Im Übrigen gab es bereits vor zehn Jahren eine Bundesratsinitiative Schleswig-Holsteins, die damals von den Ländern mit großer Mehrheit abgelehnt wurde.
Das Verbandsklagerecht belastet Behörden und Gerichte. Es gefährdet bauliche Vorhaben in der Landwirtschaft und von Forschungseinrichtungen, und es führt dazu, dass emotionale Sichtweisen vor Gericht getragen werden, die nicht immer der fachlichen Beurteilung standhalten. Wir haben tatsächlich im Naturschutzrecht ein Verbandsklagerecht, allerdings beschränkt auf bestimmte Vorhaben, auf Planfeststellungsverfahren. Wir haben das auch im Verbraucherschutz, wo es sinnvoll ist, um Präzedenzfälle zu klären und Musterverfahren durchzuführen, nicht so jedoch im Bereich des Tierschutzes. Hier muss jeder Einzelfall individuell beurteilt werden.
Deshalb lehnen wir die Verbandsklage wie schon in der Vergangenheit ab und haben auch wenig Verständnis dafür, dass das Thema regelmäßig wiederkommt, obwohl sich an den Argumenten nichts geändert hat. Bei Tierversuchen haben wir bereits jetzt eine Beteiligung der Tierschutzverbände, die aus unserer Sicht ausreichend ist. Deshalb plädiere ich dafür, das Gesetz abzulehnen und es auch in den Ausschussberatungen so zu behandeln, wie das bisher der Fall war. Die Position der CSU ist dazu unverändert.
Danke schön. – Als Nächste hat Kollegin Rosi Steinberger von der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN das Wort – Entschuldigung, Herr Kollege Hanisch, Sie sind zuerst an der Reihe. Ich muss korrekt nach der Reihenfolge der Größe der Fraktionen vorgehen. Die FREIEN WÄHLER haben das Wort. Bitte schön, Herr Hanisch.
Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren! Die Verbandsklage im Tierschutzrecht haben wir in der letzten Legislaturperiode zweimal diskutiert, und zweimal haben sich die FREIEN WÄHLER sehr kritisch zu diesem Thema geäußert. Wir haben diese Frage heute sehr intensiv in der Fraktion diskutiert und kommen wieder zu dem gleichen Ergebnis, obwohl wir den Beratungen in den Ausschüssen hierzu nicht vorgreifen wollen.
Wir haben in Artikel 20a des Grundgesetzes eine sehr klare Regelung, und wir haben in Artikel 141 der Bay
erischen Verfassung ebenfalls eine sehr klare Regelung, was den Tierschutz anbelangt. Wir haben gute Tierschutzgesetze, und wir haben Verbände und Gruppen, die eine hervorragende Arbeit leisten, denen wir für diese Arbeit dankbar sind. Das sollte man bei dieser Gelegenheit auch einmal erwähnen.
Wir glauben – damit schließe ich mich dem Vorredner an -, dass wir dieses Verbandsklagerecht nicht brauchen, dass es zu einer zweiten Behördenstruktur und zu mehr Verfahren und zu mehr Bürokratie führen könnte. Sie haben zwar gesagt, dass es in den Bundesländern, die das Verbandsklagerecht bereits haben, weniger Klagen gibt. Wir halten es trotzdem nicht für unbedingt erforderlich.
Ungeachtet dieser zweifellos großen Bedeutung, die der Tierschutz hat, glauben wir, dass dem Rechnung getragen wird und wir dieses Gesetz in der Form nicht brauchen. Wir werden objektiv mitdiskutieren, stehen dem aber sehr kritisch gegenüber.
Danke schön, Herr Kollege. – Jetzt kommt die bereits angekündigte Kollegin Rosi Steinberger von der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Bitte schön.
Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Horst Arnold hat es schon erwähnt: In Bayern ist der Tierschutz seit dem Jahr 1998 in der Verfassung verankert. Dort steht der Satz: "Tiere werden als Lebewesen und Mitgeschöpfe geachtet und geschützt". Dieser Satz sollte uns Auftrag und Verpflichtung sein.
