Trotzdem: Die rechtliche Gleichstellung von Frauen und Männern in Deutschland ist in Bayern seit Langem Realität. Die Gleichstellung ist nicht nur in der Verfassung ausdrücklich als Handlungsauftrag an den Staat niedergeschrieben. Für die öffentliche Verwaltung hat der Bayerische Landtag im Jahre 1996 sogar ein eigenes Gesetz zur Gleichstellung von Frauen und Männern verabschiedet. Die Frauenerwerbstätigenquote in Bayern liegt bei 71,9 %, damit weit über der des Bundes von 68,8 %. Die Müttererwerbstätigenquote liegt in Bayern bei 75,6 %. Das ist beachtlich.
Ziel der Frauen- und Gleichstellungspolitik darf es aber nicht sein, alle Frauen auf ein einziges Lebensmodell zu trimmen, nämlich auf das der vollzeiterwerbstätigen Frau.
Das stimmt auch mit der Lebenswirklichkeit und den Wünschen vieler Frauen und Familien nicht überein. Frauen haben heute unterschiedlichste Biografien. Sie haben Familien mit Kindern, sind kinderlos oder
alleinerziehend. Viele arbeiten in Vollzeit, Teilzeit oder bleiben zu Hause und erziehen ihre Kinder. Auf diese unterschiedlichen Biografien muss die Politik heute eine Antwort geben. Wir dürfen auch nicht suggerieren, jede Frau müsse Karriere machen und werde nur an der Karriere gemessen. Das ist nicht unsere Auffassung von Frauenpolitik.
Unser Ziel ist es, Chancengleichheit zu ermöglichen. Dafür müssen wir ganz klar differenzieren, was wirkliche Benachteiligungen und was lediglich unterschiedliche Präferenzen von Frauen und Männern sind. Wir begleiten daher auf Bundesebene die Frauenquote konstruktiv. Wir stehen zur Frauenquote.
Sie darf aber nicht zu einer übermäßigen Bürokratie für die Wirtschaft führen, wie das jetzt beim Mindestlohn der Fall ist. Bürokratie wäre alles andere als positiv für die Frauen und ihre Ziele.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, bei der Gleichstellung von Frauen und Männern ist gerade der öffentliche Dienst ein Vorreiter. Ende dieses Jahres werden wir dem Landtag turnusgemäß mit dem Gleichstellungsbericht aktuelle Zahlen vorlegen. Frau Dr. Strohmayr, Sie haben das vorhin angemahnt. Sie wollen Zahlen und Fakten. Das alles werden wir Ende des Jahres liefern.
Ich bin stolz, dass der Freistaat Bayern mit einer Quote von 36,5 % bei den Frauen in Führungspositionen als Vorbild vorausgeht. Allerdings sehe ich noch weitere Potenziale bei der Förderung qualifizierter Mitarbeiterinnen im öffentlichen Dienst. Daran arbeiten wir, und ganz speziell ich als Frauenbeauftragte der Bayerischen Staatsregierung. So haben wir beispielsweise im Sozialministerium über 130 Arbeitszeitmodelle. Auch das Führen in Teilzeit ist für Frauen in meinem Ministerium heute gelebte Realität.
Was derzeit in der Presse zur Entgeltgleichheit diskutiert wird, entbehrt jeder Grundlage. Es gibt bisher kein Eckpunktepapier, geschweige denn einen Gesetzentwurf dazu. Im Koalitionsvertrag auf Bundesebene ist verankert, dass die Entgeltgleichheit zwischen Männern und Frauen zu fördern ist. Dahinter stehen wir auch. Man sollte dabei jedoch nicht an dem Ast sägen, auf dem man gerade sitzt. Auch hier
gilt: Keine übermäßige Bürokratie für die Wirtschaft; denn das würde die Sache der Frauen mit Sicherheit nicht fördern.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, wirkliche Chancengleichheit bedeutet mehr als Entgeltgleichheit oder Frauen in Führungspositionen. Die Weichen werden viel früher gestellt, spätestens bei der Berufswahl. Frau Kollegin Schreyer-Stäblein hat es vorhin angesprochen: Wir unterstützen das Auflösen von traditionellen Rollenbildern durch eine frühzeitige Sensibilisierung von Jugendlichen. Dazu haben wir den Jugendwettbewerb "Rollenbrecher 2014" und die Verleihung eines Gender-Preises durch die Stiftung "Prix Jeunesse" ins Leben gerufen. Wir beteiligen uns außerdem am Girls‘ Day und am Boys‘ Day.
