CSU-Antrag zustimmen, den Antrag der FREIEN WÄHLER allerdings ablehnen. Das möchte ich Ihnen in kurzen Worten erläutern. Zur monatlichen Dokumentation der Arbeitszeiten: Wir sprechen nur noch über die Dokumentation der Arbeitszeiten, ohne dabei zu wissen, welcher Aufwand denn dazu überhaupt notwendig ist. Das Aufschreiben von Beginn und Ende der Arbeitszeiten und Pausen führt bei den Schaustellern mittlerweile zu keinem Problem mehr; denn sie machen das sehr genau und leben auf engem Raum zusammen. Ich möchte wirklich den sehen, der es schafft, nach vier Wochen nachzuvollziehen, was jemand an Himmelfahrt für Arbeitszeiten gehabt hat.
Ich verkehre sehr viel in Schaustellerkreisen. Ein Schausteller ist in der Lage, genau zu sagen, welchen Verdienst und welchen Umsatz er letztes Jahr auf welchem Fest an welchem Tag gemacht hat. Wenn ich das so genau dokumentieren kann, kann ich auch die Arbeitszeit aufschreiben. Da brauche ich nicht anbiedernd zu sagen: Wir sind dafür, dass ihr überhaupt nichts mehr aufschreiben müsst. - Liebe Leut, das ist nicht in Ordnung.
Sie reden von wachsendem Bürokratismus. Dabei gibt es auch Erleichterungen; denn nachdem inzwischen Polen und Rumänien zur EU gehören und die Freizügigkeit der Arbeitsplatzwahl möglich ist, sind die Riesenantragsverfahren weggefallen, bei denen man immer genau kalkulieren musste, etwa wie lange meine polnische Aushilfe arbeiten darf, wann sie wieder nach Hause fahren muss und welche Anträge ich wo zu stellen habe. Insofern ist da eine gewisse Entlastung vorhanden.
Die Angst davor, dass der Junior das Geschäft der Eltern nicht mehr übernehmen möchte, ist eine Mär; denn der Junior hilft beim Aufbau des Geschäfts, ist also dabei. Andernfalls hat er ein eigenes Geschäft oder dieses und jenes. Sie regeln das schon untereinander. Dann zu sagen, der Junior mache das nicht, weil er nach acht Stunden nicht mehr arbeiten dürfe, ist eine Mär. Da fallen jeden Tag unterschiedliche Ar
beitsanforderungen an. Es gibt Tage, an denen schwer rein gekracht werden muss, aber diese sind und bleiben die Ausnahme. Wir werden deshalb den Antrag der FREIEN WÄHLER ablehnen.
Liebe Freunde von der CSU, eines sei noch erlaubt anzumerken: Es ist die Rede von Volksfestkultur. Ich lege Wert darauf, dass die Heimat- und Wiesenfeste genauso unter diese Regelung fallen wie die Volksfeste.
- Herr Kollege Zellmeier, darin sind wir uns einig. Ein wenig Patriotismus muss schon sein, auch bei der CSU. Auch die Dulten und Kirchweihen fallen unter diesen Sammelbegriff. Wenn das so ist, ist es okay. Ich hoffe, dass wir unsere Volksfeste weiterführen können.
Zum Schluss habe ich noch folgende Anmerkung: Was haben Politiker, Kommunalpolitiker und Nomaden gemeinsam? - Mehr als die Hälfte des Jahres leben sie in Zelten, bei uns gerade in Bierzelten.
Herr Kollege Adelt, bleiben Sie bitte noch am Redepult; denn Sie haben eine Zwischenbemerkung der Kollegin Widmann provoziert. Frau Kollegin, bitte schön.
Sehr geehrter Herr Kollege Adelt, Ihr letzter Spruch passt eher zu mir; denn ich bin in meinem früheren Leben Festwirtin gewesen.
- Sie wissen es? Trotzdem haben Sie gesagt, ich hätte von der Branche keine Ahnung. Ich weiß nicht, was Sie von Beruf sind; das frage ich jetzt nicht. Aber von dieser Branche habe ich sehr wohl eine Ahnung.
Sie haben vorher gesagt, die Dokumentation sei sehr einfach. Hierzu ein Beispiel: Auf der Landshuter Dult arbeiten 75 Bedienungen und 75 Küchenangestellte. Diese unterschiedlichen Arbeitnehmer arbeiten bei unterschiedlichen Arbeitgebern. Da muss man versuchen, innerhalb von zehn Tagen aus den 150 Leuten ein Team zu schneidern. Dann müssen für diese 150 Leute innerhalb von sieben Tagen die Dokumentationen für die zehntägige Dauer des Festes angefertigt werden. Meine erste Bedienung hat diese Aufgaben übernommen und gefragt: Chefin, warum müssen wir das auf einmal machen? Wir verstehen es nicht. Ich habe dann auf das Gesetz verwiesen und dieses vorgezeigt. Daraufhin sagten die Mitarbeiter: Wir wol
len diesen Schutz nicht; wir brauchen diesen Schutz nicht. Wir möchten selbstbestimmt entscheiden, wann und wie lange wir arbeiten und wann wir unsere Pausen machen.
