Protocol of the Session on January 29, 2015

Lieber Herr Kollege Dr. Kränzlein, ich möchte ganz kurz zu den Fragen kommen, die Sie angesprochen haben. Die Heimatstrategie besteht aus fünf Säulen, die die Großstädte, die Städte und die Gemeinden betreffen und die ich nennen möchte: der kommunale Finanzausgleich, die Strukturentwicklung für ganz Bayern, die natürlich auch für die Großstädte gilt, der

Breitbandausbau, die Nordbayern-Initiative und die Behördenverlagerungen.

Lassen Sie mich ein paar Worte zum kommunalen Finanzausgleich sagen. Das ist für unsere Kommunen, ob klein oder groß, ein ganz entscheidender Punkt. Ich spreche der Staatsregierung meine große Anerkennung dafür aus, dass wir im Jahr 2015 mit 8,3 Milliarden Euro den höchsten Finanzausgleich aller Zeiten beschlossen haben. Sie haben soeben bestimmte Personen zitiert. Zusammen mit den kommunalen Spitzenverbänden haben auch der CSU-kritische Präsident des Bayerischen Gemeindetages, Dr. Uwe Brandl, und der SPD-Oberbürgermeister von Nürnberg, Dr. Ulrich Maly, der auch der Präsident des Deutschen Städtetages und der Vorsitzende des Bayerischen Städtetages ist, diesem Finanzausgleich zugestimmt. Das gilt auch für den Präsidenten des Bayerischen Bezirketags, Herrn Josef Mederer.

Als Vertreter des ländlichen Raumes habe ich mich sehr über die Schlüsselzuweisungen gefreut. Ich komme aus einer ländlichen Region, die in einen Raum mit besonderem Handlungsbedarf aufgenommen worden ist. Glücklicherweise ist bei uns die Steuerkraft massiv angestiegen. Als Kreisrat und stellvertretender Landrat hatte ich die große Sorge, dass die Schlüsselzuweisungen im Jahr 2015 massiv geringer ausfallen werden. Herr Dr. Kränzlein, das Gegenteil ist der Fall. Wir haben trotz der starken Steigerung der Steuerkraft sogar noch mehr Schlüsselzuweisungen bekommen als im Jahr 2014 oder den Jahren davor.

Beim Thema FAG ist es wichtig, immer wieder darauf hinzuweisen, dass strukturelle Verbesserungen vorgenommen werden, zum Beispiel durch die Einführung der Stabilisierungshilfen, durch eine deutliche Erhöhung der Bedarfszuweisungen und durch die Verlängerung des demografischen Faktors bei den Schlüsselzuweisungen auf zehn Jahre zugunsten strukturschwacher Kommunen.

Die zweite Säule ist die Strukturentwicklung für ganz Bayern durch die Schaffung weiterer Räume mit besonderem Handlungsbedarf. Dies ist ein entscheidender Punkt der sogenannten Heimatstrategie.

Der Breitbandausbau ist die dritte Säule. Wir werden in den nächsten Jahren eine digitale Revolution in ganz Bayern erleben. Meine sehr verehrten Damen und Herren, wir nehmen bundesweit dafür eine Summe von insgesamt zwei Milliarden Euro in die Hand. Allein der Freistaat Bayern bringt 1,5 Milliarden Euro auf. Das ist eine zukunftsweisende Politik, die der Freistaat Bayern für die Großstädte, die Städte und die Gemeinden betreibt.

(Beifall bei der CSU)

Auch die vierte Säule spielt eine entscheidende Rolle, die sogenannte Nordbayern-Initiative. Sie ist ebenfalls ein wichtiges Signal an den ländlichen Raum. Ich nenne das Stichwort weitere Investitionen im Bereich der Hochschulen.

Die fünfte Säule ist die Behördenverlagerung. Dieser Punkt ist sowohl für den Großraum als auch für die ländlichen Kommunen sehr wichtig. Die Behördenverlagerung, die in den nächsten Jahren vollzogen wird, schafft im gesamten Freistaat Bayern neue Chancen. Abschließend betone ich, dass Behördenverlagerungen immer im Einvernehmen mit unseren Beamtinnen und Beamten durchgeführt werden und dass niemand gegen seinen Willen irgendwohin versetzt wird. Dazu hat unser Minister klare Aussagen gemacht. Diese sehr wichtige Botschaft muss immer wieder betont werden.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, so viel sage ich im Rahmen meiner zeitlich vorgegebenen Möglichkeiten. Wir sind hier auf einem sehr guten Weg. Das betrifft sowohl unsere Großstädte und Städte als auch unsere Gemeinden im gesamten Freistaat Bayern. Ich bedanke mich ganz herzlich bei unserem Finanzminister für diese wichtige, zukunftsweisende Arbeit, die zum Wohl unserer Kommunen geleistet wird. Herzlichen Dank dafür!

