Protocol of the Session on February 26, 2015

halt 2015/2016. Gleiches gilt für die Reduzierung des Abfinanzierungsstaus bei den Baumaßnahmen; ich erinnere an die hundert Millionen aus dem Jahr 2008, an die 46 Millionen im Jahr 2012 und an die 120 Millionen im Bildungsfinanzierungsgesetz.

(Volkmar Halbleib (SPD): Das war aber auch dringend notwendig!)

Frau Wild, ich bitte Sie, das bei der Diskussion im Ausschuss zu berücksichtigen, genauso wie die Optimierung der Finanzierung privater Berufsfachschulen für die Altenpflege und für die Altenpflegehilfe und die Bezuschussung der Zuschlagsrente. Das sind ganz, ganz wichtige Bereiche. - Meine Damen und Herren, all diese Dinge bitte ich zu berücksichtigen. Wir sind den freien Schulen wirklich ein fairer Partner.

Beim Gesetzentwurf – der Staatssekretär hat es dargestellt – geht es um einzelne Punkte, die der weiteren Optimierung dienen, insbesondere die Festschreibung der Lehramtsbefähigung und der Unterrichtsverpflichtung. Das ist ein wichtiger Punkt, denke ich. Hier geht es um die Einführung einer gesetzlichen Normierung für eine inhaltlich nicht zu beanstandende Praxis. Es sollte im Gegenteil selbstverständlich sein, dass eine für den Kernbereich der Schule zentrale Person wie der Schulleiter über eine entsprechende Ausbildung verfügt und diese durch eine Lehramtsbefähigung nachweisen muss. Ich glaube, das ist eine Selbstverständlichkeit, die man mit festschreiben sollte.

Wichtig ist auch die Mindeststärke bei den Ersatzschulen. Dieser Punkt ist wirklich sehr moderat. Aber ich glaube, das Lernen mit- und voneinander in der Gemeinschaft ist ein zentrales pädagogisches Ziel, das einfach eine bestimmte Gruppengröße voraussetzt. Daher erfüllen sehr kleine Schulen nicht mehr die Definition einer Schule, Frau Kollegin Wild, nach der das Lernen in der Gemeinschaft erfolgt. Die Mindestschülerzahlen sind, beginnend mit vier Schülern, sehr gering angesetzt. Das wäre ein wesentlicher Punkt, über den wir uns in den Ausschussberatungen einigen sollten.

Wir haben die Erfüllung der Schulpflicht im Grundschulbereich angesprochen. Das ist ein zentraler Punkt, und durch aktuelle Fälle ist belegt, dass es hier einer gesetzlichen Regelung bedarf. Danach kann und darf künftig in den Jahrgangsstufen eins bis vier die Grundschule im öffentlichen wie im privaten Bereich die einzig in Betracht kommende Schulart sein.

Wichtig ist auch der Umgang mit Schülerdaten. Eine landesweite Regelung soll den Inhalt, die Verwendung und vor allem den Zugriff und die Weitergabe sowie die Art und Dauer der Aufbewahrung der Schü

lerunterlagen umfassend festlegen. Das sichert einen angemessenen Umgang mit den Schülerdaten. Dies gilt nicht nur hinsichtlich des Datenschutzes, meine Damen und Herren, sondern auch mit Blick auf die Verbesserung der Bildung auf der Grundlage belastbarer Daten. Dabei erscheint es sinnvoll, auch die Privatschulen einzubeziehen, also sowohl die öffentlichen als auch die privaten Schulen zu erfassen, damit ein bayernweiter Vergleich möglich ist.

Auf die Stichtagsregelung brauche ich, denke ich, nicht näher einzugehen. Eine weitere Verbesserung für alle Schulen stellt die Ausweitung des Ganztagssprengels dar. Danach können Grund- und Mittelschulen auch dann einen Ganztagssprengel einrichten, wenn die Schule ein Halb- und ein Ganztagsangebot parallel einrichtet. Die Schulaufwandsträger erhalten dadurch mehr Gestaltungsspielraum. Dies stellt eine weitere Verbesserung dar.