Das Arbeitszeitgesetz ist wichtig. Ein Arbeitnehmer, der damit nicht einverstanden ist, dass er soundso viele Sonntage arbeitet, soll klagen. Das ist gar kein Thema. Aber viele Arbeitnehmer sind damit einverstanden, dass sie sonntags arbeiten. Gerade Bedienungen mit Kindern, die gerne arbeiten wollen und deren Männer am Sonntag zu Hause sind, muss man arbeiten lassen. Es kann nicht sein, dass diese Bedienungen immer Bestätigungen brauchen, wie viele Sonntage sie bereits gearbeitet haben. Das ist die Lage draußen. So wird kontrolliert, aber nicht mehr zum Schutz des Arbeitnehmers; denn der Arbeitnehmer möchte es gern anders.
Frau Kollegin Widmann, ich kann Ihnen nur eines sagen: Das Arbeitszeitgesetz gilt für alle. Wir sind uns darin einig, dass man dieses Gesetz auslegen und unter den vorgegebenen Maßgaben bis zu zwölf Stunden arbeiten kann. Wenn Sie nicht regelmäßig aufzeichnen bzw. sich abzeichnen lassen, wie lange eine Bedienung gearbeitet hat, aber mit Ihrer Reisegastronomie nach vier Wochen in der Lage sind zu sagen, was der einzelne Mitarbeiter gemacht hat, dann sind Sie ein wahres Genie; wunderbar.
- Vorerst nicht, danke. – Dann wollen wir jetzt Frau Kollegin Celina das Wort erteilen. Bitte schön.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, als ich den Antrag gelesen habe, habe ich mich über den ersten Satz Ihrer Begründung gefreut. Darin steht nämlich, dass die Regelungen zum Schutz der Arbeitnehmerrechte grundsätzlich nicht zur Disposition stehen. Als ich Ihren Antrag gelesen habe, habe ich mich ehrlich gesagt gefragt: Wie steht denn die CSU zu den Arbeitsschutzregelungen? - Ich glaube,
dass Sie hier wieder einmal dem lauten Ruf einiger weniger nach weniger Arbeitsschutz hinterherlaufen, statt den übergeordneten Interessen vieler nach einem angemessenen Arbeitsschutz zu entsprechen.
Warum glaube ich das? – In Ausnahmefällen, etwa bei Saisonbetrieben, kann die Arbeitszeit bereits jetzt bis auf zwölf Stunden ausgedehnt werden. Aber will ich denn vom Landtag bzw. der zuständigen Aufsichtsbehörde fordern, den Ermessenspielraum aufzuheben, wenn es um die Gesundheit von Arbeitnehmern geht? – Es mag in Ausnahmefällen hinzunehmen sein, dass eine Kellnerin einen Tag lang zwölf Stunden Maßkrüge trägt. Ähnliches gilt für andere Schaustellerberufe. Das kann bereits genehmigt werden. Aber wer übernimmt die Verantwortung, wenn am vierten Tag in Folge eine Zwölf-StundenSchicht gefahren wird und wegen Übermüdung und Überforderung ein Unfall passiert? Der Landtag? – Das glaube ich nicht. Klar ist nur, die Kosten für einen Unfall übernehmen die Versicherungen. Ich versichere Ihnen, die Versicherungen sind von Ihrem Vorschlag nicht begeistert, die Staatsregierung aufzufordern, die Möglichkeiten des Arbeitszeitrechts weitestgehend auszulegen.
Ziel des Arbeitszeitgesetzes ist es, die Sicherheit und den Gesundheitsschutz der Arbeitnehmer in der Bundesrepublik Deutschland zu schützen, und dazu gehört auch Bayern. Es ist nicht das Ziel, das Schaustellergewerbe und diejenigen zu schützen, die feiern wollen. Ziel ist vielmehr, die dort arbeitenden Menschen zu schützen. Ziel des Arbeitszeitgesetzes ist es übrigens auch, den Sonntag und die staatlich anerkannten Feiertage als Tage der Arbeitsruhe und der seelischen Erhebung der Arbeitnehmer zu schützen.
Dieses Ziel haben wir trotz häufiger gegenteiliger Lippenbekenntnisse längst aus den Augen verloren. Dieser Antrag ist ein Beweis dafür; denn es ist gang und gäbe, dass nicht nur dort, wo es unbedingt notwendig ist, an Sonn- und Feiertagen gearbeitet werden muss, sondern auch in sogenannten Freizeitbetrieben, etwa bei Volksfesten, im Schaustellergewerbe und bei vielem mehr. Damit viele Menschen den Sonntag genau dort genießen können, müssen bislang wenige, aber immer mehr Menschen dort arbeiten, und zwar bis zu zwölf Stunden am Tag; denn am Sonntag reicht ein Waldspaziergang nicht mehr. Stattdessen wollen sich viele auch am Sonntag möglichst rund um die Uhr bespaßen lassen.