(Beifall bei der CSU)

Vielen Dank. – Bitte schön, Herr Kollege Muthmann.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich war sehr erstaunt über die Ausführungen des Kollegen Herold, der zuletzt gesagt hat, im Rahmen seiner zeitlichen Möglichkeiten müsse er jetzt aufhören. Es wäre sehr viel einfacher gewesen, dem Antrag zuzustimmen und dann im Ausschuss intensiv über diese Materie in der gebotenen Breite und Tiefe zu debattieren. Die eingangs angegebene Begründung für die Ablehnung, es sei ein zu großer bürokratischer Aufwand, darüber im Ausschuss zu reden -

(Hans Herold (CSU): Ich habe nicht ein "zu großer" gesagt!)

Ihre Aussage, dieser Antrag müsse wegen eines großen bürokratischen Aufwands abgelehnt werden, macht mich angesichts der Themen, die sich in dem Antrag widerspiegeln, etwas sprachlos. Richtig verstanden, war der Antrag zunächst nur ein Berichtsantrag: Der Minister möge über die Themen Landesplanung, regionale Entwicklungsplanung zur

Entschlackung von Großstädten, was auch immer damit gemeint ist, zum kommunalen Finanzausgleich – das ist eine ganz zentrale Frage – und zur Strukturentwicklung berichten. Das ist angesprochen worden. Erwähnt wurden auch der Nordbayern-Plan und die Frage, ob man einen Gesamtbayernplan erarbeiten muss.

Solche Themen sollte man, mit Verlaub gesagt, nicht allein der Staatsregierung überlassen. Liebe Kolleginnen und Kollegen, ein vernünftiges Selbstverständnis dieses Plenums lässt es geboten erscheinen, dass sich auch der Landtag mit diesen für Bayern ganz zentralen Entwicklungsfragen befasst. Es ist unangemessen, zu sagen: Das ist ein großer Aufwand, deswegen machen wir es nicht. – Man wird der Bedeutung der Aufgaben und den Möglichkeiten, die nicht nur die Staatsregierung, sondern auch der Landtag hat, nicht gerecht, wenn man an dieser Stelle die Themen nicht weiter verfolgt.

Die Ablehnung verdeckt auch, dass wir gerade beim Thema Landesplanung schon eine ganze Reihe von Versäumnissen der Staatsregierung gegenüber dem Landtag zu vermelden haben. Ich darf nur erwähnen, dass der Raumordnungsbericht seit Ende des Jahres 2013 aussteht. Von diesem Bericht wären sicherlich ein gutes Stück weit Antworten auf die Fragen zu erwarten gewesen, die auch mit dem vorliegenden Berichtsantrag aufgeworfen werden.

Ich darf außerdem daran erinnern, dass das Plenum des Landtags noch in seiner alten Zusammensetzung die Staatsregierung aufgefordert hat, dem Landtag ein überarbeitetes Zentrale-Orte-System als Fortschreibung des Landesentwicklungsprogramms vorzulegen. Auch in der Konzeption der Frage, was zentrale Orte für die Gesamtentwicklung des Raumes zu leisten haben, steckt eine ganze Reihe der Fragen, die mit diesem Antrag aufgeworfen werden. Die Kolleginnen und Kollegen der CSU wollen an dieser Stelle diesen Bericht nicht erhalten und eine Diskussion darüber nicht führen. Das ist ein Kotau gegenüber der Staatsregierung, der weder richtig noch veranlasst ist. Liebe Kolleginnen und Kollegen der CSU, lieber Kollege Herold, es ist wirklich notwendig, über die Themen im Parlament in ganzer Fülle und Breite zu debattieren. Die Menschen draußen erwarten das.

Der Heimatbericht, den wir gestern vorgelegt bekommen haben, bedeutet natürlich auch nicht die ganze Wahrheit. Das wissen Sie und wir. Ich empfehle deswegen durchaus, nicht nur den Heimatbericht zu studieren, sondern auch, sich an die Ausführungen der Staatsregierung zu erinnern, die sie gemacht hat, als im Jahr 2013 mit Brüssel die Frage zu klären war, ob die Grenzregionen im bayerischen Raum noch För

