diejenigen, die nicht wählen oder nicht wählen dürfen. Der Wahlausschluss von Personen muss gerade wegen dieser Verantwortung und wegen der Legitimationsnotwendigkeit sorgsam erwogen werden. Es gibt Gründe dafür, die unstrittig sind, teilweise auch diskutabel: Wahlalter, geistiger Zustand. Hier steht aber der sogenannte Wahlausschluss von Vollbetreuten, also von Menschen, die unter Vollbetreuung stehen, und strafrechtlich wegen Schuldunfähigkeit Sicherungsverwahrten im Mittelpunkt. Diese sind derzeit automatisch von Wahlen ausgeschlossen.
Schauen wir auf die Details: Eine beizeiten ausgestellte Vorsorgevollmacht schließt eine Betreuungsanordnung aus – ohne weitere Betrachtung, angemessene Beachtung und Bearbeitung dieses Zustands. Eine strafrechtliche Verurteilung umfasst Prognosen für die Zukunft auch hinsichtlich der Begehung weiterer Straftaten, was die Sicherungsverwahrung anbetrifft. Es gibt keinerlei Erwägungen bezüglich der Einsichtsfähigkeit und der Fähigkeit, in diesem Staat Entscheidungen zu treffen.
Die Würde des Menschen ist unantastbar, und es ist unstrittig, dass auch all die inmitten dieser Diskussion stehenden Personen einen Anspruch haben, würdevoll behandelt zu werden.
Meine lieben Kolleginnen und Kollegen von der CSU, Sie führen die Rechtsprechung an, die besagt, dass dieses Wahlrecht bislang verfassungsrechtlich legitimiert sei. Seit 2009 ist die Behindertenrechtskonvention geltendes Recht. In Artikel 29 wird die Gleichberechtigung behinderter Menschen bei der Ausübung politischer Rechte und insbesondere bei Wahlen gefordert. Der Bundesrat hat das bereits ins Auge gefasst und entsprechende Beschlüsse gefasst. Auch im Koalitionsvertrag ist die Absicht geregelt, Derartiges in den Griff zu bekommen. Die von Ihnen zitierte Rechtsprechung stammt von vor 2009, also aus einer Zeit, in der dieses Recht noch nicht galt. Wir haben es auch letzte Woche gehört: Das Verfassungsgericht hat öfter über Sachverhalte entschieden, aber das war seinerzeit. In diesem Zusammenhang ist der Zustand unerträglich, weil Ungleiches gleichbehandelt wird. Der Staat erhebt pauschal den Anspruch: Wenn diese Entscheidung gefallen ist, dann dürfen diese Personen nicht wählen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, wegen unserer Verantwortung als Gesetzgeber, als Repräsentanten, ist ein Abwarten nicht statthaft. Sie führen schon seit über einem Jahr ein Abwarten von Gutachten und Experten ins Feld. Diese Zustände springen jedem als Ungleichbehandlung ins Auge. Deswegen braucht man eine Expertenanhörung nicht abzuwarten. Das ist ungerecht, und wir können hier und heute handeln.
Sie wissen, dass andere schon gehandelt haben: Hessen, Sachsen-Anhalt, Baden-Württemberg, Mecklenburg-Vorpommern, Nordrhein-Westfalen und Schleswig-Holstein haben schon so entschieden. Das ist sozusagen die erste Liga derjenigen, die die Menschenrechte im Sinne der Behindertenrechtskonvention auch als solche wahren.
Unser Gesetzentwurf, über den wir heute beraten und abstimmen, ist praktikabel und gerecht. Er leuchtet ein. Einen Wahlausschluss soll es künftig nur durch Richterspruch und als Einzelfallentscheidung und nicht nach einer Rasenmähermethode geben, einfach weil Sachverhalte so im Gesetz stehen. Kein Demokrat darf in diesem unserem Land verloren gehen. Wir haben uns eben über Volksabstimmungen unterhalten; da gilt dasselbe. Kein Demokrat kann für sich reklamieren, dass bestimmte Menschengruppen nicht wählen dürfen, weil die eine oder andere Regelung im Gesetz – ich hebe jetzt auf die Vorsorgevollmacht ab – zufälligerweise nicht greift.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, die Entscheidung der dritten Gewalt, im Rechtsstaat wählen zu dürfen, muss für uns wichtig sein. Es ist illegitim, in diesem Zusammenhang Kostengründe anzuführen.
