Protocol of the Session on January 29, 2015

- Doch. Liebe Frau Aigner, der dpa zufolge hat der Ministerpräsident gestern verlauten lassen: Die Festlegung kann so oder ganz anders ausfallen, das ist bei mir immer so. – So viel zur Frage, was hier entschieden wird.

(Beifall bei der SPD)

Die Antwort auf den Antrag der FREIEN WÄHLER könnte – das ist bitter, er ist, ehrlich gesagt, lieblos, und Sie hätten ihm durchaus etwas hinzufügen können – auch lauten: Lassen wir einfach die Atomkraftwerke weiterlaufen. – Das würde zu Ihrem Antrag auch passen. Darin steht nichts zum Thema Energiewende.

(Beifall bei der SPD)

Sie haben auch nichts zur Frage geschrieben, ob Versorgungssicherheit gegeben sein soll und was denn mit "sicher" gemeint ist. Ich weiß nicht, wer das geschrieben hat, vielleicht Herr Pohl; Sie sollten sich hier das nächste Mal ein bisschen mehr Mühe geben.

(Bernhard Pohl (FREIE WÄHLER): Blöde Bemerkung!)

Der CSU muss ich ganz ehrlich sagen -

(Zuruf des Abgeordneten Erwin Huber (CSU))

- Herr Huber, machen wir vielleicht etwas anderes daraus. Es wäre tatsächlich gut, wenn Sie die Opposition in die Auseinandersetzung über das Thema miteinbeziehen.

Der Antrag beginnt mit den Worten: "Die Staatsregierung wird aufgefordert, den umfassenden …". Immerhin schreiben Sie nicht "ergebnisoffen"; ergebnisoffen ist der Dialog nämlich nicht mehr. Die Windkraft haben Sie ja schon plattgemacht.

(Widerspruch des Ministerpräsidenten Horst See- hofer)

- Das steht aber nicht drin; Sie müssen Herrn Huber zur Schnecke machen.

(Ministerpräsident Horst Seehofer: Das habe ich mit meiner Äußerung, die Sie zitiert haben, ge- meint!)

- Ja, aber das kann man daraus nicht lesen. Ich kann Ihnen noch einmal sagen, was Sie gesagt haben; man kann es nämlich so verstehen wie ich.

Herr Huber, der umfassende Energiedialog soll intensiv ausgewertet werden. Herr Baumgärtner hat gesagt, es soll nachgedacht werden. Frau Aigner, denken Sie das nächste Mal nach, bevor Sie sich äußern, sonst macht er Sie wieder runter. Ich glaube, Herr Huber, es wäre gut, wenn Sie nicht direkt in den Bund gehen, sondern wenn Sie zuerst mit Frau Aigner oder Herrn Seehofer in den Ausschuss kommen – ich weiß nicht, wer beim Thema Energie das Sagen hat. Wenn irgendjemand kommt und tatsächlich mit uns berät – im Parlament ist es angebracht, wenn wir gemeinsam beraten -, können Sie in den Bund gehen. Dann wäre es gut, wenn wir wüssten, was Sie verhandeln wollen; das steht nämlich auch nicht drin.

Am Schluss schreiben Sie in Ihrer Begründung: "Es werden alle Meinungen der Interessensvertreter im Energiedialog aufgegriffen". Seien wir doch einmal ehrlich: Die Windkraftbefürworter spielen dabei keine Rolle mehr. Darüber brauchen wir nicht zu reden. Das sieht man auch am Ergebnis Ihres Dialogs.

Wir hätten gerne, dass wir beteiligt werden, und wir wüssten unheimlich gerne, wer in der Energiewende tatsächlich das Sagen hat: Hat die Ministerin noch das Sagen, darf sie etwas entscheiden? – Sie wollte am Montag nach dem Energiedialog eigentlich etwas sagen. Darf sie das noch, Herr Seehofer, oder muss sie nachdenken? – Wir sind ein bisschen verwirrt.

(Ministerpräsident Horst Seehofer: Das fällt mir schon länger auf!)

Ich weiß nicht, wer von uns beiden verwirrter ist. – Wir hätten gerne eine Aufklärung dieser Verwirrung; das wäre doch prima.