Auch dieser Antrag gibt dem Anliegen der Bespaßung vieler auf Kosten anderer statt. Damit ermöglicht er nicht nur sehr lange tägliche Arbeitszeiten, sondern
Manche sagen, Arbeitgeber und Arbeitnehmer forderten eine solche Regelung; wir haben es in der Diskussion gehört. Aber es ist immer noch die Frage, ob man als regierende Fraktion wirklich alles unterstützen muss, was einzelne Gruppen wollen,
oder ob man damit seine bisherigen Ziele, nämlich Arbeitsschutz und Sonntagsruhe zu verteidigen, wieder ein kleines Stück mehr aushebelt, allen gegenteiligen Lippenbekenntnissen zum Trotz. Genau deshalb werden wir diesem Dringlichkeitsantrag heute nicht zustimmen;
Jetzt noch kurz zum Dringlichkeitsantrag der FREIEN WÄHLER. Sie haben mit dem ersten Teil Ihrer Argumentation recht, dass nämlich in der Sitzung der Arbeitsminister und Sozialminister schon längst eine Entscheidung getroffen wurde und der Dringlichkeitsantrag der CSU eigentlich schon deswegen obsolet ist.
Zum zweiten Teil Ihres Dringlichkeitsantrags, der eine Abschaffung der Dokumentationspflichten beinhaltet, sage ich Ihnen nur: Und stündlich grüßt das Murmeltier. Das werden wir natürlich ablehnen. Ich habe das heute schon zweimal begründet. Ich meine, wir wollen um 17.30 Uhr aufhören, und erspare Ihnen deshalb heute die dritte Begründung.
Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Wirte auf Volksfesten und bei Jubiläumsveranstaltungen und auch die Schausteller brauchen flexible Arbeitszeiten. Sehr geehrte Frau Kollegin Widmann, in diesem Fall geht es um das Arbeitszeitgesetz, nicht um das Mindestlohngesetz.
Ich möchte dazu sagen: Die Ausführungsvorschriften und Verordnungen stammen genauso wie das Gesetz von 1994. Daran hat sich nichts geändert. Ich stimme daher dem Dringlichkeitsantrag der CSU absolut zu; denn er liegt genau auf unserer Linie.
Ich habe mich bereits mit den Sprechern der Volksfestwirte und der Wiesnwirte, mit den bayerischen Marktkaufleuten und Schaustellern sowie mit den Festwirten des Gäubodenvolksfestes über einen praxisnahen Bezug des Arbeitszeitgesetzes geeinigt. Danach dürfen die Beschäftigten auf allen bayerischen Volksfesten bis zu zehn Stunden täglich einschließlich Sonn- und Feiertagen arbeiten. Das geht einfach und schnell. Es ist kein Antrag, keine Prüfung des Einzelfalls und keine Ausnahmebewilligung erforderlich. Diese Lösung ist sicher auch im Interesse der Arbeitnehmerinnen und der Arbeitnehmer.
Klar ist, dass die Sicherheit und der Gesundheitsschutz der Beschäftigten im Vordergrund stehen. Wir sollten aber nicht päpstlicher als der Papst sein. Wer aus eigenem Antrieb für einen kurzen Zeitraum mehr als acht Stunden täglich arbeiten will, der darf das in diesen Ausnahmefällen machen. Die Ruhezeiten folgen im Anschluss daran.
Über diese Regelung hinaus sind künftig in Ausnahmefällen auch Arbeitszeiten bis maximal zwölf Stunden täglich möglich. Das haben die Arbeits- und Sozialminister der Länder im April beschlossen – das ist vorhin ja auch schon diskutiert worden. Ich habe diesen Beschluss mit initiiert, weil es mir ein Anliegen ist, dass wir auf der Bundesebene in allen Ländern dieselben Voraussetzungen haben. Diese Möglichkeit besteht für Festwirte, Marktkaufleute und Schausteller, die nur zu bestimmten Jahreszeiten arbeiten. Gleiches gilt übrigens für die Landwirtschaft, für Hotels und Gaststätten. Auch hier sind längere Arbeitszeiten möglich, wenn sie Saisonbetriebe sind.
Voraussetzung für längere Arbeitszeiten bis zwölf Stunden ist, dass die Sicherheit und der Gesundheitsschutz der Beschäftigten gewährleistet sind. Dafür steht die Gefährdungsbeurteilung. Sie ist Grundlage für die Genehmigung durch das Gewerbeaufsichtsamt. Dies fehlt im Dringlichkeitsantrag der FREIEN WÄHLER komplett. Deshalb können wir diesem Dringlichkeitsantrag nicht zustimmen.