Wichtig ist, den notwendigen Bewusstseinswandel in der Gesellschaft voranzutreiben. Alles andere wäre ein volkswirtschaftlicher Schaden; denn viele Frauen sind heute hoch qualifiziert und bestens ausgebildet. Sehen wir uns einmal die Zahlen an den Hochschulen an: Die Absolventen sind zu 49 % Frauen. Auch in den naturwissenschaftlichen Fächern hat sich die Quote erhöht. Der Anteil weiblicher Absolventen liegt hier bei 28,2 %. In den MINT-Fächern verändert sich also enorm viel.
Wir unterstützen Frauen vor allem durch die Schaffung guter Rahmenbedingungen für die Familien. Das wurde mehrfach angesprochen. Wir wollen eine Arbeitswelt, die modulare Lebensläufe ermöglicht. Wir möchten es Frauen erleichtern, gleichzeitig zu arbeiten und sich Zeit für die Familie zu nehmen. Der Freistaat unterstützt deshalb die Kinderbetreuung massiv. Bayern gibt über eine Milliarde Euro für Kinderbetreuungsangebote aus. Für jeden Elternteil besteht außerdem ein Anspruch auf Elternzeit zur Betreuung und Erziehung des Kindes bis zu seinem dritten Lebensjahr. So stellen wir die reibungslose Rückkehr in den Beruf sicher. Wir fördern außerdem die Frauen durch Wiedereinstiegshilfen in den Beruf.
Eine bayerische Besonderheit ist der Familienpakt, den die Bayerische Staatsregierung mit der Wirtschaft geschlossen hat. Das Ziel ist die Erreichung einer dauerhaft besseren Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Das ist bundesweit einmalig. Wir gehen hier massiv voran. Meine Damen und Herren, eine wirkliche Gleichstellung erreichen wir nur, wenn dies auch von den Männern unterstützt wird und wenn wir die Männer dahin führen, dass sie ein modernes Rollenbild leben können.
Nur Frauen und Männer gemeinsam können eine starke soziale Gesellschaft schaffen und dazu beitragen, den sozialen Frieden auf Dauer zu gewährleisten.
Die Vereinbarkeit von Familie und Beruf ist nicht nur ein Frauenthema. Hier hat bereits ein gesellschaftlicher Wandel begonnen. Die meisten Väter wünschen sich Zeit für die Familie. Die Weiterentwicklung des Elterngeldes geht mit der Erweiterung der Partnermonate in die richtige Richtung. Das Wunschmodell von immer mehr Paaren ist eine Rollenteilung. Frauen und Männer wollen sich gleichermaßen im Beruf und in der Familie entfalten. Auch die Wirtschaft ist auf den Mann von heute eingegangen. Schauen Sie sich einmal die heutigen Kinderwägen an. Dabei handelt es sich um Hightech-Geräte und Hightech-Maschinen, sodass auch Männer in der Öffentlichkeit gut mit ihren Kindern spazieren gehen können.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir haben schon viel beim Thema Gleichstellung erreicht und treiben die bayerische Gleichstellungspolitik aktiv weiter voran; denn nichts geht auf Dauer ohne Frauenpower.
Vielen Dank. – Liebe Frau Ministerin, Sie haben ihre Redezeit von zehn Minuten knapp überschritten. Mir liegt jedoch jetzt schon eine Anmerkung von Frau Gottstein von den FREIEN WÄHLERN vor. Sie möchten ihre fünf Minuten ausschöpfen. Das steht den Fraktionen auf Antrag frei. Frau Gottstein, Sie sind dran.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Vorhin war ich wahrscheinlich etwas leichtsinnig. Nachdem die Redezeit öfter überzogen wird, war ich nicht darauf gefasst, dass ich relativ streng behandelt werde.