Dieser Satz hat aber wenig Bedeutung, wenn wir ihn nur als leere Floskel in der Verfassung stehen haben, lieber Kollege Zellmeier.
Tiere brauchen eine starke Lobby, die ihre Interessen im Zweifelsfall auch einklagen kann. Dieses Recht, im Namen der Tiere vor Gericht aufzutreten, besteht in Bayern bisher nicht. Ein Beispiel möge das verdeutlichen: Erlässt eine Behörde gegen einen Tierhalter eine Anordnung nach dem Tierschutzgesetz, kann dieser durch alle Instanzen dagegen klagen – auch eine Klage auf Entschädigung ist möglich. Eine vergleichbare Klagemöglichkeit im Namen der Tiere, dass eine Behörde eine Anordnung erlässt, gibt es dagegen bisher nicht.
Auch wünschen wir uns ein Anhörungsrecht von Tierschutzverbänden bei der Genehmigung von Bauvorhaben. Nach einer erfolgten Genehmigung kann nie
mand mehr gerichtlich überprüfen lassen, ob die Haltung der Tiere tatsächlich artgerecht erfolgt ist.
Oder nehmen wir die steigende Anzahl der Versuchstiere. Auch das ist schon angesprochen worden. Die Genehmigung von Tierversuchen erfolgt derzeit leider fast automatisch und ist anschließend nicht mehr überprüfbar. Hier besteht faktisch kein wirksames Mitspracherecht der Tierschutzverbände.
Wir begrüßen deshalb den Vorstoß der SPD-Fraktion zur Einführung eines Verbandsklagerechts für Tierschutzverbände außerordentlich. Er entspricht ziemlich genau unserem eigenen Gesetzentwurf aus dem Jahr 2012.
Nun haben Sie von der CSU-Fraktion eingeworfen, dass die Opposition immer die gleichen Anträge stellen würde.
Kollege Zellmeier hat es als "kalten Kaffee" bezeichnet. Natürlich stellen wir die gleichen Anträge. Sie brauchen nur einmal zuzustimmen, dann erledigt sich dieses Phänomen von selbst.
(Beifall bei den GRÜNEN – Peter Winter (CSU): Wenn ihr etwas zum Zustimmen habt, dann machen wir das auch!)
Es ist nicht so, dass dieser Gesetzentwurf besonders exotisch wäre. Es ist bereits angesprochen worden: In sechs anderen Bundesländern gibt es das Verbandsklagerecht für Tierschutzverbände inzwischen, und zwar nicht nur in Bremen, Kollege Zellmeier, sondern zum Beispiel auch in Niedersachen und in NordrheinWestfalen.
Einige andere Bundesländer haben dieses Recht auch in der Anhörung. Wollen wir in Bayern wirklich darauf warten, bis wir das letzte Bundesland sind, das dieses Verbandsklagerecht einführt? Wieder einmal scheint Bayern einen eigenen Weg zu gehen. Leider steht Bayern damit wieder einmal nicht an der Spitze des Fortschritts, sondern dackelt hinterher. Außerdem, Kollege Zellmeier: Auf die Beschlüsse von vor zehn Jahren hinzuweisen, ist wirklich "kalter Kaffee".
Liebe Kolleginnen und Kollegen, dieser Gesetzentwurf ist absolut sinnvoll. Nie brauchten Tiere unseren Schutz und unsere Fürsprache mehr als jetzt. Wir brauchen keine Lippenbekenntnisse mehr, wie wichtig
uns allen das Tierwohl ist. Tierschutz bewegt Millionen von Menschen in diesem Land, das sollte auch in der CSU-Fraktion schon angekommen sein.
