Protocol of the Session on January 29, 2015

Frau Kollegin, ich bitte Sie, auf die Redezeit zu achten. Ich habe bereits bei dem Herrn Kollegen Glauber schon viel Zeit dazugegeben.

Ein letzter Satz: Wir fordern bürokratieberuhigte Zonen für unsere heimische Wirtschaft, insbesondere für die Kleinbetriebe, die bereits über Gebühr belastet sind. – Vielen Dank.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN)

Jetzt darf ich dem Herrn Kollegen Herold für die CSU-Fraktion das Wort erteilen. Bitte schön, Herr Kollege.

Sehr verehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich glaube, wir sollten über das Mindestlohngesetz sachlich diskutieren, aber auch gemeinsam die Schwächen erkennen.

(Beifall bei der CSU)

Fakt ist, dass bei der Umsetzung dieses Gesetzes in der Praxis große Probleme auftreten – ich merke das auch immer wieder in meinem Stimmkreis –, sowohl bei den Arbeitgebern als auch bei den Arbeitnehmern, aber auch insbesondere bei den Vereinen und Sportvereinen, wie das soeben angesprochen wurde.

(Zuruf des Abgeordneten Prof. Dr. Michael Piazo- lo (FREIE WÄHLER))

Die zentrale Aussage heute ist, dass wir gemeinsam Ja zum Mindestlohn sagen. Wir sagen aber als CSUFraktion Nein zum derzeitigen bürokratischen Aufwand, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall bei der CSU)

Den FREIEN WÄHLERN möchte ich sagen: Wir brauchen keinen Runden Tisch,

(Zuruf von den FREIEN WÄHLERN)

weil wir diese Probleme längst erkannt haben. Wir haben das Thema letzte Woche bei unserer Klausur in Wildbad Kreuth und auch gestern in der Arbeitsgruppe mit unserer Arbeitsministerin Emilia Müller sehr ausführlich diskutiert. Ich sage aber auch: Es spricht doch für die Politik, wenn sie versucht, beim

Vollzug von Gesetzen erkannte Fehler zu beheben. Deswegen geht heute auch meine Ansage an Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen von der SPD: Wir brauchen hier Ihre Unterstützung und natürlich auch die Unterstützung der zuständigen Arbeitsministerin Frau Nahles in Berlin.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich glaube, die Problemfelder beim Vollzug des Gesetzes sind heute schon sehr deutlich angesprochen worden. Ich will aber gerade den wichtigen Bereich der Vereine oder generell des Ehrenamtes noch ganz deutlich ansprechen. Ich sage ganz bewusst: Das Ehrenamt ist die Stärke des Freistaats Bayern, die Stärke unserer Kommunen draußen. Deswegen müssen wir versuchen, hier entsprechende Änderungen vorzunehmen.

Stichworte sind zum Beispiel die Dokumentationspflicht, die lange Aufbewahrungspflicht und natürlich auch die Bruttomonatslohngrenze in Höhe von 2.958 Euro. Auch hierzu gibt es bereits entsprechende Vorschläge, insbesondere von der bayerischen Wirtschaft, meine sehr verehrten Damen und Herren. Auch das Auftreten der Zollbehörden ist natürlich ein Punkt, den wir sehr deutlich ansprechen müssen, meine sehr verehrten Damen und Herren.

Ich möchte ganz kurz ein kleines Beispiel bringen, das aus meinem Stimmkreis an mich herangetragen wurde. Es handelt sich um einen kleinen Familienbetrieb mit fünf Vollzeitarbeitnehmern, einer Halbtagsbeschäftigten und saisonal zwischen acht und zwanzig geringfügig Beschäftigte, der Arbeitsplätze schafft. Die Unternehmerfamilie hat mir geschrieben. Ich will daraus ganz kurz zitieren:

Die Höhe des Mindestlohns ist dabei auch bei den geringfügig und kurzfristig Beschäftigten das kleinere und kostengünstigere Übel.

Das heißt, auch hier gibt es die Erkenntnis, dass wir das Mindestlohngesetz brauchen.

