Es gibt eine ganze Reihe von Vorschriften, die bei Arbeitsverträgen einzuhalten sind. Denken Sie zum Beispiel an den Mindesturlaub, der seit so und so vielen Jahrzehnten im Gesetz steht. Ich weiß es nicht genau. Da kommt aber nicht der Zoll, um das bei jedem Einzelnen zu überprüfen. Meinen Sie, dass im Januar der Zoll zu mir kommt und fragt: Wann haben Sie wo Urlaub gemacht? Wie oft waren Sie auf Mallorca? - So wird das nicht gehandhabt, sondern es gibt hier zwei Vertragsparteien.
Diese Vertragsparteien verhandeln und legen einen Urlaub fest. Und wissen Sie, was passiert, wenn dieser Urlaub nicht gewährt wird? - Dann kommt die Justiz zum Zug. Der Staat setzt die Regeln, und die Justiz überwacht ihre Einhaltung. Wenn wir jetzt die Exekutive damit belasten, dass sie hier noch weiter überprüfen muss und quasi präventiv schon einmal jeden unter Generalverdacht stellt und durchforstet, ist zu fragen: Was wollen wir noch alles überprüfen?
Wenn wir in dieser Weise weiterdenken, kommen wir irgendwann dazu, dass die Stadt München Kontrolleure ausschickt, die nachprüfen, ob die Mietpreisbremse zwischen Mietern und Vermietern eingehalten ist. Dann kommen wir irgendwann dazu, dass Kontrolleure nachprüfen, ob die Lohnfortzahlung tatsächlich umgesetzt wurde. Dann kommen wir irgendwann dazu, dass wir für jedes einzelne Schutzgesetz -
- Ich wollte keine Kontrollen. - Meine sehr verehrten Damen und Herren, hier prallen zwei Weltbilder aufeinander: auf der einen Seite Dirigismus und Kontrolle und auf der anderen Seite ein Grundvertrauen in die Rechtstreue nicht nur der Arbeitnehmer, sondern eben auch der Unternehmer.
Liberalitas Bavariae – leben und leben lassen. Das sind die zwei Weltbilder, die hier aufeinanderprallen. In diesem Sinne, herzlichen Dank.
Die Arbeitnehmer und ihre Familien sollen mehr Geld in der Tasche haben, also mehr Netto vom Brutto. Mit der derzeitigen Ausgestaltung des Mindestlohngesetzes hat man aber weitere Probleme geschaffen. Bei der Ausgestaltung ist man weit über das Ziel hinausgeschossen. Mit den Dokumentationspflichten bestrafen Sie nicht nur die angesprochenen Branchen, sondern Sie bestrafen nun vor allem wieder einmal den Mittelstand, das Handwerk, die Gastronomie, die Schausteller, die Landwirte – also personalintensive Branchen.
Die Kleinen trifft es doppelt, weil sie keinen großen Verwaltungsapparat hinter sich haben. Sie müssen das alleine stemmen. Sie bestrafen vor allem Betriebe, die in ihren Arbeitsabläufen nicht den gleichen Zeitaufwand oder den gleichen Zeitablauf haben, zum Beispiel in der Gastronomie,
und die schnell und flexibel auf unterschiedlichen Kundenandrang reagieren müssen, aber auch die Landwirtschaft, die saisonal und wetterbedingt agieren muss. Ich möchte nicht wissen, wie es bei den Kunden ankommt, wenn zum Beispiel bei einer Hoch
zeitsfeier die Bedienungen nach sechs Stunden eine Pause machen müssen, obwohl gerade Essensausgabe ist, oder die Arbeit nach zehn Stunden einstellen müssen, weil sie schon zehn Stunden gearbeitet haben.
Bei diesen Aufzeichnungspflichten wird sowohl den Arbeitnehmern als auch den Arbeitgebern zu Recht bange.