Sie, meine liebe Kolleginnen und Kollegen von den FREIEN WÄHLERN, haben sich mit der Kollegin Aures um das Wohl und Wehe von Herrn Mollath verdient gemacht, der wegen seiner Unterbringung nicht wählen durfte. Nun höre ich, dass Sie sich enthalten wollen. Damit gehen Sie nicht den ganzen Schritt. Wenn Sie es mit Ihrem Einsatz für das Individuum ernst meinen, müssten Sie es auch ernst meinen mit dem Recht des Individuums, wählen zu dürfen, möglicherweise sogar auch Sie. Ich bitte um Zustimmung zu unserem Gesetzentwurf.
Danke schön, Herr Kollege. – Als Nächster hat der Kollege Andreas Lorenz von der CSU das Wort. Bitte schön, Herr Kollege.
(Vom Redner nicht autori- siert) Wertes Präsidium, werte Kollegen! Im Koalitionsvertrag für die 18. Legislaturperiode haben sich CDU, CSU und SPD darauf verständigt, rechtliche Hemmnisse bei der Ausübung des Wahlrechts für Analphabeten und Betreute abbauen zu wollen. Die Bundesregierung, der bekanntermaßen auch die SPD angehört, hat dafür eigens eine Studie in Auftrag
gegeben, bei der sich eine Arbeitsgemeinschaft von Wissenschaftlern exakt um dieses Thema kümmert. Ich darf einmal kurz erläutern, woran da im Einzelnen gearbeitet wird.
Zunächst wird die Zahl der nach § 13 Nummer 2 des Bundeswahlgesetzes vom Wahlrecht ausgeschlossenen Personen ermittelt, und es werden die konkreten Ausschlussumstände dargelegt. Auf dieser Grundlage sollen dann durch eine interdisziplinäre sozialwissenschaftliche, sozialpädagogische und klinisch-psychologische Untersuchung empirisch valide Aussagen darüber getroffen werden, welcher Anteil der zurzeit vom Wahlrecht ausgeschlossenen Fallgruppen entscheidungsfähig ist und welcher nicht. Parallel dazu sollen die maßgeblichen internationalen und nationalen Bestimmungen, die den Handlungsspielraum des Gesetzgebers ausgestalten, in völker- und verfassungsrechtlicher Hinsicht sowie in wahl-, betreuungsund sozialrechtlicher Hinsicht untersucht werden. Darüber hinaus werden alle wissenschaftlichen Fachgesellschaften und Verbände kontinuierlich in die Arbeit der Studie eingebunden. Mit Abschluss dieser Studie ist Ende 2015 zu rechnen.
Ich habe durchaus vollstes Verständnis, dass Sie in der letzten Legislaturperiode kurz vor den Wahlen den inhaltsgleichen Antrag gestellt haben, um Ihr Ziel zu erreichen. Ich halte es aber zumindest für überflüssig, dass Sie am Anfang der nächsten Legislaturperiode diesen Antrag in Kenntnis all dessen stellen, was auf Bundesebene beschlossen wird, und dass im Koalitionsvertrag explizit erwähnt ist, dass die Bundesregierung eigens eine Studie in Auftrag gegeben hat, die sich wirklich detailliert mit dem Thema befasst. Die nächste Bundestagswahl findet im Herbst 2017, die nächste Landtagswahl im Herbst 2018, also noch einmal ein ganzes Jahr später, statt. Ich glaube, wir sind uns darüber einig, dass es vermutlich nicht so wahnsinnig sinnvoll ist, in den einzelnen Parlamenten total unterschiedliche Regelungen, nämlich bei der Bundestagswahl einen ganz anderen Kreis von Stimmberechtigten als bei einer Landtagswahl, zu haben. Wir brauchen das Rad nicht neu zu erfinden.
Das Thema wird im Laufe dieser Legislaturperiode quasi auf Bundesebene gelöst. Ich glaube daher, dass es sinnvoll ist, die entsprechenden Beschlüsse abzuwarten und dann vermutlich auch zu übernehmen. Sie sind ja an der Bundesregierung maßgeblich beteiligt. Insofern sehe ich da auch kein dringendes Problem.
Die bisherige Praxis – Sie haben es erwähnt – ist von den Verfassungsgerichten sowohl auf Bundesebene als auch auf der bayerischen Ebene bestätigt worden. Man sollte sich auch einmal überlegen, was eine Be
treuung in Angelegenheiten konkret heißt. Das sind beispielsweise Komapatienten, Schwersthirngeschädigte oder total Demenzkranke. So abwegig, wie Sie die Regeln darstellen, sind sie also auf gar keinen Fall.