dergebiet bleiben. Das war eine Zeit lang bei der Vorbereitung der aktuellen Förderphase 2014 bis 2020 auf europäischer Ebene nicht ganz klar. Dabei hat Herr Minister Söder Bayern anders als mit den Zahlen, die er gestern präsentiert hat, dargestellt; andernfalls hätte er in Brüssel keinen Erfolg gehabt. Die Staatsregierung weiß also schon Bescheid, wenn auf die Diskrepanz zwischen den wirtschaftsstarken und wirtschaftsschwachen Regionen beispielsweise in Bezug auf das Bruttoinlandsprodukt pro Einwohner hingewiesen wird. Der Landkreis München weist ein etwa dreimal so großes Bruttoinlandsprodukt auf als dasjenige, das die Einwohner in den Grenzregionen erwirtschaften. Unterschiede gibt es auch hinsichtlich der Patenthäufigkeit im Lande. Dabei zeigen sich auch Unterschiede im Vergleich mit anderen Bundesländern. Solche Daten weisen darauf hin, dass nicht alles glänzt. Es gibt also beste Gründe, diesem Antrag zuzustimmen, und wir werden das aus Überzeugung tun. Die Kollegen der CSU sollten sich diesem Stimmverhalten anschließen.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN)

Herr Kollege, kommen Sie bitte für eine Zwischenbemerkung noch einmal ans Rednerpult. – Bitte schön, Herr Kollege Herold.

Ich möchte etwas klarstellen, Herr Muthmann. Sie haben immer wieder betont, wir würden den Antrag wegen des bürokratischen Aufwands ablehnen. Das ist nur ein Teil der Gründe, weswegen wir den Antrag ablehnen. Wir haben auch darauf hingewiesen, dass wir beispielsweise bei Finanzempfängen und aus den vorhandenen Broschüren entsprechende Informationen erhalten haben. Möglicherweise haben auch Sie sie bekommen. Der Aufwand begründet nur zu einem Bruchteil, weshalb wir ein ablehnendes Votum abgeben werden.

Herr Kollege, bitte.

Ja, aber ich meine, dass die Empfänge, zu denen Herr Minister Söder landauf, landab einlädt, nicht eine ernsthafte Auseinandersetzung im Bayerischen Landtag zu diesen essenziellen Fragen ersetzen oder ergänzen können. Die Empfänge können vielleicht ein wenig illustrieren oder ein bisschen glänzen. Aber wir möchten auch in dieser Runde arbeiten. Deswegen plädiere ich für die Unterstützung des Antrags; er ist notwendig und richtig. Sie sollten das Nötige endlich einfordern, sodass die Staatsregierung gegenüber dem Landtag Rechenschaft ablegt und Berichte zur Raumordnung und zum Zentrale-Orte-System sowie zu dem Antrag, über den wir heute beraten, einreicht. An dieser Haltung ändert sich nichts. Das bisschen Aufwand erbrin

gen wir gerne. Dafür sitzen wir im Landtag, dafür sind wir gewählt, und dafür wollen wir arbeiten.

Vielen Dank, Herr Kollege. – Für die Staatsregierung hat Herr Staatssekretär Füracker um das Wort gebeten.

(Zurufe: Herr Ganserer!)

Entschuldigen Sie; das war keine Absicht. Bitte.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Gestatten Sie mir ein paar grundsätzliche Anmerkungen, bevor ich zum eigentlichen Inhalt meines Beitrags komme. Der Antrag der SPD mag in seiner ursprünglichen Fassung einigermaßen verschachtelt gewesen sein, aber er war auch in dieser ursprünglichen Fassung ein reiner Berichtsantrag. Und eigentlich gehört es zum guten Ton in diesem Hohen Hause, dass man einem Berichtsantrag zustimmt. Daher finde ich es bedauerlich, dass er in der ursprünglichen Fassung im Finanzausschuss einfach abgelehnt worden ist. Zugleich möchte ich positiv herausstellen, dass wir im Wirtschaftsausschuss, wo wir den Antrag mitberaten haben, ein relativ gutes Arbeitsklima haben und dort einen einstimmigen positiven Beschluss zu dem Antrag in einer geänderten Fassung erreicht haben.

Jetzt zum Inhaltlichen: Der Verfassungsauftrag, für gleichwertige Lebensverhältnisse in allen Landesteilen zu sorgen, wird uns mit Sicherheit nicht nur in dieser, sondern auch noch weit über diese Legislaturperiode hinaus beschäftigen.

(Unruhe – Glocke der Präsidentin)

Erst vor einem halben Jahr haben wir mit einem einstimmigen Beschluss eine Enquete-Kommission zu diesem Thema eingesetzt. Hier muss ich Kollegen Herold widersprechen: Wenn wir hier kein Problem und keinen Handlungsbedarf hätten oder alle Antworten und Lösungen schon in Hochglanzbroschüren gedruckt wären, dann hätten wir uns diese EnqueteKommission und die Arbeit in dieser Kommission sparen können.

