Zudem sitzen 870 Anwärter auf regulären Planstellen. Die sollen also die Arbeit von voll ausgebildeten Menschen leisten. Dass das nicht funktionieren kann, ist, glaube ich, klar.
Länderfinanzausgleich, jetzt komme ich dazu. Herr Minister, Sie haben im Haushaltsausschuss gesagt, es soll sich etwas ändern. Sie haben im Haushaltsausschuss Kreide gegessen. Dafür bin ich Ihnen auch dankbar. Sie sind endlich abgekommen von Ihrer
Konfrontationspolitik und haben versucht, mehr Solidarität zu zeigen. Allerdings fehlen uns immer noch die Vorschläge. Sie stehen mit leeren Händen da. Sie haben noch nichts erreicht. Sie haben die Klage eingereicht. Weiß Gott, wann über die entschieden wird! Wir wissen es nicht. Erwin Huber hat in dem schon zitierten Interview darauf hingewiesen. Sie stehen eigentlich mit leeren Händen da.
Das Problem ist, dass Sie keine Idee haben, wie sich die eigentlichen Probleme des Ausgleichs, etwa der zu geringe Selbstbehalt von Steuermehreinnahmen sowohl bei Geber- als auch Nehmerländern, lösen lassen. Sie haben bis jetzt nur einen Dagegen-Standpunkt, keinen dafür. Wofür sind Sie beim Länderfinanzausgleich, außer dass Sie mehr Geld behalten wollen? Das wollen wir auch, aber wir wollen die Solidarität dabei nicht vergessen. Die Frage ist also: Wie kann der Ausgleichsbeitrag gesenkt werden? CSU und Staatsregierung ziehen seit Jahren in Wahlkämpfen durch Bierzelte und erklären, wofür die anderen Bundesländer zu viel ausgeben, obwohl sie wissen, dass es ein Einnahmen- und kein Ausgabenausgleich ist; das ist also Stimmungsmache. Das ist auf keinen Fall lösungsorientiert.
Sie müssen sich schon fragen lassen, welche Strategie Sie verfolgen, um eine Entlastung für Bayern zu erreichen. Was haben Sie erreicht? Welche konzeptionellen Vorschläge machen Sie bei den Verhandlungen? Welche Bundesländer sind überhaupt auf Ihrer Seite? Wir brauchen ja eine Einstimmigkeit für eine Änderung des Länderfinanzausgleichs. So wie Sie agieren, werden Sie die nicht erreichen. Herr Bullerjahn hat Ihnen das auch erklärt. Klar ist, wenn Bayern einen 51-Milliarden-Euro-Haushalt hat, dass der Länderfinanzausgleich höher ausfällt. Das ist logisch. Bei einem Land, das nur einen Drei-Milliarden-Haushalt oder einen Zehn-Milliarden-Haushalt hat, sieht das natürlich anders aus.
Was wollen wir? - Uns reicht das Drehen an ein paar Stellschrauben nicht, um zu schauen, ob es vielleicht besser wird, sondern es braucht eine grundlegende Reform. Kollege Halbleib hat darauf hingewiesen. Was ist mit Berlin? Wie ist es mit der Berücksichtigung der Steuerbeamten im Länderfinanzausgleich? Mehrere Vorschläge liegen auf dem Tisch. Ein weiterer Vorschlag ist eine Vertikalisierung des Finanzausgleichs, möglicherweise über die Umsatzsteuerverteilung durch den Bund oder über einen höheren Selbstbehalt der Länder an den Einkommensteuereinnahmen. Auch das wäre ein Vorschlag, von unserer Seite zumindest, von Ihnen kommt da bis jetzt nichts.
Was ist mit dem Soli? – Liebe Kolleginnen und Kollegen, der Soli muss weiterlaufen. Es ist klar, dass wir
auf die Einnahmen zwischen 15 und 18 Milliarden Euro nicht verzichten können. Ich bin dem Minister dankbar, dass er im Haushaltsauschuss eingeräumt hat, dass wir diese Gelder brauchen. Wie soll es funktionieren, die Schuldenbremse ab 2019 einzuhalten, gleichzeitig Schulden zu tilgen und weiterhin in die Infrastruktur zu investieren? Die meisten Länder in Deutschland sind damit überfordert. Darum braucht es die Mittel aus dem Solidaritätszuschlag. Jeder, der sich mit öffentlichen Haushalten beschäftigt, wird sich dieser Lösung nicht verschließen können.
Wie auch immer Lösungen heißen können, unserer Meinung nach braucht es einen Altschuldenfonds oder Zinshilfen, wie Sie sie angesprochen haben, oder, oder, oder. Aber kommen Sie bitte mit Vorschlägen, damit wir das Problem endlich vom Tisch haben.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, Finanzpolitik in Bayern, in Deutschland darf nicht auf dem Rücken der Beschäftigten ausgetragen werden. Sie darf auch nicht die Solidarität deutschlandweit vergessen. Wir GRÜNEN wissen das. Darum lehnen wir den Haushalt ab.