Ich glaube, es gibt durchaus vernünftige Gründe für die bisherige Regelung. Das heißt nicht, dass das in Zukunft nicht anders gestaltet werden kann. Wir sehen aber zum derzeitigen Zeitpunkt keinen Handlungsbedarf. Wir warten die Studie und die Ergebnisse auf Bundesebene ab. Dann wird es möglicherweise Änderungen geben; das kann ich zum heutigen Zeitpunkt nicht sagen. Aber quasi ein jetziges Handlungserfordernis sehen wir nicht. Deswegen werden wir Ihrem Antrag auch nicht nachkommen.
Danke schön, Herr Kollege. Als Nächster hat Herr Kollege Florian Streibl von den FREIEN WÄHLERN das Wort. Bitte schön, Herr Kollege.
Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Zwar ist es richtig, dass die Rechtsprechung hier in Bayern gesagt hat, dass die momentane Situation so richtig ist und dass es pauschale Ausschlussgründe vom Wahlrecht geben kann; aber das muss nicht das letzte Wort sein. Das Ganze ist sicherlich diskussionswürdig.
Herr Kollege Arnold hat die Gerechtigkeitslücken, die zweifelsohne vorhanden sind, aufgewiesen. Wenn jemand eine Vorsorgevollmacht macht, behält er das Wahlrecht, jemand der unter Betreuung gestellt wird, verliert es; jemand, der wegen einer Straftat nach § 63 StGB untergebracht wird, verliert sein Wahlrecht; jemand, der in einer psychiatrischen Klinik untergebracht ist, ohne Straftäter zu sein, behält es. Hier gibt es wirklich Unterschiede. Man muss auch sagen: Ein Richter wird weder bei der Betreuung noch bei einer Unterbringung nach § 63 StGB prüfen, ob die entsprechende Person wahlmündig ist und das Wahlrecht ausüben kann oder nicht. An dieses Thema muss man herangehen.
Wir haben Sympathie für diesen Antrag, aber noch steht die Studie aufgrund des nationalen Aktionsplans zur Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention aus. Man sollte auch in einem gewissen Gleichklang mit Bundesrecht sein. Es kann nicht sein, dass zum Beispiel jemand den Bundestag nicht mitwählen kann, aber den Landtag schon. Man muss hier schon einen gewissen Gleichklang haben. Ich würde lieber diese
Studie abwarten, die bis zum Ende des Jahres vorliegen soll. Dann werden wir diese Studie sicher als Anlass nehmen, um entsprechende Anträge zu stellen. Darum werden wir uns der Stimme enthalten, aber mit Sympathie für diesen Antrag.
Vielen Dank, Herr Kollege Streibl. Für die Fraktion BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN hat Kollegin Celina das Wort. Bitte schön.
Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Der von der SPD vorgeschlagene Gesetzentwurf schließt eine Lücke, die seit Jahren klafft. Worum geht es? - Es geht darum, dass Menschen pauschal vom Wählen ausgeschlossen werden aufgrund einer einzigen Eigenschaft, die sie verbindet – einer Eigenschaft, die nichts, aber auch gar nichts darüber aussagt, ob sie nicht doch eine Wahlentscheidung treffen können.
Das Recht, zu wählen und gewählt zu werden, ist nicht irgendein Recht. In einem demokratischen Gemeinwesen ist das Wahlrecht das politische Grundrecht schlechthin. Es steht grundsätzlich unterschiedslos jeder erwachsenen Staatsbürgerin und jedem erwachsenen Staatsbürger zu. Hierzu hat sich die Bundesrepublik Deutschland im Grundgesetz und in einer Reihe völkerrechtlicher Abkommen ausdrücklich bekannt.