(Beifall bei der SPD)

Bitte, Herr Kollege Stümpfig.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Zum wiederholten Male ein Antrag der FREIEN WÄHLER zum Thema Stromtrassen, nicht viel Neues. – Wir werden dem Antrag zustimmen, da er ein Berichtsantrag ist. Er wird zeigen, dass die Strompreise in Bayern explodieren werden, wenn wir die Infrastruktur nicht an die Erfordernisse der Energiewende anpassen. Wenn der Bericht erforderlich erscheint, soll es eben so sein.

(Natascha Kohnen (SPD): Kein Bericht!)

Aus unserer Sicht geht es immer wieder nur um Kosten, Kosten, Kosten. Herr Glauber, wir sind uns in vielen Punkten einig. Wir dürfen bei der Energiewende aber nicht immer nur auf Kosten schauen. Wenn ich die Betrachtung sehe, was es kostet mit keiner oder einer Trasse oder mit zwei Trassen, dann muss ich feststellen: Es geht bei der Energiewende um den Klimaschutz. Wir machen das Ganze wegen des Klimaschutzes und natürlich auch wegen des Atomausstiegs. Davon müssen wir ausgehen. Wir müssen sagen: Wir wollen hin zu erneuerbaren Energien, zu einer umweltfreundlichen Energiegewinnung. Aus dem Grund müssen wir sehen, wie wir die erneuerbaren Energien stärken können, wie wir Bayern umweltfreundlich versorgen können.

Es tut mir leid, dass die Staatsregierung das in die Richtung großer Gaskraftwerke schieben möchte. Wir haben in Bayern 4.116 Megawatt installierter Gaskraftwerksleistung. Die Gaskraftwerke sind letztes Jahr zu genau 15 % gelaufen, in Betrieb gewesen. Warum wollen wir denn noch neue bauen? – Wir haben genügend, wir bringen sie bloß nicht in den Markt. Das sind doch die Voraussetzungen. Wir diskutieren immer über das Wolkenkuckucksheim, dass wir neue Gaskraftwerke brauchen. Das ist wirklich Schwachsinn. Wir müssen die Erfordernisse sehen. Was brauchen wir? – Wir brauchen endlich eine Belebung des CO2-Zertifikate-Handels. Sie müssen in der Großen Koalition endlich einmal darauf drängen, dass das beschleunigt wird. Die Kohle muss raus aus dem Netz. Wir müssen das Ganze in ein Gesamtsystem einbetten. Diese Denke fehlt mir bei Ihren Berechnungen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Herr Baumgärtner, Sie tun sich schrecklich leicht und sagen hier: Jetzt haben wir den ergebnisoffenen Energiedialog gemacht, die Analyse wird nicht allzu

leicht werden, und am Schluss entscheidet sowieso die SPD, der Wirtschaftsminister in Berlin, er muss dann sagen, was umgesetzt wird. – Sie wissen eigentlich überhaupt nicht, wo es langgeht. Dann heißt es wieder: Na ja, dann soll eben der da oben entscheiden. Was ist denn das für ein Konzept? – Wir diskutieren seit Jahren über diese Energiewende, und Sie wissen noch immer nicht – jetzt muss ich mich natürlich wieder nach links und nach rechts wenden –, wie wir das Ganze anpacken wollen. Dann heißt es wieder: Es wird sowieso in Berlin entschieden. Das ist wirklich schwach. Von einer Alleinregierung erwarten wir, dass Sie sagen: Das ist unsere Richtung. Davon ist aber nichts zu sehen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Der Energiedialog an sich ist positiv. Das unterstützen wir. Viele Personen, viele Bürger kamen zu Wort. Jetzt geht es um die Analyse. Frau Aigner, wir dürfen gespannt sein, welche Schlüsse Sie ziehen werden. Es ist durchaus herausgekommen, dass wir einen gewissen Umbau unserer Infrastruktur brauchen. Da müssen wir auch mal klare Worte sprechen und sagen: Jawohl, der SuedLink ist notwendig. Dann müssen wir aber auch mal sehen, wie er denn gebaut wird. Das sind jetzt die Fragen. Vor Ort müssen die Bürgermeister mit ins Boot geholt werden; vor Ort müssen die Landräte und Bürger mitentscheiden, wie denn die Leitung gebaut wird: Kann ich erdverkabeln? Kann ich auf andere Masten gehen? Was mache ich mit dem Biosphärenreservat Rhön? – All diese Fragen sind offen. Darauf müssen wir endlich Antworten bekommen. Leider ist bei diesen konkreten Dingen Fehlanzeige.