Viele Menschen engagieren sich in Vereinen und Verbänden. Wir wollen diesen Menschen Mitwirkungsmöglichkeiten in den Verfahren geben und ihnen auch das Recht zur Klage vor den Verwaltungsgerichten einräumen. Auch der Natur gestehen wir dieses Schutzrecht zu. Den Tieren aber, die wie wir Schmerz und Leid empfinden, wollen wir dieses Recht nicht zugestehen. Das kann doch nicht sein.
Wir haben inzwischen ausreichend Erfahrungen im Umgang mit dem Verbandsklagerecht der Naturschutzverbände. Aus dieser Erfahrung können wir lernen. Dieses Beispiel zeigt uns auch, dass es keine Klagewelle gegeben hat, wie damals befürchtet wurde. Im Gegenteil, dieses Instrument wird nur dort angewandt, wo es Aussicht auf Erfolg und eindeutige Fehlurteile von Behörden gibt.
Unser Ziel ist es, Verwaltungshandeln im Tierschutz transparent zu machen und es anerkannten Tierschutzorganisationen zu ermöglichen, sich als Anwälte der Tiere einzubringen; denn wo Behörden Fehler machen, wo die Rechte der Tiere missachtet werden, da muss auch jemand die Rechte der Tiere einklagen können.
Wir werden diesen Gesetzentwurf deshalb unterstützen und freuen uns schon auf die lebhafte Diskussion im Ausschuss.
Danke schön, Frau Kollegin. Bleiben Sie bitte noch am Rednerpult stehen. Kollege Aiwanger hat sich zu einer Zwischenbemerkung gemeldet.
Liebe Kollegin Steinberger, Sie haben gesagt, dass es wünschenswert wäre, wenn Tierschutzverbände beim Bau von Ställen Mitspracherecht bekämen. Damit unterstellen Sie unterschwellig, dass vor allem die Bauern im Visier Ihrer Kritik stehen sollen, wenn Ställe für Nutztiere gebaut werden. Was würden Sie sagen, wenn wir Hausbesuche bei all den anderen Tierhaltern, vom Goldhamsterbesitzer bis zum Hunde- und Katzenhalter, machen und schauen, ob sie ihre Tiere, die häufig in sehr engen Wohnungen gehalten werden, ordnungsgemäß halten? Sonst stehen immer die Bauern am Pranger, und es wird gesagt: Er hält seine Kühe, Schweine nicht richtig etc. Und was an anderer Stelle
Lieber Kollege Aiwanger, Sie unterstellen uns, dass wir die Bauern an den Pranger stellen würden. Das ist überhaupt nicht unsere Absicht.
Natürlich ist Tierschutz wichtig – das betrifft alle Tiere –, deswegen können wir die Bauern nicht ausnehmen. Wir wissen, dass es im Naturschutzrecht dieses Verbandsklagerecht bereits gibt. Da ist es auch bei den Stallgenehmigungen der Fall, und das hat nicht zu einer Klagewelle geführt. Es ist wichtig, dass man auch beim Tierschutz draufschaut – diese Möglichkeit muss gegeben sein.
Danke schön, Frau Kollegin. – Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Damit ist die Aussprache geschlossen. Im Einvernehmen mit dem Ältestenrat schlage ich vor, den Gesetzentwurf in den Ausschuss für Verfassung, Recht und Parlamentsfragen als federführendem Ausschuss zu überweisen. Besteht damit Einverständnis? – Widerspruch höre ich nicht. Dann ist das so beschlossen.
Abstimmung über Anträge, die gemäß § 59 Abs. 7 der Geschäftsordnung nicht einzeln beraten werden (s. Anlage 1)
Hinsichtlich der jeweiligen Abstimmungsgrundlage mit den einzelnen Voten der Fraktionen verweise ich auf die Ihnen vorliegende Liste.
Wer mit der Übernahme seines Abstimmungsverhaltens beziehungsweise mit dem Abstimmungsverhalten seiner Fraktion entsprechend der aufgelegten Liste einverstanden ist, den bitte ich um das Handzeichen. – Das sind die Fraktionen der CSU, der SPD, des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FREIEN WÄHLER. Gegenstimmen? – Ich sehe keine. Enthal