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich habe sehr lange zugehört und habe mir überlegt: Was ist jetzt eigentlich? Hat Bayern einen krisenfesten Haushalt, oder haben wir große Sorgen? Ich habe mir überlegt, was wirklich passiert, wenn Deutschland und Europa in die Krise kommen könnten. Sind dann Haushalte wie Nordrhein-Westfalen krisenfest, die 190 Milliarden Euro Schulden haben? Sind Haushalte wie in Berlin krisenfest, die sich vor allem über den Länderfinanzausgleich finanzieren? Sind diese Länder ein Vorbild für die Krise, oder könnte es nicht doch möglicherweise sein, dass die Einzigen, die ruhig schlafen können, die Bayern sind? Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich glaube, dass die Antwort sehr klar ist.
Was sind denn Antworten auf Krisen? Ist die Antwort, Schulden zu machen, wie einige hoffen? - Nein, wir machen keine Schulden. Bei uns ist das aber keine Neuerung, für die wir uns feiern lassen; denn dass wir keine Schulden machen, ist zum zehnten und elften Mal in Folge der Fall. Wir gehen einen Schritt weiter, wir tilgen Schulden. Es gibt welche, die sagen, Schulden zu tilgen ist eigentlich schlecht, es wäre besser,
wir lassen das Geld irgendwo liegen und parken es, weil wir immer mehr Einnahmen haben. In Zeiten von Niedrigzinsen Geld liegen zu lassen, bringt keinen Ertrag. Dagegen Schulden zu tilgen, um dann, wenn die Zinsen wieder steigen, weniger zahlen zu müssen, ist fiskalisch richtig und ökonomisch klug, und das macht der Freistaat Bayern.
Herr Mütze, dass ich das machen muss, liegt daran, dass ich nicht nur für den Staatshaushalt – es stimmt, es gibt viele Herausforderungen –, sondern insgesamt für die Beteiligungen des Freistaates Bayern zuständig bin. Das sind fast 70 Stück; das kann man im Beteiligungsbericht nachlesen. Das bedeutet, wenn man die Bilanzsummen der Unternehmen, für die der Freistaat Bayern Mitverantwortung trägt, zusammennimmt, kommen wir fast auf 780 Milliarden Euro pro Jahr, für die wir, der Staatssekretär und meine Person, mit Verantwortung übernehmen. Das wird von 180 Wirtschaftsprüfern geprüft. Das ist in der Tat eine ernste Sache. Aber wir können sagen, die gesamte bayerische Flotte ist auf dem richtigen Kurs, meine Damen und Herren. Andere erleiden Schiffbruch, wir fahren in die Zukunft.
Krisenfest heißt also, keine Schulden machen, sondern Schulden tilgen. Wir gehen sogar auf die Kritik in Bezug auf den positiven Finanzierungssaldo ein. Wir planen jetzt von vornherein. Das war letztes Jahr hier in der Debatte großes Thema, ich erinnere mich noch: Ist dieser vermeintliche Finanzierungssaldo möglicherweise die entscheidende Schwachstelle des Freistaats Bayern? Jetzt machen wir es so, meine Damen und Herren, dass wir tatsächlich die Ausgaben nur noch den bereinigten Einnahmen gegenüberstellen, unabhängig davon, dass wir in den letzten Jahren immer – davon gehen wir auch weiter aus – entweder Steuermehreinnahmen hatten oder sogar durch die Bewirtschaftung unseres Haushalts und Erwirtschaftung erheblich Geld zusätzlich hatten. Diesen Auftrag haben wir auch den Ministerien für das nächste Jahr gegeben, weil wir nicht wissen, ob Delle oder Trend bei der wirtschaftlichen Entwicklung eintritt. In Berlin könnte man übrigens eine Menge tun, damit es eine Delle bleibt und kein Trend wird. Um eine wirtschaftliche Verbesserung zu erreichen, haben wir viele Möglichkeiten, das in Berlin gemeinsam zu tun. Um das erst mal abzuschätzen, wollen wir im nächsten Jahr 200 Millionen Euro aus Ausgaberesten einsparen und für etwaige Krisenzeiten vorsorgen.
Die andere Vorsorge ist die Investitionsquote. Schauen Sie, ob es auch nur ein westliches Flächenland in
Deutschland gibt, das in dieser Form investieren kann. Wir, meine Damen und Herren, machen keine Schulden, aber wir investieren in Forschung, Bildung, ländliche Entwicklung, Infrastruktur. Sie wollen keine Straßen bauen, Herr Mütze, um den ländlichen Raum nicht zu erschließen. Das geht nicht mit guten Worten und Gesang, sondern da muss man investieren, und das tut der Freistaat Bayern, und zwar kräftig.