Meine Damen und Herren, lassen Sie mich abschließend betonen, dass uns als CSU-Fraktion die Privatschulen sehr am Herzen liegen. Deswegen haben wir für den Vorschlag der Staatsregierung sehr große Sympathie. Frau Wild, es geht nicht darum, über irgendwelche Stöckchen zu springen, und auch nicht um Beschränkungen, sondern um eine weitere Optimierung und, wie ich sagen würde, weitere Qualitätsverbesserungen. Lassen Sie uns den Gesetzentwurf in den Beratungen im Ausschuss weiter vertiefend behandeln. Uns gefällt der Vorschlag sehr gut. Wir sind hier auf dem richtigen Weg und freuen uns auf die Beratungen.

(Beifall bei der CSU)

Vielen Dank. – Jetzt hat Kollege Felbinger das Wort. Bitte schön.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Als ich den Gesetzentwurf das erste Mal in die Hand bekommen habe, habe ich mich an die Regierungserklärung von Ministerpräsident Seehofer am 12. November 2013 erinnert. Da hieß es:

Wir brauchen … eine Paragrafenbremse… Neue Gesetze und Verwaltungsvorschriften soll es in dieser Legislaturperiode grundsätzlich nicht geben.

Jetzt hat der Staatssekretär den Gesetzentwurf so schön soft vorgestellt, dass es wie eine Lobpreisung der Privatschulen klang. Das eine oder andere, dass man zum Beispiel vielleicht eine stärkere Sicherheit braucht, stimmt durchaus. Aber unter dem Strich bedeutet der Gesetzentwurf eine stärkere Reglementierung der Privatschulen, eine weitere Bürokratisierung

und einen Eingriff in die Privatschulfreiheit nach dem Motto: Was nicht passt, wird passend gemacht.

Dabei lassen doch gerade die Privatschulen dem Ideenreichtum und der Kreativität freien Lauf und leben in einem gewissen Maß die Freiheit der Schulentwicklung und die Eigenverantwortlichkeit der Schule. Sie werden auch von rund 10 % der Eltern für ihre Kinder ausgewählt, weil sie gerade ein anderes Angebot als das staatliche Schulsystem bieten.

Wir FREIEN WÄHLER stehen ganz klar dafür, dass die Wahlfreiheit der Eltern ein hohes Gut ist und deren Entscheidung für alternative pädagogische Bildungsmodelle ernst genommen wird. Wir wollen keine weiteren Reglementierungen und eine Entbürokratisierung. Die richtige Reaktion der Staatsregierung wäre eigentlich herauszufinden, welche Motive die Eltern haben, wenn sie ihre Kinder auf eine Privatschule schicken. Die Staatsregierung müsste also grundsätzlich umdenken, und der richtige Ansatz wäre zu fragen: Was machen denn die privaten Schulen besser, und was können wir davon für das staatliche Schulwesen übernehmen?

Stattdessen wird mit dem Gesetzentwurf vieles, was jetzt schon im staatlichen System ein Problem darstellt, auch den Privatschulen aufgebürdet. Ich nenne das Stichwort Mindestschülerzahl in einer Klasse. Da muss ich sagen, dass die Gesetzesbegründung, die Sie anführen, fast ein bisschen putzig ist. Es heißt hier: "Auftrag der Schule ist neben der reinen Wissensvermittlung in gleichen Teilen auch, die Schülerinnen und Schüler zu sozialem Handeln und respektvollen Miteinander zu erziehen, wofür es den täglichen Umgang in einer gefestigten Gruppe bedarf." Sie tun gerade so, als würden die Schüler in den Privatschulen wie Hühner im Stall herumlaufen und nicht wissen, wohin sie müssen, und als gäbe es dort keine Klassen.

Sie wissen auch ganz genau – da sind wir uns eigentlich fraktionsübergreifend einig –, dass eine stärkere Individualisierung in kleineren, jahrgangsübergreifenden Lerngruppen durchaus Sinn macht. Insofern ruft Ihre Begründung bei mir, ehrlich gesagt, ein Kopfschütteln hervor.

In der Gesetzesbegründung wird immer von einer homogenen Gruppe gesprochen. Wir wissen aber ganz genau, dass immer mehr heterogene Gruppen gebildet werden. Das zeigt mir, dass das Wort Inklusion im Kultusministerium trotz Stabstelle immer noch nicht ganz verstanden worden ist. Wir brauchen also mehr individuelle Gestaltungsmöglichkeiten, anstatt den Schulen davon immer weniger zu geben.