Vielmehr ist es aber die Bürokratie, die kleinen Unternehmen wie uns mit langjährigen Mitarbeitern zu schaffen macht. Sicherlich sind wir nicht die Einzigen in dieser Betriebsgröße, die auch heute noch in einigen Fällen ihre Angestellten in Vertrauensarbeitszeit beschäftigen. Ist also einmal mehr zu tun, bleiben die Mitarbeiter etwas länger, als grundsätzlich vereinbart. Müssen sie einmal während der Arbeitszeit etwas besorgen, zum Beispiel ihre Kinder oder Enkel von der Schule abholen etc., ist dies auch kein Problem. Durch die langjährigen Arbeitsverhältnisse, nicht selten liegen diese bei uns über 15 Jahre, wusste jeder, wann welche Arbeit zu tun ist und wann auch einmal etwas eher nach Hause gegangen

werden konnte. Durch diese Dokumentationspflicht sehen wir das gute Vertrauensverhältnis beeinträchtigt, da zu jeder Zeit um Stunden gefeilscht und die Arbeitszeit jederzeit aufgerechnet werden muss. Dies geht dabei aber nicht immer nur, vielleicht auch nur bei uns, vom Arbeitnehmer aus, sondern vom Arbeitgeber; denn dieser ist nun in der Pflicht, die Arbeitszeit rechtskonform zu dokumentieren.

Jetzt, liebe Kolleginnen und Kollegen, kommt noch ein interessanter Satz:

Dadurch werden nun Spielräume verbaut, den Arbeitenden auch als Mensch zu sehen und zu respektieren.

Ich glaube, das ist eine Aussage, die uns allen zu denken geben sollte.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, deswegen auch der heutige Appell von der CSU-Fraktion: Diese Bereiche müssen wir verändern. Am besten nehmen wir die Dokumentation ganz weg. Das wäre auch ein großer Vertrauensbeweis sowohl gegenüber den Arbeitgebern als auch den Arbeitnehmern.

(Zuruf: Sie wollen den freiwilligen Mindestlohn!)

Deswegen abschließend mein Appell an die Kolleginnen und Kollegen von der SPD-Fraktion: Setzen wir uns zusammen, und verändern wir gemeinsam diesen unnötigen bürokratischen Aufwand. - Herzlichen Dank für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CSU)

Vielen Dank, Herr Kollege. - Für die Staatsregierung hat Frau Staatsministerin Müller um das Wort gebeten. Bitte schön, Frau Staatsministerin.

Liebe Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Bayern steht zum Mindestlohn von 8,50 Euro. Wir tragen den Koalitionsvertrag auf Bundesebene mit. Das Mindestlohngesetz ist zum 1. Januar in Kraft getreten. Aber bereits jetzt zeigt sich großer Nachbesserungsbedarf.

(Zuruf von der CSU: So ist es!)

Insbesondere die bürokratischen Anforderungen, die Ausführungsbestimmungen und die Dokumentationspflichten, sind völlig überzogen.

(Hans Herold (CSU): Genau!)

Deswegen müssen wir in Sachen Bürokratievermeidung nachsteuern. Die Wirtschaft darf nicht durch Bürokratie lahmgelegt werden. Das wollen wir alle nicht; denn nur eine florierende Wirtschaft schafft Ausbildungsplätze und Arbeitsplätze. Die Bundesarbeitsministerin hat bei der Umsetzung des Koalitionsvertrags jedes Maß verloren. Das möchte ich in aller Deutlichkeit sagen.

(Beifall bei der CSU)

Der Wirtschaft nur Dokumentation, Reglementierung und Kontrolle aufzuerlegen, ist das falsche Politikverständnis. Wir wollen keinen Kontrollstaat, der alles und jeden kontrolliert und überwacht. Die Politik setzt die Rahmenbedingungen, die Umsetzung muss zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber erfolgen. Nur wenn das nicht funktioniert, kann der Staat eingreifen.

Bayern hat sich bereits im Gesetzgebungs- und Verordnungsverfahren für praktikable Lösungen starkgemacht. Einiges konnte erreicht werden. Ich nenne als Beispiele die Ausnahmen für Langzeitarbeitslose oder Praktikanten und die Übergangsfrist bei Zeitungszustellern. Die Bundesarbeitsministerin hat aber viele bayerische Forderungen nicht aufgegriffen. Die Folgen werden jetzt deutlich sichtbar. Die Kollegen haben das vorher alles erwähnt. Ich nenne exemplarisch die wichtigsten Bereiche: Die Dokumentationspflichten belasten die Wirtschaft mit überbordender Bürokratie. Bei Minijobs muss mindestens die Dokumentationspflicht entfallen.