Sie beschweren sich darüber, dass es mit dem Personal nicht richtig funktioniert, obwohl wir 500 neue Anwärter einstellen und im Geschäftsbereich des Finanzministeriums über 600 Stellenhebungen haben. Wissen Sie, was ich an Ihrer Argumentation unfair finde? - Sie stellen sich hierher und fordern ständig neue Stellen. Überall dort, wo Sie – nicht Sie persönlich, aber Ihre politische Familie – Verantwortung tragen, wie zum Beispiel in Nordrhein-Westfalen, ist erkennbar, dass die Fürsorge gegenüber den Beamten nicht sehr weit reicht. Wegen schlechter Haushaltspolitik wird in anderen Bundesländern primär von den Beamten ein Sonderopfer verlangt. Ein bayerischer Steuerhauptsekretär in Besoldungsgruppe A 8 verdient im Schnitt 1.100 Euro mehr, weil wir die Ungleichbehandlung zwischen der Entlohnung von Angestellten und der Besoldung von Beamten nicht mehr wollen. Alle im öffentlichen Dienst sollen die gleiche Fürsorge genießen. Darum werden wir im Doppelhaushalt ein klares Signal setzen. Wir wollen, dass die Beamten ordentlich besoldet werden. Wir wollen daran nicht sparen, meine Damen und Herren, wie es anderswo geschieht.
Zu den Steuern des Bundes und der Länder: Ich will Sie noch einmal an letztes Jahr erinnern. Ich weiß, es ist lange her, aber Sie haben es auch gemacht. Ich erinnere an die Parteiprogramme zur Bundestagswahl. Man kann zwar sagen, es ist alles vorbei. Müntefering hat immer gesagt: Danach kann man etwas anderes machen. Wir sollten uns aber doch noch einmal daran erinnern. Was war denn die Kernbotschaft der Parteiprogramme von SPD und GRÜNEN, nicht der FREIEN WÄHLER? Was war denn die Kernbotschaft des Kanzlerkandidaten Steinbrück? Was war denn die Kernbotschaft derer, die gesagt haben, wir wollen in Berlin Rot-Grün? – Die Kernforderung waren Steuererhöhungen in einem Gesamtpaket von 30 Milliarden Euro. Wenn sich jetzt hier jemand hinstellt und sagt, wir hätten keine solide Finanzpolitik und könnten mit dem Geld nicht umgehen, kann ich nur sagen: Wer 30 Milliarden mehr Steuern für die Deutschen gefordert hat, hat keinen Anspruch darauf, über Steuer
Wir haben uns übrigens auch heute bei der Ministerpräsidentenkonferenz in Berlin klar geäußert. Wir sagen Ja zur energetischen Sanierung. Das ist aber auch wichtig für das Hohe Haus hier. Die Staatsregierung ist gegen eine entsprechende Einschränkung beim Handwerkerbonus; denn wir wollen nicht das Spiel linke Tasche, rechte Tasche machen, auf der einen Seite ein Ja zur energetischen Sanierung, auf der anderen Seite einen geringeren Handwerkerbonus. Die Einschränkung des Handwerkerbonus‘ führt nicht nur zur Schwarzarbeit, sondern auch zur Belastung der Bezieher kleinerer Einkommen. Das ist nicht unsere Politik.
Zum Soli und zum Länderfinanzausgleich: In der Tat ist es richtig, dass wir für den Länderfinanzausgleich sehr, sehr viel zahlen und dass die Zahlungen immer wachsen. Es wird immer wieder gesagt, wir hätten damals zugestimmt. Das stimmt. Wir haben schon einmal einen Kompromiss gemacht. Ich sage es hier zum zwanzigsten oder einundzwanzigsten Mal, ich sage es auch noch zum dreißigsten Mal: Wir dürfen Edmund Stoiber, dem damaligen Verhandlungsführer, sehr dankbar sein. Ohne seinen Einsatz hätten wir allein in den ersten Jahren nach der Reform eine Milliarde mehr gezahlt, meine Damen und Herren.
Die Dynamik der Entwicklung nach oben in Bayern und die Dynamik der Entwicklung in anderen Bundesländern nach unten waren nicht vorhersehbar. Das belegt nur, dass die Politik am Standort Bayern schlicht und einfach besser ist als die Politik in anderen Ländern. Das ist unser Problem.