(Beifall bei den GRÜNEN und Abgeordneten der SPD)

Kollege Muthmann hat vollkommen recht: Die Staatsregierung hat noch eine ganze Reihe von Hausaufgaben abzuarbeiten. Das ist nicht nur der Raumordnungsbericht. Ich finde es bedauerlich, dass wir, als wir vor Weihnachten in der Enquete-Kommission diskutiert haben, auch mit Vertretern des Ministeriums, und nachgefragt haben, wann denn der Heimatbericht verfügbar sein wird, ob wir den zur ersten Sitzung im

neuen Jahr bekommen, zur Antwort erhalten, das wisse man nicht; dann ist die Sitzung am vergangenen Dienstag, und am Mittwochvormittag stellt der Heimatminister seinen Heimatbericht vor. Das ist keine sonderlich kollegiale Zusammenarbeit zwischen Staatsregierung und Hohem Haus.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Den kommunalen Finanzen hat die Enquete-Kommission eines von sieben Kapiteln gewidmet. Das zeigt, dass wir uns mit diesen Fragen intensiv auseinandersetzen müssen. Da geht es zum Beispiel um die grundsätzliche Frage, welche Aufgaben der Daseinsvorsorge die Kommunen zu leisten haben, um gleichwertige Lebensverhältnisse in allen Landesteilen zu erreichen, und welche Finanzausstattung sie dazu brauchen. Es geht auch um Detailfragen, zum Beispiel um die, ob die Stabilisierungshilfen weiter erhöht werden müssen oder ob die Schlüsselzuweisungen einen höheren demografischen Faktor brauchen. Diese Fragen werden wir in der Enquete-Kommission diskutieren. Selbstverständlich stellt sich bei dieser Debatte auch die Frage: Wer zahlt und was bedeutet das für die Städte? – Auch das wäre eine berechtigte Frage aus dem ursprünglichen Antrag.

Wenn auch der Finanzminister schon in seiner Regierungserklärung und gestern bei der Vorstellung des Heimatberichts, der aus unserer Sicht nicht detailliert genug ist und aufgrund der falschen Parameter ein verzerrtes Bild der Wirklichkeit liefert, einige Punkte zum kommunalen Finanzausgleich aufgreift, so halten wir die Forderung nach einem detaillierten Bericht, wie man den kommunalen Finanzausgleich weiterentwickeln könnte, durchaus für begründet. Wir fänden ihn für die Arbeit der Enquete-Kommission sinnvoll und notwendig. Deswegen bitte ich um Zustimmung zum Antrag der SPD in geänderter Fassung.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Vielen Dank. – Jetzt hat Herr Staatssekretär Füracker das Wort. Bitte schön.

Sehr verehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Kränzlein, ich darf Ihnen sagen: Die Ich-AG Söder hat offensichtlich hohe Zustimmungswerte in der Bevölkerung erhalten, wie wir gesehen haben. So verkehrt kann das alles gar nicht sein, was wir machen.

(Beifall bei der CSU)

Die Gleichwertigkeit von Lebensverhältnissen, das große Ziel der Bayerischen Verfassung, wird täglich

bei uns bearbeitet, und in der Umsetzung sind wir schon einige Schritte vorangekommen. Im Übrigen ist der ländliche Raum insgesamt in einer weitaus besseren Lage, als manche hier der Öffentlichkeit dauernd klarmachen möchten.

(Beifall bei der CSU)

Wir sollten aufhören, alles schlechtzureden. Es ist richtig, die Probleme zu benennen. An denen arbeiten wir. Die Menschen im ländlichen Raum sind sehr selbstbewusst. Wenn die sich ständig anhören müssen, wie hinterwäldlerisch wir dort leben – ich bin nämlich auch jemand, der in einem Dorf mit 150 Einwohnern im ländlichen Raum wohnt –, dann, glaube ich, zeigt das auch, dass die Wertschätzung nicht so groß ist, wie sie sein sollte.

(Dr. Herbert Kränzlein (SPD): Wer behauptet solche Dinge überhaupt?)

Meine Damen und Herren, unser Problem ist doch ein ganz anderes: Die demografische Entwicklung ist unser Problem. Wir haben, Gott sei Dank, keine Flucht aus den ländlichen Bereichen; wir haben nur in sieben bayerischen Landkreisen einen negativen Wanderungssaldo. Wir haben aber in 20 Landkreisen einen Rückgang der Bevölkerung, weil wir dort einen Sterbefallüberschuss haben, den mangelnder Zuzug dort nicht ausgleichen kann. Dieses Problem haben die großen Städte in Bayern eben nicht.