Einen weiteren kritischen Punkt sehen wir durchaus in der Schuldatenverwaltung. Hier wird dem Kultusministerium eine sogenannte Ermächtigungsgrundlage zugebilligt, alles per Verordnung regeln zu können. Alle Privatschulen sollen also verpflichtet werden, die Allgemeine Schuldatenverwaltung zu übernehmen, und zwar auf eigene Kosten. Die ASV funktioniert schon an den staatlichen Schulen technisch nicht einwandfrei und wird von vielen Eltern argwöhnisch betrachtet. Nun wollen Sie das auch noch den Privatschulen auftragen. Wir lehnen dieses Vorhaben ganz klar ab und fordern, dass diese Ermächtigungsgrundlage außen vor bleibt.

Zu dem Gesetzentwurf wäre noch einiges mehr zu sagen. Dafür haben wir sicher in den Ausschüssen noch genügend Zeit. Ich will mit dem französischen Philosophen Montesquieu enden, der richtigerweise feststellt: Wenn es nicht notwendig ist, ein Gesetz zu machen, dann ist es notwendig, kein Gesetz zu machen.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN)

Danke schön. – Jetzt hat der Herr Kollege Gehring das Wort. Bitte schön, Herr Kollege.

Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Staatsregierung hat hier einen Gesetzentwurf vorgelegt, der viele Detailfragen regelt. Wenn man so etwas liest, stellt man sich immer die Frage: Was ist dahinter versteckt, und was muss man sich genauer anschauen? Wenn man sich die Problembeschreibung und die Lösungsbeschreibung anschaut, wird man nicht weniger misstrauisch. Hier sind nur einige Punkte genannt. Der einzige Punkt, der möglicherweise finanzrelevant ist, in dem es um die Sprengelbildung geht, ist aber nicht genannt. Man muss sich also die einzelnen Paragrafen schon sehr genau anschauen, und wir werden das im Ausschuss auch tun, wenn wir in die Details der Regelungen gehen.

Ich finde eine Regelung bemerkenswert und begrüße sie auch, nämlich die, dass bei den Ergänzungsschulen in Zukunft ausgeschlossen ist, dass sie das Kultusministerium als Grundschule genehmigen kann. Artikel 7 GG ist einerseits sehr privatschulfreundlich, betont das Sonderungsverbot und verlangt die staatliche Unterstützung dieser Schulen aufgrund dieses Sonderungsverbots. Aber bei aller Freiheit für Privatschulen ist das Grundgesetz andererseits in seinen Regelungen für Grundschulen sehr restriktiv. Grundschulen sollen nach der Vorstellung des Grundgesetzes vor allem staatliche Schulen sein, und Privatschulen können Grundschulen nur sein, wenn sie ein ganz

besonderes Profil haben. So steht es auch im bayerischen Erziehungs- und Unterrichtswesengesetz.

Es ist auch nicht an Ergänzungsschulen als private Grundschulen gedacht. Bisher bestand die Regelung – vermutlich war dies einfach ein Versehen der Gesetzesschreiber vor Jahren -, dass auch Ergänzungsschulen als Grundschulen gegründet werden können. Im Jahr 2006 war das eine Regelung, die für die Zwölf Stämme gefunden wurde. Wir GRÜNEN haben diese Regelung damals abgelehnt, und es zeigt sich mittlerweile auch, wie falsch sie war und welche Probleme wir und vor allen Dingen die Schülerinnen und Schüler mit dieser Regelung bekommen haben. Wenn diese Möglichkeit jetzt ausgeschlossen ist, wenn dem Kultusministerium jetzt quasi ein Riegel vorgeschoben ist, Grundschulen als Ergänzungsschulen zu genehmigen, so begrüßen wir das.

Skeptischer sehe ich allerdings die Regelung, dass Mittelschulen künftig in der Regel nur noch ein Ganztagsangebot vorhalten sollen. Es wird gesagt, dass man einzelnen Privatschulen entgegenkommen sollte, aber dies kommt in dem Passus zum Ausdruck, der alle Mittelschulen betrifft. Ich warne davor, bei den Mittelschulen von der Regel, dass sie Ganztagsschulen sind, abzuweichen. Unser Ziel ist es, den Ganztagsschulbereich auszubauen. Daher sollten wir nicht die Ausnahme von der Regel, sondern die gute Ausgestaltung dieser Regelung in den Vordergrund stellen.