Sie belasten mit diesen Dokumentationspflichten Branchen wie die Zeitungsverleger, die eh kaum mehr Personal finden, das es uns ermöglicht, morgens die geliebte Zeitung zu lesen. Sie belasten Branchen wie die Schausteller, die Gastronomie und die Landwirte zusätzlich, die eh schon einem gewissen Strukturwandel unterworfen sind. Ich dachte eigentlich, dass es unser gemeinsames Anliegen ist, diese Branchen zu schützen, zu unterstützen und zu bewahren.
Sie belasten auch den gesamten Bereich der 450Euro-Jobber über alle Branchen hinweg. Ihnen reicht eine vertragliche Festlegung nicht, dass beispielsweise 48 bis 50 Stunden im Monat zu je 8,50 Euro gearbeitet wird und der Arbeitnehmer somit 450 Euro erhält. Nein, Sie möchten genau wissen, an welchem Tag er wann anfängt und wann er die Pause macht, nicht bloß, ob er eine halbe oder eine ganze Stunde Pause macht, sondern Sie möchten die genaue Uhrzeit und das Ende wissen.
(Markus Rinderspacher (SPD): Das ist der berühmte Stundenzettel! – Zuruf der Abgeordneten Angelika Weikert (SPD) – Zuruf von den FREIEN WÄHLERN)
Herr Kollege, jetzt steht doch eine Kollegin von Ihnen am Rednerpult. Lassen Sie sie bitte sprechen. Bitte schön.
nicht. Wir möchten keine Dokupflichten bei 450-EuroJobs. Wir möchten keine Aufzeichnungspflichten für Bruttogehälter, die weit über 8,50 Euro liegen. Wir wollen keine Regelungswut. Im Leben ist nicht alles kontrollierbar. Wie möchten Sie denn einen Heimarbeitsplatz kontrollieren?
Den Pressemitteilungen der vergangenen Woche musste ich entnehmen, dass auch Vertreter der CSU solche Dokumentationspflichten nicht wollen. Ich frage mich dann aber: Warum stimmen Sie solchen Gesetzen und Ausführungsbestimmungen in Berlin zu?
Für eine Partei, die in dieser Angelegenheit immer lautstark ihre Wirtschaftskompetenz und Wirtschaftsfreundlichkeit betont, haben Sie sich von Ihrem Ziel weit entfernt.
Sie schicken Herrn Stoiber nach Brüssel, um Bürokratie abzubauen. Ich kann Ihnen sagen: Sie müssen ihn gar nicht so weit schicken. Schicken Sie ihn nach Berlin; denn dort finden Sie hausgemachte Bürokratie, und er hätte alle Hände voll zu tun.
Aus der Praxis kann ich Ihnen nur sagen, dass ein Generationenwechsel ansteht und Familienbetriebe übergeben werden sollen. Ich kenne viele junge Menschen, die sich Gedanken machen, ob sie diesen Schritt überhaupt gehen sollen. Wir ändern tagtäglich Gesetze im Lohnbereich, und ich möchte schon wissen, wer hier im Raum überhaupt eine Lohnberechnung in finanztechnischer und sozialversicherungsrechtlicher Hinsicht vornehmen kann. Ich glaube, dass das nur wenige hier im Raum können.
Unsere Mittelständler draußen müssen aber noch sehr viel mehr leisten. Sie bekommen tagtäglich neue Verordnungen übergestülpt, sei es von der GEMA, der Künstlersozialkasse, im Sozialversicherungsrecht, im Lebensmittelrecht – ich nenne hier nur die Kennzeichnungspflicht für Allergene –, Sofortmeldungen und so weiter. Die jungen Menschen fragen sich: Will und kann ich das überhaupt noch leisten?
Ja. – Diese Frage ist berechtigt; denn bei Fehlern befindet sich der Mittelständler nicht nur im Bereich der Ordnungswidrigkeit, sondern er befindet sich im Hinblick auf den Zoll sehr oft im Strafrecht.
Frau Kollegin, ich bitte Sie, auf die Redezeit zu achten. Ich habe bereits bei dem Herrn Kollegen Glauber schon viel Zeit dazugegeben.