(Thorsten Glauber (FREIE WÄHLER): Ja!)

Bei Minijobs ist überhaupt die Problematik Brutto gleich Netto nicht gelöst. Das haben wir mehrfach eingefordert. Dass generell die Dokumentationspflicht erst ab einem Lohn von 2.958 Euro pro Monat entfällt, ist für uns nicht nachvollziehbar. Hier zeigt bereits eine einfache Rechnung, wie überzogen das ist; denn um mit dem Mindestlohn 2.958 Euro zu erreichen, muss man 348 Stunden im Monat arbeiten. Das entspricht einer 80-Stunden-Woche. Dafür haben wir kein Verständnis. Dieser Schwellenwert muss deutlich niedriger sein.

(Beifall bei der CSU – Zuruf von der SPD)

Auch der Umfang der Dokumentationspflicht ist zu entschlacken. Beginn, Ende, Dauer, Pausen: All diese kleinteiligen Aufzeichnungen bedeuten gerade für kleine Handwerksbetriebe einen enormen Aufwand. Sie könnten die Zeit besser für Kundenakquise verwenden; dann können sie sich gute Löhne leisten und gute Löhne zahlen. Völlig inakzeptabel ist auch die Lage bei den vielen Sportvereinen oder bei allen anderen Vereinen. Sie brauchen Rechtsklarheit darüber,

dass es sich trotz Aufwandsentschädigung um Ehrenamtliche handelt und daher der Mindestlohn nicht gilt. So ist es auch vereinbart worden. Das muss das Bundesarbeitsministerium so umsetzen.

Ein Beispiel aus der Zeitungsbranche: Für Zeitungszusteller haben wir eine Übergangsfrist erreichen können. Sie gilt aber nur, wenn die Zusteller ausschließlich Tageszeitungen oder andere periodische Zeitungen oder Zeitschriften austeilen. Die Übergangsfrist muss auch für Zeitungszusteller gelten, die effizienterweise auch noch Prospekte mitverteilen. Liebe Kolleginnen und Kollegen, ein Unding ist auch, dass Unternehmen für die Einhaltung des Mindestlohns bei ihren Subunternehmern und sogar deren Sub-Subunternehmern haften sollen.

(Thorsten Glauber (FREIE WÄHLER): So ist es!)

Der Kollege Schwartz hat es vorhin auch angesprochen. Das zwingt die Betriebe, über die gesamte Wertschöpfungskette entsprechende Verpflichtungsund Freistellungserklärungen von ihren Dienstleistern bzw. Werkvertragspartnern einzuholen.

(Zuruf der Abgeordneten Angelika Weikert (SPD) – Markus Rinderspacher (SPD): Das ist richtig!)

Das sollte gestrichen oder zumindest deutlich entschärft werden. Völlig überzogen sind auch die Kontrollen durch den Zoll. Liebe Kolleginnen und Kollegen, es kann doch wohl nicht wahr sein, dass der Bund allein für die Kontrolle der Einhaltung des Mindestlohns zusätzlich 1.600 Zollbeamte einstellt.

(Beifall bei der CSU)

Als Sozialministerin denke ich da an das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge. Ein Bruchteil der Stellen, die hier zur Verfügung gestellt werden, wäre dort wichtig, damit unter anderem die Verfahren schneller durchgeführt werden können.

(Beifall bei der CSU – Volkmar Halbleib (SPD): Das eine gegen das andere auszuspielen, ist keine Methode, Frau Ministerin! – Markus Rinderspacher (SPD): Drei Jahre den Innenminister gestellt, das ist scheinheilig! – Volkmar Halbleib (SPD): Bekämpfung von Schwarzarbeit ist eine gemeinsame Aufgabe, Frau Ministerin!)

Ich könnte die Aufzählung dieser Mängelliste noch eine ganze Weile fortsetzen. Mich erreichen täglich Berichte aus der Praxis, und ich übertreibe nicht, wenn ich sage, zu 100 % kritische. Wir brauchen daher eine schnelle Korrektur der Mindestlohnregelungen wie auch des Vollzugs. Schon nächsten Dienstag werden wir im Kabinett unsere gesammelten