Die Regelungen, die die Privatschulen betreffen, muss man sich sehr genau anschauen. Wir werden dies im Ausschuss tun und fragen, ob sie tatsächlich eine Beförderung dieser Schulen darstellen. Herr Kollege Tomaschko, im Prinzip kann man sagen, dass die Regelungen der letzten Jahre, jede Änderung des Schulfinanzierungsgesetzes wie auch des bayerischen Erziehungs- und Unterrichtswesengesetzes, sukzessive kleine, aber nachhaltige Verschlechterungen für die Schulen in freier Trägerschaft, vor allem für die Montessori-Schulen, mit sich gebracht haben. Von daher kann man nicht von einer Erfolgsgeschichte reden, sondern muss im Grunde von einer Negativgeschichte der letzten Jahre sprechen. Wir werden sehr darauf achten, dass diese Negativgeschichte nicht fortgesetzt wird.

Die Mindestzahl der Ersatzschulen im Aufbau erscheint mir willkürlich. Warum sagt man, dass eine Schule mit acht oder mit vier Kindern eine Schule ist? Dies scheint mir eher eine formale und willkürliche als eine pädagogisch begründete Regelung zu sein.

Wir werden auch die Bestimmung, dass ein Schulleiter Pädagoge sein muss, sehr genau daraufhin an

schauen, ob dies nicht eine Benachteiligung der Schulen in freier Trägerschaft ist. Auch die Pflicht, die Schulunterlagen nach dem Verwaltungsprogramm zu führen, das schon an den staatlichen Schulen nicht funktioniert, werden wir, so denke ich, generell, unabhängig von den Privatschulen, noch einmal zum Thema machen müssen.

Wir werden also den Gesetzentwurf im Ausschuss sehr detailliert und sorgfältig zu diskutieren haben.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Kollege. Die Aussprache ist geschlossen. Ich schlage vor, den Gesetzentwurf an den Ausschuss für Bildung und Kultus als federführendem Ausschuss zu überweisen. Besteht damit Einverständnis? – Das ist der Fall. Dann ist das ist so beschlossen.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 2 d auf:

Gesetzentwurf der Abgeordneten Markus Rinderspacher, Andreas Lotte, Angelika Weikert u. a. und Fraktion (SPD) eines Bayerischen Wohnraumaufsichtsgesetzes (BayWohnAufsG) (Drs. 17/5312) - Erste Lesung

Der Gesetzentwurf wird vonseiten der Antragsteller begründet. Als Erstem darf ich Herrn Kollegen Lotte das Wort erteilen. - Herr Kollege, ich gehe davon aus, dass Sie Begründung und Aussprache in einem Redebeitrag abhandeln möchten.

(Andreas Lotte (SPD): Ja, in einem!)

- Dann stehen Ihnen elf Minuten Redezeit zur Verfügung. Bitte sehr!

Sehr geehrte Frau Präsidentin, Hohes Haus, meine Damen und Herren, Kolleginnen und Kollegen! Ich wende mich bewusst an alle Mitglieder des Parlaments, um für den Gesetzentwurf der SPD zu werben; denn es geht um nicht weniger als Artikel 100 der Bayerischen Verfassung, um die Menschenwürde und deren Unantastbarkeit; es geht um das Menschenrecht auf angemessenes Wohnen.

Wir alle haben mit Bestürzung von den Vorkommnissen im sogenannten Skandalhaus in Kirchtrudering Kenntnis genommen. Bis zu 70 Menschen, darunter auch Kinder, hausten unter menschenunwürdigen Umständen: keine Heizung, kein warmes Wasser und Strom nur über provisorisch verlegte Verlängerungskabel. Weil die Sanitäranlagen im wahrsten Sinne des Wortes zum Himmel stanken, waren die Bewohner gezwungen, ihre Notdurft im Garten zu verrichten. –

Ein klassischer Fall für die Wohnungsaufsicht, könnte man sagen.