Ich wollte auf etwas hinweisen und bitte die Ministerin, sich hierzu zu äußern. Sie haben wie viele andere in
diesem Zusammenhang von der Auflösung von Klischees und Rollenvorstellungen gesprochen. Dabei ist mir ein netter Prospekt aus dem Ministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten aufgefallen, der für "Bewegung" Reklame macht. Dieses Thema wäre meiner Meinung zwar besser bei Herrn Staatsminister Spaenle angesiedelt, jedoch kann es nicht genug Bewegung geben. Auffällig ist, dass alle 14 Bilder in dem Prospekt geschlechtsneutral gestaltet sind. Es gibt allerdings Bilder, auf denen Rollen zu erkennen sind: Ein kleiner Junge krabbelt in den Kindersitz eines Autos, und ein kleines Mädchen füllt die Waschmaschine.
Das ist wahrscheinlich die Ermunterung, Mädchen für Technik zu begeistern, und die Werbung für MINT-Fächer.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich werde mich kurz fassen. Es gilt jedoch, einiges auf die Wortmeldungen von der CSU zu erwidern. Ganz besonders ist mir zuwider, dass Sie immer wieder betonen, alles löse sich von allein: Wir Frauen seien heute doch super ausgebildet und hätten gute Noten; deshalb sei es klar, dass wir bald die Chefsessel erklimmen und mehr verdienen. Liebe Kolleginnen und Kollegen, darauf kann ich nur antworten: Genau das ist eben nicht der Fall. Es regelt sich nichts von alleine. Wir Frauen dümpeln seit Jahren dahin. Der Frauenanteil in den Führungsetagen hat sich in den letzten Jahren eben nicht verändert, jedenfalls nicht maßgeblich. Es handelt sich nicht um eine Veränderung, wenn eine Frau mehr einen Chefposten innehat. Das ist keine maßgebliche Veränderung, liebe Frauen. Das dürfen wir doch nicht hinnehmen!
Ich möchte Sie noch an eines erinnern: Frauen stellen 51 % der Bevölkerung dar. Deshalb sollten sie auch ausgewogen in der Politik, in der Wirtschaft und im öffentlichen Dienst vertreten sein. Längst ist wissenschaftlich erwiesen, dass Männer und Frauen gemeinsam, dass gemischte Teams viel erfolgreicher sind. Diese Ergebnisse aus der Wissenschaft sollten endlich auch Anwendung in Bayern finden. Die Frauen sollten eine Chance erhalten. Starke Frauen für ein starkes Bayern – das sollte unsere Zukunftsvision sein.
Danke schön. – Liebe Kolleginnen und Kollegen, weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Damit ist die Aktuelle Stunde nun beendet.
Abstimmung über Anträge, die gemäß § 59 Abs. 7 der Geschäftsordnung nicht einzeln beraten werden (s. a. Anlage 1)
Hinsichtlich der jeweiligen Abstimmungsgrundlagen mit den einzelnen Voten der Fraktionen verweise ich auf die Ihnen vorliegende Liste.
Wer mit der Übernahme seines Abstimmungsverhaltens bzw. des jeweiligen Abstimmungsverhaltens seiner Fraktion entsprechend der aufgelegten Liste einverstanden ist, den bitte ich jetzt um sein Handzeichen. – Danke schön. – Gegenstimmen? – Keine Gegenstimmen. – Stimmenthaltungen? – Keine Stimmenthaltungen. Damit übernimmt der Landtag diese Voten.
Antrag der Abgeordneten Hubert Aiwanger, Florian Streibl, Günther Felbinger u. a. und Fraktion (FREIE WÄHLER) Eignungsdiagnostische Verfahren mit beratendem Charakter für Lehramtsstudenten (Drs. 17/3979)