(Beifall bei Abgeordneten der GRÜNEN)

Diese Debatte hier noch einmal zum Thema HGÜ – eine, zwei, drei, wir können würfeln. Das ist aber keine sachliche Debatte. – Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Danke schön. Ich bitte den Kollegen Häusler zum Rednerpult.

Frau Präsidentin, Herr Ministerpräsident, sehr verehrte Kolleginnen und Kollegen! Kollege Baumgärtner, das Ergebnis des politischen Handelns einer Regierung oder einer Mehrheit wird nicht an der Lautstärke und auch nicht an vollmundigen Ankündigungen, sondern letztlich am Ergebnis gemessen. Das Ergebnis des bisherigen Energiedialogs und insbesondere das Ergebnis der Umsetzung der Energiewende seit 2011 sind sehr bescheiden.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN und Abge- ordneten der SPD)

2022 geht das letzte Atomkraftwerk Bayerns vom Netz; bis heute liegt uns kein schlüssiges Konzept der Staatsregierung vor, wie denn die Anschlusssicherung stattfinden soll. Fukushima war am 11. März 2011. Der Tsunami hat damals eine Kernschmelze in drei Reaktoren veranlasst. In Kürze jährt sich das zum vierten Mal. Das heißt im Klartext: Wir haben im Grunde vier Jahre verloren, um eine Energiewende auf regenerativer Basis vernünftig auf den Weg zu bringen.

Die Staatsregierung sah damals verschiedene Möglichkeiten, partiell auch den Weg, über 1.500 Windräder in Bayern zu installieren, um ein gewisses Delta zu überbrücken. Sie hat sich den Weg mittlerweile selbst verbaut, indem sie die 10-H-Regelung gegen alle Widerstände und Vernunft durchgedrückt hat. Die Erforschung und der Ausbau von Speicherkapazitäten für erneuerbare Energien wurden dadurch sträflich vernachlässigt und im Grunde überhaupt nicht auf den Weg gebracht, ebenso das selbstgesteckte Ziel, bis 2021 mindestens 50 % des Strombedarfs aus erneuerbaren Energien zu decken. Wir alle wissen: Es müssen baldmöglichst 100 % sein.

(Erwin Huber (CSU): 150 % nach Ihrer Rede, Herr Kollege!)

100 % reichen. Das sollte Ihnen schlüssig sein. – Der Ausbau der Kraft-Wärme-Kopplung kommt in Bayern ebenfalls nicht voran. Auch das Einsparkonzept der Bundesregierung, bis 2020 20 %, bis 2050 50 % einzusparen, hinkt in der Umsetzung deutlich hinterher. Was ist die Konsequenz? – Man sah zunächst das Heil im Stromtransit von Nord nach Süd. Durch fehlgeleitete Förderanreize im ErneuerbareEnergien-Gesetz wurden jede Menge Windräder, hauptsächlich offshore, zugebaut. Der dort produzierte Strom wird vor Ort nicht abgenommen und nicht verbraucht.

Die Energieversorger haben infolge der Laufzeitverkürzung mit Klagen gedroht und haben diese zum Teil eingereicht. Wahrscheinlich wollte man denen ein Stück weit entgegenkommen, um Kohlestrom abzunehmen in einer Region, die eigentlich überhaupt keinen Verbrauch vorzuweisen hat, nämlich der Lausitz, um den Strom nach Süden zu transportieren. Man war bereit, dort 11 Dörfer abzusiedeln – das muss man sich einmal vorstellen – und Mondlandschaften zu schaffen. Der Transport des Stromüberschusses von Nord nach Süd war eigentlich die logische Konsequenz.