Bayern hatte bekanntermaßen ein Wohnungsaufsichtsgesetz. Dieses wurde im Jahr 2004, von den GRÜNEN beklatscht, als überholt bezeichnet und abgeschafft. Der damalige Innenminister Beckstein begründete dies damit, dass das Wohnungsaufsichtsgesetz in der Praxis so gut wie keine Bedeutung gehabt habe. Als Beleg wurde damals angeführt, dass allein in der Landeshauptstadt München im Zeitraum von 1998 bis 2003 nur vier Anordnungen zur Beseitigung baulicher Missstände in Wohnungen ergangen seien. Ignoriert wurde dabei, dass viele Fälle über freiwillige Verpflichtungserklärungen der Wohnungseigentümer erledigt werden konnten - eine Befugnis, die das damalige Wohnungsaufsichtsgesetz den Gemeinden noch geboten hat.

Hierzu, liebe Kolleginnen und Kollegen, eine konkrete Zahl: In Nürnberg wurden im Jahr 2003, als das Gesetz noch galt, allein 1.254 Hinweise auf Wohnraummissstände bekannt. Dadurch fanden die tatsächlichen Fallzahlen in der Statistik keine Beachtung, und die wenigen darüber hinaus noch notwendigen behördlichen Eingriffe konnten zum Anlass für die Abschaffung des Gesetzes herhalten. So hat der Freistaat das Wohnungsaufsichtsgesetz am 16. Dezember 2004 abgeschafft. Schließlich konnten ja – so die damalige Einschätzung – die Kommunen aufgrund von Befugnissen aus dem Zweckentfremdungs-, Bauordnungs-, Gesundheits- oder allgemeinen Sicherheitsrecht nach eigenem Ermessen auch ohne ein Wohnungsaufsichtsgesetz weiterhin eingreifen.

Wie wirkte sich nun die Abschaffung des Wohnungsaufsichtsgesetzes auf den Fall in Kirchtrudering aus? - Monatelang hatten die städtischen Behörden Kenntnis von den erbärmlichen Umständen und konnten nicht eingreifen, weil es sich lediglich um einen Fall prekären Wohnens gehandelt hat und das Kindeswohl zunächst nicht gefährdet schien. Gott sei Dank – das muss man heute so sagen – hat den Besitzer dieser Baulichkeit dann doch noch die Gier gepackt, und er kam auf die geschäftstüchtige Idee, für ein verschimmeltes Kellerloch 1.200 Euro zu verlangen. Dadurch fiel das Ganze unter die Brandschutzbestimmungen. Plötzlich bestand Gefahr für Leib und Leben, und die Stadt konnte zumindest Keller und Dachgeschoss zwangsräumen lassen und Betroffene in besseren Verhältnissen unterbringen.

Jetzt kann man sich beruhigt zurücklehnen und fragen: Was wollen die von der SPD eigentlich? Mit dem Vollzug bestehender Gesetze lässt sich doch alles regeln. – Natürlich. Und es kommt noch besser; denn

es handelt sich in Kirchtrudering mutmaßlich auch noch um einen Verstoß gegen das Zweckentfremdungsgesetz. Ministerialrat Stefan Kraus vom Innenministerium hat sich dahin gehend eingelassen – ich zitiere -: "Wenn ich etwa in einem Einfamilienhaus ein mehr oder minder schlechtes Matratzenlager eingerichtet habe, ist das kein Wohngebäude mehr." Schließlich, so Ministerialrat Kraus weiter, lege das Vorhandensein mehrerer einzelner vermieteter Matratzen eine Zweckentfremdung der Wohnung als gewerblicher Beherbergungsbetrieb nahe; es könnte sich bei dem Fall in Kirchtrudering um ein Wohnheim handeln.

Dieser Natur sind die rechtlichen Hilfskonstruktionen, die sich die Kommunalverwaltung einfallen lassen muss, um selbst den offensichtlichsten, menschenunwürdigsten Zuständen ein Ende zu setzen. Man könnte gratulieren, wenn das Ganze nicht so empörend wäre. Gottverlassen ignorant könnte man sagen: Willkommen in der Realsatire! Da müssen erst die Matratzen gezählt werden! Was noch? Die Wanzenpopulation im Verhältnis zur Quadratmeterzahl des Flurstücks? Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir, der Gesetzgeber, haben es in unserem Deregulierungswahn versäumt, verbindliche Mindeststandards für menschenwürdiges Wohnen zu setzen, wie sie in einem Wohnraumaufsichtsgesetz geregelt sein sollen.