Stellen Sie sich einmal vor, Sie laufen durch Bayern und begegnen Bürgern. Da ist zum Beispiel Peter, der Manager, der den ganzen Tag arbeitet und wenig Zeit hat, sich mit Politik zu beschäftigen. Sie begegnen Theresa, die gerade so lesen kann und fast zu den Analphabeten zählt, und Walter, 85, körperlich fit, aber inzwischen schon ziemlich dement. Sie begegnen Hans, der wegen seiner Demenz schon unter Betreuung steht. Sie kennen den drogenabhängigen Sven, der schon mehrfach verurteilt und gerade wieder aus dem Gefängnis entlassen wurde, und Bernd, der wegen seiner Straftaten im Drogenrausch zurzeit gerade noch im Maßregelvollzug behandelt wird. Im Haus gegenüber wird ein Wachkomapatient von seiner Frau gepflegt, und Hanna, 78 Jahre alt, von Geburt an taub, sieht im Alter fast nichts mehr, ist quasi taub und blind. Karin, krebskrank, bekommt aufgrund der Schmerzen hohe Dosen an Morphium und wirkt oft verwirrt, und Uli sitzt fast bewegungslos im Rollstuhl und kann keinen Wahlzettel ausfüllen. Jana, 22, ohne Schulabschluss und ohne Ausbildung, steht unter Aufsicht des Jugendamtes, weil sie ihre Tochter vernachlässigt. Und da ist Simone, hat das Downsyndrom und steht unter Betreuung; sie interessiert sich
für alles und diskutiert gerne. – Alle diese Bürger findet man in Bayern. Wer von denen darf nun wählen?
Wonach entscheiden wir, wer von ihnen wählen darf? Muss der, der wählen darf, fähig sein, sich ein angemessenes Urteil über die Kandidaten und über die Programme zu bilden? Muss er das Prinzip Demokratie tatsächlich erklären können? Das würden die meisten derer, die ich vorhin genannt habe, nicht können. Vielleicht könnten das aber gerade die, die pauschal vom Wahlrecht ausgeschlossen werden; zum Beispiel Simone mit dem Downsyndrom, die sich für alles interessiert, und Bernd im Maßregelvollzug, aber viele andere nicht. – Genau das ist auch gewollt. Wir haben keine Wahlfähigkeitsprüfung, sondern ein Wahlrecht. Das ist ein Riesenunterschied.
Ich erinnere daran, dass auch Frauen bis vor knapp 100 Jahren nicht wählen und nicht gewählt werden durften. Als man das als Unrecht erkannte, wurde das geändert. Vielleicht waren Frauen damals in einer besseren Position. Sie konnten demonstrieren, sie konnten sich äußern. Denen, die heute vom Wahlrecht ausgeschlossen sind, fällt das schwerer. Da von der Zahl her nicht wirklich viele vom Wahlrecht ausgeschlossen sind und sich dafür interessieren, werden sie nicht demonstrieren und nicht auf ihre Rechte hinweisen. Es ist unsere Aufgabe, darauf hinzuwirken, das, was als Unrecht erkannt wird, neu zu regeln.
Die pauschale Aberkennung dieses Grundrechts ist als Unrecht erkannt. Das brauche ich nach den letzten Reden gar nicht zu wiederholen. Es ist, wie der Menschenrechtsausschuss der Vereinten Nationen treffend festgestellt hat, nicht sachgerecht, das Wahlrecht aufgrund einer körperlichen Behinderung auszuschließen oder Kriterien wie Alphabetisierung, Schulbildung oder Vermögen vorauszusetzen. Stattdessen sollen wir positive Maßnahmen gegen die Verhinderung der wirksamen Ausübung des Wahlrechts durch Hindernisse wie Analphabetismus, Sprachbarriere, räumliche Barrieren, Armut oder Einschränkung bei der Bewegungsfreiheit ergreifen. Die Wahl und die betreffenden Informationen sollten in Minderheitensprachen und in leichter Sprache verfügbar sein. Inzwischen bieten das alle Bundestagsfraktionen zumindest an. Besondere Methoden wie zum Beispiel Fotografien oder Symbole sollten verwendet werden, um sicherzustellen, dass analphabetische Wähler über angemessene Informationen verfügen, auf deren Grundlage sie ihre Wahl treffen können. All das ist noch nicht geregelt, und all das ist nicht Recht.
Sehr geehrter Herr Minister Herrmann, Sie haben in der Ersten Lesung gesagt, dass Sie dieses Thema noch einmal überdenken wollen, auch wenn Sie die gegenwärtige Regelung nicht für rechtswidrig halten. Sie sagten, dass für eine Reduzierung der Zahl von Wahlrechtsausschlüssen durch eine erneute Gesetzgebung viele Argumente sprechen. Ich bin felsenfest davon überzeugt, dass diese neue Gesetzgebung kommen muss und wird. Ich wünsche mir, dass die Staatsregierung hier das gleiche Tempo wie bei anderen Themen auch vorlegt, um Fakten zu schaffen, anstatt zu warten, bis vom Bundestag eine Regelung kommt, die wir in Bayern in ähnlicher Form übernehmen. Deshalb bitte ich Sie um etwas mehr Mut, das Thema endlich anzugehen und zu regeln.