Dann zu den Verhandlungsempfehlungen. Wie kann man es cleverer machen? Meine Damen und Herren, ich bin keinem Finanzminister in Deutschland böse, wenn er um seinen Haushalt kämpft. Die Lage vieler Kollegen ist auch sehr kritisch. Dass keiner etwas hergeben will, verstehe ich. Ich verstehe es aber nicht,
wenn jemand glaubt, dass wir erst einmal die Klage gegen den Länderfinanzausgleich zurückziehen, dass wir uns dann zusammensetzen und ein nettes Kaffeekränzchen machen und dabei versucht wird, uns davon zu überzeugen, es sei doch in Ordnung, wenn Bayern mehr zahlt. Ich werfe das den anderen Finanzministern nicht vor, weil sie noch nie auf der Ebene waren. Ich bin aber froh, dass diejenigen, die solche Strategien einfordern, nicht für Bayern verhandeln dürfen und müssen; denn dann käme am Ende deutlich mehr heraus als das, was wir zahlen müssen, und nicht weniger.
Für das, was uns aufregt, gibt es in den anderen Ländern viele Beispiele, so etwa die kostenlose Betreuung in den Kindertagesstätten. In Marzahn-Hellersdorf gibt es Familiengutscheine. Dort werden Streichelhände, Musikzwerge, Schlaf-Kindlein-schlaf-Konzepte bezahlt.
In Neukölln – Herr Wengert, das gefällt Ihnen sicher – gibt es Mützchen und Lätzchen, die ausgegeben werden. Es gibt Begrüßungsgeld für Studierende. Ich bin nicht der Experte für jedes dieser Details. Aber dass es eine Reihe von Maßnahmen gibt, die wir uns nicht leisten können, die aber andere mit unserem Geld bezahlen, ist evident. Und damit muss Schluss sein.
Schauen Sie sich beim Länderfinanzausgleich eines an: Wir haben in der Klage eine Reihe von Vorschlägen gemacht, die hinlänglich bekannt sind. Eines muss man nur wissen. Wir sitzen an einem nicht so schlechten Hebel, wie es manch einer in der Presse behauptet. Natürlich gibt es jetzt Formulierungen, mit denen eine Einigung zwischen Bund und Ländern stattfinden könnte. Wir werden es sehen. Es wird ein schwieriger Prozess. Es gibt die Klage, aber es gibt auch das Jahr 2019. Ende 2019, wenn das derzeitige Finanzausgleichsgesetz ausläuft, sind alle auch auf unsere Unterstützung angewiesen. Die Politik braucht manchmal einen längeren Atem als nur für das Anzünden einer Bußkerze. Man muss sich schon sehr genau überlegen, wie man es durchhält.
Unseren langen Atem dürfen Sie ernst nehmen. Wir werden seriös verhandeln. Wir werden inhaltlich hart verhandeln. Natürlich sind wir zu Kompromissen bereit. Das ist schon klar. Eines ist für uns auch klar: Wir
wollen nicht, dass der Soli dazu verwendet wird, um Haushaltslöcher anderer Bundesländer zu stopfen. Das ist nicht der Grund, warum wir eine solche Regelung wollen. Wir wollen, dass wir Themen wie kalte Progression, Länderfinanzausgleich und mehr Steuerautonomie in Angriff nehmen. Die Bürger erwarten von uns eine solide Verwendung der Steuermittel und nicht, dass eine schlechte Haushaltspolitik anderswo durch Bundesmittel ausgeglichen wird. Das kann nicht das Motto sein.
Der Freistaat Bayern ist stabil. Er ist vorbereitet für die Zukunft. Noch einmal zur Krisenfestigkeit. Ich habe mir alle Änderungsanträge aufschreiben lassen. Dafür danke ich übrigens Peter Winter und dem ganzen Haushaltsausschuss. Es ist immer die schwierigste Aufgabe des Jahres, qualitative, aber auch quantitative Änderungen vorzunehmen. Ein großer Respekt und ein großes Kompliment dafür!
Eines muss man bei dem Thema Solidität sehen. Die SPD hat ungefähr 156 Änderungsanträge gestellt, die GRÜNEN haben 150 und die FREIEN WÄHLER 106 gestellt. Insgesamt forderte die SPD Mehrausgaben von knapp einer Milliarde, die GRÜNEN von knapp 600 Millionen, und die FREIEN WÄHLER waren besonders großzügig: Sie forderten fast 3,8 Milliarden Euro mehr. Insgesamt wurden fast 10.000 Stellen mehr gefordert. Die GRÜNEN haben – das gebe ich zu – Gegenfinanzierungsvorschläge gemacht, die aber aus unserer Sicht für das Land schädlich gewesen wären. Sie hätten sich gegen Familien, gegen Straßen und gegen den ländlichen Raum gewendet. Das Einzige, was ich von Herrn Hartmann gehört habe, waren Zebrastreifen auf Bundesstraßen. Das war das Einzige, was an Infrastruktur gefordert wurde. Mehr war nicht da.