Demzufolge entwickelten die Netzbetreiber den Netzentwicklungsplan, der von der Bundesnetzagentur

2012 bestätigt wurde mit dem Ziel, 2022 2.800 km neuer Trassen, insgesamt drei HGÜ-Korridore, nach Süden zu installieren. Das wurde letztlich am 23.07.2013 festgesetzt, und zwar im Bundesbedarfsplangesetz. Als diese Dinge öffentlich wurden und diese Themen auf die Tagesordnung kamen, die Pläne konkretisiert waren, kam der Bürgerprotest; dann kamen die Menschen auf die Politiker zu und haben gesagt: So geht es nicht. Es gab zunächst 22.000 Unterschriften, dann wurden 100.000 Unterschriften nach Berlin geschickt. Ministerpräsident Seehofer hat dann gesagt, wir können letztendlich nicht gegen die Bürger und auch nicht gegen 200 Bürgermeister und Landräte solche Trassen durchsetzen. Das hat dann zu diesem Energiedialog geführt. Von dessen Ergebnis haben meine Vorredner ausführlich berichtet.

Schon damals, anfangs der Diskussion, wurden von international anerkannten Fachleuten, Professor Dr. von Hirschhausen, Professor Dr. Jarass, Frau Professor Dr. Kemfert, die Notwendigkeit und die Alternativen aufgezeigt. Das waren ganz klare Richtlinien und Ansätze in Richtung regenerative Energien und regionale Wertschätzung. Diese wurden in dieser Form nicht wahrgenommen. Nach dem Widerstand folgte die politische Entscheidung: Wo besteht der geringste Widerstand? – Es wurde nach dem Sankt-Florians-Prinzip verfahren. Die SuedLink-Trasse durchkreuzt das Herz Bayerns. Dort sind viel zu viele Betroffene. Mit der Konzentration auf den Südring sind nur drei unterfränkische Landkreise betroffen. Diese drei unterfränkischen Landkreise haben jedoch bei der Beurteilung die gleiche Wertschätzung und den gleichen Respekt verdient wie alle anderen Landkreise in Bayern.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN)

Herr Seehofer, Sie haben tatsächlich gesagt, wir sollten nicht von der Atomenergie auf die Kohlekraftgewinnung umsteigen. Das ist nicht sinnvoll. Deshalb ist es wichtig, unserem Antrag zuzustimmen, der sich weitgehend mit dem nachgezogenen CSU-Antrag deckt: keine vorgelegten Festsetzungen, sondern Abwarten von Ergebnissen. Leider wurde der Antrag mit zeitlicher Verzögerung eingereicht. Wir werden dem CSU-Antrag zustimmen, weil er die Forderungen, die wir eingebracht haben, ebenfalls enthält: Nachhaltigkeit, Leistungssicherheit und Verantwortung. Insbesondere dem letzten Satz in der Begründung, mit dem Vorfestlegungen abgelehnt werden, stimmen wir zu. Kolleginnen und Kollegen, insofern hat jeder, der sich vor Ort gegen entsprechende Trassenführungen wendet, sein Bekenntnis mit der heutigen Beschlussfassung in Einklang zu bringen. Darum bitte ich.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN)

Herr Häusler, bitte verbleiben Sie am Rednerpult. Uns liegt noch eine Zwischenbemerkung von Frau Kollegin Kohnen vor.

Herr Häusler, ich habe eine Frage. Warum hat Herr Glauber vorhin gesagt, er wolle beteiligt werden? Wenn Sie dem CSU-Antrag jetzt zustimmen, wären Sie nicht beteiligt. Ihnen wird nur berichtet. Es ist verwunderlich, wenn Sie unterschiedliche Ansichten haben.

Der Überraschungseffekt hinsichtlich der Trassen dürfte bei den FREIEN WÄHLERN nicht so groß gewesen sein. Immerhin haben Sie dem Energiekonzept "Energie innovativ" 2011 ebenfalls zugestimmt, in dem die Trassen vorgesehen waren. Sie müssen jetzt nicht so tun, als wären Sie großartig überrascht.

(Ministerpräsident Horst Seehofer: Nein, da steht keine einzige Trasse drin!)