Danke schön, Frau Kollegin Celina. Für die Staatsregierung hat Herr Staatsminister Herrmann das Wort. Bitte sehr.
Herr Präsident, Hohes Haus! In der Tat habe ich schon bei der Ersten Lesung gesagt, dass ich es für wichtig und richtig halte, sich mit der Frage zu befassen, ob die bestehenden Wahlrechtsausschlüsse, die wohlgemerkt mit den Regelungen im Bundeswahlgesetz und im Europawahlgesetz identisch sind, einer Neubewertung unterzogen werden sollten.
Der Bundesrat hat in einer von der Bayerischen Staatsregierung ausdrücklich unterstützten und inhaltlich mitformulierten Entschließung bereits vor knapp zwei Jahren festgestellt, dass der Ausschluss vom Wahlrecht aufgrund einer Betreuung in allen Angelegenheiten und aufgrund einer Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus auf Anordnung nach dem Strafgesetzbuch dringend einer politischen Überprüfung bedarf. Auf Bundesebene hat man sich darauf verständigt, hierzu die von der Bundesregierung in ihrem nationalen Aktionsplan zur Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention angekündigte und mittlerweile in Auftrag gegebene Studie abzuwarten. Im Rahmen dieser Studie wird ein interdisziplinär zusammengesetztes Expertenteam auf der Grundlage einer Datenerhebung empirisch valide Aussagen treffen, wie die einzelnen Fallgruppen zu bewerten sind und ob Änderungen im bestehendem Recht angezeigt sind.
Parallel dazu sollen die maßgeblichen internationalen und nationalen Bestimmungen, die den Handlungsspielraum des Gesetzgebers ausgestalten, in völkerrechtlicher und verfassungsrechtlicher sowie wahl-, betreuungs- und sozialrechtlicher Hinsicht untersucht werden. Mit dem Abschluss der Studie ist nach den
uns vorliegenden Informationen bis Ende dieses Jahres zu rechnen. Liebe Kolleginnen und Kollegen, daher bin ich der Auffassung, dass wir, ähnlich wie dies die Bundesregierung und der Bundestag tun, die Ergebnisse dieser Studie abwarten sollten. Dafür spricht vor allem, dass die wahlrechtliche Bewertung in Bund und Ländern möglichst einheitlich erfolgen sollte, wie dies auch bislang der Fall ist.
Natürlich sind wir als Landesgesetzgeber schlussendlich frei, dies gegebenenfalls auch anders zu regeln als der Bund. Aber den Betroffenen, um die es geht – Sie haben durchaus einige überzeugende Beispiele genannt -, wäre es am Schluss wahrscheinlich nur schwer zu vermitteln, wenn der Bundestag im Einzelfall andere Regelungen für das Wahlrecht treffen würde, als wir es hier tun, als es im Europawahlgesetz steht oder dergleichen. Von daher, so denke ich, ist dies richtig.
Ich bin der festen Überzeugung, der Bundestag wird das Ganze noch mit Wirkung für die nächste Bundestagswahl ändern. Unsere nächste Landtagswahl ist erst nach der nächsten Bundestagswahl, jedenfalls nach dem normalen Wahlperiodenverlauf. Daher müssten wir eigentlich problemlos in der Lage sein, die Gesetzgebung des Bundes in dieser Frage voraussichtlich im Jahre 2016 mitzuvollziehen und uns auch in diesem Hause noch einmal mit dieser Frage zu befassen.
Ich sage noch einmal ganz klar: Die Position der Staatsregierung ist nicht, dass dieses Thema nicht wichtig wäre, und ihre Position ist auch nicht, dass es da keinen Handlungsbedarf gibt. Aber unserer Auffassung nach ist es sinnvoll, dies mit der Gesetzgebung des Bundes zu koordinieren und in Kenntnis dessen, was der Bund dann im Bundeswahlgesetz vorlegt, gegebenenfalls Entscheidungen in diesem Hohen Haus zu treffen. Deshalb schlage ich vor, dem Gesetzentwurf, der Ihnen heute vorliegt, nicht zuzustimmen.